26. August 2008
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Die berühmte tibetische Bloggerin Woeser von der Polizei verhaftet

Tibets bekannteste Schriftstellerin und Bloggerin wurde acht Stunden lang von der Polizei verhört und wegen der Fotos, die sie in Lhasa gemacht hatte, zur Rede gestellt. Kürzlich stattete sie ihrer alten Heimat einen kurzen Besuch ab.

Die Verhaftung von Woeser, die wie viele Tibeter nur einen einzigen Namen hat, unterstreicht die Nervosität der Behörden in der Stadt im Himalaya, wo widerspenstige Tibeter sich im März gegen Pekings Herrschaft erhoben, wobei [chinesischen Angaben zufolge] 22 Leute umkamen und Hunderte von Amtsräumen und Geschäften in Flammen aufgingen.

Acht Polizisten tauchten am Donnerstag in der Wohnung von Woesers Mutter in Lhasa auf und überraschten sie mit einer Vorladung zur Vernehmung. Ihr Ehemann, der Autor Wang Lixiong, bemerkte: „Sie hatten den falschen Namen auf dem Dokument eingetragen, weshalb ich verlangte, daß sie den Namen korrigierten, ehe sie sie mitnahmen. Ich erinnerte sie auch daran, daß sie sie innerhalb der festgesetzten Frist von 12 Stunden zurückbringen müßten“.

Mehrere Polizeioffiziere, die einen Hinweis von jemand erhalten hatten, der bemerkte, wie Woeser aus einem Taxi heraus Militär- und Polizeipositionen in Lhasa fotografierte, vernahmen sie.

Wang, der sehr besorgt um die Sicherheit seiner Frau war, äußerte Times gegenüber: „Sie erklärte ihnen, daß es nicht verboten sei an einem öffentlich zugänglichen Ort zu fotografieren und daß sie keine Sperrgebiete oder militärischen Einrichtungen aufgesucht habe. Sie hätten keine legale Basis, um sie festzunehmen“. Die Polizei durchsuchte die Wohnung von Woesers Mutter und konfiszierte dabei mehrere Dokumente sowie Wangs Computer.

Sie hackten sein Paßwort, untersuchten alle Dokumente auf dem Laptop und forderten von Woeser, alle Bilder zu löschen, die Polizisten oder Militärpersonal auf den Straßen Lhasas oder anderen Orten in Tibet, an denen sie war, zeigten.

Um Herrn Wang zu zitieren: „Ich kann nicht sagen, ob sie beabsichtigten, uns einzuschüchtern. Aber wenn sie so mit einer maßgeblichen Schriftstellerin umgehen, die nichts getan hat, als ein paar Aufnahmen zu machen, kann man sich ausmalen, was für eine Art von Behandlung gewöhnliche Leute in Tibet Tag für Tag erfahren“.

Das Ehepaar beschloß so schnell wie möglich Flüge zurück nach Peking zu buchen, aber zuerst wollten sie sich mit ihren vielen Verwandten und Freunden in der Stadt treffen. Etliche kamen jedoch nicht zu dem Familientreffen, weil sie sich auf Woesers Zusammenstoß mit der Polizei hin vor möglichen Folgen fürchteten. Am Samstag flog das Paar, das eigentlich einen Monat in Lhasa bleiben wollte, nach nur sechs Tagen und 48 Stunden nach der Vorladung, vorzeitig nach Peking zurück.

Woeser ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten Tibets, zuerst als Dichterin, deren Werke anfänglich von der Regierung gebilligt wurden, und dann als Dissidentin, seit ihr erstes Prosabuch 2003 verboten wurde. Seitdem darf sie nichts mehr in China veröffentlichen, aber sie ließ nicht abschrecken und ist weiterhin schriftstellerisch tätig.

Das Blog, das sie 2005 zu schreiben begann, mußte sie auf einem Server außerhalb Chinas unterbringen, weil es wiederholt gehackt und schließlich ganz geschlossen wurde. Ihr derzeitiges Blog ist für viele Tibeter die beliebteste Seite und verzeichnet drei Millionen Zugriffe, seit sie es Anfang letzten Jahres auf einem Server außerhalb Chinas lancierte.

Die tibetische Hauptstadt ist weiterhin abgeriegelt. Polizei und paramilitärische Kräfte patrouillieren auf den Straßen, viele davon wurden um den Jokhang Tempel im Herzen der Altstadt eingesetzt. Auf dem Pilgerweg, der um den Tempel führt, befinden sich mindestens vier paramilitärische Trupps rund um die Uhr auf Wache.

Jede davon umfaßt fünf Mann, die mit Maschinengewehren bewaffnet ein Stück der Route auf und ab gehen. Buddhistische Gläubige, die ihre Gebetsmühlen drehen, Mantras rezitieren und Niederwerfungen ausführen, bahnen sich ihren Weg durch die patrouillierenden Soldaten hindurch. Einige der Trupps, die Tarnanzüge tragen, wurden kürzlich von Patrouillen ersetzt, die Geräte auf den Rücken geschnallt haben, die wie Tränengaswerfer aussehen. Paramilitärische Kräfte stehen an Bushaltestellen, und an jedem Stop steigen Polizisten zu, um Leute, die ihnen verdächtig scheinen, sofort dingfest zu machen. Bewaffnete Polizei in Tarnanzügen, manche mit Helmen, andere mit Schutzschildern und elektrischen Schlagstöcken ausgerüstet, stehen in Gruppen an Straßenkreuzungen und beobachten rundherum das Geschehen auf den Straßen.

Wenn dann die Nacht hereinbricht, fahren Armeelastwagen voller paramilitärischer Truppen in kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit durch die Straßen. Die Patrouillen und die massive Polizeipräsenz betreffen in erster Linie die Altstadt, in den neueren Stadtteilen, wo die meisten der Han-Chinesen wohnen, gibt es kaum ein Anzeichen für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.

Quelle: Times Online