29. September 2000
Department of Information and International Relations,
Central Tibetan Administration, Dharamsala, 176 215, H.P. India
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CHINAS DERZEITIGE POLITIK IN TIBET

EIN KAMPF AUF LEBEN UND TOD ZUR ZERSCHLAGUNG EINER ALTEN KULTUR

Gliederung
"A" Einführung
1. Verlust der Herzen und Gemüter
2. Inangriffnahme des tibetischen Nationalismus
3. Pekings Fehleinschätzungen
"B" Die Bedrohung durch die Kultur bannen
1. Ausmerzen des "Dalai-Einflusses"
2. Lamas - ein Dilemma für Kommunisten
3. Schlacht um die Herzen und Gemüter
4. Das Allheilmittel Atheismus
5. Kein Platz für tibetische Architektur
"C" Erziehung - eine Zweckpolitik
1. Richtige Politik, fehlende finanzielle Mittel
2. Zweifelhafte Statistiken
3. Tibetische Sprache in der Gesetzgebung
4. Die Verzweiflung der tibetischen Gelehrten
5. Unterdrückung der "falschen" Kultur
"D" Intensivierung der politischen Repression
1. Einschüchterung politisch Verdächtiger
2. Steigerung der Repression
3. Separatisten auf dem Lande werden in die Enge getrieben
4. Hartes Zuschlagen bei Gericht
5. Unterdrückung gebiert Widerstand
6. Gesetz versus Realpolitik
7. Das sich wandelnde Gesicht der Folter
8. Ein Teppich von Propaganda
"E" Wirtschaftliche Entwicklung für politische Kontrolle
1. Die tiefere Absicht hinter der Entwicklung
2. Resultate der "Armutslinderung"
3. Umweltzerstörung
4. Bevölkerungstransfer
5. Armut durch Entwicklung

"F" Neue externe Propaganda-Strategie
1. Warum jetzt eine Medienoffensive?
2. Der Krieg der Worte
3. Von Dharamsala lernen
4. Peking von der internationalen Unterstützung alarmiert
"G" Schlußbetrachtung
"H" Fußnoten

Teil A

Einführung

Vom 20. Bis 23. Juli 1994 veranstaltete Peking das "Dritte Forum über die Arbeit in Tibet", das die totale Zerstörung einer ganzen Kultur empfahl, die Tausende von Jahren auf dem tibetischen Hochland blühte.

Dieses "Kulturreich" umfaßte einst so weit auseinander gelegene Gebiete wie Buriatien, Tuva und Kalmückien in Rußland; die Mongolei; Ladakh, Lahaul-Spiti, Sikkim und Arunachal Pradesh in Indien; Mustang, Dolpo und Solo Khumbu in Nepal; Bhutan und Teile von Westchina.

Die 1994 in Peking ausgearbeitete Politik - die dieser Tage mit dem Eifer der Kulturrevolution in Tibet verfolgt wird - bedeutet letztendlich die totale Vernichtung der spirituellen Heimat dieser allen gemeinsamen Kultur. Die Durchführung der Beschlüsse des "Dritten Arbeitsforums" wirkt sich daher auch lähmend auf die traditionelle Kultur von Millionen von Nicht-Tibetern aus, weil die Quelle ihrer kulturellen Inspiration nun gewaltsam zum Versiegen gebracht wird, und es nichts mehr gibt, um das Reservoir dieser besonderen und hoch entwickelten Zivilisation wiederaufzufüllen.

A 1)

"Verlust der Herzen und Gemüter"

Die bei dem Dritten Arbeitsforum getroffenen Entscheidungen beruhen auf zwei grundlegenden Schlußfolgerungen, die von Peking gezogen wurden. China erkannte allmählich, daß es dabei ist, auf zwei lebenswichtigen Gebieten zu verlieren: dem der Ideologie und dem der Propaganda. Für einen Staat, der seine Existenz durch seine ideologische Überlegenheit und die Macht seiner Propaganda, durch die er das Denken seiner Untertanen formt, zu rechtfertigen pflegt, waren die Auswirkungen, die dies auf die Zukunft haben würde, bestenfalls ungewiß, schlimmstenfalls gefährlich.

Peking schloß, daß es den ideologischen Krieg verlieren würde, da die Tibeter trotz der unerbittlichen Attacke gegen den tibetischen Buddhismus so treu wie eh und je an ihren traditionellen Glaubensformen festhalten. Peking gelang es zwar, das Land als solches materiell zu versklaven, aber die Herzen, die Gemüter und die Loyalität des tibetischen Volkes hat es nicht erobert.

Die von der Militärmacht Chinas aufoktroyierte kommunistische Ideologie schlug keine Bresche in das Herz des Buddhismus. Dazu kam noch die große Ratlosigkeit der kommunistischen Hierarchie angesichts der Politik der Gewaltlosigkeit, die dem von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama befürworteten Mittleren Wege zur Lösung der Frage des zukünftigen Status Tibets zugrunde liegt.

Für ein Regime, das sich auf Maos Diktum "politische Macht kommt aus dem Gewehrlauf" gründet, ist diese vermeintlich exzentrische Philosophie, wonach der Sieg darin liegt, die Herzen und Gemüter des Volkes durch die Macht von Ideen zu gewinnen und nicht im Töten mit der Feuerwaffe, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Gründe für die neue Politik der harten Linie Pekings sind in manchem in seiner übereilten Reaktion und seiner Verdutzheit über die neue Politik der Annäherung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu suchen.

Peking argwöhnte, es wäre dabei, den Propaganda-Krieg zu verlieren, weil die Medien der Welt und ihre Pop-Kultur aus dem einen oder anderen Grund - zumindest für den Augenblick - in Tibet und dem tibetischen Buddhismus so etwas wir ihre "Knuddelpandas" sahen. Trotz seiner Finanzkraft stellte China fest, daß es extrem schwierig war, dieses Bild Tibets auszurotten und seiner Stimme auf der internationalen Medienbühne zur Tibetfrage Gehör zu verschaffen.

Um diese Schwachpunkte in den Griff zu bekommen, konzentrierte sich das Dritte Arbeitsforum vor allem auf zwei Dinge. Das erste war, sich der wirtschaftlichen Entwicklung Tibets zu widmen, in der Hoffnung, daß damit die Demonstrationen der Tibeter auf den Straßen aufhören würden. Dies lief darauf hinaus, die Tibeter mit dem Versprechen zu kaufen, daß sie reich würden, wenn sie sich der Parteilinie unterwürfen. Das andere Anliegen war, die neuen und zukünftigen Generationen von Tibetern für den chinesischen Standpunkt zu gewinnen.

Peking hat die jetzige Generation von Tibetern als eine aussichtslose Sache aufgegeben. Wenn nun auch noch die kommenden Generationen von Tibetern an die "Dalai Clique" verloren gingen, dann hätte dies gefährliche Folgen für die chinesische Herrschaft in Tibet, schlossen die Chinesen. Die dramatische Flucht des 15-jährigen Gyalwa Karmapa aus Tibet im Januar 2000 verstanden die Pekinger Politiker als eine Warnung über die schwindende Loyalität zu China. Die Flucht des Karmapa und die einige Zeit zuvor erfolgte von Agya Rinpoche, dem Abt des Klosters Kumbum, war sehr peinlich für China, weil diese beiden hohen Lamas den Chinesen als ein Unterpfand für die Legitimation ihrer Herrschaft in Tibet dienten.

Das ist auch der Grund, warum Peking nun mit solcher Vehemenz die Befolgung seiner Verordnung von 1993 über die Rückholung junger Tibeter, die in Schulen und Klöstern unter der Exilregierung in Indien studieren, fordert. Und ebenso stehen diese Überlegungen hinter der Schließung von privaten Schulen in Tibet. All dem ist zuzuschreiben, daß sich Tibet heutzutage inmitten einer zweiten Kulturrevolution befindet, während die Chinesen effektivere langfristige Strategien zur Ausrottung der distinktiven kulturellen und ethnischen Identität der Tibeter ersinnen.

Die Obrigkeit verfolgt eine viergleisige Strategie zur Erreichung ihres Endzieles. Sie verstärkt die Unterdrückung, während sie gleichzeitig ihre riesige Propagandamaschinerie einsetzt, um ein rosiges Bild von Tibet zu malen. Sie beschleunigt das Tempo der wirtschaftlichen Entwicklung, um den tibetischen Nationalismus zu ersticken und bringt gleichzeitig mehr chinesische Siedler in das tibetische Hochland, um die demographische Zusammensetzung Tibets zu verändern und die soziale Spannung infolge steigender Arbeitslosigkeit zuhause in China zu beruhigen.

Das dritte Arbeitsforum für Tibet wurde von der Spitze der chinesischen Führung einberufen und tagte unter dem Vorsitz von Präsident Jiang Zemin. Die Behörden blicken nun zu diesem Arbeitsforum als der "wichtigsten strategischen Politik zur Verjüngung Tibets" auf und preisen seine Richtlinien als ein neues "Manifest" für die Arbeit der Partei auf dem tibetischen Plateau.

Die Bedeutung des Dritten Arbeitsforums besteht darin, daß es die liberaleren politischen Richtlinien, die von dem Ersten und Zweiten Arbeitsforum 1980 und 1984 festgelegt wurden, umwarfen. Die ersten zwei Arbeitsforen wurden von dem verstorbenen Hu Yaobang, dem damaligen Generalsekretär der CCP (Chinesische Kommunistische Partei) initiiert. Diesem liberalen und etwas von der Parteilinie abweichenden Politiker kommt der Verdienst zu, der führende Kopf hinter einer Reihe von Maßnahmen zur Besserung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage in Tibet gewesen zu sein. Dieses kurze Intermezzo der Liberalisierung verbesserte merklich die Lebensbedingungen der meisten Tibeter und entspannte ein wenig das intellektuelle und soziale Klima.

Das Dritte Arbeitsforum stieß diese Politik jedoch um, und es kamen wieder die Hardliner zum Zug, unter deren krassen Politik Tibet bis heute schwer gebückt geht. Tibeter in Tibet empfinden die derzeitige repressive Politik als eine zweite Kulturrevolution. Die Frage ist, warum China wählte, seine frühere liberalere Politik über Bord zu werfen und ein Parteiprogramm zu verabschieden, das zur systematischen Zerstörung der eigenständigen Kultur Tibets führt.

Die Antwort liegt in innerchinesischen und internationalen Ereignissen, die China veranlaßten, eine Reihe von hardliner Politiken für Tibet zu formulieren, die sich allmählich zu dem Dritten Arbeitsforum über Tibet verdichteten. China empfand die Welt, der es Ende der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre gegenüberstand, als eine bedrohliche.

Ab 1987 wurde Tibet von einer Serie von Protestdemonstrationen erschüttert, welche die Unabhängigkeit Tibets forderten. Eine der größten Demonstrationen, die am 5. März 1989 in Lhasa stattfand, trieb den Staat dazu, das Kriegsrecht über die Stadt zu verhängen. Diese Demonstrationen werden jetzt von Historikern als Auslöser für den Ausbruch der Erhebungen chinesischer Studenten für die Demokratie angesehen. Die Politiker jedoch hielten die Serie der Tiananmen Demonstrationen für ein Zeichen dafür, daß ihre Zentralregierung die Macht verlöre, und um die Oberherrschaft wieder zu gewinnen, metzelten sie am 4. Juni 1989 Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Studenten nieder. Diese Demonstrationen waren eine bedrückende Wiederholung der Studentenerhebungen vom 4. Mai 1919 in Peking, die damals ein politisches und kulturelles Erwachen in dem einstmaligen Reich der Mitte signalisierten, an die Adresse des Staates.

Pekings Angst, die Kontrolle zu verlieren, wurde noch durch auswärtige Ereignisse verschlimmert, welche die kommunistische Welt zum Einsturz brachten. Die Solidarnosz in Polen, der Fall der Berliner Mauer und der Zusammenbruch der Sowjet Union nährten Pekings Paranoia, der Machteinfluß der CCP könnte bedroht sein.

Offizielle chinesische Befürchtungen wurden weiter angeheizt durch die sich rasch wandelnde Haltung der breiten Massen, die vom Kommunismus zu ihren traditionellen Glaubensformen wie dem Konfuzianismus, Buddhismus, Islam, Christentum und den einheimischen Volkskulten zurückkehrten. In den Augen der Durchschnittsbürger geriet der Kommunismus gänzlich in Mißkredit, und das war mehr als alles andere der größte Alptraum für die chinesische Führung. In den Augen der Volksmasse hatte die Führung ihre Rechtfertigung, an der Macht zu bleiben, verloren. Für eine Ein-Parteien-Diktatur markiert dies historisch gesehen den ersten Schritt auf der rutschigen Straße zu Auflösung und Machtverlust.

All dies veranlaßte die chinesische Führung, zu ihrer früheren Überzeugung zurückzukehren, die traditionellen religiösen Glaubensformen seinen ihr eigentlicher Feind. Im Wettstreit mit Buddhismus, Konfuzianismus, Islam, Christentum und anderen "Ismen" erwies sich der Kommunismus als Verlierer, wenn es darum ging, sich die Loyalität und Ergebenheit der Massen zu bewahren. Die politische Führung kramte die alten Platituden hervor, die einst dem tibetischen Volk serviert wurden, um ihre Politik der Zerstörung des tibetischen Buddhismus während der Kulturrevolution zu rechtfertigen. Verdutzten Tibetern wurde damals erklärt, daß genauso, wie es keine zwei Sonnen am Himmel geben könne, auch Buddhismus und Sozialismus nicht nebeneinander in Tibet existieren könnten. Zwangsläufig mußte damals der Buddhismus dem Sozialismus das Feld räumen. Und heute wird wieder die Religion ganz offen und unverfroren zu einem Werkzeug der chinesischen Staatsmacht umfunktioniert.

Dies waren die Ängste der chinesischen Führer, als sie 1994 in Peking zusammentraten, um ihre neuen Tibet Initiativen auszuarbeiten. Für die Chinesen ist Tibet ein ganz besonders heikles Thema wegen ihrer Überzeugung, feindliche westliche Kräfte würden die Tibetfrage benützen, um China zu "verwestlichen" und somit seine territoriale Zerstückelung bezwecken. Chinesische Politiker der dritten Generation kamen zu dem Schluß, daß Stabilität in Tibet von ausschlaggebender Bedeutung für die Stabilität in China als ganzem ist.

Früher kam Tibet für die lebenswichtigen Interessen von Chinas gigantischem kommunistischen Imperium nur eine nebensächliche Bedeutung zu. Bei dem Dritten Arbeitsforum sagten die Staatsführer nun aber: "Wir müssen deutlich begreifen, daß wir unsere Arbeit in Tibet nicht nur um der Stabilität und des Fortschritts unserer eigenen Region willen, nicht nur für die Interessen unserer Leute tun müssen, sondern um der Stabilität und Entwicklung der ganzen Nation willen" (1).

In Tibet sah sich China wegen der dem tibetischen Buddhismus eigenen inneren Stärke und der Tiefe der Hingabe des Volkes an Seine Heiligkeit den Dalai Lama mit besonderen Problemen konfrontiert. Das ungedämpfte Aufkeimen religiöser Gefühle, das der kurzen Periode der Liberalisierung in Tibet folgte, bestätigte die schlimmsten Befürchtungen der chinesischen Führung, daß Jahrzehnte des geballten Ansturms auf die tibetische Kultur und Religion die traditionellen religiösen Überzeugungen und Werte des Volkes nicht auszulöschen vermochten. Maß die chinesische Führung bisher dem tibetischen Buddhismus nur den Stellenwert von einem lästigem Ärgernis bei, so fing sie nun an, diesen als eine sehr reale und unmittelbare Bedrohung für die Stabilität der chinesischen Herrschaft in Tibet zu betrachten.

Gleichzeitig änderte sich auch die Haltung der chinesischen Führung Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama gegenüber. Von einem vagen Verbündeten im Friedensprozeß in Sachen Tibet, welcher er bisher für die chinesische Führung gewesen war, wurde er nun zu einem "ausgewachsenen Feind" für sie. Eine geheime Sitzung auf höchster Ebene, die am 10. März 1993 in Peking abgehalten wurde, kam zu dem Schluß, daß "es innerhalb der Dalai Clique verschiedene Fraktionen gebe, die sich jedoch in ihrem politischen Charakter und ihrer grundlegenden Position einig sind. Sie unterscheiden sich voneinander in ideologischen Standpunkten und der Art, wie sie diese zum Ausdruck bringen. Verschiedene Strategien müssen nun angewandt werden, um uns ihre Differenzen zunutze zu machen: Wir müssen auf unterschiedliche Weise mit ihnen umzugehen, um sie zu spalten und zu zerstören" (2).

Wiederholt beschrieben hohe chinesische Staatsbeamte den Kampf gegen das "Spaltertum" - ihre offizielle Bezeichnung für die tibetische Unabhängigkeit - als einen "Kampf auf Leben und Tod". Bei der Jahresversammlung 1994 des Parteikomitees der CCP der "TAR", wo die Mitarbeiter über die politischen Initiativen des Dritten Arbeitsforums zu Tibet unterrichtet wurden, erklärte Raidi, der Vizesekretär des Parteikomitees: "Bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich seine (des Dalai Lamas) Haltung zu der Frage der Unabhängigkeit Tibets niemals geändert, und wir müssen jetzt sein wahres Doppelgesicht aufdecken. Der Brennpunkt im Kampf gegen den Separatismus in unserer Region ist der Widerstand gegen die Dalai Clique. Wie die Redensart sagt: Um eine Schlange zu töten, muß man zuerst ihren Kopf abhauen" (3).

Kurz gesagt, das Dritte Arbeitsforum beschloß, daß Peking sehr wohl in der Lage sei, die Tibet-Frage ohne die Beteiligung des Dalai Lama zu lösen. Es gab damit die frühere liberale Politik auf, den Dalai Lama in irgendeine Lösung für den Status von Tibet miteinzubeziehen. Seine Heiligkeit der Dalai Lama wurde klipp und klar als die Grundursache für Chinas "Tibet-Problem" bezeichnet.

Das Dritte Arbeitsforum kehrte sich auch von der bisherigen Politik ab, Tibet wegen der "besonderen Gegebenheiten" des Hochlandes Konzessionen zu gewähren. Diese Politik war nämlich der Eckstein der Empfehlungen des ersten und des zweiten Arbeitsforums zu Tibet gewesen.

Zur Durchführung seiner neuen hardline Politiken in Tibet machte Peking 1992 Chen Kuiyuan zum Parteisekretär der "TAR". Diese Ernennung Chen Kuiyuans ist insofern bedeutsam, als er Karriere als ein strenger und hartherziger Administrator gemacht hatte. Er fungierte bereits als Erster Sekretär der CCP in der Inneren Mongolei und hat die zweifelhafte Ehre, die rebellischen Mongolen, bei denen er als der "Schlächter" berüchtigt ist, zur Strecke gebracht zu haben. Chen Kuiyuan wurde eigens von Hu Jintao, dem derzeitigen Vizepräsident Chinas, der damals der Erste Sekretär der CCP in Tibet war, für diesen Posten empfohlen.

A 2)

Inangriffnahme des tibetischen Nationalismus

Die vom Dritten Arbeitsforum für Tibet skizzierten und entwickelten Politiken werden von vier Kernelementen gekennzeichnet. China erweiterte den Umfang der Repression in Tibet; die Auslands-Propaganda-Arbeit wurde ausgebaut; das Tempo der wirtschaftlichen Entwicklung in Tibet wurde beschleunigt; und einhergehend damit der Anreiz für mehr chinesische Siedler und Geschäftsleute, von dem Wirtschaftsboom auf dem "Dach der Welt" zu profitieren.

Kurz gesagt, Peking beschloß, den tibetischen Nationalismus am Schopf zu packen, und Beobachter sind noch dabei, die Folgen davon sowohl für die chinesische Herrschaft in Tibet als auch für das Volk zu beurteilen. Peking ist weiterhin überzeugt, daß diese Schlüsselkomponenten seiner derzeitigen Politik die chinesische Herrschaft über Tibet festigen wird und ein für allemal das leidige Problem mit seinem negativen Image wegen seines Umgangs mit Tibet aus der Welt schaffen wird.

Ein Hauptziel der gegenwärtigen Unterdrückungspolitik ist der tibetische Buddhismus. Chinesische Politiker sind zunehmend beunruhigt über die Zunahme von Klöstern und Tempeln, welche die Periode der Liberalisierung in ganz Tibet mit sich brachte. Sie werden nämlich als die Bastionen des tibetischen Nationalismus angesehen. Der Staat richtete die sogenannten "Demokratischen Verwaltungskomitees" ein, um die Klöster unter seiner Kontrolle zu halten, und stellte die "Arbeits-Inspektions-Teams" auf, um die richtige "Erziehung" der Mönche und Nonnen zu gewährleisten.

Ein größerer Vorstoß wird gerade unternommen, um das Band der Loyalität zwischen der Geistlichkeit in Tibet und Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama in Indien zu zerstören. Kampagnen wie "Schlag-hart-zu" und "patriotische Umerziehung", die 1996 vom Stapel gelassen wurden, bezwecken, daß der tibetische Buddhismus sein Haupt nicht mehr erheben kann. Dieser, so argwöhnt der Staat, könnte die Loyalität des tibetischen Volkes von der kommunistischen Partei weg zum Dalai Lama führen.

Auffallend ist, wie unterschiedlich die "Schlag-hart-zu" Kampagne in China und in Tibet gehandhabt wird. In China wurde sie in Gang gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen. In ihrer tibetischen Version wurde sie jedoch zu einem politischen Werkzeug, um jene auszuschalten, welche die Behörden als "Spalter" etikettieren. Statt gegen die Korruption vorzugehen, drücken die Behörden in Tibet bei diesem gesellschaftlichen Übel ein Auge zu, denn sie hoffen, daß es die traditionelle Moral der Tibeter aushöhlen und den tibetischen Buddhismus untergraben wird.

