11. Januar 2010
Free Tibet
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Neue Website von „Free Tibet“: Schauspieler tragen Berichte von Gefolterten vor

Die neue Seite „Stop Torture in Tibet“ <http://www.freetibet.org/pages/torture.html> bringt die von Schauspielern vorgetragenen Aussagen tibetischer Folteropfer, sowie anderes Material über die Folterungen in Tibet.

Ein Schauspieler liest den Bericht von Pema, eines Tibeters, der wegen seiner Teilnahme an den Protesten gegen die chinesische Herrschaft am Morgen des 17. März 2008 in seiner Wohnung in Lhasa festgenommen wurde. Um Mitternacht wurde Pema in die Lagerhalle (1) bei dem neuen Bahnhof von Lhasa transferiert, wo bereits über 100 andere Tibeter unter entsetzlichen Bedingungen eingesperrt waren. Pemas Angehörige wurden über seine Festnahme oder seinen Verbleib nicht informiert. Er hatte keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand noch zu medizinischer Versorgung. Nach drei Wochen ließen sie ihn laufen. Er lebt jetzt als Flüchtling in Indien.


Hier ist ein Auszug aus seinem Zeugnis:

„Ich heiße Pema und bin 26 Jahre alt, in Lhasa arbeitete ich als Fremdenführer. Zusammen mit einem Freund gingen wir zu einer Demonstration, weil wir möchten, daß Tibet frei wird. Wenige Tage später kamen sieben oder acht Militärpolizisten in mein Zimmer und fingen an, ohne ein Wort zu sagen, auf mich einzudreschen. Ich fragte sie, was ich denn getan hätte, was mein Verbrechen sei. Aber statt mir zu antworten, schlugen sie mich um so heftiger mit Eisenstangen und elektrischen Schlagstöcken, bis ich das Bewußtsein verlor.

Als ich zu mir kam, waren meine Hände mit einem Seil dermaßen stramm gefesselt, daß ich losschrie. Dann brachten sie mich in eine Lagerhalle, in der schon über hundert Menschen auf dem Boden lagen. Es gab keine Matratzen, keine Toiletten, kein Licht, kein Essen und kein Wasser. Andere Festgenommene kamen zu mir und sagten, sie hätten doch gar nichts verbrochen, aber die chinesischen Polizisten hätten sie dennoch gepackt und geschlagen.

Dann brachten mich die Aufseher in einen winzigen Lagerraum. Ich sagte wieder: ‚Ich habe nichts getan, ich bin unschuldig’. Da zückte plötzlich einer der Verhörer sein Militärmesser und stieß es mir in den linken Schenkel, wo er es hin- und herdrehte. Ich schrie und wand mich in Schmerzen. Nun holten sie etwas Salz. Einer von ihnen zerriß mein linkes Hosenbein, wo die Wunde war. Er wollte das Salz in die Wunde streuen. Ich versuchte seine Hände festzuhalten, woraufhin er mich mit seiner Zigarette an der Wunde brannte. Der Schmerz war wahnsinnig.

Nach drei Tagen schwoll die Wunde und wurde grünlich, aber ich bekam keine ärztliche Versorgung. Ein anderer, der auch in der Lagerhalle festgehalten wurde, hatte eine Schußwunde. Auch er wurde nicht behandelt. Nicht nur das, die chinesischen Aufseher stießen ihm ein Messer in die Wunde.

Sie stellten mir immer wieder dieselben Fragen, bis ich nach etwa drei Wochen ohne Anklagerhebung freigelassen wurden.“

Diese Auszüge entstammen einem schriftlichen Zeugnisbericht von Pema, dessen wahrer Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann. Sie sind nur ein Beispiel der grausamen Folterpraxis in Tibet. Pema sah über Hundert Tibeter, die in der Lagerhalle denselben entsetzlichen Qualen wie er unterzogen wurden. Über eintausend Tibeter, die verschwunden sind, weil sie unter Verdacht stehen, an den Protesten von 2008 beteiligt gewesen zu sein, werden vermutlich in ähnlicher Weise gefoltert.

Letztes Jahr bestätigten die Vereinten Nationen, daß diese Art der Mißhandlung von Tibetern „das Klima der Furcht verstärkt“ hat. Dank der Kampagne von „Free Tibet“ kamen zwei Mönche, Golog Jigme und Jigme Gyatso, aus chinesischen Gefängnissen frei. Sie berichteten später, daß die Folterungen nachgelassen hätten, nachdem weltweite Kampagnen zu ihren Gunsten geführt wurden.

Bild: Elektrischer Schlagstock

Im November 2008 prüfte das UN-Komitee gegen Folter Chinas vierten Länderbericht zu Folter. Das Komitee stellte der chinesischen Regierung einige Fragen und nahm außerdem schriftliche und mündliche Aussagen von einer Reihe von Organisationen wie Free Tibet entgegen. Nach Durchsicht des Beweismaterials und der Antworten der chinesischen Regierung bestätigte das Komitee seine Schlußfolgerung von 2006, daß Folter in China und Tibet weitverbreitet sei, und fügte außerdem hinzu, daß sie zu einer Routinesache geworden sei.

Alleine schon die große Zahl an Folterfällen, die von Free Tibet und anderen Menschenrechtsgruppen in den letzten Jahren dokumentiert wurden, der routinemäßige Einsatz der Folter, die Straffreiheit, die die Beamten bei ihrer Ausübung genießen, sowie die chinesische Politik, die die eigentlichen Voraussetzungen für Folter schafft -- all diese Faktoren zeigen, daß Folter eine gezielte Politik des Staates darstellt, deren Ziel es ist, durch die Schaffung eines Klimas tiefsitzender Furcht der Opposition und dem Dissens in Tibet den Garaus zu machen.

(1) Siehe den Bericht des DIIR vom September 2008 „Der fortgesetzte Einsatz der Folter gegen das tibetische Volk

„Berichten zufolge waren die Haftanstalten nach der Niederschlagung des Aufstandes in Lhasa so überfüllt, daß man im Kreis Toelung Dechen und in einer Lagerhalle in der Nähe des neuen Bahnhofs in Lhasa provisorische Gefängnisse einrichtete.“