26. Januar 2005
Free Tibet Campaign
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FTC verurteilt lebenslängliche Haftstrafe für unschuldigen Mönch

Mitinhaftierter Mönch als "gebrochener Mann" aus der Haft entlassen

Pressemitteilung

Die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete heute über die Umwandlung des mit zweijährigem Aufschub gegen den tibetischen religiösen Würdenträger Tenzin Delek Rinpoche verhängten Todesurteils in eine lebenslängliche Haftstrafe. Dies ist ein Erfolg der weltweiten Kampagne von Free Tibet Campaign (FTC) und anderen Menschenrechtsgruppen, durch die China von der Hinrichtung des unschuldigen Geistlichen abgebracht werden sollte.

Ann Callaghan von FTC erklärte: "Es ist zweifellos eine gute Nachricht, daß Tenzin Delek Rinpoche nicht hingerichtet wird. Dennoch wird ein unschuldiger Mensch für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Behauptung der Chinesen, es handle sich bei ihrem Land um einen Rechtsstaat, ist geradezu lächerlich, wenn man die Art und Weise betrachtet, in der sowohl der Prozeß als auch die Revisionsverhandlung geführt wurden und bedenkt, daß den von Tenzin Delek vorgebrachten Foltervorwürfen niemals nachgegangen wurde."

Tenzin Delek Rinpoche war das Opfer jahrzehntelanger Schikanen durch die Behörden von Sichuan. Diese gipfelten im April 2002 in seiner Verhaftung unter der Beschuldigung, er sei an "Sprengstoffexplosionen" und "separatistischen Aktivitäten" beteiligt gewesen. Sein Mitangeklagter Lobsang Dhondup wurde im Januar 2003 exekutiert. Der einzige vorgelegte Beweis für seine Schuld war ein "Geständnis" von Lobsang Dhondup. Beim ersten Prozeß im Dezember 2002 bestritt Lobsang Dhondup, daß er den Rinpoche einer Beteiligung an den Anschlägen beschuldigt hätte; außerdem gaben beide Männer an, sie seien gefoltert worden. Trotz der heftigen Bemühungen von Xinhua, einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken, wurde keinem der beiden Männer das Recht auf den Beistand durch einen unabhängigen Anwalt zugestanden. Der Rinpoche versicherte seine Unschuld zudem auf einer Tonbandkassette, die am 18. Januar 2003 aus dem Gefängnis geschmuggelt wurde und auf der er sagte: "Egal, was die Behörden behaupten oder tun mögen – ich bin unschuldig."

Den Informationen zufolge, welche die EU im Februar 2003 erhalten hat, ist Tenzin Delek Rinpoche seit dem 26. Januar 2003 ohne jeden Kontakt zur Außenwelt in dem entlegenen Chuangdong-Gefängnis in der Provinz Sichuan inhaftiert. Auf Grund der Kontaktsperre besteht keine Möglichkeit die von Xinhua vorgebrachten Behauptungen, er werde "fair und gut behandelt", zu überprüfen.

Ms Callaghan forderte die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf, damit der angesehene religiöse Würdenträger gerettet werde: "FTC fordert die EU dazu auf, von der chinesischen Regierung die unverzügliche Freilassung von Tenzin Delek Rinpoche zu verlangen. Nur dadurch wird die internationale Kampagne zu seiner Rettung ein befriedigendes Ende finden. Denn durch die allgemein übliche Folterpraxis und die unmenschlichen Haftbedingungen kommt eine lebenslängliche Haftstrafe in einem tibetischen Gefängnis der Todesstrafe gleich."

Die unmenschlichen Bedingungen in tibetischen Haftanstalten wurden heute auch in einem Bericht von Human Rights Watch angesprochen, dessen Thema der Gesundheitszustand des vor kurzem aus der Haft entlassenen Mönches Tashi Phuntsok, einem Mitmönch von Tenzin Delek Rinpoche, war. Er wurde am 6. Januar 2005 als gebrochener Mann entlassen, nachdem er zwei Jahre seiner siebenjährigen Gefängnisstrafe verbüßt hatte. Er war im April 2002 verhaftet worden, und sein Prozeß fand im November 2002 statt. Tashi ist nur einer von mindestens 60 bedeutenden Unterstützern des Rinpoche, die von April 2002 bis April 2003 in Gewahrsam gehalten und verhört wurden. Damit sollte ein Eintreten der Bevölkerung zugunsten Tenzin Deleks, das sich bei früheren Versuchen, ihn zu verhaften, als wirksam erwiesen hatte, verhindert werden. Lobsang Tenphen (alias Tabo oder Taphel) ist noch heute im Gefängnis und verbüßt eine fünfjährige Haftstrafe, zu der er auf Grund der Beschuldigung verurteilt wurde, er hätte Informationen zu dem Fall an ausländische Journalisten weitergegeben. Vier weitere Mönche werden immer noch vermißt; sie sind verschwunden, seit sie von den chinesischen Behörden zum Verhör abgeholt wurden.

Anmerkungen für die Veröffentlichung

1. Tenzin Delek Rinpoche (54) ist ein religiöser Würdenträger aus der Provinz Sichuan, der sich erfolgreich in Erziehungs-, Umwelt- und Menschenrechtsfragen engagierte. Obwohl es von offizieller Seite höchst unerwünscht war, hat er sich um die Förderung der Religionsfreiheit in seiner Region bemüht. Als die Behörden den Mönch im Jahr 2000 verhaften wollten, unterschrieben 40.000 Menschen aus der Gegend eine Petition, in der sie sie dazu aufforderten, ihn in Ruhe zu lassen.

2. Human Rights Watch veröffentlichte im Februar 2004 einen Bericht über Tenzin Delek Rinpoche mit dem Titel "Trials of a Tibetan Monk", in dem sowohl sein Fall als auch die religiöse Repression in Sichuan dokumentiert wird. Siehe hierzu: http://www.freetibet.org/campaigns/tdr/downloads.html

3. In Sachen Tenzin Delek Rinpoche gab es unter anderem mehrere Entschließungen des Europäischen und des britischen Parlaments sowie des US-Kongresses. Die britische Regierung bezeichnete den Fall als "ungeheuerlich" und der US-Senat verabschiedete im Dezember 2004 eine Entschließung, in der China zur Freilassung des inhaftierten Mönchs sowie weiterer politischer Gefangener aufgefordert wurde. China lehnte diese Bitte umgehend ab. Am 14. Januar 2005 unterzeichneten 99 von 108 EU-Abgeordneten eine Entschließung zugunsten Tenzin Delek Rinpoches.

4. Lobsang Tenphen, 39, (alias Tabo oder Taphel) wurde am 15. Juli 2003 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er ist ein ehemaliger Mönch und Geschäftsmann, der am 12. Februar 2003 verhaftet wurde.

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