9. Dezember 2006
Free Tibet Campaign
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Zweifel an dem UN Menschenrechtsrat: Tibetischer politischer Gefangener wird trotz des Besuchs des Sonderberichterstatters weiter gefoltert

Einer zuverlässigen aus Tibet erhaltenen Information zufolge befindet sich der tibetische politische Gefangene Jigme Gyatso seit seinem Treffen mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter Dr. Manfred Nowak* im November 2005 in Isolationshaft, wo er schwer mißhandelt wird.

Der 45 Jahre alte Mönch Jigme Gyatso aus der Provinz Gansu wurde am 30. März 1996 gemeinsam mit vier weiteren Tibetern verhaftet, weil sie eine tibetische Fahne am Kloster Ganden angebracht und über die Unabhängigkeit Tibets gesprochen hatten. Bereits damals wurde er in der Haft grausam gefoltert. Am 25. November 1996 wurde er vom Mittleren Volksgerichtshof Lhasa wegen "konterrevolutionärer Aktivitäten" und "Aufhetzung zum Separatismus" zu 15 Jahren Haft sowie der fünfjährigen Aberkennung seiner Bürgerrechte verurteilt.1997 wurde er so schwer geschlagen, daß er mehrere Tage lang bewegungsunfähig war. Am 28. November 2005 konnte er in dem Gefängnis Chushur (chin. Qushui), wohin er kurz zuvor verlegt worden war, mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, sprechen.

Er sagte dem Sonderberichterstatter, in Gutsa, wo er ein Jahr und einen Monat inhaftiert war, sei er am schlimmsten mißhandelt worden. Da seine Mitangeklagten bereits gestanden hatten, entschloß er sich ebenfalls zum Geständnis. Danach wurde er im April 1997 nach Drapchi verlegt. Einmal rief er im März 2004 ”Lang lebe der Dalai Lama!”, woraufhin er getreten und geschlagen wurde. Dabei wurde er auch mit elektrischen Schlagstöcken auf dem Rücken und der Brust traktiert. Dies verursachte ihm entsetzliche Schmerzen, und seine Peiniger hörten erst dann auf, auf ihn zu einzuschlagen, als der Polizeichef dazu kam und den Mißhandlungen Einhalt gebot. Nach diesem Vorkommnis wurde seine Strafe um weitere drei Jahre verlängert. Seiner Einschätzung nach sind die allgemeinen Verhältnisse im Qushui-Gefängnis noch schlimmer als in Drapchi, wo das Essen besser war, die Zellen besser beleuchtet und belüftet und die Innentemperaturen im Sommer und Winter nicht so extrem waren.

Nun wurde er als Strafe für sein offenes Gespräch mit dem Sonderberichterstatter von den anderen Gefangenen isoliert und mißhandelt. Berichten zufolge lag er dieses Jahr mehrere Wochen im Krankenhaus und "kann heute infolge einer Beinverletzung kaum laufen".

Dr Nowak forderte im Abschlußbericht über seine Reise die Freilassung von Jigme Gyatso und sagte: "Da Jigme Gyatso wegen einer politischen Straftat verurteilt wurde, möglicherweise auf der Grundlage von Informationen, die durch Folter aus ihm erpreßt wurden, appelliert der Sonderberichterstatter an die chinesische Regierung, ihn freizulassen”. Dennoch machte China sich die Schwäche der UN-Strukturen zunutze, deren Instrumente kaum in der Lage sind, etwas zum Schutz der Menschenrechte auszurichten, und fuhr skrupellos fort Jigme Gyatso zu foltern. “Durch den neuen Menschenrechtsrat hätte die UNO eigentlich an Effektivität gewinnen und sich nicht nur darauf beschränken sollen, Empfehlungen abzugeben, sondern sie hätte, was entscheidend ist, das Verhalten ihrer Mitgliedstaaten wirksamer kontrollieren, sie an ihre eingegangenen Verpflichtungen erinnern und sie bei deren Mißachtung zur Rechenschaft ziehen sollen. Der Rat muß die Einhaltung der Menschenrechte bei den Mitgliedstaaten besser überwachen und mehr zu ihrer Durchsetzung tun, so daß in Fällen grober Menschenrechtsverletzungen wie in dem von Jigme Gyatso schnell und effektiv gehandelt werden kann”, kommentierte Matt Whitticase von Free Tibet Campaign.

FTC sprach Dr Nowak am 7. Dezember, nachdem er bei der London School of Economics eine Rede über Menschenrechte gehalten hatte, auf den Fall Jigme Gyatso an. Dr Nowak war schockiert über die Nachricht der Mißhandlung von Jigme Gyatso und bat, diese Information an sein Büro zu schicken, damit sie in den Folgebericht zu China aufgenommen werde, der am 15. Dezember dem Menschenrechtsrat unterbreitet werden soll. Er drückte auch sein Bedauern darüber aus, daß der Menschenrechtsrat nicht genügend Macht besäße, um wirksame Schritte gegen Mitgliedstaaten wie China zu unternehmen, welche die Menschenrechte in ihrem eigenen Land nicht nur hemmungslos und systematisch verletzen, sondern gleichzeitig auch noch ihren Einfluß in dem neu gebildeten Rat geltend machen, um ihn anderweitig an seiner Überwachungsfunktion zu hindern.

* Dr Nowak kam in seinem Bericht über seinen Besuch in China und Tibet Ende 2005 zu dem Schluß, daß Folter immer noch “weitverbreitet” sei. Der Bericht ist einzusehen unter http://www.freetibet.org/campaigns/stoptorture/UNtorturereport.html