15. Februar 2006
TibetInfoNet
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Verbrennen von Tierfellen wegen wachsender Spannung in Rebkong verboten

Die chinesischen Behörden in Rebkong (Provinz Qinghai) haben das Verbrennen eines Stapels von Tierfellen im Haupthof des Klosters Rongwo verboten. Die Lage in der Gegend von Rebkong, wo eine große Zahl von Soldaten und Polizisten in den Straßen patrouillieren, wird als angespannt beschrieben.

Umweltaktivisten hatten die öffentliche Verbrennung für den 12. Februar 2006 als Teil einer überraschend populären Kampagne gegen die Verwendung von Fellen bedrohter Wildtiere als Pelzbesatz von traditionellen Kleidungsstücken festgesetzt (ausführlicher Sonderbericht über den Schmuggel von Tierfellen "Following the Tiger's trail": http://www.tibetinfonet.net/updates/2006/3101.htm). Die Felle wurden seit dem 7. Februar gesammelt und sind durch Ansengen bereits entwertet worden. Anfänglich scheint die Kampagne von den Behörden geduldet worden sein, die Polizei reagierte zwar irritiert, schritt aber nicht ein. Unmittelbar vor der für den 12. Februar geplanten Verbrennungsaktion nahmen die Behörden plötzlich eine harte Haltung ein und erteilten Befehl, die Aktion zu verbieten. In einer Art von Machtdemonstration wurden Polizeikräfte und Soldaten von einem Militärstützpunkt in der Nähe der Stadt Rebkong in die betreffende Region entsandt. Den im öffentlichen Dienst Beschäftigten wurde erklärt, daß sie mit Entlassung zu rechnen hätten, sollten sie sich in irgendeiner Weise an dieser Aktion beteiligen.

Weil das Verbot so kurzfristig verhängt wurde, erfuhren zahlreiche Tibeter, die aus dem ganzen Land herbeigeströmt waren, um bei dem Anlaß dabei zu sein, erst nach ihrer Ankunft in Rebkong davon. Einige, die Felle mitgebracht hatten, verbrannten sie still und leise auf ihrem Rückweg in ihre Dörfer.

Ungeachtet der sturen Haltung der Behörden scheint die Kampagne einiges bewirkt zu haben. In letzter Zeit sieht man trotz der Festsaison nur sehr wenige Leute in der Region Rebkong, die mit pelzbesetzten Chubas herumlaufen. Wer so etwas trägt, riskiert dem öffentlichen Spott anheimzufallen. Dem Vernehmen nach liefen Mönche aus dem Kloster Rongwo einem Ehepaar, das pelzbesetzte Chubas trug, auf der Straße nach und hänselten sie, daß sie "wie Tiere ausschauten". Die Umweltaktivisten rieten den Leuten, jegliche Provokation der Behörden zu vermeiden und die Felle unauffällig zu verbrennen. Als Reaktion hierauf sandten die Behörden Kader in die Dörfer, mit der Anweisung, daß die Felle nicht verbrannt werden dürften.

Die Kampagne wurde von verschiedenen Umweltgruppen als ein Beitrag zum Schutz gefährdeter Tierarten von tibetischer Seite begrüßt: In der Tat ist sie eigentlich nichts anderes als eine Umsetzung der existierenden chinesischen Umweltgesetze und -bestimmungen. Die chinesische Regierung sieht in dieser Kampagne jedoch in erster Linie eine öffentliche Bekundung der Loyalität der Tibeter gegenüber dem Dalai Lama, denn sie erfolgte als Reaktion auf einen Aufruf des Dalai Lama bei der Kalachakra-Zeremonie im Januar 2006 in Amravati, keine Teile von wilden Tieren mehr zu verwenden. Obwohl die Kampagne von weltlichen Aktivisten organisiert wird, scheint ihr Erfolg eher religiösen Gefühlen zu entspringen als dem Umweltbewußtsein, das für die Mehrheit der Tibeter in Tibet immer noch ein abstrakter Begriff ist. Der religiöse Einfluß wird auch aus dem Datum ersichtlich, an dem die Felle auf dem Klostergelände verbrannt werden sollten. Der 12. Februar entspricht nämlich dem 15. Tag des tibetischen Mondkalenders, an dem die Vollbringung religiöser Werke und Rituale als besonders glückverheißend gilt. Außerdem fällt er mit dem dortigen Datum des Monlam Gebetsfestes zusammen, einem der Hauptereignisse im religiösen Jahreskreis der Tibeter.

Die Behörden sind aufgebracht, weil diese Angelegenheit im Zusammenhang mit dem Dalai Lama steht. So war der harte Kurs, welchen die Kader plötzlich an den Tag legten, eindeutig von Peking angeordnet worden. Unsere Informanten berichten, daß man neben der Polizei auch Soldaten durch die Straßen patrouillieren sehe, die nicht der Befehlsgewalt der Behörden vor Ort unterstehen. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, daß ähnliche Ereignisse, obwohl die Aktionen von Rebkong ausgingen, vor kurzem auch in anderen Teilen Tibets stattfanden, etwa in dem benachbarten Labrang (chin. Xiahe), sowie in Lhasa und in Kardze in Osttibet. Das würde heißen, daß die Kampagne vier (TAR, Qinghai, Sichuan und Gansu) von fünf chinesischen Provinzen mit tibetischer Bevölkerung erfaßt hat.

(Einer indischen Gruppe für Tierrechte zufolge, die bei der Entlarvung des Mißbrauchs von Fellen gefährdeter Raubkatzen in Tibet mitwirkte, wurden inzwischen neun Personen, zwei Chinesen und sieben Tibeter, wegen der Verbrennung der Felle festgenommen. Die Behörden werfen ihnen vor, "öffentliche Unruhe zu stiften und mit dem Dalai Lama gemeinsame Sache zu machen").