So empfahl doch tatsächlich Chen Kuiyuan, der kompromißlose Parteisekretär der "TAR", bei einer geheimen Sitzung im Dezember 1999 in Chengdu, der Hauptstadt Sichuans, der Zentralregierung der VR China, daß die äußerste Anstrengung getroffen werden müsse, um jede Spur des tibetischen Buddhismus und der tibetischen Kultur vom Antlitz der Erde zu tilgen, auf daß in den Köpfen von Tibetern kommender Generationen nicht einmal mehr eine Erinnerung daran übrigbleibe - es sei denn in Museen.

Chen Kuiyuan nannte als Hauptursache für die Instabilität die Existenz des Dalai Lama und seiner Regierung-im-Exil und sagte, diese müßten "mit der Wurzel ausgerissen" werden. Er empfahl, daß Tibet, das tibetische Volk und der tibetische Buddhismus - in anderen Worten der Name Tibet schlechthin - vernichtet werden und daß die "Autonome Region Tibet" in Provinzen wie Sichuan integriert werden solle (4).

Während China die Tibeter im eigenen Land mit der Knute unters Joch zwingt, führt es auf der internationalen Bühne einen heftigen Propagandakrieg. Bei einer geheimen Brainstorming Sitzung am 10. März 1993 äußerte Zen Jian-hui, Staatssekretär des Propagandaministeriums, den Teilnehmern gegenüber: "Die Propaganda-Arbeit in der Tibetfrage ist einer der Brennpunkte der gesamten Auslandspropaganda. Im Hinblick auf die Attacken des Westens und der Dalai Clique und deren häufige Aktivitäten sollte unsere Außenpropaganda in die Offensive gegen. Wir müssen unsere Einflußsphäre ausweiten; insbesondere sollten wir unsere Propaganda mitten in das Leben des Westens einschleusen.

Erstens sollten wir fortfahren, tibetische Gelehrte und Gesang- und Tanzgruppen ins Ausland zu schicken, die dort Vorträge halten und auftreten. Zweitens müssen die zuständigen Botschaften und Konsulate in den jeweiligen Ländern ihr Augenmerk auf die öffentliche Meinung und die Aktivitäten der Dalai Clique richten und mit Hilfe von Reden, Bilderausstellungen, Sonderartikeln und anderen Formen Propaganda-Arbeit leisten, um die Regierungsvertreter und die Menschen dieser Länder auf unsere Seite zu ziehen... Wir müssen die Macht der Propaganda im Ausland intensiver nutzen. Vor ein paar Jahren trafen wir im Hinblick auf die damalige Situation Vorkehrungen für den Besuch ausländischer Journalisten in Tibet" (5).

People's Daily vom 3. September 2000 brachte eine Geschichte mit der Überschrift "Tibet heißt ausländische Journalisten zur objektiven Reportage willkommen". Darin hieß es, "ein hoher tibetischer Regierungsvertreter erklärte am Sonntag, daß Tibet ausländische Journalisten zu einer objektiven und fairen Berichterstattung einlädt, nicht aber jene, die verdrehte Ansichten hegen. Raidi, der Vizesekretär des tibetisch autonomen Regionalkomitees der CCP und Vorsitzender des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses der Autonomen Region Tibet, machte diese Bemerkungen hier bei einem Treffen mit einer Pressedelegation aus Thailand."

In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, daß N. Ram, der Herausgeber des indischen Frontline Magazine, 36 Seiten in der Ausgabe vom 15. September 2000 widmete, um für die chinesische Linie zu werben, wobei er empfahl, die indische Regierung sollte die Tibetische Exilregierung [Central Tibetan Administration] aus dem Land jagen, da diese das Haupthindernis für normale Beziehungen zwischen Indien und China sei. Es ist schwierig zu beurteilen, inwieweit die Ansichten in diesem umwerfenden Marathon-Report seine eigenen sind.

Diese redaktionellen Gefühlsausbrüche liegen auf einer Linie mit den Anfang der neunziger Jahre skizzierten politischen Richtlinien. Bei einer zweitägigen geheimen Klausurtagung im März 1993 in Chengdu erklärte der stellvertretende Minister Zeng Jian-hui den Teilnehmern: "Alle Ausländer, die unsere Gäste sind und die wir nach Tibet schicken, müssen eine relativ objektive Meinung zu Tibet haben. Wir sollten Leute aus dem Ausland benützen, um unsere Propaganda zu Tibet für uns zu führen, was wirksamer ist, als wenn wir es selbst tun" (6).

Zusammen mit seiner Public Relations Strategie nach außen betreibt China zur Zeit eine potentiell viel gefährlichere Politik, nämlich die der Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in Tibet mit dem damit im Zusammenhang stehenden planmäßigen Import von mehr chinesischen Siedlern nach Tibet. Pekings "Entwicklungsprogramm für Westchina", das auch Tibet mit einschließt, wurde entworfen, um das Zentrum der wirtschaftlichen Aktivität Chinas von dem Küstengebiet auf das Innere zu verlagern - um sowohl das Ungleichgewicht in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den zwei Regionen zu reduzieren als auch, um den Bevölkerungsdruck in den Küstengebieten, die Millionen von Wanderarbeitern anziehen, zu mildern.

In Tibet ist das "Entwicklungsprogramm für Westchina" in erster Linie auf die Ausbeutung der noch ungenutzten Mineralvorkommen und anderer Naturschätze ausgerichtet, sowie auf die Verbesserung der Infrastruktur - wie Straßen und Telekommunikationen - um den Transport dieser Rohstoffe nach China zu erleichtern. Ein weiterer Zweck der Ankurbelung der Wirtschaftsaktivität ist, die Aufmerksamkeit der Tibeter von ihrem politischen Los abzulenken, damit sie sich mehr auf den Erwerb ihres Lebensunterhalts konzentrieren, was den tibetischen Nationalismus unterminieren soll.

Die Chinesen beabsichtigen, die Lage in Tibet künstlich zu beeinflussen, indem sie noch mehr chinesische Siedler ins Land bringen, die dann ein für allemal die chinesische Herrschaft auch demographisch zementieren. Diese derzeitigen politischen Maßnahmen der harten Linie und ihre Durchsetzung in Tibet legen den ohnehin schon stillstehenden sino-tibetischen Dialog völlig lahm und stellen eine ernste Bedrohung für die Tibeter dar, als ein eigenständiges Volk und eine distinkte Kultur überleben zu können.

A 3)

Pekings Fehleinschätzungen

Die hauptsächlichen Schwachpunkte an Chinas neuer Politik bei seiner Suche nach einer Lösung des Tibet-Problems sind die Meinung, daß die Lösung eine Beteiligung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama ausschließen könne, und die Absicht, das Problem über die Köpfe der tibetischen Bürger hinweg lösen zu wollen.

Diese zwei grundlegenden Fehler werden Chinas Tibet-Problem eher verschärfen als lösen. Die Ursache ist in der Geschichte Tibets und der Mentalität seines Volkes zu suchen. Die Institution der Dalai Lamas von Tibet ist über 600 Jahre alt, wenn wir von der Geburt des ersten Dalai Lama 1391 ausgehen. Im Laufe ihrer Entwicklung wurde sie mehr und mehr zu einem Inbegriff für die grundlegenden Überzeugungen und das politische Geschick der Nation. Die innere Verbundenheit zwischen den Dalai Lamas und dem tibetischen Volk ist elementar und unzertrennlich, und kein Versuch, wie hartnäckig er auch sein mag, wird jemals einen Keil zwischen die beiden treiben können.

Folglich wird Chinas derzeitige Politik, Tibeter - besonders Mönche und Nonnen - zu zwingen, Seine Heiligkeit, den Dalai Lama zu verraten und der CCP Treue zu schwören, nichts als das Gegenteil bewirken.

Angesichts dessen ist die dem Dritten Arbeitsforum zugrunde liegende Hypothese, im Falle Tibets stünde die Zeit auf Seiten Chinas, und Peking könne das Tibet-Problem bis zum Ableben des gegenwärtigen Dalai Lamas aufschieben, wonach es sich von alleine lösen würde, unweigerlich falsch - weil sie nämlich auf einer Fehleinschätzung der Rolle basiert, welche die Institution der Dalai Lamas im Laufe der tibetischen Geschichte spielte.

Wenn diese Hypothese nicht überprüft, revidiert und aufgegeben wird, wird sie sich als katastrophal für die chinesische Führung erweisen, sowie für diejenigen, welche ihrer schrulligen persönlichen Analyse den Charakter einer Staatspolitik geben wollen. Der Grund hierfür ist einfach. Die CCP wurde in den zwanziger Jahren gegründet und kam 1949 an die Macht. Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne verloren die Massen den Glauben an die kommunistische Ideologie, und die Parteimitglieder unserer Tage legen nur noch ein Lippenbekenntnis zu den ideologischen Rechtfertigungen der Partei ab. Umgekehrt ist die Institution der Dalai Lamas als eine politische Kraft über 300 Jahre alt. Heutzutage wird der Dalai Lama von Tibetern in der ganzen Welt als das Herz des tibetischen Nationalismus anerkannt. Wie könnte eine Partei, die ihre Seele verloren hat, eine Institution überdauern, welche die Seele eines Volkes an sich symbolisiert?

Aus diesen Gründen ist es nun für China dringend notwendig, seine sture Haltung zu Tibet zu überprüfen und neu zu bewerten. China muß seinen eingefrorenen Friedensprozeß zu Tibet wieder in Gang setzen und Seine Heiligkeit den Dalai Lama als einen wesentlichen und aktiven Partner in diesem Unterfangen respektieren. Wenn China so handelt, wird es einen mächtigen Verbündeten und Begleiter auf dem Weg zu Frieden, Stabilität und anhaltender Prosperität haben.

Teil B

Die Bedrohung durch die Kultur bannen

Um die Wende des letzten Jahrzehnts begannen die Chinesen damit, in der Treue des tibetischen Volkes zu Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama und zu dem tibetischen Buddhismus die Hauptursache für den wachsenden tibetischen Nationalismus, und damit als eine ernsthafte Bedrohung für die kommunistische Parteiführung und die Einheit Chinas zu sehen.

Bei dem Dritten Arbeitsforum für Tibet in 1994 schwor sich China, den Einfluß des Dalai Lama und Buddhismus zu unterhöhlen und die Loyalität der Menschen Tibets zur kommunistischen Partei und zum Sozialismus zu konsolidieren. Um dieses Ziel zu erreichen, beschloß das Forum, den tibetischen Buddhismus und die Kultur so umzugestalten, daß sie sich für die sozialistische Gesellschaft eignen, und die staatliche Kontrolle über die Klöster anzuziehen. Das Manifest des Forums empfahl folgenden Kurs zur Reformierung des Buddhismus:

"Wir müssen den tibetischen Buddhismus lehren und ihn dazu führen, sich selbst zu reformieren. Die ganzen religiösen Vorschriften und Rituale müssen erneuert werden, um den Bedürfnissen der Entwicklung und Stabilität in Tibet Genüge zu tun, und sie sollten so umgestaltet werden, daß sie einer Gesellschaft unter dem Sozialismus angemessen sind... Erstens müssen wir dem ungezügelten Emporschießen von Klöstern ein Ende setzen, ebenso wie der übermäßigen Rekrutierung von Mönchen und Nonnen. Später müssen andere Dinge der Priorität nach in Angriff genommen werden...

Wir müssen das wahre politische Gesicht des Dalai hinter seiner religiösen Maske aufdecken und auf jede nur mögliche Weise verhindern, daß die Mönche und Nonnen in den Klöstern unserer Region dem Einfluß der Dalai Clique erliegen. Die kommunistischen Kader und die vielen Mönche und Nonnen in den Klöstern sollten ihre Entschlossenheit beweisen, sich auf dem politischen Gebiet von der Dalai Clique zu distanzieren... Wir müssen das Verständnis der Mönche und Nonnen über Patriotismus und Gesetz verbessern.

Bei der Anerkennung von Tulkus [reinkarnierten Lamas] des tibetischen Buddhismus müssen wir den entsprechenden Beschlüssen des Staates folgen, sie gemäß den realen Verhältnissen in unserer Region umsetzen und sie so bald wie möglich noch geeigneter für die Praxis machen. Wir müssen die Initiative ergreifen und dieses Werk ernsthaft angehen. Wir müssen uns vor der Dalai Clique hüten - sie mischen sich nämlich in die Anerkennung von Tulkus ein, um die Klöster zu manipulieren. Diese Situation muß aufgehoben werden."

Diese Empfehlungen wurden zum Kernpunkt der Kampagnen der "patriotischen Erziehung", der "spirituellen Zivilisation" und des "Schlag-hart-zu" Feldzuges, die 1996 in Tibet eingeführt wurden. Während die "patriotische Erziehung" und die "spirituelle Zivilisation" darauf zugeschnitten sind, die tibetische Religion, Kultur und Sprache zu unterminieren, richtet sich die "Schlag-hart-zu" Kampagne gegen den politischen Aktivismus der Tibeter. Darunter fallen sowohl Gespräche mit Ausländern als auch der Besitz von Veröffentlichungen der tibetischen Regierung-im-Exil und die Beteiligung an friedlichen Protesten.

B 1)

Ausmerzen des "Dalai-Einflusses"

Das Signal zur "patriotischen Erziehung" wurde in einem Leitartikel auf der Titelseite von Xizang Ribao (Tibet Daily) vom 5. April 1996 gegeben, der zu einer Kampagne zur "Ausrottung des Einflusses der spalterischen Dalai-Kräfte" aufrief.

Am 23. Juli 1996 hielt Chen Kuiyuan, der kommunistische Parteisekretär der Autonomen Region Tibet ("TAR"), eine Rede an das Volk in Lhasa, wo er zur Mobilmachung zum Start der Kampagne "spirituelle Zivilisation" aufrief und erklärte, worauf sie in Tibet abzielt: "Eine der wichtigen Aufgaben zur Ermöglichung der spirituellen Zivilisation ist, den Einfluß des Dalai auf spirituellem Gebiet ans Licht zu bringen und dann auszuschalten. Wenn wir diese Aufgabe nicht meistern, können wir nicht behaupten, große Resultate bei der Förderung der Kampagne für die 'spirituelle Zivilisation' erzielt zu haben" (7).

Klöster waren die erste Zielscheibe der "patriotischen Erziehungskampagne". Die Behörden argumentierten, daß Mönche und Nonnen "die Vorhut der Unruhen" seien, und daß die Klöster "die Brutstätten und der Nährboden für die separatistischen Aktivitäten der Dalai Clique in Tibet" geworden seien" (8).

Um dem entgegenzutreten, beschloß die Regierung, die staatliche Kontrolle über alle religiösen Institutionen durch die Einrichtung von "Demokratischen Verwaltungskomitees" und "Arbeitseinheiten zur Patriotischen Erziehung" in allen Klöstern zu verschärfen. Am 20. Juli 1997 wurde ein zehn Punkte umfassender Verhaltenskodex für Mönche und Nonnen an alle religiösen Institutionen verteilt.

Dieser Disziplinarkodex verbietet u.a. den Besitz und die Propagierung von "spalterischer" Literatur und ruft zur Wahrung der "Stabilität und Einheit des Mutterlandes" auf. Verboten sind auch spirituelle Belehrungen außerhalb der Mauern monastischer Einrichtungen. Personalausweise werden an "staatlich bestätigte" Mönche und Nonnen ausgegeben, um die Kontrolle über ihre Aktivität zu erleichtern. Diejenigen, die keine solche Karten haben, werden aus den Klöstern hinausgeworfen.

In ganz Tibet zwingen die "Arbeitseinheiten zur patriotischen Erziehung" Mönche und Nonnen, sich vom Dalai Lama zu distanzieren und der kommunistischen Partei Loyalität zu geloben. Mönchen und Nonnen ist es ausdrücklich verboten, Bilder Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu besitzen und in ihren Zimmern oder sonst wo im Kloster auszustellen. Übertretung dieser Gebote führt zu Verhaftung und Ausweisung aus dem Kloster. In manchen Fällen wurden Klöster gänzlich geschlossen.

Das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy in Dharamsala dokumentierte 1996 und 1997 insgesamt 165 Verhaftungen (einschließlich neun Todesfällen in Haft) und über 2.800 Fälle von Ausweisungen aus Klöstern (9). 1998 betrug die Gesamtzahl der dem TCHRD bekannt gewordenen Verhaftungen und Ausweisungen 327 bzw. 7.156 (10) . Die Fälle von Verhaftung, die dem TCHRD 1999 bekannt wurden, betrugen 49 und die Ausweisungen 1.432 (11).

Im März 1998 berichtete der Vize-Parteisekretär der "TAR" Raidi, "das Denken von 35.000 Mönchen und Nonnen in über 700 religiösen Institutionen sei durch die patriotische Erziehung korrigiert worden".

Gleichzeitig wurde eine Reihe von "unpatriotischen" Klöstern geschlossen und einige davon sogar zerstört. Das Kloster Samdrupling in dem Kreis Tsethang, Lhoka, das Kloster Sungrabling in Lhoka und die Dialektikschule Drigung Sherta in Meldro Gongkar wurden 1997 zur Schließung gezwungen (12). Im gleichen Jahr schloß die Obrigkeit das Kloster Jonang Kumbum von Shigatse, verfolgte seinen Abt, den ehrwürdigen Kunga Yeshi, und verkaufte die religiösen Artefakte des Klosters auf dem Antiquitätenmarkt von Lhasa. Das Nonnenkloster Shongchen in Shigatse, die Einsiedelei Drag Yerpa in Kreis Taktse im Bezirk Lhasa und das Nonnenkloster Rakhor aus dem 12. Jahrhundert in Kreis Toelung Dechen wurden alle 1997 abgerissen. Die Behörden behaupten, die meisten dieser demontieren Klöster und Einsiedeleien seien ohne ordnungsgemäße Erlaubnis gebaut worden.

Sarkastischerweise berichtete die offizielle Nachrichtenagentur Chinas Xinhua am 8. August 1997, gerade als diese tibetischen religiösen Einrichtungen geschlossen oder zerstört wurden, daß für die tibetische Religion ein "goldenes Zeitalter" angebrochen und daß die Anzahl der Klöster nun größer als vor der "Befreiung" Tibets sei.

B 2)

Lamas - ein Dilemma für Kommunisten

1998 begann die chinesische Obrigkeit, ältere tibetische Lamas (spirituelle Lehrer) zu zwingen, sich von ihrer geheiligten religiösen Pflicht der Belehrung zurückzuziehen. In einem solchen Fall wurden 49 von 52 älteren Lamas des Klosters Youning in Kreis Gonlung der Autonomen Präfektur Haidon, Provinz Qinghai (Amdo) angewiesen, ihre religiösen Verpflichtungen für immer niederzulegen.

Solch eine Praxis ist in der Geschichte der tibetisch buddhistischen Tradition unbekannt und beeinträchtigt ernsthaft das Überleben des buddhistischen Geistesgutes. Ältere und weise Mönche sind entscheidend für die Weitergabe der religiösen Lehren. Tibet Information Network in London ist der Ansicht, daß dieser Schritt eine entschiedene Bedrohung der buddhistischen Tradition in Tibet darstellt und "eine neue Dimension in der patriotischen Erziehungskampagne auftut" (13).

Eine der politischen Dichotomien von 1999 war die Haltung der Behörden höheren religiösen Persönlichkeiten gegenüber: Sie wurden gleichzeitig als eine potentielle Bedrohung für Stabilität und Einheit und als ein potentielles Werkzeug der politischen Kontrolle angesehen.

Die Behörden begannen, die Arbeit von bekannten Gelehrten und Religionslehrern immer mehr einzuschränken, weil sie diese als ein für die Führung der Partei bedrohliches Element empfanden. Beispielsweise legten die Behörden dem international bekannten Buddhistischen Institut von Serthar in der Tibetisch Autonomen Präfektur Kandze, Provinz Sichuan, Mitte 99 mehr Restriktionen auf. Diese von China als "Akademie" anerkannte und zugelassene Institution wurde in den Siebzigern von dem berühmten "ökumenischen" [d.h. alle Richtungen des tibetischen Buddhismus vertretenden] Religionsgelehrten Khenpo Jigme Phuntsok gegründet. Serthar hat über 8.800 Studenten, darunter über 700 Chinesen aus verschiedenen Teilen Chinas. Im Juni 1999 warf die Verwaltung dem Institut vor, der falschen Richtung zu folgen und zu viele Studenten zu haben (14).

Andererseits versuchen die Behörden nun häufig, sich für ihre politischen Ambitionen religiöse Persönlichkeiten, Einrichtungen und Traditionen dienlich zu machen. Sogar das System der Anerkennung von reinkarnierten Lamas (Tulkus oder Rinpoches) wird manipuliert. Im Juni 1999 sagte Tao Changson, der Berater der chinesischen Regierung in Religionsfragen, daß der nächste Dalai Lama "nicht unter Ausländern erkoren wird", sondern, daß er "ein auf chinesischem Territorium geborener Tibeter" sein wird (15).

Bezeichnend für die verstärkte Einschränkung der religiösen Freiheit und für die Belästigung prominenter religiöser Tibeter ist, daß der 17. Gyalwa Karmapa, Orgyen Trinley Dorji, der sowohl von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama als auch der Regierung der PRC (People's Republic of China) in Peking anerkannt wurde, und Agya Rinpoche, ein religiöser Würdenträger, der mehrere wichtige politische Ämter unter der chinesischen Administration innehatte, unlängst aus Tibet fliehen mußten.

Die Gründe für seine Flucht erklärend sagte Agya Rinpoche: "Wäre ich in Tibet geblieben, so wäre ich gezwungen gewesen, den Dalai Lama und meine Religion zu verleugnen, um der chinesischen Regierung zu willfahren... Sie hätten mich gezwungen, die Regierung zu unterstützen, damit ihre Wahl des Panchen Lama von den Tibetern akzeptiert wird. Das hätte meinen tiefsten Glauben verletzt. An diesem Punkt wurde mir klar, daß ich mein Land verlassen muß."

