16. Dezember 2008
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

Chinesisches Gericht verurteilt sieben Tibeter zu Haftstrafen von acht Jahren bis lebenslänglich

In den vergangenen Monaten verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa sieben Tibeter wegen ihrer Beteiligung an den sogenannten „Krawallen vom 14. März“. Einer bestätigten dem TCHRD zugegangenen Information zufolge liegen die gegen die Angeklagten verhängten Strafen zwischen acht Jahren und lebenslänglichem Freiheitsentzug.

Lhasa Evening News (chin. Lasa Wen bao) berichtete am 8. November über die Verurteilung von fünf Tibetern durch das Mittlere Volksgericht von Lhasa am 27. Oktober. Dasselbe Gericht sprach am 7. November das Urteil gegen zwei weitere Tibeter wegen der „Krawalle vom 14. März“.

Screenshot der Website von Lhasa Evening News

Dem Bericht aus Lhasa Evening News zufolge wurden fünf Tibeter aus Anklagegründen, die von „Gefährdung der Staatssicherheit“ bis „Hochverrat“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen außerhalb Chinas reichten, zu Haftstrafen von acht Jahren bis lebenslänglich und dem Verlust der politischen Rechte verurteilt:

1. Wangdue, der etwa 40 Jahre alt ist, wurde unter der Anklage des „Hochverrats“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen außerhalb Chinas zu Gefängnis auf Lebenszeit und fünf Jahren Entzug der politischen Rechte verurteilt.

2. Migmar Dhondup wurde wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“ zu 14 Jahren Gefängnis und fünf Jahren Verlust der politischen Rechte verurteilt.

3. Phuntsog Dorjee wurde unter der Anklage des „Hochverrats“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen außerhalb Chinas zu neun Jahren Gefängnis und fünf Jahren Verlust der politischen Rechte verurteilt.

4. Tsewang Dorjee wurde unter der Anklage des “Hochverrats“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen außerhalb Chinas zu acht Jahren Gefängnis und fünf Jahren Verlust der politischen Rechte verurteilt.

5. Sonam Dakpa wurde unter der Anklage des “Hochverrats“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen außerhalb Chinas zu zehn Jahren Gefängnis und fünf Jahren Verlust der politischen Rechte verurteilt. Angeblich habe er mit dem „Tibetischen Jugendkongreß der Dalai Clique“ in Verbindung gestanden und für diesen Spionagedienste geleistet.

Dasselbe Gericht verurteilte am 7. November Yeshi Choedon, eine etwa 50jährige ehemalige Mitarbeiterin im Gesundheitswesen, wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“ zu 15 Jahren Gefängnis und Entzug der politischen Rechte auf fünf Jahre. Ihr wird vorgeworfen, im Auftrag des „Department für Öffentliche Sicherheit der Dalai Clique“ gehandelt und von diesem auch Unterstützung angenommen zu haben.

Yeshi Choedon

Sonam Tseten wurde zu zehn Jahren Gefängnis mit Entzug der politischen Recht auf fünf Jahre wegen des „Verbrechens des Hochverrats“ oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen im Ausland verurteilt. Er soll angeblich für die „separatistische“ Organisation „Gu Chu Sum“ (eine in Dharamsala ansässige NGO ehemaliger politischer Gefangener) tätig gewesen sein und dieser geheimes Material über nationale Sicherheit und nationale Interessen geliefert haben

Der Verbleib von Wangdue, eines ehemaligen politischen Häftlings und HIV/AIDS Aktivisten, war unbekannt, bis er am 7. November vor Gericht gestellt wurde. Das Public Security Bureau von Lhasa hatte ihn am 14. März in seiner Wohnung in Lhasa willkürlich verhaftet *.

Phayul berichtet zusätzlich: Wangdue ist ein etwa 40jähriger ehemaliger Mönch, der auch schon einmal aus politischen Gründen inhaftiert war. Er engagierte sich als HIV/AIDS Aktivist und war Mitarbeiter des Burnet Institute, einer australischen NGO für medizinische Forschung und Volksgesundheit.

