23. August 2021
Free Tibet, https://freetibet.org/, Tibet Watch, https://www.tibetwatch.org/

Renommierte tibetische Schule wird gezwungen, auf Chinesisch zu unterrichten, Behörden drohen mit Schließung

Die von einem angesehenen Rinpoche gegründete tibetische Schule Gyalten Getsa ist für ihre herausragenden Leistungen bekannt.

Free Tibets Recherchepartner Tibet Watch hat erfahren, daß die chinesischen Behörden in der Gemeinde Tehor Rongbacha in Kham (tib. མདོ་ཁམས་ཏྲེ་ཧོར་རོང་པ་ཚ་) in der Autonomen Tibetischen Präfektur Kardze Anfang August dieses Jahres die Gyalten Getsa Schule (tib. རྒྱལ་བསྟན་དགེ་རྩ་སློབ་གྲྭ་) angewiesen haben, den Lehrplan und die Unterrichtssprache auf Chinesisch umzustellen und die Prüfungen in chinesischer Sprache abzuhalten. Sie drohten damit, die Schule zwangsweise zu schließen, falls der Anordnung keine Folge geleistet würde.

Der Quelle zufolge „zerstört China die tibetische Nation und Nationalität durch eine Politik, die die tibetische Sprache ausrottet, denn die Möglichkeit für Tibeter, die tibetische Sprache in der Schule zu lernen und zu lehren, wird immer kleiner.“ Zu den weit verbreiteten Bedenken unter den Einheimischen meinte die Quelle: „Die Tibeter in der Region sind besorgt darüber, wie die tibetische Sprache zusehends entwertet wird, denn dies ist der Hauptaspekt der Sinisierung Tibets.“

Schüler der Gyalten Getsa-Schule in ihren besten traditionellen Gewändern zur Feier des 23. Gründungstags der Schule

Die tibetische Schule Gyalten Getsa wurde am 1. Oktober 1994 gegründet und nach ihrem Gründer Gyalten Lobsang Jampa Rinpoche benannt. Angefangen mit  der Kindergartenstufe bietet diese Schule kostenlosen Grundschulunterricht bis zur sechsten Klasse. Ein zusätzliches Schuljahr, das der achten Klasse entspricht, wird ebenfalls angeboten. Es werden verschiedene Fächer unterrichtet wie Tibetisch, Englisch, Chinesisch, Mathematik, tibetische Medizin, berufsorientierte Themen, bildende Kunst, Schneiderhandwerk usw. Im vergangenen Jahr besuchten 170 von 377 Schülern verschiedene Berufs- und technische Kurse. Die Schule beschäftigt 35 Lehrer, und 642 Schüler haben sie erfolgreich abgeschlossen. Seit ihrer Gründung hat die Schule mehr als 1000 Schülern eine kostenlose Ausbildung ermöglicht.

„Und obwohl die Schule von einem tibetischen Lama gegründet wurde, wird sie nicht als Privatschule betrieben. Sie ist registriert und wird von der chinesischen Regierung verwaltet und funktioniert wie eine staatliche Schule“, fügte eine Quelle von RFA hinzu.

In der Vergangenheit würdigte die Bildungskommission der Provinz Sichuan die Schule für ihren immensen gesellschaftlichen Beitrag und verlieh ihr Auszeichnungen wie z. B.  Outstanding Collective of Social Forces in Sichuan Province (tib: ཟི་ཁྲོན་ཞིང་ཆེན་སྤྱི་ཚོགས་ནུས་པ་ལྡན་པའི་སློབ་འཛུགས་སྔོན་ཐོན་ཚོ Outstanding Individuals of Social Forces in Sichuan Province (tib:ཟི་ཁྲོན་ཞིང་ཆེན་སྤྱི་ཚོགས་ནུས་པ་ལྡན་པའི་སློབ་འཛུགས་སྔོན་ཐོན་མི་སྣའི་བྱ་དགའ་).

Die Schule und ihr Gründer stehen bei der tibetischen Bevölkerung der Gegend in hohem Ansehen. Der Gründer dieser Schule, der ehrwürdige Gyalten Lobsang Jampa, stammt aus einer bescheidenen Familie. 1949, im Alter von drei Jahren wurde er als Reinkarnation von Gyalten Rinpoche aus dem Kloster Tashi Dhargyal in der Gemeinde Tehor Rongbacha in der Autonomen Präfektur Kardze anerkannt. Er ist Abgeordneter im Nationalen Volkskongreß und Vizepräsident der Buddhistischen Vereinigung von Sichuan.

Diese Nachricht folgt auf frühere Berichte von Tibet Watch über die erzwungene Schließung der Sengdruk Taktse Middle School am 8. Juli und Chinas landesweite Beschränkungen für private Bildungs- und Nachhilfeeinrichtungen. Die im Mai dieses Jahres erlassene Änderung des Gesetzes zur Förderung des privaten Bildungswesens hat dazu geführt, daß immer mehr Privatschulbesitzer in China sich gezwungen sehen, ihre Einrichtungen dem Staat zu überlassen.

Gyalten Lobsang Jampa mit Schülern, die anlässlich des 23. Jahrestages der Schulgründung eine Schulurkunde in der Hand halten

Die Behörden in Sichuan hatten bereits in diesem Jahr damit begonnen, private tibetische Schulen, die Unterricht in tibetischer Sprache anbieten, zu schließen und die Schüler zu zwingen, statt dessen auf staatliche Schulen überzuwechseln, wo sie ausschließlich auf Chinesisch unterrichtet werden.

In einem Bericht der Financial Times vom 11. August wurden die Auswirkungen dieser jüngsten Änderung in Zahlen gefaßt: „In China gibt es fast 190.000 Privatschulen, an denen nach offiziellen Angaben mehr als 56 Millionen oder ein Fünftel aller Schüler unterrichtet werden. Es gibt mehr als 12.000 Grund- und Sekundarschulen. Peking will den Anteil der Nicht-Oberschüler, die gewinnorientierte (for-profit) Schulen besuchen, bis Ende dieses Jahres von über 10 Prozent auf unter 5 Prozent senken, wie eine mit der Materie vertraute Personen berichten.“