Hervorzuheben ist außerdem, daß die neue Politik der religiösen Repression in Tibet von höchsten Führungskreisen in Peking inszeniert wurde. In seiner Ansprache während der Zweiten Sitzung des Neunten Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes an die ethnischen und religiösen Führer stellte der chinesische Präsident Jiang Zemin fest: "Um mit religiösen Angelegenheiten richtig umzugehen, sollten wir zuerst vollständig und korrekt die Religionspolitik der Partei umsetzen; zweitens sollten wir die Handhabung religiöser Angelegenheiten gemäß dem Gesetz verbessern; und drittens sollten wir die einzelnen Religionen aktiv zur Anpassung an die sozialistische Gesellschaft leiten" (16).

Um sicherzustellen, daß die Religionen sich der sozialistischen Gesellschaft anpassen, müssen Jiang zufolge zwei Dinge getan werden, "erstens sollten die religiösen Massen sich an das Gesetz unseres sozialistischen Landes, sowie seine Verordnungen, Richtlinien und Politiken [religiöse Aktivitäten sind nur innerhalb der Schranken des Gesetzes erlaubt] halten; zweitens sollten religiöse Aktivitäten dem größeren Interesse des Landes unterworfen werden und dem Gesamtinteresse der Nation dienen" (17).

B 3)

Schlacht um die Herzen und Gemüter

1997 wurde der Radius der "patriotischen Erziehungskampagne" vergrößert, um auch Schulen und andere Erziehungseinrichtungen zu erfassen und "zehntausende von jungen Leuten" hervorzubringen, die "aufrichtig China lieben und das Werk des Aufbaus des Sozialismus weiterführen".

Ebenso wie in Klöstern verfolgt die "patriotische Erziehung" in den Schulen den Zweck, die jüngere Generation allmählich von ihrer Loyalität zu Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama und dem tibetischen Nationalismus abzubringen. In diesem Zusammenhang machte Chen Kuiyuan bei dem Fünften Kongreß der KP der "TAR" am 29. Juli 1995 folgende Bemerkung: "Es ist lange her, seit die Dalai Clique in einen Wettstreit mit uns trat, um uns das Feld der Erziehung und die zukünftige Generation abspenstig zu machen. Wenn unsere Unfähigkeit, klar zu denken, spalterischen Ideen, Publikationen und Aufhetzungen ermöglicht, unsere Schulen zu infiltrieren und damit unsere zukünftige Generation verdirbt und so Bedingungen schafft, unter denen die Volks-Schulen Nachfolger der spalterischen Kräfte hervorbringen, dann werden wir einen historischen Schnitzer begangen haben" (18).

Daß nun auch Schulen und andere Institute aufs Korn genommen werden, ist ebenso eine direkte Folge des Dritten Forums, welches feststellte: "Die Dalai Clique hat eine Menge von Teenagern in ihren Schulen im Ausland aufgenommen, um sie mit den Gedanken der tibetischen Unabhängigkeit und spalterischen Ideen zu füttern. Sie versuchen vielerlei Methoden, um Nachfolger für die Sache der 'Unabhängigkeit Tibets' heranzuziehen. In unserer Region gibt es Schüler, welche die roten Halstücher [ein Zeichen, daß sie zu den Jungen Pionieren, der Juniorsektion der Kommunistischen Jugendliga, gehören] tragen, und die trotzdem in die Klöster gehen, um Butterlampen aufzufüllen; und was noch schlimmer ist, einige wurden von der konterrevolutionären Propaganda der Dalai Clique in die Irre geführt, so daß sie nun mit ihr sympathisieren und sich an spalterischen Aktivitäten beteiligen. Was wird in einigen Jahrzehnten passieren? Werden unsere Teenager zu Getreuen der Sache des Sozialismus oder zu Nachfolgern des Unfugs der Separatisten aufwachsen? Das ist ein wichtiges Thema, mit dem wir uns ernsthaft beschäftigen sollten."

B 4)

Das Allheilmittel Atheismus

Gegen Ende 1998 präsentierten die Chinesen eine Kampagne, um den Atheismus in allen Lebensbereichen der Tibeter zu fördern. Diese Kampagne sollte innerhalb von drei Jahren ihre gesteckten Ziele erreichen. Als Raidi sie am 15. November 1998 ankündigte, sagte er: "Als Kommunisten dürfen wir nicht meinen, daß alles in Ordnung sei, nur weil wir uns zu Atheisten erklären. Wir sollten vielmehr kühn den marxistischen Atheismus propagieren und darauf bestehen, die Massen der Bauern und Hirten auf dem Land in dem marxistischen Standpunkt zur Religion zu indoktrinieren".

Am 8. Januar 1999 wurde dann bei einem Meeting der Partei-Propaganda-Abteilung der "TAR" beschlossen, daß "der Atheismus nötig ist zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region und zur Unterstützung des Kampfes gegen die Infiltrierung der Dalai Clique" (19).

Die Kampagne forderte die Tibeter auf, endlich mit ihren uralten Bräuchen Schluß zu machen, sich auf Divinationen und Orakel zu verlassen oder Rat bei höheren religiösen Persönlichkeiten zu suchen oder Gebetsketten zu benutzen oder auch nur traditionelle tibetische Kleidung im Büro zu tragen. Einschränkungen wurden auch gemacht für das Aufhängen von Gebetsfahnen, das Verbrennen von Weihrauch, die Umschreitung heiliger Stätten, das Unternehmen von Pilgerfahrten usw. Diese "abergläubischen Handlungen" - so posaunte die Kampagne - seien lauter Stolpersteine auf dem Weg des Fortschritts der Gesellschaft, besonders für die Einführung einer Marktwirtschaft.

Als erstes wurden die tibetischen Mitglieder der Kommunistischen Partei und die Angestellten im öffentlichen Dienst von dieser Kampagne aufs Korn genommen. Man warnte sie vor dem Besitz von religiösen Gegenständen wie Gebetsbüchern, Bildern, Statuen, Thangkas und Altären und vor der Teilnahme an religiösen Festen oder Zeremonien sowie vor dem Besuch von Klöstern und Tempel an geheiligten Tagen. Kürzlich folgte noch ein weiterer Erlaß, der Parteimitgliedern und Regierungsangestellten gebietet, ihre Kinder aus den Klöstern zu nehmen.

Zuvor stellte Chen Kuiyuan bei seiner Rede vor der zweiten Plenarsitzung des Fünften Parteikomitees der "TAR" am 8. November 1997 fest: "...religiöse Gläubige und sogar einige Parteimitglieder und Kader sind nicht imstande, sich von den Fesseln ihrer Weltsicht im Sinne des religiösen Idealismus zu befreien. Statt ihre Intelligenz und ihre Bemühungen dem Wohl der Gesellschaft und des Volkes zu widmen, verschwenden sie ihre kostbare Zeit mit dem aussichtslosen Geschäft, für individuelles Glück in der nächsten Welt zu beten; statt ihre beschränkten finanziellen Mittel zur Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage zu benutzen, geben sie ihr Geld uneingeschränkt den Klöstern; und statt ihren Kindern eine moderne Erziehung zu gewähren, schicken sie sie auf die Klöster, um Mönche oder Nonnen zu werden. Solch eine negative Denkweise und Lebensart verwehren Wissenschaft und Technik ihren Einzug bei uns und verhindern die Entwicklung von produktiven Kräften."

Die besondere Ausrichtung der Kampagne auf Parteimitglieder und Bedienstete im öffentlichen Sektor zeigt, daß die chinesische Obrigkeit frustriert über tibetische Kader ist, welche der Anti-Dalai-Lama Kampagne nur unwillig folgen. Das wird deutlich aus einem Kommentar von Tibet TV am 3. August 1999, in dem gerügt wird, daß gewisse Mitglieder und Kader, welche die Kampagnen nicht unterstützen, "sich sorgen, daß in Tibet, dem Hauptland des tibetischen Buddhismus, wo es allerorten Lamaserien und Klöster und zahlreiche Anhänger des Buddhismus gibt, eine umfassende Propaganda des marxistisch-leninistischen Atheismus mit der Religionspolitik der Partei unvereinbar sein könnte und die religiösen Gefühle der großen Masse von Mönchen, Nonnen und Anhängern der Religion verletzen könnte".

B 5)

Kein Platz für tibetische Architektur

Das drakonische Manifest des Dritten Forums hatte auch den Abriß von 350 der 600 historischen Bauten der Altstadt von Lhasa bis Ende 1996 zur Folge. Unter den abgerissenen Kulturerbe-Bauten war auch der Tromsikhang Palast, der im 17. Jahrhundert vom Sechsten Dalai Lama gebaut wurde, sowie eines von vier Gebäuden mitten in der Altstadt, das offiziell zur "strikten Erhaltung als ein kulturelles Relikt" markiert worden war. Vor der Zerstörung des Tromsikhang Palastes wurden UNESCO und viele führende Experten für Denkmalschutz bei der chinesischen Regierung für seine Erhaltung als ein besonderes Kulturerbe vorstellig.

Das jüngste Ereignis dieser Art ist, daß die Stadtverwaltung von Lhasa mehrere Mitarbeiter von The Tibet Heritage Fund (THF) auswies - einer internationalen NGO, die sich um die Restaurierung von historischen Bauten in Lhasa bemühte (20). Der THF wurde 1997 gegründet und hatte bereits 76 Gebäude - einige davon mit einer erwiesenen Geschichte von 1.200 Jahren - restauriert, als seine Leiter im August 2000 aus Tibet hinausgeworfen wurden.

Zusammenfassend ist leicht zu beurteilen, warum die chinesische Obrigkeit die Religion, Kultur und Sprache Tibets so unbedingt unterdrücken will. Alles, was auf irgendeine Weise Tibeter als eine eigene Rasse kennzeichnen könnte, wird als eine direkte Bedrohung für die Einheit Chinas und die kommunistischen Parteiführung angesehen. Chen Kuiyuan machte dies deutlich, als er sagte: "Sie [die Dalai Clique] versucht, Sprache und Kultur als einen Vorwand zu benützen, um ethnischen Konflikt zu schaffen. Ihr Ziel ist, die tibetische Nationalität von dem Rest von [Chinas Nationalitäten] abzuspalten... und die sogenannte 'tibetische Kultur' in Gegensatz zu der sogenannten 'Han-Kultur' zu stellen" (21).

Teil C

Erziehung - eine Zweckpolitik

Seit Beginn der Besetzung Tibets war es eine Obsession der chinesischen Regierung, sich der Loyalität der Tibeter gegenüber der kommunistischen Parteiherrschaft sicher sein zu wollen. Dies machte die Staatsvertreter blind für eine Reihe von Kernpunkten in bezug auf die Entwicklung des "Humanvermögens" auf dem tibetischen Plateau.

Trotz der Behauptung der Behörden, "sie hätten in den letzten Jahrzehnten die wichtige Aufgabe der Entwicklung der Volkserziehung in Tibet in Angriff genommen", wurde Erziehung - die Grundlage für die Entwicklung von menschlichem Potential - auf der Liste der Prioritäten stets als nebensächlich zurückgestellt.

Erst zu Beginn der achtziger Jahre nahmen die Behörden allmählich eine etwas freundlichere Haltung gegenüber einem allgemeinen Erziehungssystem für ganz Tibet ein. Bis dahin hatten die "demokratischen Reformen" und besonders das Chaos und der Irrsinn der Kulturrevolution die Volkserziehung in ein heilloses Durcheinander gestürzt.

C 1)

Richtige Politik, fehlende finanzielle Mittel

1980 schlug China eine ethnisch orientierte Sozial- und Wirtschaftspolitik für Tibet ein, die Teil einer geheimen innenpolitischen Strategie war, um die "Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet" zu bewerkstelligen. Die Regierung hatte damals den aufrichtigen Wunsch, die Bildungsmöglichkeiten auf dem Plateau zu verbessern.

Unglücklicherweise fehlten die Gelder zur Durchführung dieser Reform. Was immer an Geldmitteln zur Verfügung stand, wurde größtenteils in die Entwicklung der Marktwirtschaft investiert - dem Lieblingskind von Chinas damaligen Staatschef Deng Xiaoping. Als eine Folge hiervon wurden zwischen 1980 und 1989 über 62% der Grundschulen in der "TAR" geschlossen und die Anzahl der Schüler fiel um 43% (22).

1994 führte Peking dann die allgemeine Schulpflicht für seinen kolonialen Außenposten ein. Aber dieser Schritt brachte den Tibetern keinen Nutzen, weil die Regierung die Wirtschaftspolitik von den Jahren nach 1984 nicht änderte, die vorsah, daß die Landbevölkerung ihre Grundschulerziehung selbst finanzieren mußte, wobei die Verwaltung auf Kreisebene nur minimale Hilfe für Bauwesen und Lehrergehälter gewährte. Da die Mehrheit der Tibeter in ländlichen Gegenden wohnen, bedeutete diese Wirtschaftspolitik einen Nachteil für die Tibeter, so daß sie nicht von der Allgemeinen Schulpflicht begünstigt wurden.

Dies führte zu einer extremen Land/Stadt-Disparität in der Schulbildung, weil die meisten der staatlich geführten Schulen - welche wesentlich größere Beihilfen vom Staat erhalten - in den urbanen Zentren liegen, in denen die chinesische Bevölkerung prädominiert. Die meisten Tibeter in ländlichen Gegenden konnten es sich nicht leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Am 4. Juni 1994 gab der Vorsitzende der "TAR" Regierung Gyaltsen Norbu zu, daß "... ein Drittel der Kinder der Autonomen Region Tibet sich den Schulbesuch nicht leisten könne".

Dies sind die Hauptgründe, warum sich viele Tibeter gezwungen sehen, ihre Kinder auf den weiten Weg nach Indien zu schicken, um sie in den von der tibetischen Gemeinschaft im Exil geführten Erziehungsanstalten unterzubringen. Nach einem Bericht des Tibetan Centre for Human Rights and Democracy flohen seit 1984 zwischen 6.000 und 9.000 Kinder und Jugendliche aus Tibet, um eine Möglichkeit zum Schulbesuch in Indien und Nepal zu suchen.

Die Regierung der PRC behauptet, daß sie von 1990 bis 1995 insgesamt 1,03 Mrd. Yuan zur Förderung der Volkserziehung in Tibet investiert hätte. Aber Tatsache ist, daß ein großer Teil dieses Budgets in die Erziehung tibetischer Schüler in China floß, mit dem Ziel, eine neue Generation von ideologisch "gehirngewaschenen" tibetischen Kadern heranzuziehen.

C 2

Zweifelhafte Statistiken

Der Zustand von Tibets Erziehungswesen zeigt sich deutlich an der Lage der Volkserziehung in der Präfektur Chamdo von Kham - einer der wohlhabendsten Gegenden der Autonomen Region Tibet. Ein Artikel von Shang Xioling, einem Reporter von "Radio Tibet Autonomous Region", und Tang Ching, einem Sonderberichterstatter für Erziehungswesen in der "TAR", liefert einen alarmierenden Einblick in die Schulbedingungen in Chamdo. Ihre Ausführungen mit der Überschrift "Notizen über die traurige Geschichte der Erziehung in Chamdo" erschienen am 15. Juli 1993 in einer der chinesisch-sprachigen Zeitungen Chamdos.

Die Autoren enthüllen, daß von den 110.000 schulfähigen Kindern von Chamdo über 70.000 (63,64%) keine Gelegenheit zum Schulbesuch haben. Die Analphabeten- und Semi-Analphabetenrate der Präfektur Chamdo betrage 78,8%. Shang und Tang schrieben, obwohl der vom Staat behauptete Durchschnitt der Einschreibung in Schulen der "TAR" 60,4% betrage, liege die Einschreiberate in der Präfektur Chamdo nur bei 34%.

Diese Studie von Shang und Tang zeigt den zweifelhaften Charakter der chinesischen offiziellen Statistiken. Wenn Chamdo, eine der am höchsten entwickelten Gegenden der "TAR", einen Schulbesuch von nur 34% aufweist, dann kann der Durchschnitt in der gesamten "TAR" nicht so hoch wie 60,4% sein. Was die Behörden außerdem verschweigen ist, daß die "TAR" und andere tibetische Gebiete in Qinghai (Amdo) und Sichuan (Kham) immer noch an unterster Stelle auf dem Erziehungsindex Chinas liegen, sogar noch unter der rückständigsten Provinz Chinas Guizhou (23).

Kurz gesagt, egal wie viele Erziehungseinrichtungen die chinesische Regierung seit 1959 tatsächlich in ganz Tibet errichtet hat, Pekings vorrangigstes Ziel bei der Erziehung der Tibeter war doch immer nur die Förderung politischer Loyalität zu China. Das kommt deutlich in einer Rede von Chen Kuiyuan 1994 vor der "TAR" Erziehungskonferenz zum Ausdruck: "Der Erfolg unserer Erziehungspolitik liegt nicht in der Anzahl von Diplomen, die den Absolventen der Universitäten, Colleges... und höheren Schulen ausgestellt werden. Nein, er liegt vielmehr darin, ob diese der Dalai Clique Widerstand leisten oder ihr Herz an sie verloren haben, und ob sie unserem hehren Mutterland und der großen Sache des Sozialismus treu sind oder ihnen gleichgültig gegenüberstehen."

C 3)

Tibetische Sprache in der Gesetzgebung

1987 verabschiedete der Volkskongreß der "TAR" ein Gesetz, das Tibetisch als das einzige Unterrichtsmedium auf Volkschulebene forderte, wobei Chinesisch erst ab 9 Jahren eingeführt werden sollte. Diese Legislation versprach, daß bis 1993 Mittelschulen in der "TAR" mit Tibetisch als Unterrichtssprache eingerichtet würden und daß kurz nach 2000 die meisten Studiengänge an der Universität auch auf Tibetisch zur Verfügung stünden.

Ein Sonderausschuß mit dem Namen "Richtungsweisendes Komitee der TAR für geschriebenes und gesprochenes Tibetisch" wurde 1993 gegründet, um diese Verordnungen in die Tat umzusetzen. Bei der Eröffnungssitzung des "Richtungsweisenden Komitees der TAR" kommentierte der Vize-Parteisekretär der "TAR" Tenzin: "Es gibt überzeugende Beweise dafür, daß nichts die Verwendung der tibetischen Sprache ersetzen kann, um die Qualität der Erziehung zu verbessern und das kulturelle Niveau der Nationalität anzuheben" (24).

Obwohl dieses Gesetz das breite Volk nicht zufrieden stellte, wurde es doch immerhin als ein Schritt in die richtige Richtung betrachtet. Tragischerweise fehlte es am politischen Willen, es in die Tat umzusetzen.

C 4)

Die Verzweiflung der tibetischen Gelehrten

Die schwindende Bedeutsamkeit der tibetischen Sprache auf ihrem Heimatboden ist für viele tibetische Gelehrte ein Grund zu schwerer Sorge geworden, und manche von ihnen erhoben offen ihre Stimme zum Protest. So sagte 1992 Professor Dungkar Lobsang Trinley, eine der führenden kulturellen und intellektuellen Gestalten des modernen Tibets, der von den Chinesen als ein "nationaler Schatz" anerkannt wurde: "Obwohl Tibetisch zu der Sprache erklärt wurde, die in Regierungsämtern und bei Sitzungen, sowie bei der offiziellen Korrespondenz an erster Stelle zu verwenden ist, wird Chinesisch überall als die Arbeitssprache verwendet".

Dieser Stand der Dinge hat nach Professor Dungkar dazu geführt, daß die Tibeter die Kontrolle über ihr eigenes Geschick verlieren. Er führte weiter aus: "Die ganze Hoffnung unserer Zukunft, alle anderen Entwicklungen, unsere kulturelle Identität und die Wahrung unseres Kulturerbes hängen davon [die tibetische Sprache] ab. Ohne gebildete Leute auf allen Gebieten, die sich in ihrer eigenen Sprache ausdrücken können, laufen die Tibeter Gefahr, assimiliert zu werden. Dieses Stadium haben wir nun erreicht."

Dherong Tsering Thondup äußerte eine ähnliche Befürchtung, nachdem er eine detaillierte Studie über den Status der tibetischen Sprache in vielen Teilen Osttibets, die jetzt Teil der chinesischen Provinz Sichuan sind, durchführte. In seinem Anfang der Neunziger veröffentlichten Bericht schrieb Dherong, daß von den 6.044 tibetischen Parteimitgliedern und Beamten in den neun Distrikten der Autonomen Tibetischen Präfektur Kandze nur 991 Tibetisch in Wort und Schrift beherrschten. Ähnlich konnten die meisten der 25 tibetischen Studenten einer Klasse in Dhartsedo (chin. Tachienlu, inzwischen in Kangting umbenannt) überhaupt kein Tibetisch sprechen. Dherong nannte hierfür drei Hauptgründe: erstens, die chauvinistische Politik der chinesischen Regierung, welche das Tempo der Sinisierung immer mehr beschleunigt; zweitens, die Meinung, daß Tibetisch in der heutigen Gesellschaft eine nutzlose Sprache sei; drittens, der Minderwertigkeitskomplex der Tibeter, der sie daran hindere, etwas zur Erhaltung ihrer eigenen Sprache zu unternehmen.

Weiter meinte Dherong hinsichtlich der chauvinistischen Politik Chinas, daß die sozialistische Ära gemeinsame Anstrengungen zur Förderung der Nationalitäten fordere, und nicht die Auslöschung einer einzelnen Nationalität. Die chinesische Verfassung garantiert jeder Nationalität freien Spielraum bei der Handhabung ihres eigenen Erziehungswesens, ihrer Wissenschaft, Kultur, Gesundheit und Hygiene, sowie das Recht ihr eigenes Kulturerbe zu bewahren. Diese verfassungsmäßig garantierten Rechte wurden jedoch für die Tibeter niemals voll umgesetzt.

