25. Oktober 2006
Europäisches Parlament



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Entschliessungsantrag im Namen der PPE-DE-Fraktion des Europäischen Parlaments

Nicht autorisierte Übersetzung aus dem Englischen

Jeden Monat verabschiedet das Europäische Parlament in der Plenarsitzungswoche Resolutionen und debattiert über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Hier folgt der Text der Resolution, wie er von der EPP-ED Gruppe [Group of the European People's Party and European Democrats in the European Parliament] eingebracht wurde. Zuweilen weichen diese Texte geringfügig von dem ab, der schließlich vom Plenum verabschiedet wird.


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Entschließungsantrag

  • mit der Bitte um Aufnahme der Debatte über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in die Tagesordnung;
  • gemäß Artikel 115 der Geschäftsordnung;
  • von Thomas Mann, Piia-Noora Kauppi, Charles Tannock, Bernd Posselt, Elisabeth Jaggle und Simon Coveney;
  • im Namen der EPP-ED-Gruppe:

  • Unter Berücksichtigung der vorangegangen Resolutionen zu Tibet und der Menschenrechtslage in China;
  • Unter Berücksichtigung des Berichts des Sonderberichterstatters Bastiaan Belder zu den Beziehungen zwischen der EU und China (2005/2161(INI));
  • Unter Berücksichtigung der unzulänglichen Fortschritte bei dem Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China;
  • Unter Berücksichtigung des Artikels 115(5) der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments;

  1. In Anbetracht dessen, daß am 30. September 2006 über 70 Tibeter den vergletscherten Nangpa-Paß im tibetischen Himalaya, der von der nepalesischen Grenze ungefähr zwei Stunden zu Fuß entfernt ist, überqueren wollten, um in Nepal den Flüchtlingsstatus zu erlangen;

  2. In Anbetracht dessen, daß die chinesische bewaffnete Volkspolizei (Chinese People's Armed Police = PAP) in einem groben Verstoß gegen das Völkerrecht das Feuer auf unbewaffnete tibetische Zivilisten eröffnete, unter denen sich auch Frauen und Kinder befanden, und auf Video aufgenommenes und fotografisches Material über den Vorfall vorliegt, das beweist, daß sich die Gruppe der Tibeter langsam von den auf sie schießenden Grenzsoldaten wegbewegte und diese weder angriff, noch eine Bedrohung für sie darstellte;

  3. In Anbetracht dessen, daß die Grundprinzipien der Vereinten Nationen über die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schußwaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen festlegen: “Beamte mit Polizeibefugnissen dürfen keine Feuerwaffen gegen Menschen einsetzen, es sei denn zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung anderer bei unmittelbarer Todesgefahr oder der Gefahr schwerer Verletzung… und auch nur dann, wenn weniger drastische Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes nicht ausreichen. Auf jeden Fall darf zu einem absichtlichen tödlichen Gebrauch von Feuerwaffen nur dann gegriffen werden, wenn dies zum Schutz von Leben absolut unumgänglich ist”;

  4. In Anbetracht dessen, daß die 17 Jahre alte Nonne Kelsang Namtso durch die Schüsse der chinesischen PAP getötet wurde, in unbestätigten Berichten von Augenzeugen von mehr als einem Todesfall die Rede ist und eine ganze Reihe von Tibetern, darunter Kinder, verhaftet wurden, als sie ihre Flucht fortsetzen wollten;

  5. In Anbetracht dessen, daß die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua den Vorfall in dieser Gegend als “Selbstverteidigung” hinstellte, obwohl Video- und Fotomaterial das Gegenteil beweisen, und die chinesischen Behörden bisher weder offiziell anerkannten, daß der Vorfall am Nangpa-Paß überhaupt stattgefunden hat, noch daß irgend jemand dabei durch die chinesische Polizei getötet wurde;

  6. In Anbetracht dessen, daß China das Internationale Abkommen über Bürgerliche und Politische Rechte unterzeichnet hat, in dessen Artikel 6 es heißt: “Jeder Mensch hat ein angeborenes Recht auf Leben. Dieses Recht muß vom Gesetz geschützt werden. Niemand darf willkürlich seines Lebens beraubt werden”;

  7. In Anbetracht dessen, daß China die UN-Konvention über die Rechte des Kindes unterzeichnet und ratifiziert hat, in der es heißt, daß “jedes Kind ein angeborenes Recht auf Leben” hat und “daß kein Kind der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Für Straftaten, die von Personen vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs begangen worden sind, darf weder die Todesstrafe noch lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit vorzeitiger Entlassung verhängt werden”;

verurteilt das Europäische Parlament:
  1. die exzessive Gewaltanwendung durch die chinesische Bewaffnete Volkspolizei (Chinese People's Armed Police = PAP), die auf unbewaffnete tibetische Zivilisten, darunter auch Kinder, geschossen hat;

  2. auf das Schärfste die Tötung einer unbewaffneten Zivilistin, die als Minderjährige unter 18 Jahren dem internationalen Recht zufolge noch als Kind gilt;

  3. bringt es sein Entsetzen über die Verhaftung tibetischer Zivilisten zum Ausdruck, zumal es sich bei neun von ihnen um Kinder handelt;

  4. fordert es die chinesischen Behörden auf, zu garantieren, daß die bei dem Vorfall festgenommenen Tibeter in der Haft nicht mißhandelt werden und daß die internationalen Menschenrechtsnormen und die des humanitären Völkerrechts beachtet werden;

  5. fordert es die chinesischen Behörden zur unverzüglichen Freilassung aller bei dem Vorfall festgenommener Kinder auf;

  6. fordert es die chinesischen Behörden dazu auf, gründliche Nachforschungen über die Ereignisse am Nangpa-Paß durchzuführen und sicherzustellen, daß diejenigen, die für die dort begangenen Verbrechen verantwortlich sind, vor Gericht gestellt werden;

  7. ruft es den Rat und die Kommission dazu auf, durch seine Vertretung in Nepal die Lage derjenigen Tibeter aus der Gruppe, die Nepal erreicht haben, genau zu verfolgen und im Rahmen des EU-China Menschenrechtsdialogs der chinesischen Regierung in dieser Sache heftige Vorhaltungen zu machen;

  8. ruft es den Rat und die Kommission auf, ihre Position zu bekräftigen, daß nur der Dialog zwischen der Regierung der VR China und den Vertretern des Dalai Lama zu einer friedlichen und nachhaltigen Lösung für Tibet, die für beide Seiten annehmbar ist, führen kann;

  9. beauftragt es seinen Präsidenten, diese Resolution dem Rat, der Kommission, dem UN Generalsekretär, sowie der Regierung der Volksrepublik China zu übermitteln.

Resolution Der Text der schließlich vom EP angenommen wurde, findet sich unter
http://www.mann-europa.de/tibet_resolutionen.php