5. Mai 2021
Central Tibetan Administration (CTA), www.tibet.net

Tibetischer Vater von sechs Kindern, der sich der politischen „Umerziehung“ der KPC widersetzte, 2019 zu Tode gefoltert

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist ein Tibeter, der 2019 inhaftiert wurde, weil er sich den Zwangsmaßnahmen zur politischen Umerziehung in der Gemeinde Tachen im Bezirk Nagchu (chin. Naqu) in der Autonomen Region Tibet (im traditionellen Gebiet Shag Rongpo der tibetischen Provinz Kham) widersetzt hatte, verstorben.

Norsang verstarb im Jahr 2019 im Alter von etwa 36 Jahren an den Folgen der Schläge und Mißhandlungen, denen er im Polizeigewahrsam ausgesetzt war. Die chinesischen Behörden nahmen ihn gegen Ende September 2019, wenige Tage vor dem 70. Jahrestag der Gründung der VR China, zusammen mit einigen anderen Bewohnern des Dorfes Tsalhi in Shag Rongpo fest. Sie wurden Opfer der politischen Umerziehungskampagne und wurden der patriotischen Erziehung unterzogen, die von den lokalen Behörden durchgeführt wurde, um jeglicher Bedrohung durch zivile Unruhen oder gar Aufständen vor dem heiklen Jubiläum der kommunistischen Partei zuvorzukommen. Später ließen die Behörden die anderen frei, aber Norsang blieb in Haft. Seinen Familienmitgliedern war es verwehrt, ihn zu besuchen, was zu wachsender Angst um sein Wohlergehen führte.

Norsang und sein Herkunftsdorf Sabah

Aufgrund der harten Einschränkung der Online-Kommunikation im Shag Rongpo-Gebiet und anderen tibetischen Regionen war Norsangs Tod der Welt außerhalb Tibets bis jetzt unbekannt geblieben.

„Die chinesischen Behörden hatten seiner Familie und den Bewohnern seines Dorfes mit ernsthaften Konsequenzen gedroht, falls sie etwas über seinen Tod verlauten lassen würden“, so die Quelle.

Um die Verantwortung für den Tod Norsangs nicht übernehmen zu müssen, erklärten die chinesischen Behörden, er habe sich wegen einer erdrückenden Schuldenlast durch einen Sprung von der Brücke über den Fluß Shagchu das Leben genommen. Die Dorfbewohner mißtrauten jedoch der Aussage der Behörden und sagten, Norsang sei ein wohlhabender Mann gewesen, der keine Schulden hatte, und daß die Behörden mit dieser Angabe nur die Öffentlichkeit in die Irre führen wollten. Die Dorfbewohner halten die schweren Schläge und die Folter, die er erlitt, für den wahren Grund  seines Todes. Einige meinen auch, er könnte von der Brücke gesprungen sein, um den Folterungen und Mißhandlungen durch die chinesische Polizei zu entgehen. Es ist schwer zu sagen, was zutrifft, da die chinesischen Behörden verhinderten, daß die Dorfbewohner seinen toten Körper zu Gesicht bekamen oder ihm auch nur nahe kamen.

Mehrere Tage nach seinem Tod hielten die Behörden sein Haus im Dorf Geso Sabah umstellt und durchsuchten es, was seiner schwangeren Frau und seiner Familie sehr zusetzte. Einheimische sahen tagelang wiederholt Polizeifahrzeuge in der Nähe aufkreuzen. Die Nachricht von Norsangs Ableben und die systematischen Polizeidurchsuchungen waren eine unerträgliche Schikane und ein Trauma für die Familie, das seine Frau fast um den Verstand gebracht hätte. Der Vorfall hat die Familie in tiefes Leid gestürzt und macht ihr das Leben gegenwärtig sehr schwer.

Laut unserer Quelle war Norsang ein glühender Verfechter des tibetischen Volkstums mit einer tiefen Verehrung für Seine Heiligkeit den Dalai Lama. Als eine Person mit fester Überzeugung weigerte er sich, den politischen Richtlinien der Kommunistischen Partei Chinas Folge zu leisten und sich den Propaganda-Kampagnen anzuschließen, wie etwa dem Lobpreis der Arbeit der Partei, dem Aufhängen des gerahmten Bildes der fünf chinesischen Führer zu Hause und dem obligatorischen Hissen der chinesischen Flagge. Norsang stammte aus einem Dorf namens Geso Sabah im traditionellen Shag Rongpo-Gebiet der Provinz Kham. Er war der Sohn von Sonam Yangha und Gangchung. Er wird von seinem Vater, seiner Frau und sechs Kindern überlebt.

Das Gebiet von Shag Rongpo steht weiterhin unter strenger Beobachtung und Einschränkungen. Unter dem Vorwand der Bekämpfung des „Separatismus“ werden die Tibeter dort ständig verhört, die Handys von verdächtigen Personen werden konfisziert und die Häuser werden durchsucht, um jede mögliche Verbindung zu Tibetern im Exil aufzuspüren.