"Die Unterlassung, den Wert und den Gebrauch der Sprache einer Nationalität zu fördern, stellt in der Tat einen Affront gegen sie dar. Wenn Chinesisch als lingua franca auf Kosten der Sprache des Volkes verwendet wird, wenn alle Minderheiten durch die Politik des nationalen Chauvinismus sinisiert werden, und wenn die Nationalitäten um der Überbrückung von wirtschaftlichen und kulturellen Disparitäten willen gezwungen werden, miteinander zu verschmelzen, dann widerspricht dies gänzlich den Bestimmungen der Verfassung hinsichtlich der Freiheit, seine eigene Sprache zu benützten und zu fördern".

Im Mai 1994 klagten Mitglieder der Politischen Konsultativkonferenz der "TAR" über die drastischen Kürzungen im Budget der Tibet Universität, Lhasa, und über die Massenversetzung von Mitarbeitern der Erziehungseinrichtungen in andere Abteilungen (25).

1996 schrieb Khenpo Jigme Phuntsok: "In der Tat ist die tibetische Sprache im heutigen Tibet wertlos geworden. Wenn ein Brief beispielsweise mit einer auf Tibetisch geschriebenen Adresse abgesandt wird, würde er selbst in Tibet seinen Bestimmungsort nicht erreichen, ganz zu schweigen von außerhalb. Und was das Reisen anbelangt, egal wie gut eine Person Tibetisch beherrscht, könnte sie dennoch den Busfahrplan oder die Sitzplatznummer auf ihrer Fahrkarte nicht lesen. Selbst wenn man in einer Kreisstadt oder einer größeren Stadt ein Krankenhaus oder ein Geschäft sucht, ist die Kenntnis des Tibetischen nutzlos. Für jemanden, der nur Tibetisch kann, wird es schwierig sein, auch nur die täglichen Gebrauchsgegenstände einzukaufen.... Wenn unsere Sprache in unserem eigenen Land nutzlos geworden ist, wo sonst wird sie von Nutzen sein? Wenn der Stand der Dinge noch lange so bleibt, dann wird die tibetische Sprache eines Tages ausgestorben sein.... Selten gibt es Schulen in Tibet, an denen man tibetische Sprache und Kultur erlernen kann.

Darüber hinaus haben die Eltern die Gewohnheit gebildet, ihre Kinder überhaupt nicht zur Schule zu schicken. Das kommt daher, daß in der Grundschule eher Chinesisch als Tibetisch gelehrt wird. Selbst wenn die Schüler Chinesisch lernen und die Mittelschule hinter sich bringen, haben sie keine Aussicht auf Beschäftigung in Tibet. Sie enden damit, daß sie wieder das Vieh hüten und die Felder beackern. Es gibt natürlich auch eine gewisse Möglichkeit, Tibetisch zu lernen. Aber die Eltern wissen, daß die tibetische Sprache im täglichen Leben nutzlos ist, und deshalb fühlen sie keinen Antrieb, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

In den Städten und Kreiszentren gibt es ernste Fälle von jungen Leuten, die überhaupt kein Tibetisch mehr sprechen können, obwohl beide Elternteile Tibeter sind. Viele von ihnen haben ihre tibetischen Charakteristika verloren. Außerdem sprechen tibetische Beamte kein reines Tibetisch mehr. Ein Fünftel oder zwei Drittel der von ihnen gebrauchten Wörter sind chinesische. Deshalb können gewöhnliche Tibeter nicht verstehen, was sie sagen" (26).

Wie vorauszusehen war, blieben diese kritischen Bemerkungen unbeachtet. Statt dessen wurde 1996 im Sinne der Empfehlungen des Dritten Forums eine Reihe von Schritten zurück gemacht. Das Budget für tibetische akademische und literarische Publikationen wurde drastisch gekürzt. Das "Richtungsweisende Komitee der Autonomen Region Tibet" wurde aufgelöst und seine wichtigen Mitglieder in das Regionale Übersetzungsbüro versetzt. Ein ähnliches Schicksal traf die Pilotprojekte zur Ausweitung von Tibetisch als Unterrichtssprache an den höheren Schulen zusammen mit den vier Experimentalklassen. Etwa um diese Zeit war es auch, daß die Sprachkurse in Tibetisch an der Tibet Universität Lhasa aufgehoben wurden und der Lehrkörper aufgefordert wurde, die Unterrichtsbücher neuzufassen, um jegliche Hinweise auf Religion auszumerzen.

Die Lage verschlechterte sich weiter in 1997, als der Vize-Parteisekretär der "TAR" Tenzin einen Beschluß bekannt gab, wonach von nun an Chinesisch für tibetische Schüler schon von der Grundschule an zum Pflichtfach werde.

Bei einem Treffen mit James Sasser, dem US Botschafter in China, sagte Tenzin, daß die Politik von 1987 "impraktikabel" sei und "nicht der Realität in Tibet entspreche" und "es der Entwicklung der Kinder nicht gut täte, wenn zugelassen würde, daß Jungen und Mädchen von Klasse eins bis drei nur auf Tibetisch unterrichtet werden". Der andere Vize-Parteisekretär der "TAR" Raidi stellte fest, daß eine ethnische Nationalität, die nur ihre eigene gesprochene und geschriebene Sprache verwendet, definitiv eine isolierte ethnische Minorität ohne Hoffnung auf eine Zukunft sei (27). Innerhalb eines einzigen Jahrzehnts waren somit die gesetzlichen Verordnungen von 1987 rückgängig gemacht worden.

Die chinesische Politik zur Untergrabung der tibetischen Sprache wird in allen Regionen Tibets realisiert, nicht nur in der "TAR". Das kommt deutlich zum Ausdruck in einem unlängst von Zhou Yong-kang, dem kommunistischen Parteisekretär der Provinz Sichuan [welche große Teile von Osttibet einschließt] getanen Ausspruch. Bei einer Sitzung von Chinas Nationalem Volkskongreß im März 2000 verkündete Zhou, daß das Unterrichten von Tibetisch an Schulen "eine große Belastung für die staatlichen Mittel" sei (28).

C 5)

Unterdrückung der "falschen" Kultur

Ende 1996 wurden in Tibet ein historisches Drama und ein Reiseführer verboten. Das Schauspiel, Geheimnisse des Potala Palastes, sowie seine Verfilmung stellten den Fünften Dalai Lama dar, wie er den chinesischen Kaiser Shunzi trifft, ohne den kow-tow auszuführen. Gleichermaßen wurde ein von dem Gelehrten Thubten Gyaltsen verfaßter illustrierter Führer über die Schätze und Geschichte des Potala Palastes verboten, weil er ein Portrait von Sangye Gyatso enthielt, dem Regenten des Fünften Dalai Lama und einem bedeuteten politischen Strategen seiner Zeit.

Auf diese verbotenen Produkte anspielend sagte Chen Kuiyuan, daß es "eine kleine Anzahl von literarischen und künstlerischen Werken gebe, welche durch Verkehrung der Dinge das preisen, was nicht gepriesen werden dürfe, und sogar soweit gehen, ein Loblied auf den separatistischen Führer Di-ba Sang-jie Jia-cuo [Desi Sangye Gyatso] zu singen".

Im Juli 1997 griff Chen Kuiyuan Professor Dungkar Lobsang Trinley an, weil dieser die Einbeziehung von Buddhismus in das Studium des Tibetischen gefordert hatte. In einer kaum verhüllten Kritik an Professor Dungkar sagte Chen: "Gewisse Leute, die Autoritäten sein wollen, taten solche schamlosen Äußerungen, wobei sie Wahrheit und Lüge durcheinander brachten". Das sei nichts anderes als die "Bemühungen der Separatisten zur Propagierung der gesprochenen Sprache und Kultur, um Dispute und Antagonismen zwischen den Volksgruppen zu schaffen" (29).

Teil D

Intensivierung der politischen Repression

"Der Kampf zwischen uns und der Dalai Clique ist weder eine Angelegenheit des religiösen Glaubens noch eine Frage der Autonomie, sondern es geht hierbei um den Schutz der Einheit unseres Landes und die Opposition gegen das Spaltertum... Keiner sollte ihn gering schätzen. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod, und natürlich ist es keine gewöhnliche, sondern eine sehr wichtige Sache. Das Ständige Komitee des Kongresses der Autonomen Region Tibet und die Justizorgane sollten Untersuchungen darüber durchführen, welche Probleme unserer Arbeit im Kampf gegen das Spaltertum im Wege stehen, und sie sollten diese Probleme ernsthaft anhand des Gesetzes analysieren. Wenn es irgend etwas gibt, was in den Gesetzen noch nicht erfaßt ist, sollten die Gerichtsbehörden schnellstens ihre Ansichten dazu darlegen und Gesetze und Verordnungen aufstellen, um die Spalter zu bekämpfen, damit die Gesetze und Verordnungen effektiver werden... So wie das 'Austeilen von gnadenlosen Schlägen' eines der wichtigsten Elemente bei der Handhabung der Öffentlichen Sicherheit ist, so sollten die Justizorgane örtliche Strukturen der öffentlichen Sicherheit aufbauen, um ihre eigenen hauptsächlichen Probleme in Angriff zu nahmen, indem sie diese fokal behandeln und vor Ort zu lösen suchen. Zur Bewältigung der Aufgabe der öffentlichen Sicherheit müssen wir uns sowohl auf die zuständigen PSB Dienststellen als auch auf die breite Volksmasse stützen."

Drittes Arbeitsforum über Tibet, Peking 1994

Dieser einen erschauern lassenden Direktive folgte sofort eine dramatische Eskalation der Repression in ganz Tibet. Neue Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, um die Kontrolle über die Bevölkerung zu verschärfen. Das während der Kulturrevolution ausgeheckte "Nachbarschafts-Überwachungssystem" mit Informantennetzen in Ämtern, Arbeitsgruppen, Schulen, Klöstern, Wohnanlagen und Stadtvierteln wurde wieder aktiviert. Auf den öffentlichen Plätzen der Städte wurden Überwachungskameras installiert, die immer noch in großem Umfang eingesetzt werden. Viele Tibeter werden genötigt, Informationen über Arbeitskollegen und Nachbarn zu liefern unter Androhung von Verlust ihrer Wohnung und ihres Arbeitsplatzes, des Rechtes auf Ausbildung für ihre Kinder, auf einen Platz in einem Kloster für ihre Söhne und Töchter, usw.

D 1)

Einschüchterung politisch Verdächtiger

1995 führte das Regime eine neue Strategie zur Einschüchterung politisch Verdächtiger ein. Hauptsächlich in urbanen Zentren werden dieser Strategie zufolge Tatverdächtigte wiederholt für kurze Fristen eingesperrt, oft für etwa 2 Tage pro Woche, und in dieser Zeit werden sie mittels raffinierter Foltertechniken, die keine sichtbaren Verletzungszeichen hinterlassen, vernommen. Dazu gehören: die Häftlinge extremen Temperaturen aussetzen, sie winters im eiskalten Wasser stehen zu lassen oder sie stundenlang in körperverrenkenden Positionen sitzen zu lassen. Diese Technik wird besonders bei Leuten angewandt, welche der Weitergabe von Informationen über die Lage in Tibet an die Außenwelt verdächtigt werden. Wenn die Opfer entlassen werden, dann sind sie schon dermaßen eingeschüchtert, daß sie niemandem über ihre Festhaltung zu erzählen wagen, um nicht eine weitere Folterrunde erleiden zu müssen. In manchen Fällen sind sie so verängstigt, daß sie sogar zustimmen, Spitzeldienste für die Behörden zu leisten.

D 2)

Steigerung der Repression

1996 nahmen die drei großen Kampagnen Chinas "patriotische Erziehung", "spirituelle Zivilisation" und "Schlag-hart-zu" die Ziele des Dritten Forums auf und intensivierten die Repression weiter. Ebenso wie bei der "patriotischen Erziehung" und der "spirituellen Zivilisation" der Fall, verfolgt die "Schlag-hart-zu" Kampagne in Tibet, wie bereits erwähnt, ein völlig anderes Ziel als in China.

In China wurde die Kampagne initiiert, um die amtliche Korruption und gewöhnliche Verbrechen wie Mord, Raub, Drogenhandel usw. zu bekämpfen. In Tibet wurde sie jedoch zum Vorreiter von Chinas "erbarmungslosen Schlägen" gegen den Separatismus und den Einfluß der "Dalai Clique".

Bei seiner Ansprache vom 6. Mai 1996 an die Eröffnungsversammlung des "Schlag-hart-zu" Feldzuges brachte Raidi, der Vizesekretär der kommunistischen Partei der "TAR" diese Kampagne mit dem Kampf gegen den Separatismus in Verbindung, als er sagte: "Tibet liegt an der Front des Anti-Separatismus-Kampfes, und die wichtigste politische Aufgabe dieses Kampfes ist die Aufrechterhaltung der sozialen Stabilität und der Einheit des Mutterlandes... Wenn wir diesen Kampf mit Eifer anpacken und mit aller Härte gegen Verbrechen vorgehen, ist dies sowohl ein Ausdruck dafür, ob wir ein Gefühl für die Volksmassen haben oder nicht, als auch dafür, ob wir es mit der Politik wichtig nehmen oder nicht" (30).

Um den Leuten den Ernst dieser Kampagne einzuhämmern, brachte Tibet Daily am 17. Juni 1996 einen Artikel unter dem Namen von Bai Zhao, Präsident des Regionalen Volksgerichts der "TAR", worin zur Intensivierung des "Schlag-hart-zu" Feldzuges aufgerufen wurde. Er forderte, daß schwere Strafen oder gar das Todesurteil über diejenigen verhängt werden, die sie verdienen.

D 3)

Separatisten auf dem Lande werden in die Enge getrieben

Die Tatsache, daß Peking jeden Ausdruck von tibetischer Kultur und Identität als eine Bedrohung für die "Einheit des Mutterlandes" auslegt, hat den Spielraum erweitert, in dem ein Tibeter der "spalterischen Aktivität" angeklagt werden kann.

Die Beschuldigung des "Spaltertums" bezieht sich nicht mehr bloß auf Demonstrationen für die Unabhängigkeit und Verteilen von Flugblättern oder Informationsaustausch mit ausländischen Touristen. Die neue Definition von "spalterischen Aktivitäten" oder von tibetischem Nationalismus umfaßt nun auch den geringsten Ausdruck der charakteristischen Eigenheit Tibets. Beispielsweise wurden 1999 drei Tibeter in Dram, dem letzten tibetischen Vorposten an der Grenze zu Nepal, festgenommen, weil sie anläßlich des Geburtstages Seiner Heiligkeit des Dalai Lama am 6. Juli den Gottheiten Weihrauch darbrachten.

Darüber hinaus haben die Behörden durch den "Schlag-hart-zu" Feldzug ihren politischen Würgegriff selbst über die Landbevölkerung Tibets intensiviert. Zu der Notwendigkeit dessen meinte Raidi am 1. Januar 1998: "Die Regionen der Landwirtschafts- und Weidegebiete sind nun allmählich zu der Front im Kampf gegen den Separatismus geworden... Nachdem sie wiederholte Niederlagen erlitten hat, änderte die Dalai Clique in den letzten Jahren ihre Taktik, indem sie ihre separatistischen Aktivitäten nun mehr auf die weiten Ackerland- und Weidegebiete konzentriert" (31).

Um die Kontrolle der Partei über die ländlichen Gegenden zu konsolidieren, begannen die Behörden 1998 Schlüsselpositionen mit linientreuen Kadern zu besetzen. Raidi stellte in seiner öffentlichen Ansprache am 15. November 1998 fest, daß "Beamte an der Basis auf dem Lande die springende Kraft für die Einigung und die Leitung der Massen in dem intensiven Kampf gegen Separatismus darstellen, und daß dies die Landwirtschafts- und Nomadengegenden stabilisieren wird". Die tibetische Ausgabe von People's Daily berichtete am 15. Juli 1998, daß in der "TAR" seit 1995 "650 Parteikomitees auf Gemeinde- und Stadtebene und 3.602 Dorfzweigstellen in Ordnung gebracht worden seien".

D 4)

Hartes Zuschlagen bei Gericht

Die Intensität der "Schlag-hart-zu" Kampagne kann an dem Bericht für 1996 ermessen werden, den Bai Zhao, der Präsident des Regionalen Volksgerichts der "TAR", am 20. Mai 1997 bei der 5. Sitzung des 6. Volkskongresses der "TAR" verlas. Darin hieß es, daß der Höhere Volksgerichtshof der "TAR" die Beschlüsse des Partei-Zentralkomitees "resolut durchgesetzt habe", und daß das regionale Parteikomitee "koordinierte Aktionen in vereinter Anstrengung" eingeleitet habe, um den "Schlag-hart-zu" Feldzug mit "Donnerkraft und Blitzesschnelle" durchzuführen.

Der Bericht rühmt sich, daß der Gerichtshof 1996 insgesamt 2.126 Kriminalfälle abgehandelt hätte und daß 1.726 Häftlinge in 977 Strafverfahren zügig bei der ersten Verhandlung verurteilt worden seien. Weiterhin heißt es darin, daß von den Gefangenen 60,8% (1.049) zu über 5 Jahren Gefängnis oder lebenslanger Haft oder zum Tode (mit Vollstreckungsaufschub) verurteilt worden seien. 37,43% (645) wurden zu unter 5 Jahren verurteilt, bei 1,36% (24) wurde von einer Bestrafung abgesehen und 0,43% (8) wurden für unschuldig erklärt.

Ein weiterer im Mai 1998 von Bai Zhao unterbreiteter Rechenschaftsbericht besagt, daß die Gerichtshöfe in den letzten 5 Jahren gegen 6.291 Personen verhandelten, von denen sie 0,73% als unschuldig gefunden hatten. Und über die Hälfte der Sträflinge sei mit Urteilen von 5 Jahren Gefängnis bis hin zum Tod belegt worden.

D 5)

Unterdrückung gebiert Widerstand

Derartige repressive Maßnahmen erzeugen einerseits eine Atmosphäre der Furcht und Einschüchterung, sie führen aber auch zu weitverbreitetem Groll und entfachen in immer mehr Gegenden Tibets Proteste.

Einem von dem Londoner Tibet Information Network veröffentlichten Bericht zufolge waren die politischen Proteste vor 1993 meistens auf 22 Distrikte innerhalb der "TAR" und 9 tibetische Distrikte außerhalb der "TAR" beschränkt. Seit 1993 hörte man jedoch von Protesten in 31 Distrikten der "TAR" und 21 Distrikten in anderen tibetischen Regionen (32). Dies ist eine Zunahme von 40% in der "TAR" und von 130% in den tibetischen Gebieten außerhalb der "TAR". Entsprechend nahmen auch die Festnahmen im Stadtbezirk Lhasa um 15% von 500 auf 600 und in anderen Gegenden der "TAR" um 250% von 100 auf 350 zu.

Obwohl wir keine genauen Informationen über Verhaftungsfälle in den tibetischen Gebieten außerhalb der "TAR" bekommen konnten, ist anzunehmen, daß die Zahlen, die sich auf die "TAR" beziehen, mehr oder weniger repräsentativ für die Situation in ganz Tibet sind.

Um mit der wachsenden Zahl von Festnahmen tibetischer politischer Verdächtiger fertigzuwerden, erweiterten die Chinesen das Netz der Gefängniskomplexe in Tibet. 1997 wurde in den nordöstlichen Vororten von Lhasa eine neue high securtiy Haft- und Vernehmungsanstalt gebaut. TIN zufolge soll diese Anstalt Personen, die besonders politischer Untreue verdächtig sind, aufnehmen, sowie frühere hohe Staatsbedienstete, die sich, vor allem in politischer Hinsicht, ernster Fehler schuldig gemacht haben. Zusätzlich wurden 1998 die Gefängniskomplexe von Drapchi und Sangyip erweitert.

Die gegenwärtige Hardliner-Politik der Chinesen erreichte nur, daß der Geist des Widerstandes - sogar in den Gefängnissen Tibets - bei politischen wie bei nicht-politischen Gefangenen noch entschiedener wurde. Mönche und Nonnen, die den Großteil der politischen Gefangenen ausmachen, wissen nur zu gut, daß nach Ende ihrer Haftstrafe die Tore ihrer Klöster fest für ihren Wiedereintritt verschlossen sein werden. Und ebenso wie die übrigen politischen Gefangenen sind sie sich bewußt, daß ihre Vergangenheit des politischen Aktivismus sie bei der Arbeitsuche disqualifizieren wird und daß sie fortan unter der ständigen Überwachung von Polizei und Informanten stehen werden. Ihre Karriere ist praktisch beendet. Darüber hinaus erinnert sie alles auf Schritt und Tritt an die zunehmende Bedrohung für das Überleben der tibetischen Kultur, Religion und Identität. Dadurch bildet sich ein Gefühl der Verzweiflung in ihnen und sie riskieren alles, um ihrer Nemesis zu entgehen.

D 6)

Gesetz versus Realpolitik

1990 sagte der damalige Präsident des Oberen Volksgerichtes: "Die Oberaufsicht der Partei über die Gerichte ist die grundlegende Garantie dafür, daß diese ihre schiedsrichterlichen Aufgaben wahrnehmen können (33). Alle Handlungen und Überzeugungen, die der Politik der CCP zuwiderlaufen, geben ungeachtet der bestehenden gesetzlichen Schutzvorkehrungen Anlaß zu Vergeltung. Obwohl Chinas Verfassung und Gesetzgebung den Schutz der Grundrechte vorsehen, werden diese Garantien in der Praxis oft ignoriert. Es ist daher nicht überraschend, daß Bai Zhao sich einer so hohen Zahl von Verurteilten rühmen kann, wenn die Partei mitten in einer Kampagne zur Ausrottung der nationalistischen Elemente unter den Tibetern steckt.

