28. Juli 2008

Free Tibet Campaign (FTC)
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Massnahmen gegen Mönche/Nonnen, religiöse Führer und Klöster in der Präfektur Kardze

(Fortsetzung der Meldung vom 28. Juli: „China ordnet umfassende Säuberungen der tibetischen Klöster an“)

Bei dem folgenden Dokument handelt es sich um die Übersetzung eines am 18. Juli 2008 auf einer Website der chinesischen Regierung (http://www.tibet.cn/) erschienen Dokuments. Obwohl die Informationen auf dieser Website normalerweise in den drei Sprachen Englisch, Chinesisch und Tibetisch erscheinen, gibt es diese Veröffentlichung nur in der tibetischen Version (http://zw.tibet.cn/news/).

Die Veröffentlichung basiert auf einem in dem offiziellen Blatt Tibet Daily erschienenen Artikel und zitiert die Maßnahmen, die bei einem Meeting der Regierung der Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Kardze (chin. Ganzi) beschlossen wurden und die sich gegen Mönche/Nonnen, religiöse Führer und Klöster richten, die sich an „Ausschreitungen“ beteiligt haben. „Ausschreitungen“ bezieht sich hier auf die Proteste und Demonstrationen, die sich seit März überall in Tibet ereignet haben. Die Unterteilung des Dokuments in drei Teile wurde von Free Tibet Campaign vorgenommen.

Beschluss über Massnahmen gegen Klöster und Mönche bzw. Nonnen, die an Ausschreitungen beteiligt waren, gefaßt bei der dritten Sitzung des Exekutivkomitees der betreffenden Region.

Präfekturchef: Li Changping

Tibetisch-Autonome Präfektur Kardze (chin. Ganzi)

Datum: 28. Juni 2008

Teil I: Gegen einzelne Mönche und Nonnen zu ergreifende Massnahmen

Um die soziale Stabilität aufrechtzuerhalten, das sozialistische Gesetz zu stärken und die Wahrung der grundlegenden Interessen der Bevölkerung sicherzustellen, werden die folgenden Maßnahmen gegen Klöster und diejenigen Mönche/Nonnen ergriffen, die in Wort oder Schrift separatistische Parolen verbreiten, „Schneelöwen“ Flaggen [tibetische Nationalflagge] schwenken und sich an illegalen Demonstrationen und Protestaktionen beteiligen, um zur Spaltung aufzuhetzen.

A. Mönche und Nonnen, die sich eines geringfügigen Vergehens schuldig gemacht haben, werden, wenn sie sich zu ihren Fehlern bekennen, weiterhin gutes Verhalten aufweisen und ein Geständnis unterzeichnen, der Obhut ihres jeweiligen Familienoberhauptes unterstellt, das sie, wenn sie nach Hause zurückgekehrt sind, der „Patriotischen Umerziehung“ zu unterziehen und sich um sie zu kümmern hat.

B. Mönche und Nonnen, die mittelschwerer Verbrechen beschuldigt werden, müssen sich massiven „Umerziehungsmaßnahmen“ unterziehen und in Haft bleiben, bis sie kooperieren, indem sie die Wahrheit sagen, sich schuldig bekennen und einen „shuyig“ (eine Selbstanklage) verfassen. Sie müssen Aufrichtigkeit bekunden und von sich aus die Wahrheit sagen.

C. Mönche und Nonnen, die ein schweres Verbrechen begangen haben und deren Einstellung problematisch ist, werden ernsthaften Maßnahmen der „Patriotischen Umerziehung“ unterzogen. Sie werden verwarnt und ihre religiösen Rechte werden ihnen aberkannt. Sie werden aus ihren jeweiligen Klöstern entfernt.

D. Drahtzieher von separatistischen Aktivitäten und störenden Zwischenfällen, Mitglieder entsprechender Untergrundorganisationen, sowie Personen, die derartige destruktive Aktivitäten geleitet haben, werden in Übereinstimmung mit dem Gesetz schwer bestraft. Sie gehen vollständig ihrer religiösen Rechte verlustig und werden aus ihren jeweiligen Klöstern entfernt. Ihre religiösen Rechte bleiben außer Kraft, selbst nachdem sie ihre Klöster verlassen haben, weshalb sie auch von keinem anderen Kloster mehr aufgenommen werden können. Läßt ein Kloster solch einen Mönch/eine Nonne wieder zu, so wird der Vorsitzende des Demokratischen Verwaltungsrates als ein Unterstützer der Spalter und destruktiven Elemente betrachtet.

Teil II: Massnahmen gegen die Klöster

Die folgenden Maßnahmen betreffen Klöster, die in Ausschreitungen involviert waren.

E. Klöstern, in denen zwischen 10 % und 30 % der Mönche oder Nonnen an destruktiven Aktivitäten teilgenommen haben, werden Beschränkungen auferlegt und es werden Razzien bei ihnen vorgenommen. Entsprechend des geltenden Rechts werden verdächtige Mönche und Nonnen festgenommen und illegale Besitzgegenstände konfisziert. Alle religiösen Aktivitäten in den betreffenden Klöstern werden eingestellt. Die Mönche und Nonnen werden unter strengster Aufsicht gehalten.