Wangdue

Da Wangdue wegen „Spionage“ angeklagt war, wurden auch die Personen, die ihm angeblich bei seiner Arbeit halfen, entsprechend bestraft, nämlich Migmar Dhondup, Phuntsok Dorjee und Tsewang Dorjee, die zu je 14, 9 und 8 Jahren verurteilt wurden.

Die zuvor von einigen chinesischen Behördenvertretern über die Zahl der verurteilten Tibeter gemachten Aussagen entbehrten jeglicher Details, die Namen, die Anklagegründe, die Länge der Haftstrafen, die Daten der Prozesse und andere Angaben blieben unerwähnt. Der ständige Vertreter Chinas bei dem Büro der Vereinten Nationen in Genf, Li Baodong, erklärte in Beantwortung einer Anfrage des UN Komitees gegen Folter (CAT): „Nach einem Justizverfahren wurden 69 Personen zu Gefängnis wegen Brandstiftung, Raubs, Diebstahls, Behinderung staatlicher Einrichtungen, Randalierens auf den Straßen, Volksaufläufen zur Störung der öffentlichen Ordnung und des Angriffs auf  Organe des Staates verurteilt. Sieben Personen wurden wegen des Verbrechens des Hochverrats oder der illegalen Weitergabe von Informationen an Personen im Ausland verurteilt, während die Fälle von weiteren acht noch von den Justizbehörden untersucht werden“. Einige Zeit davor hatten die Behörden wissen lassen, es sei noch kein Tibeter zum Tode verurteilt worden, womit sie die Möglichkeit dieser Art der Strafe für zukünftige Prozesse offen ließen.

Um Tashi Choephel vom TCHRD zu zitieren: „China beschuldigt willkürlich Seine Heiligkeit, den Dalai Lama, den Aufstand vom März angezettelt zu haben, aber das ist nichts Neues. Sie weisen den Exil-Tibetern schließlich für alles die Schuld zu und jetzt benutzen sie unschuldige Tibeter als Sündenböcke, um die internationale Gemeinschaft glauben zu machen, daß die Tibeter gemäß dem Gesetz verurteilt wurden und die Anklagen gegen sie gerechtfertigt sind“.

Da ausländische Medien und unabhängige Beobachter bei den Prozessen in Tibet nicht zugelassen werden, lassen die Gerichtsverhandlungen, bei denen den Angeklagten keine Vertretung ihrer Wahl zugebilligt wurde, Zweifel bezüglich der Kompetenz der Gerichte aufkommen. Das TCHRD äußert seine tiefe Sorge über die Durchführung der Gerichtsverfahren in dem von China besetzten Tibet, die nicht den üblichen Standards entsprechen, und es befürchtet das Schlimmste für die tibetischen Demonstranten, die nur ihre grundlegenden Menschenrechte der Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung wahrnahmen. Diese Verurteilungen sprechen dem Gesetz und einem normalen juristischen Verfahren Hohn.

Das Zentrum bringt seine Erschütterung sowie seine tiefe Empörung über diese Scheinverhandlungen und die Härte der Urteile zum Ausdruck, die gegen die sieben Tibeter gesprochen wurden. Wir sind auch sehr besorgt um jene acht Tibeter, gegen die nach Aussage der chinesischen Behörden noch ermittelt wird. Ein Gefängnisurteil kann in Tibet, wo systematische Folter und unmenschlicher Umgang mit den politischen Gefangenen reichlich dokumentiert worden sind, gleichbedeutend mit einem Todesurteil sein. Das Zentrum stellt die Frage nach der Transparenz der Gerichtsverfahren, weil sie hinter geschlossenen Türen stattfanden, und viele der Verurteilten seit ihrer willkürlichen Festnahme durch die Strafverfolgungsorgane ohne Verbindung zur Außerwelt inhaftiert waren, so daß man sie als verschwunden betrachtete.

* Das TCHRD berichtete am 9. Oktober über sein Verschwinden