1997 nahm Peking einige Änderungen an dem Strafgesetz vor, um es für die internationale Gemeinschaft "schmackhafter" zu machen. Das verbesserte Strafgesetz schaffte den Begriff des "konterrevolutionären Verbrechens" ab und ersetzte ihn durch neue Termini wie "Verbrechen gegen die Staatssicherheit", "Subversion" oder "Versuch zum Sturz des Staates".

Obwohl diese Änderung der Terminologie günstigere Voraussetzungen für China schaffte, um der internationalen Kritik wegen seiner Menschenrechtsverletzungen zu entgegnen, hat sie das Leben der Menschen nicht sicherer gemacht. Im Gegenteil, der neu eingeführte § 103, der sich mit dem "Verbrechen von Zusammenschluß, Verschwörung oder Handlung zur Spaltung des Landes" befaßt, wirkte sich negativ auf die Sicherheit der Tibeter aus. Die §§ 102 und 106 des amendierten Strafgesetzes erweitern den Umfang der Strafen für Tibeter, die "spalterischer Aktivitäten" wegen angeklagt sind.

TIN stellte fest, daß "trotz des Veraltetseins der strafrechtlichen Terminologie von 'Konterrevolution', die Hafturteile für dieselben Aktivitäten in Tibet im ganzen gesehen nun länger und häufiger geworden sind und neuerdings eher durch gerichtliche als durch administrative Verfahren verhängt werden (34).

Das amendierte Gesetz schränkte die Justizhaft ohne Anklage auf ein Maximum von 44 Tagen ein. Der Teil II dieses Gesetzes sieht jedoch neue Möglichkeiten für die Verlängerung dieser Untersuchungshaftdauer vor. Eine weitere Augenwischerei an der amendierten Fassung ist die Abschaffung von sechs Formen des Gewahrsams in der Zeit vor dem Prozeß, darunter auch eine "Obdach und Ermittlung" genannte Form der Administrativhaft, bei der ein Tatverdächtiger bis zu 3 Monate ohne formelle Anklageerhebung festgehalten werden konnte. Dennoch reißen die Zeugnisse von überlangen Zeiten administrativer Inhaftierung in Tibet nicht ab. Das "Anwalt-Komitee für Menschenrechte" kam zu dem Schluß: "Der grundlegende Mangel an dem chinesischen Justizsystem ist die ungeheure Macht, welche die Polizei besitzt, um verdächtige Kriminelle festzuhalten" (35).

D 7)

Das sich wandelnde Gesicht der Folter

Die Anwendung von Folter ist an der Tagesordnung in Tibets Gefängnissen und Haftzentren. Folter und andere Formen der Mißhandlung kommen während des gesamten Prozesses der Festhaltung vor: bei der Verhaftung, beim Transport zu den Untersuchungshaftzentren, in den Haftanstalten und in den Gefängnissen. 1998 äußerte sich Amnesty International besorgt darüber, daß Folter und Mißhandlung von Häftlingen in Gefängnissen und Arbeitslagern nach wie vor weit verbreitet sind und manchmal sogar zum Tode führen (36). Den "Ärzten für Menschenrechte" zufolge läßt die Häufigkeit von Folter - einschließlich psychologischer Mißhandlung, Verprügelung, Vergewaltigung, Gebrauch von elektrischen Viehstöcken und langem Hungernlassen der Häftlinge - darauf schließen, daß Folterung ein fester Bestandteil eines weiterbreiten Systems der Mißhandlung ist (37).

Eine andere Form der Mißhandlung ist die Verweigerung von angemessener medizinischer Versorgung für die Untersuchungshäftlinge und Gefangenen. Das US Außenministerium stellte in seinem Länderbericht 1998 zur Menschenrechtspraxis in China fest, daß das Fehlen "angemessener, rechtzeitiger medizinischer Behandlung der Gefangenen weiterhin ein ernstes Problem darstellt, entgegen den offiziellen Beteuerungen, wonach die Gefangenen bei Erkrankung das Recht auf schnelle medizinische Hilfe hätten".

§ 247 des Strafgesetzes der PRC legt fest, daß "Justizangestellte, die ein Geständnis von Tatverdächtigen oder Angeklagten durch Folter erzwingen oder die Gewalt anwenden, um eine Aussage von einem Zeugen zu erwirken, zu bis zu 3 Jahren Gefängnis zu verurteilen oder in Strafarrest zu setzen sind" (38).

Solche Bestimmungen werden jedoch routinemäßig ignoriert und treten hinter politischen Erwägungen zurück. Der Zweck der Folter ist, "Geständnisse" und die Namen von "Komplizen", "Organisationen" oder "ausländischen Bundesgenossen" zu erpressen. Der Internationale Rehabilitationsrat für Folteropfer stellte fest, daß trotz der Verhängung von Gesetzen, welche Folterung durch das Gefängnispersonal verbieten, wie sie im Art. 14 der chinesischen Gefängnisverordnung von 1994 zu finden sind, die Mißbräuche anhalten in Form von Herauspressen von Geständnissen durch Folter, Verabreichung von körperlicher Züchtigung, Demütigung der Gefangenen, Verprügeln oder Nichteingreifen, wenn andere Personen sie schlagen (39).

Zur Folter wird auch gegriffen, um den Widerstandsgeist der Gefangenen zu brechen und sie permanent der kommunistischen Partei gefügig zu machen. Kein Wunder ist es daher, daß fast alle Folteropfer Personen sind, die während ihrer Gefangenschaft Dinge taten, die als Opposition gelten, wie etwa Rezitieren von Mantras, Protestieren gegen Mißhandlung von Gefährten, Treuebezeugung für die tibetische Regierung-im-Exil und Seine Heiligkeit den Dalai Lama oder Äußerung von Meinungen gegen die "politische Umerziehung".

Im Mai 1998 wurden mindestens 10 Gefangene des Drapchi Gefängnisses in Lhasa zu Tode gefoltert, weil sie Parolen gerufen hatten wie "Lange lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama", "Free Tibet", während eine aus den Botschaftern von Großbritannien, Österreich und Luxemburg bestehende EU Delegation dem Gefängnis einen Besuch abstattete. Karma Dawa, der Anführer der Demonstranten, wurde hingerichtet, während die Urteile der anderen Beteiligten um 4-5 Jahre verlängert wurden.

Im Laufe der Jahre wurden die Foltertechniken immer erfinderischer. Das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy dokumentierte eine ganze Reihe von Foltertechniken, die bei tibetischen Häftlingen zur Anwendung kamen: Aufhängen an der Decke, Hand- und Fußfesseln, Elektroschocks, extremen Temperaturen aussetzen, Hetzen von abgerichteten Hunden auf die Häftlinge, sexuelle Übergriffe, Anwendung von elektrischen Viehstöcken an empfindlichen Körperstellen, auch an Genitalien und im Mund, lange Zeiten der Einzelhaft, Urinieren in den Mund des Opfers, Zwingen der Opfer zum Anschauen von Foltervideos, sie lange Zeit an einem Stück unbeweglich dastehen lassen, Entzug von Nahrung, Wasser und Schlaf.

Ein beachtenswertes Resultat des internationalen Druckes auf China ist die Abnahme der in den letzten paar Jahren an tibetischen politischen Gefangenen vorgenommen Hinrichtungen. Statt politischer Häftlinge werden in Zeiten politischer Unruhe eher kriminelle Straftäter in Tibet hingerichtet. Das hat den Zweck, potentiellen politischen Aktivisten Furcht einzuflößen, während es gleichzeitig kein großes Risiko internationaler Verurteilung darstellt. Was die politischen Gefangenen betrifft, so scheint die Hinrichtung durch drastische Folter ersetzt worden zu sein, was zu einem Tod ohne viel Aufsehen oder zu permanenter physischer Hinfälligkeit führt. Seit 1987 hat das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy 69 Todesfälle verzeichnet, die in den Gefängnissen oder unmittelbar nach der Entlassung aus der Haft, entweder im Hospital oder zu Hause, erfolgten. Alle diese Todesfälle sind der Mißhandlung in der Gefangenschaft zuzuschreiben.

D 8)

Ein Teppich von Propaganda

Charakteristischerweise hat auch diese Eskalation der Repression Peking nicht davon abgehalten, Weißbücher herauszugeben, die von religiöser Freiheit und Einhaltung der Menschenrechte in Tibet handeln. Offensichtlich meinen die Chinesen, daß sie ihre Mißbräuche durch Steigerung der Propagandamanöver vertuschen können.

Die Tatsache, daß China immer mehr Akzeptanz in dem weltwirtschaftlichen Gefüge findet, machte zweifellos die chinesische Regierung der internationalen öffentlichen Meinung gegenüber empfindlicher. Leider hat sich diese Empfindsamkeit nicht in einem milderen Regime für die Tibeter niedergeschlagen. Sie hat nur zu subtileren Unterdrückungsmechanismen geführt und zu einem ungeheuren Anstieg der für internationale Public Relations Zwecke ausgegebenen Mittel.

Eine der Empfehlungen des Dritten Arbeitsforums lautete, freundlich gesinnte ausländische Journalisten nach Tibet einzuladen und sie dahin zu bringen, daß sie ihre Stimme dem Chor der offiziellen chinesischen Propaganda hinzufügen. Und tatsächlich besuchte in den letzten Jahren eine Reihe von "freundlichen ausländischen Journalisten" Tibet, wo sie behutsam zu Interviews mit tibetischen Staatsdienern und zu offiziellen, mit goldenen Fäden an die neuen Herren des Landes gebundenen Marionetten geleitet wurden. Gewöhnliche Tibeter dürfen nicht einmal mit Touristen sprechen, ganz zu schweigen von Journalisten. Ebenso können Journalisten, die Sympathie für das Elend der Tibeter zeigen, niemals erwarten, eine offizielle Erlaubnis zum Besuch Tibets zu erhalten. Die chinesische Führung weiß allzu gut: Solange die Löwen keine eigenen Chronisten haben, werden die Dschungelgeschichten nur von der Tapferkeit der Jäger handeln.

Teil E

Wirtschaftliche Entwicklung für politische Kontrolle

Das Muster der Entwicklung in Tibet seit seiner Besatzung durch die Chinesen 1959 entspricht weder irgendwelchen UN Deklarationen über eine fruchtbringende Entwicklung, noch steht es mit den Bestimmungen des Völkerrechts im Einklang. Chinas Politik der "Entwicklung um jeden Preis" beutet nicht nur die Naturschätze Tibets für seinen eigenen Fortschritt aus, sondern drängt auch die Tibeter an den Rande der Gesellschaft, schließt sie von einer effektiven Teilhabe aus und macht sie somit zu Bürgern zweiter Klasse in ihrem eigenen Land.

Die chinesische Regierung macht stets große Töne über die Verbesserungen in bezug auf den Fortschritt in Tibet. In der Tat verwendet China schon seit den fünfziger Jahren das Wort "Entwicklung" als eine Metapher für sein Eingreifen in Tibet. Die 50 Jahre unter dem kommunistischen Regime werden als eine Zeit enormen Wachstums und von Linderung des Leidens dargestellt (40).

Chinas Regierung wird nicht müde zu beteuern, daß es zwar einige Schwierigkeiten und Entbehrungen gab, die Dinge aber nun kontinuierlich besser würden. Dabei dient der Fortschritt im Bauwesen in der Form von Straßen, Brücken, Staudämmen und Gebäuden als der Prüfstein für den Wohlstand der Bevölkerung (41).

Der chinesischen staatlichen Doktrin zufolge wird das "primitive und barbarische" vor-kommunistische Tibet derzeit unter der "wohlwollenden" Regierung Chinas in ein neues "modernes" Tibet umgewandelt. Von dem ersten Arbeitsforum in Tibet 1980 bis zu dem dritten 1994 wimmelte es nur so von Projekten zum Bau von Straßen, Wasserkraftwerken usw., wobei die ständigen Einschnitte und Probleme, die diese mit sich brachten, in drastischer Weise das Gesicht Tibets veränderten.

Wenn wir uns nun aber einige dieser Veränderungen und Behauptungen genau ansehen, erkennen wir allmählich das den Entwicklungsstrategien Chinas zugrunde liegende Muster. Erstens beabsichtigt China, die Regionen Tibets vollkommen in die PRC zu integrieren. China hat dies durch die verkehrsmäßige Verknüpfung Tibets mit chinesischen Städten und durch die Überflutung des Plateaus mit Myriaden von chinesischen Einwanderern schon weitgehend erreicht. Zweitens veröffentlicht China, um sein internationales Image aufzubessern und seine Anwesenheit in Tibet zu legitimieren, die Summen, die als Subventionen für die Entwicklungsarbeit in Tibet - "einem primitiven Ödland"- bereitgestellt werden.

Dagegen hat China noch niemals die wahre Summe genannt, die es seit seiner Besetzung jährlich aus der Plünderung der kulturellen Schätze Tibets während der Kulturrevolution, aus seiner Entwaldung und den rücksichtslos betriebenen Bergbauprojekten erntet. Das Einkommen, das China durch den Raubbau an Tibets Naturschätzen, wie Bauholz, Bodenschätzen, Erdöl und Tierprodukten erwächst, übertrifft bei weitem die paar Milliarden Yuan, die es zur "Entwicklung" Tibets ausgibt. Darüber hinaus benützt China die Entwicklung als ein Antidot gegen den tibetischen Nationalismus und als ein Mittel, um dem Aufkeimen von "separatistischen Aktivitäten" vorzubeugen. Die chinesische Regierung macht kein Hehl aus ihrer Strategie, mit Hilfe von Wirtschaftswachstum und "Entwicklung" den tibetischen Widerstand ersticken zu wollen.

Erst vor kurzem kommentierte Vizepräsident Hu Jintao, der auch Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der CCP ist: "Das ständige Vorantreiben von Tibets wirtschaftlichem Aufbau und anderen die Gesellschaft betreffenden Unternehmungen sowie die in letzten Jahren gemachten Errungenschaften sind von unseren Bemühungen zur Wahrung der sozialen Stabilität nicht zu trennen" 42).

Wenn man bedenkt, daß China 50 Jahre Zeit hatte, um Tibet zu entwickeln, so stehen seinen Behauptungen wirklich keine bemerkenswerten Verbesserungen gegenüber, wobei die negativen Auswirkungen dieses " Fortschrittes" bei weitem irgendwelche angeblichen positiven überwiegen (43). Die meisten der derzeitigen Entwicklungsprojekte beschäftigen eine ansehnliche und unverhältnismäßig große Zahl von Chinesen und begünstigen daher den Transfer von chinesischen Siedlern oder Arbeitern in tibetische Gegenden. Auf diese Weise konsolidiert China seine Herrschaft und die Besetzung Tibets.

Bei dem Dritten Forum für Arbeit verkündigte Chinas damaliger Premierminister Li Peng, daß China "die Entwicklung Tibets vorantreiben muß", und daß "wir gänzlich in der Lage sind, Tibets Entwicklung zu beschleunigen". Er mahnte die Regierung der "TAR", erstens darüber nachzudenken, daß der wirtschaftliche Aufbau bei gleichzeitiger Förderung der "Entwicklung und Stabilität" der Schlüsselpunkt ist. Zweitens wird die Verwaltung beauftragt, "das Tempo von Reform und Öffnung zu beschleunigen", um der wirtschaftlichen Entwicklung einen stärkeren Antrieb zu geben. Und schließlich soll sie den Enthusiasmus des Staates für das ganze Land bemühen, um Tibet zu unterstützen sowie die Bereitschaft der Tibeter, autark zu werden, und sie soll entschlossen sein, die Infrastruktur aufzubauen, das Wirtschaftswachstum zu fördern und mehr Einsatz leisten.

Im Anschluß an das Dritte Forum für Arbeit arbeitete die kommunistische Partei der "TAR" eine Entwicklungsstrategie für Tibet aus auf der sozialen Basis eines vereinten, wohlhabenden und zivilisierten sozialistischen Tibets (44).

Das Dritte Arbeitsforum räsonierte: Tibets wirtschaftliches Wachstum wird auf etwa 10% veranschlagt. Bei dieser Wachstumsrate wird Tibets Bruttosozialprodukt bis zum Jahr 2000 beträchtlich gestiegen sein und das Doppelte von 1993 betragen. Diese Zuwachsrate wird viel höher sein als das durchschnittliche Wachstum von 6% zwischen 1981 und 1993, sogar über den für die ganze Nation geplanten 8-9% liegen. Bis 2000 wird Tibet grundlegende Autarkie in Getreide und Erdöl erlangt haben und wird auch die Aufgabe der Ausrottung der Armut bewältigt haben, so daß die Mehrheit der Volksmassen einen relativ hohen Lebensstandard genießen wird.

Das allgemeine Niveau der nationalen Ökonomie und sozialen Errungenschaften Tibets in ihrer Gesamtheit wird gewaltig gehoben werden. Die Kapazität zur Stromerzeugung wird doppelt so hoch wie die gegenwärtige sein. Mit Elektronik ausgestattete Fernsprechämter werden in allen Landkreisen eingerichtet, und 80% davon werden mit dem landesweiten automatischen Fernsprechnetz verbunden sein. Jeder Landkreis wird sich einer höheren Schule und jede Gemeinde einer vollständigen Grundschule rühmen können, wobei 80% der Kinder im schulfähigen Alter zur Schule gehen werden. Die ärztliche Versorgung und die öffentliche Gesundheit werden beträchtlich verbessert sein und die Reichweite der Radio- und Fernsehsender wird erheblich vergrößert werden.

Heute sind 6 Jahre seit dem Dritten Forum für Arbeit vergangen, und die Pläne zur Beschleunigung der Umwandlung von Tibets Naturwirtschaft in eine Marktwirtschaft sind immer noch im Embryonalstadium. Und selbst wenn es einen gewissen Anstieg in der Produktivität gibt, so hält sich doch die Armut in jedem Dorf und jeder Stadt in Tibet. Seines Mißerfolges wohl bewußt hat China sich nun auf ein anderes Programm zur Linderung der Armut verlegt - diesmal auf ein sehr großes.

E 1)

Die tiefere Absicht hinter der Entwicklung

Um das territoriale Desaster zu vermeiden, wie es die Welt beim Auseinanderfallen der Sowjetunion und des ehemaligen Jugoslawiens erlebt hatte, versucht China nun alles, um die wirtschaftliche Diskrepanz zwischen seinen reichen östlichen Küstenregionen und den armen unterentwickelten westlichen Regionen durch eine neue Massenkampagne aufzuheben, bei welcher "der Westen auf Vordermann gebracht werden" und für potentielle chinesische Siedler attraktiver werden soll.

Dieses umfangreiche Westliche Entwicklungsprogramm, um das so viel Trara gemacht wird, erhielt riesige Unterstützung sowohl von der Zentralregierung als auch von Chinesen in Übersee und ausländischen Investitoren. Anders als bisherige regionale Fünfjahrespläne umfaßt dieses Programm eine Fläche von 5,4 Mio. km2 und betrifft 300 Mio. Menschen in sechs Provinzen (Gansu, Guizhou, Qinghai, Shaanxi, Sichuan und Yunnan), drei autonomen Regionen (Ningxia, Tibet und Xinjiang) und einer Stadt (Chongqing).

People's Daily vom 20. März 2000 berichtet, daß die Regierung ankündigte, "sie würde dieses Jahr ihre erste Investition von 31 Mrd. Yuan (US$ 3,7 Mrd.) zum Ausbau der Infrastruktur in ihren westlichen Regionen vornehmen". Im Juni gab die chinesische Regierung dann eine Liste von 225 Projekten bekannt, die vom landwirtschaftlichen bis zum high-tech Sektor, Tourismus, Bergbau und zur Elektronik reichen, mit Präferenzpolitiken für ausländische Investitoren, um mehr Kapital anzuziehen (45). China Daily berichtet, daß "bis Ende Mai dieses Jahres 349.537 ausländische Firmen oder Unternehmer in Westchina investierten und das Vertragskapital über US63,3 Mrd. beträgt" (46).

Von den insgesamt 5,4 Mio. km2 des Westlichen Entwicklungsprogramms machen die tibetischen Provinzen von U-Tsang, Kham und Amdo 2,5 Mio. km2 aus. Chen Kuiyuan gab in einem Interview mit dem Reporter von Renmin Ribao vom März 2000 zu, daß dieses groß angelegte Westliche Entwicklungsprogramm eine gute Chance biete, "Tibets Naturschätze über und unter der Erde" auszubeuten. Wie schon gesagt, ist das neue Mammut-Programm zur Entwicklung nichts anderes als ein Mittel zur weiteren Unterdrückung oder in anderen Worten Kolonisierung von Land und Leuten.

Trotz Chinas erklärtem Ziel, die Armut bis zu einem gewissen Jahr zu lindern und ganz Tibet zu modernisieren, ist seine wahre Absicht dahinter, die Tibeter durch einen enormen Bevölkerungstransfer unter der Flagge der "wirtschaftlichen Entwicklung" zu einer Minderheit in ihrem eigenen Land zu machen.

Bei den meisten der bisher für Tibet angekündigten großen Entwicklungsprojekte handelt es sich um größere staatliche Bauvorhaben: Fernstraßen, Eisenbahnlinien, internationale Flughäfen und Erdgasleitungen von dem Tsaidam Becken in Amdo (Qinghai) bis zu der chinesischen Küstenstadt Shanghai, sowie Kunstdüngerfabriken für den Bedarf von Chinas Landwirtschaft. Ohne Zweifel liegt diesen Entwicklungsprojekten das Fernziel, die tibetische Bevölkerung weiter zu verdünnen und den Prozeß der Sinisierung zu beschleunigen zugrunde.

