16. November 2018
Central Tibetan Administration, www.tibet.net, Tibetan Review, www.tibetanreview.org

Exzessive Bautätigkeit könnte den Erdrutsch in Chamdo ausgelöst haben, grosse Schäden durch den Abfluss des aufgestauten Wassers

Über 30.000 Personen wurden nach zwei Erdrutschen und den darauffolgenden Überflutungen in den Kreises Jomda und Palyul, Osttibet, evakuiert.

Der erste Erdrutsch an einem Berg in der Gemeinde Polu (chin. Bolo), dort wo die Kreise Jomda und Palyul zusammentreffen, verursachte eine Blockade des Flusses Drichu, woraufhin die ganze Umgebung überflutet wurde. 20 Tage nach der ersten Katastrophe kam es in derselben Gegend zu einem zweiten riesigen Erdrutsch und die Folge war eine erneute Überflutung. Viele Dörfer, Gemeinden und Landkreise in Osttibet, entlang des Flusses Drichu, sind nun betroffen.

Überflutungen durch den zweiten Bergrutsch am 11. Nov.

„Es sollte eine gründliche und transparente wissenschaftliche Untersuchung der wahren Ursachen und Faktoren, die die zwei großen Erdrutsche in der Gemeinde Polu ausgelöst haben, durchgeführt werden“, sagte Zamlha Tempa Gyaltsen, ein Umweltforscher am Tibet Policy Institute der Tibetischen Zentralverwaltung.

Er forderte eine kritische Überprüfung der Art und Weise, wie die Entwicklungsprojekte auf dem ganzen tibetischen Hochland durchgeführt werden, um festzustellen, ob nebst der negativen Auswirkungen des Temperaturanstiegs auf dem Hochland der ausgedehnte Bergbau, der Bau von Staudämmen, Straßen und die Untertunnelung von Bergen die jüngsten Bergrutsche herbeigeführt haben könnten.

„Wir sind sehr enttäuscht und erstaunt über die langsame und zögerliche Reaktion der Behörden auf den zweiten Erdtusch. Die ersten schweren Erdbewegungsmaschinen trafen erst am sechsten Tag nach der Katastrophe an Ort und Stelle ein, und es dauerte noch einmal fünf Tage, bis sich ein schmaler Durchlaß gebildet hatte, durch den das Wasser aus dem aufgestauten See hinunterschoß. Die Antwort der Regierung stand in keinem Verhältnis zu dem gewaltigen Ausmaß des Bergrutsches. Es sollte daher ein angemessener Katastrophenschutz-Mechanismus in ganz Tibet eingerichtet werden, um schnell auf derartige Naturkatastrophen reagieren zu können. Vorbeugende Maßnahmen sollten ergriffen werden, damit es zu keinen weiteren Erdrutschen in dieser und anderen Regionen des tibetischen Hochlandes kommt“.

„Die Tausende von Tibetern, die ihre Wohnungen und Häuser verlassen mußten, sollten die bestmögliche Unterstützung erhalten, um ihre Behausungen möglichst schnell wieder sanieren und aufbauen zu können“.

Zum Kloster Polu gehörende Chörten unter Wasser gesetzt (RFA)

Die Menschenrechtsorganisation Free Tibet berichtete, daß die chinesischen Behörden exzessiven Bergbau, übermäßig viele Entwicklungs- und Staudammprojekte in der Gegend betreiben, die den Ortsansässigen zufolge in direkter Beziehung zu den häufigen Überschwemmungen, besonders in den Gegenden von Kardze und Ngaba, stehen. 

Der Drichu, der später Yangtse genannt wird, ist der längste Fluß Asiens und der drittlängste Fluß der Welt nach dem Amazonas und dem Nil. In der südöstlichen Ecke des tibetischen Hochlandes wurden ganze Serien von riesigen Staudämmen und Wasserkraftwerken entlang seines Laufes gebaut.

Neben der Umweltdegradation und der Zerstörung des einzigartigen Ökosystems gibt es auch mehrere Berichte über Zwangsumsiedlungen wegen der geplanten Staudämme in tibetischen Regionen. Über 17.000 Tibeter seien aus diesem Grund bereits aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden.

Einem Bericht von Tibetan Review zufolge kam es am 14. November zu einem Durchbruch durch die Blockade. Durch einen künstlich angelegten Kanal stürzten die Fluten aus dem von dem Erdrutsch gebildeten See den Fluß Drichu (chin. Jinsha) hinab. Sie rissen in der TAP Kardze eine 270 m lange Brücke weg, wodurch der Verkehr auf dem Sichuan-Tibet Highway zum Erliegen kam. Weiter flußabwärts in der Provinz Yunnan stürzten über 8.000 Häuser ein, während der in der TAP Dechen, Provinz Yunnan, angerichtete Schaden noch nicht beziffert worden ist. Und im Kreis Yulong des Bezirks Lijiang wurden über 16.000 Häuser beschädigt.