12. Juli 2007

Environment and Development Desk
The Department of Information and International Relations
www.tibet.net and www.tibet.com


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Wilderei in Tibet immer noch weit verbreitet

Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, entdeckten westliche Touristen Anfang dieses Jahres die Skelette von mehr als 20 tibetischen Antilopen, die wegen ihrer kostbaren Shatoosh-Wolle getötet und gehäutet worden waren.

Die Tibetantilope oder Chiru (tib. tsoe) gehört nach den chinesischen Bestimmungen zum Schutz von Wildtieren von 1989 zu den unter Klasse I erfaßten und somit am stärksten bedrohten Tierarten. Auf Grund der Bemühungen der Regierung ist die Zahl der Antilopen zwar etwas gestiegen, sie stehen aber trotzdem kurz vor der Ausrottung, denn sie wurden jahrzehntelang von nicht-tibetischen Zuwanderern abgeschlachtet. Das hat sich auch nicht geändert, nachdem die Wilderei in den 90er Jahren für gesetzwidrig erklärt wurde. Die Tiere sind weiterhin stark gefährdet.

Tibet ist eines der wenigen Gebiete auf der Welt, wo bisher nur eine sehr beschränkte biologische Erforschung der dort vorhandenen Artenvielfalt bei den Wildtieren möglich war. Die Jagd war in Tibet von alters her verpönt, und nur einige wenige sehr arme Menschen gingen ihr nach, um überleben zu können. Seit China jedoch Tibet besetzt hat, sind zahlreiche Wildtiere und Vogelarten verschwunden – zum einen, weil ihr Lebensraum zerstört wurde, zum anderen weil sie von Sportschützen oder aus Gier nach illegalen Tierprodukten abgeschlachtet wurden. Zahlreiche Wildtierarten wie die Tibetantilope gehören heute zu den gefährdeten Tierarten.

Die im Weißbuch von 2003 getroffene Aussage, keine einzige Tierart in Tibet sei ausgerottet worden, könnte wohl zutreffen, es wurde jedoch verschwiegen, wie viele "vom Aussterben bedroht" sind. Auf dem tibetischen Hochland gibt es mittlerweile 81 gefährdete Arten, 39 davon sind Säugetiere, 37 Vögel, 4 Amphibien und 1 Reptil.

In China gab es schon lange Zeit Artenschutz-Maßnahmen, bevor man in Tibet ähnliche Schritte unternahm. Der staatlichen Umweltschutz-Agentur Chinas (State Environment Protection Agency = SEPA) zufolge gab es in der TAR Ende 2000 siebzehn Naturschutzgebiete auf nationaler und Provinzebene. Sie machen 40% der Gesamtfläche der Naturreservate in China aus.

In Amdo (chin. Qinghai) gibt es über 50.000 km² Naturschutzgebiete. Doch die Anzahl der Mitarbeiter in der gesamten TAR in diesem Bereich beträgt nur 163, das ist die niedrigste Rate von allen chinesischen Provinzen. Wie der renommierte Biologe und Feldforscher Dr. George B. Schaller bemerkte, fehlt es in allen diesen Naturschutzgebieten an Aufsehern, geschultem Personal, Fahrzeugen und der nötigen Autorität, weshalb die Wilderer kaum gestoppt werden können.

Einige landschaftlich reizvolle Gegenden auf dem Hochland wie das zum UNESCO-Welterbe erklärte Dzitsa Degu (chin. Jiuzhaigou) in Osttibet dienen angeblich der Erhaltung der letzten Riesenpandas. Allerdings wurden diese Tiere dort schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Sogar die offiziellen chinesischen Medien berichten über die ungehinderte Jagd auf gefährdete Tierarten wegen der begehrten Trophäen, was in krassem Widerspruch zu Chinas offiziellen Bemühungen um Artenschutz steht.

Westliche Touristen, die sich in den an den Bezirk Gertse in der Präfektur Ngari grenzenden Khunu-Bergen aufhielten, beobachteten Jäger, die eindeutig keine Tibeter, sondern Zuwanderer waren, und mit Jeeps und Motorrädern Jagd auf tibetische Antilopen machten. Obwohl sie sich als Tibeter ausgaben und "Om mani padme hum" auf ihre Fahrzeuge gemalt hatten, konnten die Trekker deutlich erkennen, daß es sich um Han-Chinesen oder chinesische Muslime handelte, aber keinesfalls um Tibeter.

In Ober-Gertse stellten sie dann fest, daß die meisten Läden und Restaurants von Chinesen betrieben werden, während die Tibeter vollständig an den Rand gedrängt werden und nur mühsam ihr Leben fristen. Viele dieser chinesischen Händler und Wirte gehen auch wildern und handeln mit Tierfellen. Für die Trekker waren die von den Jägern hinterlassenen Überreste der abgeschlachteten Tiere ein klarer Beweis für das unverminderte Ausmaß der Wilderei, gegen die offenbar noch immer nicht vorgegangen wird.

Das beweist, daß Chinas Schutzmaßnahmen unzureichend sind, und wir uns deshalb auf die weitere Gefährdung dieser unschuldigen Tiere einstellen müssen. Wenn sich die Regierung wirklich dem Naturschutz verpflichtet fühlt, muß sie ihre Anstrengungen verstärken und für die Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen sorgen.

China hat das Internationale Abkommen über Biodiversität ratifiziert und dadurch, daß es einen entsprechenden rechtlichen Rahmen geschaffen hat, erfreuliche erste Schritte in Richtung Schutz der Wildtiere getan. Aber die gegenwärtige Realität ist immer noch weit entfernt von einem echten Artenschutz. Es bleibt uns nur zu hoffen übrig, daß Peking seine Anstrengungen verstärkt und die Kontroll- und Durchsetzungsmechanismen für den Artenschutz ausbaut, damit diese kostbaren Tiere nicht gänzlich von unserem Planeten verschwinden.