E 2)

Resultate der "Armutslinderung"

Im Februar 2000 teilte China mit, daß dieses Jahr die Armut aus Tibet ausgerottet sein würde. Und ebenso stellte Peking in seinem Weißbuch zu Menschenrechten vom Februar 2000 fest, daß 95% der Landbevölkerung in ganz China genug zu essen und anzuziehen hätten, und daß "die Ziele, die Probleme der Nahrungsbeschaffung und Kleidung für das gesamte chinesische Volk zu lösen und es zu befähigen, ein relativ bequemes Leben zu führen, im wesentlichen bereits erreicht seien" (47).

Bei seinem Gesamtplan zur Ausrottung der Armut in Tibet konzentrierte China seine Anstrengungen vor allem auf Einkommensverbesserung in bestimmten Gegenden des Plateaus in der Hoffnung, daß ein Anstieg in der Einkommensstatistik - die einfach aus der Gesamtheit der vielen anderen Indikatoren für Armut wie Gesundheit, Erziehung, Ernährung, Kleidung, Wohnung, Lebensqualität, Zugang zu Entwicklung usw. herausgegriffen wird - zeigen wird, daß die Armut in Tibet besiegt wurde. Darüber hinaus reflektieren Einkommenssteigerungen in der Statistik oft nur einen Übergang vom Tauschhandel zu marktwirtschaftlichen Strukturen und können so ein falsches Bild von Wohlstand vortäuschen, obwohl die aufoktroyierte Marktwirtschaft für die Bedürfnisse des Volkes gänzlich unangemessen ist, während bei der bisherigen Tauschwirtschaft kein Mangel an Gütern herrschte.

Und trotzdem bleiben ausgedehnte ländliche Gegenden des Hochlandes vernachlässigt. Dies wirft wichtige Fragen auf hinsichtlich des Zugangs zu den Errungenschaften der Entwicklung und dem neu entstandenen Reichtum in Tibet. Die derzeitig um sich greifende Entwicklung ist zu gigantisch, ungeeignet und der hergebrachten Wirtschaft und dem reichen lokalen Gemeinschaftsleben weitgehend fremd.

Pekings Angaben über die Armutsbekämpfung stützen sich nur auf Geld. In den jüngsten Einkommensstatistiken Chinas sind deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land festzustellen, und es muß wirklich gefragt werden, wie die Behörden solche Zahlen errechnet haben. Chinesische Ziffern besagen, daß 1998 das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen der ländlichen Bevölkerung in der "TAR" 1.158 Yuan (US$144,75) betrug, während das durchschnittliche Einkommen der vornehmlich chinesisch besiedelten urbanen Siedlungsgebiete in der "TAR" 5.400 Yuan (US$675) pro Jahr betrug (48).

Diese Zahlen sollten mit Einkommensgrößen in China als ganzem verglichen werden. Das Durchschnittsjahreseinkommen pro Landbewohner in China war 2.162 Yuan (US$270,25) in 1998, fast das doppelte von dem in der "TAR" im gleichen Zeitraum, während das Durchschnittsjahreseinkommen 1998 pro Stadtbewohner 5.425 Yuan (US$678,12) betrug (49).

Diese Angleichung des städtischen Einkommens paßt in Chinas Strategie der Konzentration auf die städtischen Ballungsgebiete Tibets. China behauptet, daß damit nur noch 110.000 arme Leute in der "TAR" übrig geblieben seien, aber wie die Zahl für die Landbevölkerung zeigt, verdienen Tibeter auf dem Land in der "TAR" kaum die Hälfte des globalen Armutindikators von "einem Dollar pro Tag und pro Person" (unter Zugrundelegung des offiziellen Umtauschkurses von grob 1 US$ zu 8 Yuan).

Ein begrenzter Blickwinkel nur auf Einkommen ergibt nicht nur unklares und ungenaues Bild von dem Grad der Armut in ihren vielen Facetten, sondern der Vergleichswert des durchschnittlichen Jahreseinkommen gibt oft das wahre Ausmaß der Entbehrung nicht wieder, denn er sagt nichts aus über den Zugang zu Gesundheits- und Erziehungsdiensten, die Art der Produktion für den Eigenbedarf und die Kluft zwischen offiziellen Einkommensstatistiken und tatsächlichem Verbrauch - ganz zu schweigen von detaillierteren Untersuchungen über den Lebensstandard in tibetischen Gebieten.

Oft ist es schwierig, genaue Statistiken für Tibeter außerhalb der "TAR" zu finden, also für diejenigen, die in Gansu, Yunnan, Sichuan und Qinghai (den ehemaligen Provinzen Amdo und Kham) wohnen.

Es gibt auch Anzeichen dafür, daß die Unterschiede, die sich immer mehr in Tibet herausbilden, über die Stadt/Land Disparität hinausgehen. Amdo ist relativ besser entwickelt als andere Gegenden des Hochlandes: 1998 stieg das Pro-Kopf-Einkommen der Bauern in Amdo auf 1.347 Yuan (US$168,38) und das der Nomaden auf 2.300 Yuan (US$287,50) (50). Diese Zahlen liegen noch weit unter den akzeptablen Normen, aber sie reflektieren schon regionale Ungleichheiten (51).

Wie die Internationale Juristenkommission in ihrem Bericht von 1997 feststellt, leben 70% der Tibeter in der "TAR" unter der Armutsgrenze. In dem Report 1997 des UNDP für Menschliche Entwicklung in China standen die "TAR" und andere tibetische Regionen an unterster Stelle auf dem Index für Menschliche Entwicklung in China.

Sogar die von China in Angriff genommenen Projekte zur Linderung der Armut, wie etwa das US$5,5 Mio. umfassende UN Welt-Ernährungsprogramm in Amdo (Qinghai) sehen eher die Förderung der Weizenproduktion für den Verbrauch der Chinesen vor als die der Gerstenproduktion, dem Hauptgetreide der Tibeter (52). Der Report argumentiert weiter, daß in den Neunzigern "fast alle Tibeter immer noch auf dem Existenzminimum lebten, und ihr Leben kaum von den massiven Investitionen Chinas in die Infrastruktur und das Bauwesen Tibets berührt wurde (53).

Trotz Chinas Beteuerungen über seine Erfolge bei der Linderung von Armut und Hunger in anderen Teilen Chinas gibt es viele Anzeichen dafür, daß das tägliche Leben in Tibet von Armut und grundlegenden Existenzproblemen beherrscht wird. Über die Jahre hinweg gibt es wenig Beweise, daß dieser Stand der Dinge sich geändert hätte, und hohe Steuern belasten weiterhin die Landbevölkerung Tibets.

E 3)

Umweltzerstörung

Der von China ausgeübte Druck, die Wirtschaft Tibets "zu entwickeln", stellt eine Gefahr für den Schutz der Umwelt dar. In den 40 Jahren seit seiner Besetzung Tibets hat China dort jeden Hügel vermessen und mit irgendwelchen Naturschätzen kartographiert; es hat die Mineralvorkommen, Holz, Erdöl und tierischen Erzeugnisse geplündert, um sie nach China abzutransportieren. All dies bewirkte die wirtschaftliche Marginalisierung der Tibeter in ihrem eigenen Heimatland und fügte der natürlichen Umwelt in Tibet irreversiblen Schaden zu.

Tibet war einstmals ein Umweltparadies mit einer reichen, durch die Menschen kaum berührten Fauna und Flora, die geschützt und geachtet wurde, denn die Tibeter lebten in Harmonie mit der Natur. Heutzutage geben die eskalierende Umweltzerstörung und Degradierung Anlaß zu großer Sorge in Tibet (für genaue Daten verweisen wir auf "Tibet 2000: Umwelt- und Entwicklungsfragen).

Die massive und rasche Urbanisierung - einhergehend mit vielen exzessiven Entwicklungsprojekten wie großen Bergwerksektoren, riesigen Wasserkraftwerken und einem enormen Aufwand zur Unterhaltung der Infrastruktur - haben eine ernste Schädigung der Umwelt bewirkt und die tibetische Bevölkerung und die Tierwelt verdrängt. Ökologische Krisen wie Wasserverschmutzung, Entwaldung, Ausrottung von seltenen endemischen Arten, Bodenerosion, Klimaveränderungen, Dumping von nuklearen Materialien und Abfällen und ungezügelter Mineralabbau bedrohen nicht nur Tibet, sondern auch alle flußabwärts gelegenen Regionen und seine Nachbarländer.

Im Zuge von Chinas Politik der Entwicklung und Industrialisierung, des Abbaus von Ressourcen und des Bevölkerungstransfers gab es tiefgreifende Eingriffe in das Fluß- und Seensystem Tibets. Das ausgedehnte Netz von Staudämmen in Amdo führte zu einer katastrophalen Fragmentation der Wasseradern, während Abholzung die Hydro-Ökologie am Oberlauf von Yangtse, Mekong und Brahmaputra, die alle in Tibet entspringen, zerstört. Wegen Chinas gigantischen Initiativen zur Extraktion von Bodenschätzen sind nun die meisten Flüsse des Hochlandes von der Pollution mit toxischen Bergwerkabfällen beeinträchtigt.

Nach den Überschwemmungen des Yangtse im August 1998 und 1999, die 3.656 Todesopfer forderten, einen wirtschaftlichen Verlust von US$37,5 Mrd. zeitigten und über 66 Mio. Menschen in China in Mitleidenschaft zogen, gab China - in einer bedeutsamen ideologischen Abweichung von der üblichen Linie - seine Schuld wegen der großflächigen Rodung in den flußaufwärts gelegenen Regionen zu und verfügte Abholzungsverbote in diesen Gegenden (54). Sogar in dem jetzigen groß angelegten "Programm zur Entwicklung des Westens" nennt China unter den Hauptprioritäten Wiederaufforstung und Umweltschutz für die Gegenden am Oberlauf von Gelbem Fluß, Yangtse und Mekong.

Bei Chinas Sehnsucht, eine angesehene Weltmacht zu werden und in die Welthandels Organisation aufgenommen zu werden, ist es von vorrangiger Bedeutung für seine nationale Politik, die Rolle "eines guten internationalen Bürgers" zu spielen. Umweltdiplomatie ist daher für Peking ein ausgezeichnetes Vehikel, um international sein Image aufzubessern. Tatsächlich aber mangelt es in China schrecklich an Umweltschutz, an einer diesbezüglichen Gesetzgebung und Umsetzung der Politik. Die Entwicklung und die eklatante Vernachlässigung von Umweltschutz werden im 21. Jahrhundert nur noch eskalieren - besonders in Tibet.

E 4)

Bevölkerungstransfer

Ein integraler Bestandteil von Chinas gegenwärtiger Massen-Bevölkerungsstrategie richtet sich darauf, das Bevölkerungswachstum unter den Minoritäten in den "rückständigen" westlichen Teilen des Landes einzudämmen (55). Mit seinem Geschick in paradoxer Rhetorik zur Rechtfertigung seines üblen Tuns behauptet China, "die wachsende Bevölkerung im Westen, wo die meisten ethnischen Minderheiten wohnen, könne sich negativ auf die regionale Entwicklung auswirken, weil das Bevölkerungswachstum einen verstärkten Druck auf die Umwelt und die Ressourcen in diesen (westlichen) Regionen ausübe".

Gleichzeitig versucht China, Migranten in die westlichen Regionen, einschließlich Tibet zu locken, indem es ihnen besondere Vorteile wie höhere Löhne und vorgeblich wegen der dünnen Bevölkerungsdichte dieser Region Nachsicht in bezug auf die Anzahl der Kinder in Aussicht stellt.

Die chinesische Besetzung Tibets ist durch verschiedene Versuche, die tibetische Identität herabzusetzen, gekennzeichnet - entweder durch direkte Gewaltanwendung oder durch strukturelle Maßnahmen wie Assimilierung. Eines dieser indirekten Mittel, um die tibetische Kultur und Identität zu verändern und zu kontrollieren, ist die Ermutigung zur Einwanderung von chinesischer Bevölkerung nach Tibet (56).

Die Delegierung von hauptsächlich Verwaltungsbeamten und militärischem Personal nach Tibet war kennzeichnend für die erste Zeit der chinesischen Invasion. Seit den achtziger Jahren sehen wir jedoch wegen der festen Absicht der Chinesen, Tibet in ihre Wirtschaft und soziale Struktur zu integrieren, eine bewußte Entschlossenheit der chinesischen Regierung, Bauern, Landwirtschaftsarbeiter und andere Gattungen von Werktätigen und Händlern nach Tibet einzuschleusen (57).

Während des Dritten Forums für Arbeit wurden weitere Entscheidungen getroffen, um die chinesische Regierungspolitik zur Integration Tibets in die Struktur der wirtschaftlichen Bedürfnisse Chinas zu realisieren. Der Haupttenor der Durchführungsstrategie war, "Tibets Tore weit für die inneren Teile des Landes zu öffnen, was heißt, Händler, Investoren, Wirtschaftseinheiten und Individuen aus China nach Zentraltibet kommen zu lassen, um verschiedene Kategorien von Unternehmen zu betreiben" (58).

Die ohnehin schon massive Bevölkerungsverlagerung von ethnischen Chinesen nach Tibet wurde durch die Stationierung von 200.000 Soldaten noch weiter getrieben (59). Verglichen mit der Zeit vor 1940, als es praktisch keine Chinesen in Tibet gab (60), überwiegen chinesische Siedler heutzutage über Tibeter mit "7 bis 7,5 Mio. zu 6,1 Mio." (61).

Der Bevölkerungstransfer von Chinesen nach Tibet hatte verheerende wirtschaftliche Folgen für die Tibeter. Die Neusiedler, die von Regierungsanreizen angelockt werden, kommen auf der Suche nach Arbeit in ein industrialisiertes Tibet. Ihre Anwesenheit bedroht den Lebensunterhalt der Tibeter und ist von ausschlaggebender Bedeutung für die von der Regierung bezweckte Integration der tibetischen in die chinesische Wirtschaft. Chinesische Siedler dominieren nun die Wirtschaft in Tibet, wo sie praktisch alle Geschäfte besitzen (62).

Es scheint ein großes Maß an Segregation zwischen den überwiegend städtischen chinesischen Einwanderern und Tibetern in entlegenen Gegenden wie etwa den Nomaden zu geben.

Zusätzlich besteht die Tendenz, arme Chinesen mittels verschiedener Umsiedlungsprogramme wie das "Projekt zur Linderung der Armut in Westchina" nach Tibet umzusiedeln. Obwohl die Weltbank ihren US$40 Mio. Kredit für dieses Projekt zurückzog, scheint China fest entschlossen zu sein, mit seinen eigenen Mitteln weiterzumachen. Das Ziel ist, 58.000 arme Chinesen in den Distrikt Dulan von Amdo zu transferieren.

Der Zustrom von Chinesen ist eine der größten Bedrohungen für die tibetische Kultur und Identität. Er hat auch großen Einfluß auf die Art der Entwicklung, die in Tibet stattfindet. Pekings Subventionen und ein Großteil der Infrastrukturen vor Ort sind vor allem gedacht, um ein distinktes chinesisches Gemeinwesen in Tibet zu unterhalten, welches das Szepter führt. Es trägt hauptsächlich urbanen, administrativen, merkantilen oder militärischen Charakter und lebt weitgehend gesondert von dem Gros der tibetischen Gemeinden. Die viel gepriesenen, von China finanzierten Infrastruktur-Projekte wie Fernstraßen, Bergwerke und Wohnanlagen wurden vornehmlich gebaut, um die Niederlassung der Einwanderer zu erleichtern, um militärische Zwecke zu erfüllen und den Abbau der Rohstoffe zu beschleunigen. Das subventionierte Wirtschaftswachstum ermutigte und erleichterte die Niederlassung von Chinesen mit dem Fernziel der völligen Absorbierung Tibets.

In vieler Hinsicht war dieser Prozeß jedoch einseitig und hat einen großen Teil der urbanen Landschaft Tibets sinisiert. Der Bevölkerungszustrom beeinträchtigte auch die Verfügbarkeit von Land, Nahrung und vernünftige Beschäftigung für die Tibeter. Sie sind nun eine Minderheit in ihrem eigenen Land geworden, sie sind ausgeschlossen von der Teilhabe an der Entwicklung, die in ihrem eigenen Land und in ihrem Namen vonstatten geht und von der sie nichts haben.

E 5)

Armut durch Entwicklung

Wie der bedeutende Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Amartya Sen feststellt, ist Freiheit unerläßlich für Entwicklung. Chinas Anspruch, Tibet zu "entwickeln", basiert auf seiner Politik, wirtschaftliches Wachstum auf Kosten der Zerstörung von Tibets Umwelt und der weiteren Entmachtung des tibetischen Volkes in seinem eigenen Heimatland zu verfolgen.

Auf diese Weise bringt die chinesische Politik in Wahrheit zwei Wirtschaften und zwei Gesellschaften in Tibet hervor: die urbane, begüterte chinesische Wirtschaft und die agrare, arme, finanzschwache tibetische Wirtschaft. Und die Kluft zwischen dem offiziellen Geschwätz über Entwicklung und dem realen Leben der Menschen wird gerne durch die Auftischung von eindrucksvollen Fakten und Zahlen verschleiert. Wenn es irgendeine Entwicklung in Tibet gab, so erfolgte diese auf Kosten des tibetischen Volkes, statt ihm zugute zu kommen; sie führte zur Verletzung seiner sozio-ökonomischen Rechte oder allgemeiner gesagt seines Rechtes auf Entwicklung.

Der Grund, warum Chinas Entwicklungsprogramme keinen Nutzen für die Mehrheit der Tibeter bringen, wird deutlich aus der Erklärung der "Australischen Agentur für Internationale Entwicklung", eines Büros der australischen Regierung, das von China mit der Begutachtung von Investitionen in der tibetischen Region Amdo beauftragt wurde. Diese Agentur kam zu dem Schluß, daß durch die chinesischen Subventionen Geld in große "Suprastrukturen" gepumpt wird, statt die Armen zu unterstützen. Ein derartiger Ansatz zur "Armutslinderung" legt große Betonung auf Aktivitäten, die ihrer Natur nach projekt-orientiert sind, aber nicht auf die Einbeziehung der Armen bei der Suche von Lösungen zur Behebung ihrer Armut. Er konzentriert sich daher mehr auf große Unternehmungen als auf den Beistand armer Haushalte (63).

Große, kostenintensive Projekte bringen Errungenschaften wie Staudämme und Straßen, die aber nicht direkt das Einkommen der Lokalbevölkerung verbessern. Nicht nur wird ein Großteil des Budgets für die riesenhaften Projekte für Ausrüstung, Arbeitskraft und aus China importiertes Material ausgegeben, sondern sehr viel geht auch für die Projektleitung drauf. Die Subventionen, die Peking regelmäßig Tibet zukommen läßt, schlagen sich direkt in dem Bruttoinlandprodukt nieder, aber helfen nicht den Armen zur Anhebung ihres Einkommens. Weil die den Bauarbeitern gezahlten Löhne in dem Bruttoinlandprodukt eingeschlossen sind, lassen auch vermehrte Zuwendungen an Nicht-Tibeter sofort das Bruttoinlandprodukt in die Höhe schnellen.

In offiziellen chinesischen Berichten wimmelt es z.B. von Feststellungen wie: "Das Bruttoinlandprodukt der Autonomen Region Tibet betrug 3 Mrd. Yuan in 1992 und 3,6 Mrd. Yuan in 1993. Aber 1997 ist es auf 7,35 Mrd. Yuan angestiegen, was eine proportionale Zunahme von 83,57% gegenüber 1993 und einen jährlichen Zuwachs von 12,9% bedeutet (64). Unlängst berichtete das chinesische Amt für Statistik, daß "das Bruttoinlandprodukt der "TAR" 1999 auf 10,335 Mrd. Yuan gestiegen sei, also 9,1% mehr im Vergleich zu 1998, ein Prozentsatz, der schon das sechste Jahr den nationalen Durchschnitt übertrifft" (65). Aber was soll der Anstieg des Bruttoinlandprodukts, wenn das Leben der gewöhnlichen Leute immer noch von Verarmung gekennzeichnet ist?

Peking nahm die Veränderungen mit einer vorgefaßten Vorstellung von der für Tibet gewünschten Zukunft vor und konnte daher auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Tibeter nur soweit hören, wie das breite Volk bei den für es geplanten Projekten mitmachte. Jede divergierende Bemerkung oder ein abweichendes Benehmen seitens der Tibeter wird als eine Art von Abweichung vom Kurs angesehen oder einer von der "Dalai Clique" gestützten "Spalterbewegung" mit einem "lähmenden Einfluß auf den Fortschritt" zugeschrieben und führt in die Gefängniszelle oder sogar zum Tode.

Die tibetische Regierung-im-Exil (TGIE) wartet jedoch - weit davon entfernt "ein Hemmschuh für den Fortschritt zu sein", wie China es ausdrückt - ungeduldig auf eine positive Entwicklung in Tibet, die zu wirklichem Wohlstand für Bauern und Nomaden führt. In den "Richtlinien für internationale Entwicklungsprojekte und zukunftsorientierte Investition in Tibet" lädt die TGIE sogar westliche Investoren ein, sich an einer nachhaltigen Entwicklung auf dem tibetischen Hochland zu beteiligen.

Die TGIE hofft für die Zukunft auf nachhaltige Entwicklungen auf dem Plateau, welche die Tibeter befähigen werden, voll an der Umwandlung ihres Landes teilzunehmen und dabei die Kontrolle über ihre Naturschätze zu behalten. Ebenso werden alle Projekte, welche Tibetern Verantwortung, Ausbildung und einen Arbeitsplatz geben und welche die Kultur, Sprache und Identität der Tibeter fördern, von Tibetern innerhalb und außerhalb Tibets freudig begrüßt.

Teil F

1)

Neue externe Propaganda-Strategie

Warum jetzt eine Medienoffensive?

Ein Bereich, auf dem die Tibet Frage ernsthaft das Image Chinas schädigte, ist derjenige der Publicity im Ausland. Was die internationale Berichterstattung in den Medien betrifft, so hat Dharamsala beträchtliche Fortschritte gemacht, während Peking ein Nachthut-Gefecht führen muß.