F. [Von der Regierung ernannte] Mitglieder der Demokratischen Verwaltungsräte in Klöstern, deren Mönche oder Nonnen sich an Ausschreitungen beteiligt haben, sind dafür verantwortlich, diese Mönche und Nonnen durch ernsthafte Umerziehungsmaßnahmen zu korrigieren und zum Umdenken zu veranlassen. Wenn der Fall offensichtlich ist oder wenn es keine geeigneten Personen für die Durchführung dieser Maßnahmen im Kloster gibt, wird die örtliche Verwaltung eigens rekrutiertes Personal in das Kloster entsenden, um die oben genannten Aktivitäten durchzuführen. Während der Zeit der Korrektur- und Besserungsmaßnahmen ruht der Wirtschaftsbetrieb der Klöster und alle religiösen Aktivitäten sind eingestellt.

G. Mönche und Nonnen, die sich während des Prozesses der Korrektur und der „Besserung“ als unkooperativ mit den Arbeitsteams erweisen, indem sie sich etwa nicht registrieren lassen, Fotos nicht herausgeben, die Klöster ohne offizielle Erlaubnis verlassen und trotz der Umerziehung nicht umdenken wollen, werden aus ihrem jeweiligen Kloster ausgeschlossen. Nach der Aberkennung ihrer religiösen Rechte werden sie nach Hause geschickt. Ihre Wohnhütte im Klosterkomplex wird vollständig zerstört. Mönche oder Nonnen, die nicht beim Büro für Religiöse Angelegenheiten registriert sind oder von außerhalb [aus einer anderen Region] gekommen sind und deren Rechte deshalb nicht eindeutig sind oder diejenigen, die sehr lange Zeit vom Kloster abwesend waren, werden aus ihren jeweiligen Klöstern ausgeschlossen und ihre Behausung wird zerstört.

H. Mönche und Nonnen eines Klosters, das in Ausschreitungen involviert gewesen ist, werden aufgefordert, sich erneut registrieren zu lassen. Die Behausungen derjenigen, die Reue zeigen, werden mit Nummernschildern versehen [um sie identifizieren zu können]. Mönche und Nonnen, die sich an Ausschreitungen beteiligt haben und keine Reue zeigen, werden aus dem Kloster ausgeschlossen und es wird ein Limit für die Anzahl der Mönche oder Nonnen in diesem Kloster eingeführt, das der Zahl derer entspricht, die an Ausschreitungen beteiligt waren und derer, die aus dem Kloster verbannt wurden.

I. Mönche und Nonnen, die immer noch separatistische Anwandlungen zeigen, die eindeutig beabsichtigen, weitere destruktive Aktivitäten zu unternehmen und die nicht in angemessener Weise auf die „Patriotische Umerziehung“ und neue Verordnungen reagieren, werden aus dem Kloster ausgeschlossen.

Teil III: Religiöse Führer und „Demokratische Verwaltungsräte“

J. Mönche und Nonnen, die der Beteiligung an Ausschreitungen verdächtig werden, ohne daß es sich mit Sicherheit feststellen ließ, müssen von reinkarnierten [Lamas], Geshes [entspricht etwa dem Doktor in buddhistischer Philosophie, religiöse Lehrer] und den Demokratischen Verwaltungsräten sorgfältigen Überprüfungen unterzogen werden. Wenn die Mitglieder der Demokratischen Verwaltungsräte, die Reinkarnierten und die Geshes ihrer Aufgabe, solche Fälle genau zu untersuchen, nicht gerecht werden, werden sie selbst intensiven Umerziehungsmaßnahmen unterzogen und auf Defizite in ihrer Einstellung hin geprüft werden.

K. Mitglieder der Demokratischen Verwaltungsräte, Reinkarnierte und Geshes, deren Haltung nicht eindeutig ist und die unter dem Verdacht stehen, zweierlei Gesichter zu haben, werden verwarnt und vor einer Versammlung von Mönchen und Nonnen zur Rede gestellt. Diese Personen werden darüber hinaus aufgefordert, schriftliche Bekenntnisse beizubringen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sowie ihre Bekenntnisse werden in den Regionalnachrichten und im Fernsehen verlesen werden.

L. Mitglieder der Demokratischen Verwaltungsräte, Mönche/Nonnen, reinkarnierte Lamas und Geshes, die Informationen an ausländische separatistische Gruppen weitergeben oder mit ihnen zusammenarbeiten und zu den gesellschaftlichen Frieden störenden Aktivitäten anstiften, werden mit schweren Strafen belegt. Ihre bürgerlichen und politischen Rechte, sowie ihre Rechte als Verwalter und innerhalb ihrer religiösen Gemeinschaft werden ihnen aberkannt. Sie dürfen keine religiösen Aktivitäten mehr organisieren. Im Falle von reinkarnierten [Lamas] wird ihnen ihr Titel aberkannt, ihre Vollmacht über die Finanzgeschäfte des jeweiligen Klosters wird beendet, und es wird ermittelt, ob ein Fall von Korruption und Mißbrauch der Finanzmittel des Klosters vorliegt. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen werden in den Regionalnachrichten und im Fernsehen gebracht.