4. Februar 2002
Radio Free Asia
Gesendet vom Tibet-Bureau, Genf

China macht Verwandte von Lobsang Dhondup und Tenzin Deleg Rinpoche mundtot

Washington, 4. Februar: Nach glaubhaften Aussagen der Verwandten der beiden in Westchina wegen einer Reihe von Sprengstoffanschlägen zum Tode verurteilten Tibeter wurde ihnen verboten, offen über den Fall zu reden. Sie hätten auch erst fünf Tage nach der Hinrichtung vom Tode Lobsang Dhondups durch eine offizielle Veröffentlichung erfahren.

Verwandte von Lobsang Dhondup und Tenzin Deleg Rinpoche berichteten dem tibetischen Nachrichtendienst von Radio Free Asia (RFA), sie dürften auch keine Reisen mehr unternehmen. "Die Lokalbehörden warnten uns davor, Besuche außerhalb zu machen und sagten, wir würden bestraft, falls wir es dennoch täten. Keiner darf irgend etwas verlauten lassen über das, was hier geschehen ist".

Die Verwandten, die anonym bleiben möchten, sagten, die Behörden hätten den Körper Lobsang Dhondups nicht herausgegeben, wie es sonst bei Hingerichteten üblich ist. Tenzin Deleg Rinpoche wurde unterdessen an einen geheimen Ort verlegt, nachdem ein Provinzgericht am 26. Januar sein Urteil bestätigt hatte.

"Wir sind vollkommen hilflos, wir schweben in großer Gefahr, verhaftet und gefoltert zu werden", fügte einer der Verwandten hinzu und appellierte an die Vereinten Nationen und die Regierungen der Welt, zu intervenieren.

Der 28-jährige Lobsang Dhondup wurde am 26. Januar in der Provinz Sichuan wegen angeblicher Beteiligung an einer Reihe von Bombenanschlägen hingerichtet. Der zusammen mit Lobsang Dhondup angeklagte Mönch Tenzin Deleg Rinpoche hatte Berufung gegen sein Todesurteil eingelegt, doch das Provinzgericht lehnte seinen Antrag ab. Todesurteile mit Vollstreckungsaufschub werden in China gewöhnlich in lebenslange Haft umgewandelt.

Lobsang Dhondup und Tenzin Deleg Rinpoche, 53, wurden im Zusammenhang mit mehreren Bombenanschlägen 2001 und 2002 in der Gegend von Kandze (Ganzi) in Sichuan, denen eine Person zum Opfer fiel, schuldig gesprochen. Ihre Verurteilung rief einen internationalen Aufschrei hervor, und zahlreiche Menschenrechtsgruppen verurteilten Dhondups Hinrichtung. Die Provinz Sichuan grenzt an die TAR und schließt Teile des traditionellen tibetischen Territoriums ein. Kandze ist ein Teil der tibetischen Region Kham, die jetzt administrativ zu Sichuan gehört.

Den Verwandten der beiden war anfänglich erklärt worden, der Fall würde ausgehend von denselben Anklagepunkten und von demselben Gericht, das im Dezember das Urteil gesprochen hatte, am 10. Januar erneut verhandelt werden. "Aber an diesem Tag erfolgte nichts", sagte einer der Verwandten. "Viele Male riefen wir bei den Lokalbehörden an und schließlich sagten sie, die chinesische Regierung würde den Fall entscheiden, was die Verwandten überhaupt nichts angehe. Nachdem die Regierung ihre Entscheidung verkündet hätte, könnten die Verwandten dann kommen."

"Uns kamen Gerüchte zu Ohren, daß Lobsang Dhondup am 26. Januar getötet worden war, aber erst am 31. Januar brachten die chinesischen Behörden ein Amtsblatt heraus, das für alle 18 Distrikte von Kandze bestimmt war. Darin steht, daß Lobsang Dhondup der Bombenattentate für schuldig befunden wurde, daß diese der chinesischen Regierung enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht und daß viele Leute ihr Leben dabei verloren hätten. Deshalb sei er hingerichtet worden." Dasselbe Blatt bezeichnet Tenzin Deleg Rinpoche als den Anstifter zu den Anschlägen und behauptet, es seien Briefe bei ihm gefunden worden, die Unabhängigkeit für Tibet fordern.

In einer Tonband-Botschaft, die herausgeschmuggelt und von RFA am 21. ausgestrahlt wurde, wies Tenzin Deleg Rinpoche die gegen ihn erhobenen Anklagen zurück. "Was auch immer die Behörden tun und sagen, ich bin völlig unschuldig", sagte er. "Ich habe die Leute stets gemahnt, sie sollten gutherzig sein und sich anderen mitfühlend zuwenden. Jeder weiß, was ich sage und was ich praktiziere".

"Ich wurde zu Unrecht beschuldigt, weil ich immer aufrichtig war und mir die Interessen und das Wohl der Tibeter am Herzen lagen. Was ich tat und sagte, gefiel den Chinesen nicht. Das ist der einzige Grund, warum sie mich festgenommen haben", sagte er und gelobte, seine Bemühungen für die unter chinesischer Herrschaft lebenden Tibeter fortzusetzen.

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