Diese Verwundbarkeit wurde von den chinesischen Politikern wohl bemerkt. 1993 trafen sich zum Jahrestag des Aufstandes vom 10. März "Alte Tibet Hasen" und Experten in Peking, um die Situation zum Thema Tibet durch Planung einer großen Propaganda Offensive zu bereinigen, in einem Versuch verlorenes Terrain zurückzugewinnen.

Bei diesem Meeting war auch Zeng Jian-hui, der Staatssekretär des Propaganda Ministeriums dabei, der wichtige Richtlinien setzte. Die Empfehlungen dieser Gruppe beeinflußten in entscheidender Weise die Formulierung von Entscheidungen, die bei dem Dritten Arbeitsforum über Tibet im darauffolgenden Jahr in Peking getroffen wurden.

Die größte Sorge bei dem Meeting von 1993 war die Erkenntnis, daß China den Propaganda-Krieg wegen der Lage in Tibet verlieren könnte. Das Dilemma, dem sich die chinesischen Politiker gegenübersahen, war die durchwegs positive - und oft empörte - Berichterstattung der tibetischen Tragödie in den westlichen Medien. Die Obrigkeit in Peking merkte, daß die wiederholte Darstellung Chinas als großer, böser Tyrann in Bezug auf Tibet in den westlichen Medien Chinas Image zu untergraben und zu einem rechten Ärgernis für die weltweiten diplomatischen Geschäfte Chinas zu werden drohte. Der Auftrag an die Gruppe war, diesen schädigenden Trend durch neue und frische Ideen umzukehren, welche dann in konkrete und möglichst einfallsreiche politische Richtlinien übertragen werden sollten.

F 2)

Der Krieg der Worte

Ein kurzer Überblick der Geschichte des Wortkrieges zwischen der Tibet Bewegung und Peking zeigt das Terrain, das von den Chinesen verloren und von den Exiltibetern gewonnen wurde. Eine gute Illustration hierfür ist das apokryphe Gespräch, das Mao Zedong mit Nikita Chrutschchew führte, als der chinesische Führer seinen sowjetischen Gegenspieler über Chinas erfolgreiche Niederschlagung des tibetischen Aufstandes von 1959 und das darauffolgende "Aufräumen" unterrichtete. Nach Maos glühender in kommunistischer Rhetorik formulierter Beschreibung seiner gloriosen Tat für die sozialistische Welt stellte Chrutschchew die Frage: "Und was geschah mit dem Dalai Lama?" "Er entkam", antwortete Mao selbstgefällig, als wolle er sagen: Wie gut, daß wir den los sind! "Dann haben Sie den Krieg verloren", war Chrutschchews Antwort.

Dieses Gesprächsfragment gibt uns einen Einblick in die Mythen und Legenden, welche die Ära des kalten Krieges umgeben. Besonders wichtig, es illustriert, wie weit es tibetischen Flüchtlingen innerhalb von wenigen Jahrzehnten gelang, ihrer Stimme in der Welt Gehör zu verschaffen und die internationale öffentliche Meinung über die leidige Tibet Frage zu ihren Gunsten zu wandeln.

Als die PLA (People's Liberation Army) 1949 in Tibet einmarschierte, galt China als der neue Leitstern der sozialistischen Welt - besonders für Länder, die unter der westlichen Kolonialherrschaft litten. Wegen Tibets Isolation und weil es nicht in einflußreichen globalen Foren vertreten war, wurden die internationalen Medien erst nachträglich auf die Invasion aufmerksam und zeigten sich nur schlecht informiert.

Gleichzeitig arbeitete die Propagandamaschinerie des kommunistischen Chinas auf Hochtouren, um das Ereignis möglichst günstig zu verkaufen und die Invasion als eine "Befreiung" von lange geschundenen "Leibeigenen und Sklaven" darzustellen. China gelang es auch in gewissem Grade, diejenigen, welche gegen die Invasion waren, als "Lakaien der Kapitalisten" zu brandmarken, die nur das sozialistische Lager kaputtmachen wollten. Tibet wurde als eine Angelegenheit des Kalten Krieges projiziert, womit das sozialistische Lager zum Schweigen gebracht wurde. Und China konnte der Welt alles weismachen, was sie seiner Ansicht nach über Tibet glauben sollte, ohne irgendeine effektive Reaktion von tibetischer Seite fürchten zu müssen.

Peking fand mit der positiven Darstellung seiner Herrschaft in Tibet in den internationalen Nachrichtenmedien hauptsächlich Beistand durch die Linksintellektuellen und gewisse Schriftsteller, welche ein Loblied auf das neue sozialistische Tibet sangen. Die Lawine von Büchern von Sympathisanten begann mit "Timely Rain" von Roma und Stuart Gelder, dem zufolge die chinesische Herrschaft in Tibet einen positiven Effekt hätte, und endete mit Han Suyins "Lhasa: the Open City", das ein strahlendes Bild eines progressiven, sozialistischen Tibets zeichnete.

In all diesem journalistischen Publicity Rummel wurde nichts von der Zerstörung berichtet, welche überall auf dem Plateau während Maos "demokratischen Reformen", dem "Großen Sprung Vorwärts" und der Kulturrevolution wütete; deshalb war sie eine historische Lücke für die Außenwelt. Autobiographische Zeugnisse von Exiltibetern, welche die Grausamkeiten, die in Tibet grassierten, beschrieben, wurden als "Flüchtlingsschilderungen" abgetan, gar noch mit dem Unterton, daß Flüchtlinge natürlich ein persönliches Interesse daran hätten, schlechte Dinge über China zu sagen, um ihr Exildasein zu rechtfertigen.

Chinas Sieg über Tibet - sowohl auf dem Boden als auch über den Äther - war komplett gelungen. Die Invasion Tibets war im großen und ganzen von der internationalen Gemeinschaft vergessen, und die chinesische Besetzung des Dachs der Welt wurde als ein Triumph für die "befreiten" schuftenden Massen gefeiert. Kurz gesagt, für die internationale Gemeinschaft war die Tibet Frage nichtexistent. Auf dieser Linie beschrieben einige Kommentatoren die Bemühungen von Exiltibetern, die Tibet Frage am Leben zu erhalten, als den Versuch, "einen toten Yak durch Schläge wieder lebendig zu machen".

Als dann Tibet nach und nach bekannter wurde, machte die internationale Berichterstattung allmählich kehrt, wofür es mehrere Gründe gibt. Einer davon sind die häufigen Auslandstouren Seiner Heiligkeit des Dalai Lama ab 1979. Mit großer Überzeugungskraft gelang es ihm, die tibetische Version der Geschichte darzulegen. Seine einnehmende Persönlichkeit und offenkundige Aufrichtigkeit gewannen ihm augenblicklich mächtige Freunde und Unterstützer. Die beharrlichen Bemühungen der Tibetischen Regierung-im-Exil und der unerschütterliche Mut und die Entschlossenheit des tibetischen Volkes erhielten die Sache Tibets am Leben. Die immer größer werdende Faszination der Menschen des Westens vom tibetischen Buddhismus machte sie auch auf das politische Schicksal Tibets aufmerksam, und viele von ihnen wurden lautstarke Unterstützer der tibetischen Sache.

Chinas begrenzte Öffnung Tibets für die Außenwelt im Zuge der Liberalisierung zog Anfang der Achtziger eine Flut von Touristen ins Land. Der positive Eindruck, welchen die Fröhlichkeit der Tibeter bei den ersten Touristen hinterließ, war unauslöschlich. In ihre jeweiligen Länder zurückgekehrt, gründeten sie Tibet Unterstützungsgruppen und arbeiteten fortan beharrlich, damit die von den Tibetern durchgemachten Leiden auch exakt in den Medien berichtet werden.

Die offiziellen tibetischen Untersuchungs-Delegationen aus Dharamsala, die China von 1979 bis 1985 nach Tibet ließ, brachten auf Bildern und in Filmen Beweismaterial mit über die schrecklichen Verhältnisse in Tibet und die tiefe Loyalität, welche die Tibeter immer noch für Seine Heiligkeit den Dalai Lama empfinden.

Inmitten all dessen erschien ein Buch, das wesentlich dazu beitrug, die internationale Meinung über die Tibet Frage zu ändern. John Avedons bahnbrechendes "In Exile from the Land of Snows" lieferte der Welt die ersten anschaulichen Berichte über den tibetischen Widerstand gegen die chinesische Herrschaft. Es brachte lebendig geschilderte Wiedergaben von Horrorgeschichten während der Kulturrevolution und aus den Gefängnissen und Arbeitslagern und von der Stärke des tibetischen Durchhaltegeistes.

Dieses mit Eleganz und mit der Kenntnis eines Insiders über Leute und Ereignisse geschriebene Buch löste den Trend der wachsenden Faszination des Westens für Tibet aus. Hollywood entdeckte diesen versprechenden Markt und beschloß sich anzuhängen mit der Produktion von Sieben Jahre in Tibet und Kundun, zwei Filmen über das Tibet vor der Invasion, die ein millionenstarkes Publikum rund um die Erde begeisterten.

Ende der Achtziger wurde ein Beobachtungsdienst in London ins Leben gerufen, der präzise Nachrichten über Ereignisse in Tibet verbreitete. Das Tibet Information Network vermehrte beträchtlich die Kenntnis der Außenwelt über politische Unruhen und die Stimmung in Tibet. Dazu kommt, daß dank eines Gesetzes des US Kongresses Anfang der Neunziger der Nachrichtendienst von Voice of America in tibetischer Sprache Sendungen direkt nach Tibet ausstrahlen konnte. Er wurde später durch die Gründung von Radio Free Asia und von Voice of Tibet noch verstärkt. Alle drei Stationen senden direkt nach Tibet, und die heute unter China lebenden Tibeter verglichen ihre Sendungen mit einem "Balsam für einen Kranken".

F 3)

Von Dharamsala lernen

Der Zweck der Sitzung von Chinas "Spin-Doktoren" [Image-Beratern] in Peking am 10. März 1993 war, die Faktoren aufzudecken, welche die tibetische Führung und die Leute im Exil befähigten, direkt vor den Augen Chinas die internationale öffentliche Meinung so massiv zu ihren Gunsten umzuformen. Medienmagnaten und Propagandachefs trafen nun in Peking zur Entwicklung von Abwehrstrategien zusammen, um die öffentliche Meinung zurückzugewinnen. Mit typisch chinesischer Logik griffen sie auf Sun Tzu's Klassiker "Die Kunst des Krieges" zurück und nahmen auch einige Tricks zu Hilfe, die sie von der Medienstrategie der Tibeter im Exil gelernt hatten. "Lerne deinen Feind kennen!" ist einer der Ratschläge der "Kunst des Krieges".

Peking machte sich auch Sorgen wegen des Erfolges der nun im Exil lebenden Tibeter, "die Tibet-Frage zu internationalisieren". Aus der großen Unterstützung, welche der gewaltlose Aspekt des tibetischen Kampfes zeitigte, wurde den Chinesen klar, daß die internationale öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, der Schlüsselfaktor für den Erfolg ihrer eigenen Anstrengungen sein muß.

"Unser Kampf gegen die Dalai Clique und die internationale Feindesmacht wird zu einem großen Teil durch Propaganda und die öffentliche Meinung ausgetragen. Die Auslandspropaganda spielt eine überragende und besondere Rolle... Wenn wir die Sache in einem größeren Zusammenhang betrachten, dann ist die externe Propaganda Arbeit zur Tibet Frage nicht nur für Tibets Entwicklung bedeutungsvoll, sondern auch für das Image Chinas als solches in der Welt, und ebenso trägt sie zur Schaffung eines guten internationalen Klimas für Reform, offene Politik und die Modernisierung ganz Chinas bei" (66).

Zur Erreichung ihres gesteckten Zieles identifizierten die Politiker - unter Rückgriff auf die Rhetorik des Kalten Krieges - drei Faktoren als die Hauptprobleme Chinas. Der erste war die Dalai Clique; der zweite die feindlichen westlichen Kräfte, und der dritte die ausländischen Reporter. Die Funktionäre hegten den starken Verdacht, es gebe ganz sicherlich eine geheime Absprache zwischen den drei Kräften mit dem Ziel, China zu destabilisieren.

Die andere von den Chinesen entworfene Politik war, sich anhaltend darum zu bemühen, die im Ausland lebenden Tibeter auf ihre Seite zu ziehen und auf diese Weise das Establishment in Dharamsala mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama an der Spitze zu isolieren. Die Politiker empfahlen auch, die Propaganda-Arbeit in Tibet unter dem gemeinen Volk zu intensivieren.

Seine Heiligkeit den Dalai Lama offiziell als Problem zu bezeichnen und ihn mit Schmähungen zu überschütten, wurde zum Angelpunkt dieser Politik. Sogar auf dem Höhepunkt der Demonstrationen, die Lhasa Ende der achtziger Jahre erschütterten, blieben die Chinesen gemäßigt in ihrer Kritik an Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama. Aber das hat sich nun geändert. Die Politik heute ist, den Dalai Lama zu "exponieren" und seine Glaubwürdigkeit nicht nur als religiöses Oberhaupt und Sprecher für das tibetische Volk, sondern entscheidend als eine wichtige Stimme in internationalen Fragen - was Peking als eine Befleckung seines Image betrachtet - zu untergraben.

Diesbezüglich erläuterte Zeng Jian-hui, Staatssekretär im Propaganda Ministerium: "Und viertens bleibt die Strategie ihres Kampfes doppelgesichtig. Auf der einen Seite kann ihn [den Dalai Lama] nichts stoppen, sich als einen 'Kämpfer für internationale Menschenrechte', 'Kämpfer für den Frieden' und 'Verfechter des gewaltlosen Kampfes' auszugeben. Auf der anderen Seite wiegelt er insgeheim zu Unruhen auf... Unsere Außenpropaganda sollte in dieser Hinsicht Artikel schreiben, um ihn bloßzustellen" (67).

F 4)

Peking von der internationalen Unterstützung alarmiert

Viele bei der Propaganda-Sitzung in Peking aufgestellte Empfehlungen fanden Eingang in die Beschlüsse des Dritten Arbeitsforums über Tibet von 1994. Alle Themen, die Pekings Image verdarben, machte Raidi in ausführlichen Kommentaren über die Ergebnisse des Dritten Arbeitsforums in Lhasa 1994 deutlich:

"Wenn wir die Dalai Clique angreifen, müssen wir versuchen Unterstützung in der ganzen Welt und in den Herzen der Leute zu gewinnen... Durch Hebung des Standards von Planung und Voraussicht, durch Verbesserung der Effizienz unserer Propaganda-Arbeit im Ausland, indem wir einen guten Gebrauch von unseren Politiken und Taktiken machen, und durch Verbesserung unseres Vermögens, im Ausland Propaganda zu betreiben, müssen wir allmählich den internationalen Standpunkt ändern. Wir müssen kühn Propaganda-Arbeit leisten und zeigen, daß Tibet ein Teil Chinas ist...

Wir müssen das wahre Gesicht der Dalai Clique aufdecken und die dunkle Seite des Leibeigenensystems des alten Tibet... Die westlichen Länder unterstützen und fördern die Dalai Clique und benützen die sogenannte Tibet Frage, um sich in die inneren Angelegenheiten unseres Landes einzumischen... Durch harte Arbeit müssen wir ihre Hoffnung, sie könnten die Tibet Frage internationalisieren, zunichte machen" (68).

Ein beängstigender Trend für China ist die wachsende Unterstützung an der Basis für Tibet. Wie alarmiert China ist, zeigt sich in dem Ausdruck "feindliche westliche Kräfte". Die Prägung dieses Begriffes ist nicht nur ein Beitrag zu Chinas ohnehin schon reichem Schmäh-Vokabular, sondern enthüllt Pekings Nervosität angesichts der vitalen Kraft dieser Unterstützung.

"Westliche feindliche Kräfte" umfaßt alles von individuellen Unterstützern bis zu Parlamenten im Westen, Menschenrechtsgruppen, Hilfsorganisationen, NGOs und Länder, die routinemäßig Menschenrechtsresolutionen bei der jährlichen UN Menschenrechtskommission in Genf auf den Tisch bringen. Um dem entgegenzutreten, empfand Pekings Propaganda-Abteilung, daß Chinas Öffentlichkeitsarbeit sich mehr auf "Leute in Übersee" konzentrieren müsse. Die Sitzung von 1993 empfahl: "Verschiedene Formen einer lebendigen und angeregten Propaganda-Arbeit sollten auf vielerlei Ebenen in bezug auf Souveränität und Umgang mit den Menschenrechten durchgeführt werden. Ihr Ziel ist, den Menschen in anderen Ländern ein besseres Verständnis über die Lage in Tibet zu geben, um den negativen Eindruck auszuschalten, den sie aus den von der Dalai Clique und von den sonstigen internationalen feindlichen Kräften auf uns gemachten Angriffen und aus deren Wahrheitsverdrehungen gewonnen haben... und um die Unterstützung und Sympathie der Leute in Übersee für uns zu gewinnen" (69).

In Befolgung dieser Empfehlungen empfing Peking eine lange Liste von Parlamentariern, UN Mitarbeitern, ausländischen Politikern, Reportern und Geschäftsleuten in Tibet. Von 1997 bis 1999 besuchten über 20 ausländische Delegationen das Hochland (70). Trotz des VIP Charakters dieser Besuche konnte China letztlich seine Grausamkeiten nicht ganz verbergen. Im Mai 1998 veranstalteten die Gefangenen des Drapchi Gefängnisses zur Zeit des Besuches von drei EU Delegierten in Lhasa einen Protest, um diese auf die immer schlimmer werdende Lage des tibetischen Volkes aufmerksam zu machen. Als Vergeltung hierfür wurden 10 Gefangene zu Tode gefoltert und ihr Anführer hingerichtet.

China hat bis zu einem gewissen Grad Erfolg damit, die Meinung von einflußreichen Personen über die Lage in Tibet zu verändern. Beispielsweise besuchte im September 1999 der australische Parlamentsabgeordnete Garry Nehl von der Australian National Party Tibet, worauf er den Medien seines Landes berichtete: "Ich bemerkte keine Straßenblockaden, Kontrollposten oder irgendwelche anderen Anzeichen von Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Gleicherweise wurden die Menschen nicht daran gehindert, Klöster und Tempel aufzusuchen, und in ganz Lhasa sah ich eine Menge Leute, die mit Gebetszylindern in der Hand herumliefen und sich ungehindert im Gebet auf den Boden niederwarfen" (71).

Aber seine größten Anstrengungen richtet China auf ausländische Korrespondenten, um sie dahinzubringen, daß sie die chinesische Seite der Tibet Story nachplappern. Offizielle chinesische Dokumente geben das außergewöhnlich unverhohlen zu: "Wir sollten verstärkt unser Augenmerk darauf richten, uns die Macht der ausländischen Propaganda zunutze zu machen... Deshalb sollten wir uns in unserer externen Propaganda-Arbeit zu Tibet offener zeigen. Indem wir Besuche für ausländische Journalisten und andere Leute in Tibet arrangieren, können wir ausländische Kräfte für unsere externe Propaganda benutzen und allmählich durch das, was sie mit eigenen Augen gesehen haben, ihre Ansichten über uns verändern" (72).

Derzeit verfolgt China mit noch größerem Eifer diese 1993 geprägte Medienpolitik. Pekings offizielles Nachrichtenorgan People's Daily berichtete unter der Überschrift "Tibet heißt ausländische Journalisten zur objektiven Reportage willkommen" über den Besuch von Medienvertretern am 3. September 2000 in Lhasa. Es hieß darin, daß Raidi, der Vizesekretär der CCP der "TAR", einer Mediendelegation aus Thailand erklärte, daß "der Dalai Lama unter dem Vorwand der Religion Tätigkeiten zur Spaltung des Landes betreibt. Seine Betrügerei und Scheinheiligkeit widersprechen der Lehre des Buddhismus". Der Artikel fährt fort, die thailändische Delegation sei mit den Bemerkungen des Lhasaer Politikers einverstanden gewesen. Tulaya Sirikulpipatana, der Chef der Delegation, soll Raidi bestätigt haben: "Die Absicht des Dalai Lama, Tibet wieder zu einer society of surfs (sic) [Gesellschaft von Leibeigenen, richtig: serfs] zurückzuschrauben, ist gegen den Lauf der Geschichte".

Weiterhin lud China im Juli 2000 N. Ram, den Herausgeber von Frontline, einem in der südindischen Stadt Chennai (Madras) veröffentlichen Wochenblatt, zu einem einwöchigen Besuch nach Tibet ein. Er käute die chinesische kommunistische Propaganda auf 36 Seiten der Ausgabe vom 15. September wieder. Ungewöhnlich für einen professionellen Journalisten macht N. Ram vom ersten Satz an klar, wohin seine Neigung geht. So beschreibt er sich als einen "Inder. , der keine Sympathie für das separatistische, revanchistische und rückwärts gerichtete Programm des Dalai Lama hat" (73).

Am 7. September 2000 berichtete die in Taipeh ansässige New China News Agency (NCNA), daß eine 17-köpfige Delegation aus Vertretern der größeren Medien Taiwans an diesem Tag von Taipeh zur Berichterstattung nach Tibet aufgebrochen sei. In Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, stießen Medienvertreter der Volksrepublik zu ihnen. Insgesamt seien 40 Reporter von Fernsehen, Nachrichtenagenturen, Zeitungen und Rundfunksendern von beiden Seiten der Straße von Taiwan zu einem 10-tägigen Besuch nach Tibet aufgebrochen. Dies sei das erste Mal, daß taiwanesischen Journalisten erlaubt worden sei, eine Reportage aus Tibet selbst zu machen. Die NCNA stellte weiter fest: "Quellen in Festland China besagen, dieser Besuch sei Teil von Pekings Initiative, Tibets Entwicklung in Kultur, Wirtschaft und Menschenrechten im Verlauf eines halben Jahrhunderts unter der chinesisch-kommunistischen Herrschaft der Öffentlichkeit bekanntzumachen".

