17. Februar 2009
Free Tibet
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Hunderte von Tibetern protestierten zwei Tage lang im Bezirk Lithang - Augenzeugen berichten von schweren Misshandlungen und Festnahmen

Wie Free Tibet aus der Gegend erfuhr, protestierten am vergangenen Sonntag und Montag tibetische Mönche, Laien und Nomaden zu Hunderten in Lithang. Es war die größte Protestaktion seit letztem Frühjahr, sie war ausgelöst worden durch die Festnahme eines Mönches, der die Tibeter öffentlich dazu aufgerufen hatte, das traditionelle Neujahrsfest [Losar] nicht zu begehen. Inzwischen wurden mindestens 24 Personen festgenommen.

Demonstration am 15. Februar

Zu der ersten Aktion kam es am Sonntag, den 15. Februar, als Lobsang Lhundup, 37, (aus dem Dorf Kyemo im Bezirk Lithang stammend) an der Einmündung der Weißen-Kranich-Straße auf den Hauptgemüsemarkt in der Bezirksstadt Lithang Parolen zu rufen begann. Wie aus zwei separaten Quellen verlautet, rief Lobsang Lhundup: „Lang lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama“, „Kein Losar dieses Jahr“, sowie „Möge der Dalai Lama nach Tibet zurückkehren“. Die Quellen berichteten, daß Lhundup bald von weiteren tibetischen Protestanten umringt wurde. Eine Quelle spricht von insgesamt etwa 100 Demonstranten und eine andere von 150 bis 200. Beide Quellen sind sich darin einig, daß die Tibeter über eine Stunde lang Parolen riefen, ehe etwa 100 Polizisten und Sicherheitspersonal des Public Security Bureau (PSB) am Ort des Geschehens eintrafen. Laut Aussage von Augenzeugen droschen diese mit Stöcken und Gewehrkolben auf die Protestierenden ein, von denen viele übel zugerichtet wurden und deshalb heftig bluteten. Beiden Quellen zufolge wurde Lobsang Lhundup festgenommen und in das PSB-Haftzentrum von Lithang verbracht.

Er hatte für seine Aktion den 15. Februar gewählt, den ersten Tag des Shagtor-Festes. Dieses Fest, das mit den Zeremonien des tibetischen Neujahrs (Losar) im Zusammenhang steht, wird traditionsgemäß in dem Gonchen Kloster von Lithang gefeiert. Am 15. Februar, so verlautet aus beiden Quellen, hätten die Behörden außer Lobsang Lhundup keine anderen Tibeter festgenommen, weil sie die Bevölkerung nicht gegen sich aufbringen wollten.

Später am Abend dieses Tages seien 28 Personen, angeführt von Lobsang Tsering (dem Dorfchef von Kyemo), zu der Bezirksverwaltung von Lithang gezogen, um die sofortige Freilassung von Lobsang Lhundup zu fordern. Die Behörden erklärten sich bereit, ihn unter der Bedingung freizulassen, daß Lobsang Tsering ein Dokument unterzeichne, in dem die Tibeter gemahnt werden, das bevorstehende Neujahrsfest zu begehen, und die Tibetische Regierung-im-Exil sowie der Dalai Lama getadelt werden wegen ihres Aufrufs, dieses Jahr auf eine feierliche Begehung von Losar zu verzichten. Wie verlautet, weigerte sich Lobsang Tsering, das Dokument zu unterzeichnen. Lobsang Lhundup blieb weiterhin in Haft. In Lithang und Kardze ist die Lage seit Monaten angespannt.

Demonstration am 16. Februar

Auf die Aktion vom Sonntag folgte eine noch viel größere am selben Orte am nächsten Tag. Aus beiden Quellen verlautet, daß 14 Tibeter, darunter die Verwandten von Lobsang Lhundup (Sonam Tenpa, 29, Jampa Thokmey, 30, und Lobsang Tenzin, 23) am 16. Februar morgens zu protestieren begannen, indem sie „Free Tibet“, „Lange lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama“, „Feiert kein Losar“, „Lobsang Lhundup muß freigelassen werden“ riefen. Bald wuchs die Menge der Protestierenden auf 300 bis 400 Tibeter an. Sie konnten jedoch nicht lange ihre Rufe fortsetzen, denn bald schlug eine große Zahl von Militärpolizisten mit Stöcken und Gewehrläufen auf sie ein. Beide Quellen berichten, daß die Verwandten von Lobsang Lhundup besonders heftig geschlagen wurden. Nach unbestätigten Berichten wurden die Körper von Jampa Thokmey und Lobsang Tenzin von der Polizei weggetragen. Doch darüber, ob sie noch am Leben oder bereits tot waren, ist nichts bekannt.

Insgesamt seien 23 Tibeter festgenommen und in das PSB-Haftzentrum von Tsaka, das sechs km von der Bezirksstadt Lithang entfernt ist, verbracht worden, da das Haftzentrum in Lithang bereits voll war.

Gespannte Atmosphäre in der Bezirksstadt Lithang am 17. Februar

Am 17. Februar bestellte die Bezirksverwaltung von Lithang die tibetischen Lamas und Regierungsbeamte zu einem Meeting ein, das um 10 Uhr vormittags begann und um 16 Uhr noch nicht zu Ende war. Das Resultat ist nicht bekannt. Alle Läden und Restaurants im Bezirk Lithang blieben auf Anordnung der Behörden am 17. Februar geschlossen. Bewaffnete Polizei patrouillierte in dem nahegelegenen Dorf Kyemo, aus dem viele der Demonstranten kamen. Den Quellen zufolge nahmen die Sicherheitskräfte wahllos Tibeter fest, deren Kleidung Blutspuren aufwies oder die sie verdächtigten, mitprotestiert zu haben.

Der Bezirk Lithang und die Präfektur Kardze waren die Teile Tibets, die in den letzten Jahren am meisten unter Einschränkungen zu leiden gehabt hatten und wo die Behörden besonders scharf durchgriffen.

„Diese jüngsten Berichte aus zuverlässigen Quellen bestätigen all die Bedenken, die wir immer wieder der britischen Regierung und anderen Gremien vorgetragen haben. Lithang ist nur eines von vielen Gebieten in Tibet, das die chinesische Regierung militärisch total abgeriegelt hat. Damit es nicht wieder zu exzessiver Gewaltanwendung und der massenhaften Tötung von Demonstranten kommt, wie im vergangenen Jahr, sollten internationale Führungspersönlichkeiten und Gremien die chinesische Regierung wegen des massiven Einsatzes von Truppen vielen Teilen Tibets zur Rede stellen und deren sofortigen Abzug fordern“, sagte die Vorsitzende von „Free Tibet“, Stephanie Brigden.