26. Juni 2003
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
Phone/Fax: +91 1892 223363/225874, , e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org

Internationaler Tag der UNO für die Folteropfer

Pressemitteilung

1997 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen den 26. Juni offiziell als den Internationalen Tag zur Unterstützung von Folteropfern erklärt. Jedes Jahr ist dieser Tag nun den Folteropfern und dem Bemühen, die Folter in der ganzen Welt auszumerzen, gewidmet.

1986 unterzeichnete die chinesische Regierung die UN Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung (CAT) und ratifizierte sie im Oktober 1988. Trotzdem hat China durch sein repressives System der Überwachung, Einschüchterung und Verfolgung in Tibet unzählige Akte von Mißhandlung in den Gefängnissen und Haftanstalten ermöglicht. Das revidierte chinesische Strafverfahrensrecht, das im Oktober 1997 in Kraft trat, erklärt jedoch gewisse Formen von Folter als unzulässig.

Das TCHRD dokumentierte eine ganze Reihe von Foltertechniken, die bei tibetischen Häftlingen und Gewissensgefangenen eingesetzt werden, wie Hand- und Fußschellen, Elektroschockgeräte, extremen Temperaturen Aussetzen, lange Dauer der Isolationshaft, Entzug von Nahrung, Wasser und Schlaf, Zwangsarbeit und Zwangsdrill. Den Gefangenen wird eine rechtzeitige und wirksame medizinische Betreuung verweigert. Der Zweck der Folter in Tibet ist, den physischen und moralischen Widerstand des Opfers zu brechen. Neben der körperlichen Peinigung bedeutet die Folter ein psychisches Trauma und eine Schikane, die dem Opfer das ganze Leben lang zu schaffen macht.

Den Unterlagen des TCHRD zufolge starben seit 1997 mindestens vierundachtzig politische Gefangene als direkte Folge von Folterungen in chinesischer Haft oder kurz nach ihrer Entlassung. Folter wird in den chinesisch verwalteten Gefängnissen und Haftzentren als Mittel zur Einschüchterung, zur Erpressung von Informationen oder zur Demütigung der Gefangenen eingesetzt. 2002 verzeichnete das TCHRD 208 politische Gefangene in dem weitläufigen Netz von Gefängnissen, Haftzentren und Arbeitslagern in Tibet.

Um nur ein Beispiel eines folterbedingten Todes zu nennen: Lobsang Dhargyal starb am 19. November 2002 in einem Lager zur "Reform-durch-Arbeit" in dem Distrikt Machen, TAP Golog, Provinz Qinghai, an einer Gehirnblutung. Sein Tod ist der maßlosen Mißhandlung in der Gefangenschaft zuzuschreiben.

Anläßlich des Internationalen Tages für Folteropfer ruft das TCHRD die chinesische Regierung auf, alle politischen Gefangenen in Tibet freizulassen und allen Formen von Folter und Mißhandlung ein Ende zu setzen. Das TCHRD fordert China auf, sich an seine eigenen Gesetze zu halten, sowie an seine Verpflichtungen im Rahmen der UN Verträge, besonders der CAT. Das Zentrum bittet die Pekinger Regierung ferner, dem UN Sonderberichterstatter für Folter einen Besuch in China zu ermöglichen und ihm dabei ungehinderten Zugang zu allen relevanten Stätten zu gewähren, damit er die Lage vor Ort beurteilen kann.

Der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, ruft in seiner Botschaft zu diesem Tag alle Staaten auf, als einen konkreten Schritt im Kampf zur Verhinderung von Folter in der Welt die Konvention gegen Folter und ihr Fakultativprotokoll zu ratifizieren. Er verurteilt die Folterer, die "den Willen und Geist des Opfers zu brechen suchen" und beteuert "den ungebrochenen Willen und die Absicht der UNO, diese üble Praxis auszurotten, die Folterer vor Gericht zu bringen und den unschuldigen Opfern beizustehen". Folter ist eine barbarische Verletzung der Menschenwürde und der Menschenrechte. Keinerlei politische, militärische, religiöse oder andere Gründe können sie jemals rechtfertigen, fügte er hinzu.

Aus einer Erklärung zum Tag der Folteropfer von Guchusum (Vereinigung ehemaliger tibetischer Gewissensgefangener in Dharamsala, www.guchusum.org):

"Dreiundfünfzig Jahre sind es nun, daß das Volk in Tibet unter dem chinesischen Regime leidet und unsägliche Folter durch die Hand der Chinesen erduldet. Für Tibeter in Tibet sind die Begriffe Menschenrecht und Freiheit bedeutungslos. Um nur ein Beispiel zu nennen, wie die kommunistischen Chinesen die Tibeter ihrer Religionsfreiheit, Menschenrechte und Meinungsfreiheit beraubt haben: Sie halten den jungen Panchen Lama seit 1995 bis zu heutigen Tag in Gewahrsam.

Das Leben vieler Gefangener ist ernstlich bedroht. Zu nennen sind hier besonders Tulku Tenzin Deleg Rinpoche aus Lithang, Lobsang Tenzin, Ngawang Phuljung, Ngawang Gyaltsen, Jamphel Jangchub, Ngawang Woiser, Geshe Sonam Phuntsok und Phuntsok Nyidron. Vor einiger Zeit wurde von der Entlassung von Chadrel Rinpoche Jampa Thinley berichtet, aber bislang hat ihn niemand zu Gesicht bekommen. Es besteht daher kein Zweifel, daß er weiterhin in Einzelhaft gehalten wird.

Die Verfolgung tibetischer politischer Gefangener durch das chinesische Regime ist jenseits aller Vorstellungskraft. Vom ersten Tage an bis zu seiner Entlassung wird ein politischer Häftling auf unvorstellbare Weise mit einer ganzen Reihe von Folterwerkzeugen gepeinigt. Als Folge hiervon sterben einige im Gefängnis, während andere ein ständiges chronisches Leiden davontragen.

Diejenigen, die nach Verbüßung ihrer Haftstrafe entlassen werden, sind auch weiterhin ihres Rechtes auf freie Rede, Freizügigkeit usw. beraubt. Sie haben es daher sehr schwer, Arbeit zu finden und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Selbst wenn ein Arbeitgeber bereit wäre, sie einzustellen, würde er von den Behörden zur Rede gestellt, warum er einer Person, die im Gefängnis gesessen hat, Arbeit gibt. Mit anderen Worten, die Chinesen sorgen dafür, daß ein politischer Ex-Gefangener arbeitslos und isoliert bleibt.

Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, das repressive chinesische Regime zu einem Umdenken in seinem Umgang mit den Tibetern zu bewegen. Derzeit ist ein Dialog zwischen Tibetern und Chinesen im Gange. Wir fordern die chinesische Regierung auf, die Folterung tibetischer politischer Gefangener einzustellen und ein förderliches Klima für einen sinnvollen Dialog zwischen den beiden Parteien zu schaffen.