In Lhasa trafen die Journalisten aus Thailand und aus China mit Raidi zusammen, der immer mehr als der Sprecher der "TAR" hervortritt. Raidi gab die Standardphrase von sich: "Wir stellen uns fest gegen jedwede solche Leute oder Gruppen oder Nationen, die sich durch Benutzung der Dalai Clique und der sogenannten Tibet Frage in Chinas innere Angelegenheiten einmischen" (74).

Der "geniale" Beschluß, sich auf ein neues - und immer noch ein feindliches - Terrain vorzuwagen, wurde bei dem Treffen in Peking 1993 getroffen. Die dabei auf höchster Ebene verabschiedeten "Richtlinien und Inhalte der externen Propaganda-Arbeit zur Tibet-Frage" sahen vor: "Dieses Jahr werden wir unter der Voraussetzung besonnener Planung und sorgfältiger Vorkehrungen den rechten Zeitpunkt wählen, um den Besuch von Journalisten aus dem Ausland und aus Hong Kong, Macau und Taiwan in Tibet richtig zu arrangieren" (75).

China bezweckt nun, die Nachrichtenindustrie der Welt zu dominieren. Am 8. September 2000 berichtete das Pekinger Büro der französischen Nachrichtenagentur AFP, daß China englisch-sprachige Fernsehnachrichten rund um die Uhr ausstrahlen würde. Die per Satellit übermittelten englisch-sprachigen Nachrichten werden über 98% der Erdoberfläche erreichen. CCTV 9 wird am Vorabend des Jahrestages der Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 2000 zu senden beginnen. Mit diesem globalem TV Kanal soll bezweckt werden, bestehende Nachrichtenkanäle wie BBC und CNN in den Schatten zu stellen.

Hinter dieser schlauen Medienstrategie steckt Zhao Qizheng - ein Kernphysiker, der 1998 von Shanghai als Chef des Informationsbüros des Staatsrates nach Peking geholt wurde und auf diese Weise Chinas führender "Spin Doktor" wurde (76). Zhao Qizheng verdoppelte die Häufigkeit der Pressekonferenzen und mahnte die Politiker, zuvorkommender zu den Journalisten zu sein. Er steht auch hinter der neuen und aufpolierten Charme-Offensive des chinesischen Präsidenten. Während Jiang Zemins kürzlichem Besuch bei dem UN Gipfel der Weltpolitiker in New York wagte sich Zhao in die Höhle des Löwen und wandte sich im National Press Club an über 100 Reporter, wo er räsonierte: "Warum ist die Majorität der US Medien nur gegen China? Warum mischen sich die USA immerzu in Fragen ein, die Chinas Taiwan, Tibet und die Religion betreffen?" (77).

Trotz der Bemühungen von Zhao Qizheng - der Washingtons mächtige China-Lobby, die angesehene Public Relations Firma Hill and Knowlton und Henry Kissinger hinter sich hat - wird es dennoch, solange in China das totalitäre Einparteienregime bestehen bleibt, Jahre dauern, bis die globale Berichterstattung über Tibet positiv für Peking sein wird.

Anstatt sich auf seine Medienstrategien zu verlassen, sollte sich China lieber effektiv der Besserung des Loses des tibetischen Volkes widmen, wenn es wünscht, daß sein getrübtes Image zu der Größe wiederhergestellt wird, die das chinesische Volk verdient.

Teil G

Schlussbetrachtung

Diese Untersuchung über Chinas gesamte Tibet-Politik Chinas enthüllt die immer größer werdende Kluft zwischen den subtilen, aber zunehmend repressiven Kampagnen in Tibet und dem massiven Propagandamaterial, das China produziert, um seine Unterdrückung zu beschönigen. Je größer die Repression, desto hektischer wird die offizielle Propaganda. In der Tat ist der einzige Zweck von Chinas Propaganda, einschließlich mehrerer Weißbücher, die es in letzter Zeit herausgebracht hat, sowohl im In- als auch im Ausland die allgemeine Aufmerksamkeit von Chinas Endziel der Zerstörung der eigenständigen kulturellen und ethnischen Identität Tibets abzulenken. Chinas Propagandapolitik bei der Verfolgung dieses Zieles gleicht dem verwegenen und verzweifelten Versuch, einen Berg von Lügen zu erzählen, in der Hoffnung, daß die Leute wenigstens ein Körnchen [wörtlich: eine "yak-große" Wahrheit] davon glauben.

Das andere wichtige Element der Tibet-Politik Chinas, das in dieser Studie herausgestellt wird, ist Pekings völliges Desinteresse mit Dharamsala zu verhandeln. Chinas Geste, den Anschein der Bereitwilligkeit zur Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Dharamsala zu geben, ist eine reine Taktik, um Zeit zu gewinnen. Das kommt sehr deutlich zum Ausdruck in einem Dokument, das aus China herausgeschmuggelt und in einer der tibetisch-sprachigen Zeitungen im Exil zitiert wurde. Diesem als top-secret eingestuften Dokument zufolge erklärte ein führender chinesischer Politiker: "Wir haben überhaupt keine Notwendigkeit, in einen Dialog mit dem Dalai Lama zu treten. Die Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet würde nur ein großes Risiko der Instabilität mit sich bringen. Dann könnten wir Tibet nicht mehr unter Kontrolle halten. Der Dalai Lama ist schon ziemlich alt. Er wird höchstens noch 10 Jahre leben. Wenn er stirbt, wird die Tibet Frage ein für allemal gelöst sein. Wir müssen daher taktisch geschickt vorgehen, um seine Rückkehr zu verhindern" (78).

Teilweise ist die offizielle chinesische Paranoia wegen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama seiner zunehmenden Anziehungskraft auf immer mehr Leute in China zuzuschreiben. Das wird deutlich aus der Reaktion der chinesischen Führung auf den von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama geäußerten Wunsch, eine Pilgerfahrt nach Wutan Shan, einem bedeutenden buddhistischen Pilgerort, der als "Wohnung" des Buddhas der Weisheit Manjushri geehrt wird, zu unternehmen. Seine Heiligkeit der Dalai Lama wiederholte seinen Wunsch, als er 1997 Taiwan besuchte. Intern verwarf die chinesische Führung dieses Ansuchen mit der Begründung, daß die Anwesenheit des tibetischen Oberhauptes in China, und sei es nur bei einem einzigen Besuch, die Tibeter und Mongolen verrückt machen würde. Er könnte sogar zum Sammelpunkt für Menschenrechtsaktivisten, Anhänger anderer Religionen und die einfach nur Unzufriedenen werden. Die Parteiführung überlegte, daß es äußerst schwierig sein würde, mit der allgemeinen Begeisterung bei solch einem Besuch fertig zu werden, und daß dieser sogar mit verheerenden politischen Konsequenzen außer Kontrolle geraten könnte.

Das ist einer der Gründe, warum die chinesische Führung sich dagegen entschied, mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama zu verhandeln. Dieses Vorgehen Chinas, zum einen das Ableben Seiner Heiligkeit des Dalai Lama abzuwarten und ihn andererseits bei den derzeitigen Bemühungen zur Lösung des Tibet Problems zu übergehen, ist falsch und basiert deutlich auf Furcht bzw. Paranoia und nicht auf nüchterner Analyse der ursächlichen Realität oder der Mentalität des tibetischen Volkes. Bisher übte Seine Heiligkeit der Dalai Lama einen mäßigenden Einfluß auf die radikaleren Elemente der Tibet Bewegung aus. Indem die chinesischen Führer ihn ignorieren, begeben sie sich auf einen direkten Kollisionskurs mit einer wütenderen Form des tibetischen Nationalismus. In diesem Zusammenhang schrieb Melvyn C. Goldstein: "Der springende Punkt an der Sache ist, daß die Tibeter wohl nicht mehr lange einfach dasitzen und zuschauen, wie Peking ihre Heimat ungestraft umgestaltet. Nationalistische Gefühle kombiniert mit Verzweiflung und Ärger ergeben ein kraftvolles Gebräu, und es gibt Tibeter sowohl innerhalb als auch außerhalb Tibets, die eine Strategie der geballten Gewalt vorziehen würden" (79).

"Deren Ziel wäre nicht so sehr, China aus Tibet zu vertreiben, als Druck auf Peking ausüben, eine etwas versöhnlichere Linie anzunehmen. Wenn solch eine Strategie erfolgreich wäre, könnte sie sogar China destabilisieren; aber selbst wenn sie nur teilweise Erfolg hätte, könnte sie den Tourismus beeinträchtigen, die Zunahme von ausländischen Investitionen bremsen, die Sicherheit aller Nicht-Tibeter bedrohen und die internationale Gemeinschaft vom Ernst des Problems überzeugen. Sie würde im wesentlichen danach trachten, China die Nutzlosigkeit der hard-line Politik zu beweisen, weil die ethnischen Empfindsamkeiten der Tibeter nicht einfach übergangen werden können" (80).

Abgesehen davon, daß nicht vorauszusehen ist, welchen Kurs der tibetische Nationalismus ohne den mäßigenden Einfluß Seiner Heiligkeit des Dalai Lama nehmen könnte, wird sich Chinas Politik, das tibetische Oberhaupt als einen Feind des chinesischen Volkes heraufzubeschwören, womit der Ärger des wieder auflebenden Nationalismus Chinas von dem Pekinger Regime abgelenkt werden soll, als kostspielig und kontraproduktiv erweisen. Während Peking wünscht, daß sich das chinesische Volk in einem Einparteien-Staat suhlt, genießt dieses nun im Cyberspace ein gewisses Maß von Demokratie und Pluralität der Ideen und Anregungen. Trotz Pekings Bemühungen, das tibetische Oberhaupt in einem schlechten Licht darzustellen oder den Zugang des chinesischen Volkes zur Informationstechnologie zu beschneiden, wird das Internet Pekings Autorität über die Menschen und darüber, wie und was sie denken sollen, zunehmend untergraben.

Indem Peking den Dalai Lama zu einem Feind macht, versagt es sich selbst sowohl im eigenen Land als auch in der globalen Gemeinschaft das Wohlwollen, das so wesentlich für die anhaltende Stabilität und Prosperität Chinas ist.

Schließlich ist Pekings Annahme, daß es wegen der Sterblichkeit des tibetischen Oberhauptes die Zeit auf seiner Seite habe und somit Verhandlungen zur Tibet Frage ins Endlose verschleppen könne, ein großer Fehlschluß. Wenn Peking so denkt und das Tibet Problem auf die Person des Dalai Lama reduziert, begeht es den kostspieligen Fehler, die gemeinsamen Aspirationen eines ganzen Volkes und die Kraft seiner Überzeugungen, die ohne die Gegenwart des Dalai Lama in für China und für Tibet gefährliche Folgen ausarten könnten, zu ignorieren.

Aus diesen Gründen gilt, egal von welcher Perspektive Peking die Sache ansehen mag: "Der Dalai Lama wird bei jedem Kompromiß wesentlich sein" (81). Wenn sie einen solchen Kompromiß suchen wollen, müßten Jiang Zemin und seine Kollegen als Staatsmänner handeln statt als Politiker, die verzweifelt versuchen, eine amorphe Koalition zusammenzuhalten. Durch Wiederaufnahme von ernsthaften Verhandlungen mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama im Hinblick auf eine gegenseitig akzeptable Lösung der Tibet Frage würden Jiang Zemin und seine Kollegen dazu beitragen, Tibets echte Besonderheit im Gefüge eines selbstbewußten, stabilen und wohlhabenden China zu bewahren. Das würde sich reichlich in Kategorien von internationalem goodwill auszahlen, während die Menschen von Taiwan bis Xinjiang mit neuen Augen

Teil H

Fussnoten

1 Raidis ausführliche Kommentare zu der sechsten erweiterten Plenarsitzung des Ständigen Komitees des Vierten Kongresses des "TAR" [Tibet Autonomous Region] Zweiges der CCP, veröffentlicht von TIN [Tibet Information Network] in "Cutting Off the Serpent's Head - Tightening Control in Tibet, 1994-1995", sowie von Human Rights Watch/Asia 1996.

2Kommentar von Zeng Jian-hui, dem Staatssekretär im Propagandaministerium des Zentralkomitees der CCP, zitiert von International Campaign for Tibet in: "China's Public Relations Strategy on Tibet" - Klassifizierte Dokumente von der Pekinger Propaganda Konferenz, 1993

3 "Cutting off the Serpent's Head"

4 Kommentare von Chen Kuiyuan, dem Parteisekretär der "TAR", bei einer geheimen Sitzung in Chengdu Ende 1999. Zitiert in einer Rede von Kalon Sonam Topgyal, dem Vorsitzenden des Kashag, anläßlich der 40. Begehung des Tibetischen Demokratie Tages am 2. September 2000 in Dharamsala

5 China's Public Relations Strategy on Tibet

6 China's Public Relations Strategy on Tibet

7 BBC Monitoring, 9. September 1996

8 19. Juli 1996, Rede des zweiten Vorsitzenden der "TAR", Phagbalha Geleg Namgyal

9 TCHRD, China in Tibet: Striking hard against Human Rights, 1997, Dharamsala

10 TCHRD, Crackdown on Humanity, 1998

11 TCHRD, Tightening of Control, 1999

12 TCHRD, China in Tibet: Striking hard against Human Rights, 1997, Dharamsala

13 TIN News Update, October 27, 1998

14 TIN News Review No. 28, 1999

15 South China Morning Post, June 23, 1999

16 Xinhua, March 4, 1999; SWB March 27, 1999

17 Xinhua, March 4, 1999

18 Das erste Dokument des Fünften Kongresses der CCP der Autonomen Region Tibet

19 Tibet TV, January 10, 1999

20 Reuters, Beijing, August 19, 2000

21 Xizang Ribao [Tibet Daily], July 14, 1997

22 Chinas statistisches Jahrbuch 1995 für die "TAR"

23 UNDP's China Human Development Report 1997

24 TIN Review No. 26, 1997

25 Protokoll des 6. Meetings der Politischen Konsultativ-Mitglieder der "TAR", 15. Ausgabe, 18. März 1994

26 Khenpo Jigme Phuntsok, Dröhnende Geheimnisse für die Menschen des Schneelandes im einunzwanzigsten Jahrhundert, Serthang Thekchen Choeling, Golok, NO Tibet, 1996

27 Xinhua, March 9, 1999, SWB March 10, 1999

28 TIME, July 17, 2000, zitiert von Tsering Shakya

29 Xizang Ribao [Tibet Daily], November 7, 1997

30 Xizang Ribao [Tibet Daily], May 11, 1996, SWB May 20, 1996

31 Öffentliche Ansprache am 1. Januar 1998, zitiert in TIN News Review 27, 1999, London

32 Marshall, Steve D., Hostile Elements: A Study of Political Imprisonment in Tibet: 1987-1998, TIN, 1999

33 TCHRD, Tightening of Control, 1999

34 Marshall, Steve D., Hostile Elements: A Study of Political Imprisonment in Tibet: 1987-1998, TIN, 1999

35 Lawyers Committee for Human Rights, Opening of Reform? An Analysis of China's Revised Criminal Procedure Law, 1996

36 Amnesty International Report, 1998

37 Physicians for Human Rights, Striking Hard: Torture in Tibet, IRCT, Vol. 9, No. 1a, June 1999

38 Gebilligt bei der zweiten Sitzung des 5. Nationalen Volkskongresses am 1. Juli 1979 und amendiert bei der 5. Sitzung des 8. Nationalen Volkskongresses am 14. März 1997

39 International Rehabilitation Council for Torture Victims, Torture in Tibet: 1949-1999, Vol. 9, No. 1a, 1999

40 "Neuer Fortschritt in Menschenrechten in der Autonomen Region Tibet", Peking, Februar 1998

41 "50 Jahre Fortschritt in Chinas Menschenrechten", Xinhua, Peking, 17. Februar 2000

42 "NPC Tibet Deputies", Xinhua, March 7, 2000

43 "Tibet entwickeln? Eine Übersicht über internationale Entwicklungsprojekte und kulturelles Überleben", Ann Forbes und Carole McGranahan, The International Campaign for Tibet, May 1992

44 TIN News Review No. 22, November 8, 1994

45 "Western Projects list released", Jiang Chen, China Daily, June 23, 2000

46 Ibid.

47 "50 Jahre Fortschritt in Chinas Menschenrechten", Xinhua, Peking, 17. Februar 2000

48 Xinhua, September 26, 1999

49 "50 Jahre Fortschritt in Chinas Menschenrechten", Xinhua, Peking, 17. Februar 2000

50 "Agricultural Conditions Improved in Qinghai", Xinhua, Beijing, in English, October 10, 1999

51 Weiteres bei Gabriel Lafitte: "Remaking the West: China's New Mass Campaign for Development of Western China", Seminar 5 in "Tomorrow's Tibet", Department of Information and International Relations, Dharamsala, March 15, 2000

52 International Commission of Jurists, "Tibet: Human Rights and the Rule of Law"

53 Ibid.

54 "Water Resources", Tibet 2000: Environment and Development Issues, DIIR

55 "China curbs births in the west, but wants more people to move there", 18 August 2000, Agence France Presse

56 "Tibet: Tightening of Control", Jahresbericht 1999 über Menschenrechtsverletzungen in Tibet, TCHRD, Dharamsala, 2000

57 Tibetischer Jugendkongreß, Fremde in ihrem eigenen Land: chinesische Bevölkerungsverschiebung nach Tibet und ihre Wirkungen, 1994. Siehe auch: Tsewang Phuntsok, "Chinas Entwicklungspolitik in Tibet seit den frühen fünfziger Jahren", DIIR, September 1999

58 Rede von Raidi, dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des tibetischen Regionalkongresses am 5. September 1994 vor dem 7. Plenum der 6. Sitzungsperiode des Ständigen Ausschusses der kommunistischen Partei der "TAR", die intern als "Dokument No. 5" zirkuliert wurde; zitiert von Tsewang Phuntsok in "China's Development Policy in Tibet since the early 1950s", DIIR

59 Internationales Anwaltkomitee für Tibet (ICLT) und Organisation nicht-repräsentierter Nationen und Völker (UNPO), "Der Fall Tibet: Tibets Souveränität und das Recht des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung", Tibetan Parliamentary and Research Centre, New Delhi, Dezember 1998

60 ICLT, The Case Concerning Tibet

61 International Committee of Lawyers for Tibet, "The Relationship between Environmental Management and Human Rights in Tibet", ein Bericht des UN Sonderberichterstatters für Menschenrechte und Umwelt, Juli 1992. Eine umfassende Untersuchung über Bevölkerungstransfer, die 1995 von der Tibet Unterstützungsgruppe in Großbritannien durchgeführt wurde, kam zu einer etwas moderateren Zahl, während sie gleichzeitig die Unzuverlässigkeit der offiziellen chinesischen Statistiken für Tibet bestätigte. Sie schätzt, daß die Gesamtzahl von Nicht-Tibetern in dem ethnographischen Tibet zwischen 5 und 5,5 Mio. liegt, wobei chinesische Statistiken von 1990 die Gesamtbevölkerung Tibets auf 4,59 Mio. beziffern. Tibet Support Group UK, New Majority: Chinese Population Transfer into Tibet, London 1995

62 International Commission of Jurists, Tibet: Human Rights and the Rule of Law

63 The Australian Agency for International Development, Qinghai Community Development Project: Project Implementation Document, May 1995

64 "1999: A Golden Year", China's Tibet, Vol. 10, No. 1, 1999

65 "China Facts and Figures on Tibet in 1999", People's Daily, February 8, 2000

66 Entnommen aus einer Rede von Tenzin, dem Vizesekretär der "TAR", und veröffentlicht in "China's Public Relations Strategy on Tibet". Klassifizierte Dokumente der Pekinger Propaganda Konferenz, veröffentlicht von "International Campaign for Tibet", Washington DC, 1993

67 Auszüge aus einer Direktive von Zeng Jian-hui, dem Staatssekretär im chinesischen Propaganda-Ministerium

68 Auszüge aus Kommentaren von Raidi, dem Vizesekretär der "TAR", bei der Jahresversammlung des Kommunistischen Partei Komitees der "TAR" in Lhasa am 5. September 1994. Diese Dokumente wurden inzwischen unter dem Titel "Cutting Off the Serpent's Head - Tightening Control in Tibet, 1994-1995" von Tibet Information Network, London, und Human Rights Watch/Asia, New York, 1996 veröffentlicht

69 "China's Public Relations Strategy on Tibet" - klassifizierte Dokumente der Pekinger Propaganda Konferenz, veröffentlicht von ICT, Washington DC, 1994

70 "Tibetan Stake in China-West Relations", ein Artikel von Kalon Tempa Tsering, Tibetan Bulletin, November-Dezember 1999

71 "Australian Parliamentarians in Tibet: the Credibility Gap" in Australia Tibet Council News, October 1999

72 China's Public Relations Strategy on Tibet: Classified Documents from the Beijing Propaganda Conference, published by ICT, Washington DC 1993

73 Frontline, September 15, 2000

74 Zitiert nach "People's Daily", dem offiziellen Nachrichtenblatt Pekings, September 14, 2000

75 China's Public Relations Strategy on Tibet, ICT, 1994

76 Asiaweek, September 22, 2000

77 Asiaweek, September 22, 2000

78 Veröffentlicht in "Tibet Times", August 31, 1999, einer unabhängigen in Dharamsala herausgegebenen Zeitung in tibetischer Sprache

79 "The Dalai Lama's Dilemma", von Melvyn C. Goldstein, Artikel veröffentlicht in "Foreign Affairs", January-February 1998, New York

80 "The Dalai Lama's Dilemma", von Melvyn C. Goldstein

81 Ibid.

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