8. Januar 2003
Students for a Free Tibet, New York

China entscheidet über das Schicksal eines populären tibetischen religiösen Würdenträgers

Berufungsverhandlung wegen der Todesurteile am 10. Januar

New York: Verlautbarungen zufolge wird China über das Schicksal von Tenzin Delek Rinpoche und Lobsang Dhondup, der zwei zum Tode verurteilten Tibeter aus Karze in Osttibet (chin. Provinz Sichuan), bei einer Berufungsverhandlung an diesem Freitag entscheiden. Diese Anhörung erfolgt nur drei Wochen, nachdem Berufung eingelegt wurde, was den Eindruck erweckt, daß der Fall schnell durchgepeitscht werden soll.

Tenzin Delek Rinpoche, eine angesehene buddhistische Persönlichkeit, und Lobsang Dhondup wurden am 2. Dezember zum Tode verurteilt, weil sie für eine Reihe von Sprengstoffanschlägen verantwortlich gemacht wurden. Tibeter und Tibet-Unterstützer hegen den Verdacht, daß dieses Delikt den beiden angelastet wurde, um den populären tibetischen Lama von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Im vergangenen April hatten über 30.000 Tibeter eine Petition unterzeichnet, um gegen seine Verhaftung zu protestieren. Der Rinpoche ist wegen seiner sozialen Wohlfahrtstätigkeiten wie dem Aufbau von Krankenhäusern, Schulen, Waisenhäusern und Altersheimen in Tibet weit bekannt. Er gründete auch sechs Klöster. Der Rinpoche ist ein Anhänger Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, den er 1982 in Indien traf. Ebenso wie der Dalai Lama tritt er für Gewaltlosigkeit ein und lehrte immer wieder, daß die Leute ihre Differenzen friedlich lösen sollen.

Den beiden Tibetern wird der Zugang zu gesetzlichen Rechtsmitteln verweigert. Zwei prominenten chinesischen Rechtsanwälten, Zhang Sizhi und Li Huigeng, die Wei Jingsheng 1995 verteidigten, wurde diesmal mit der Begründung, es sei bereits für eine Verteidigung durch ortsansässige Anwälte Vorsorge getroffen worden, die Erlaubnis verweigert, sie zu vertreten. "Die Tatsache, daß die Chinesen unabhängigen Rechtsanwälten verweigern, den Rinpoche zu vertreten, beweist, daß sie ihm eigentlich gar kein Verbrechen vorzuwerfen haben", meinte Lobsang, ein jetzt im Exil befindlicher Tibeter aus Karze. "Die chinesische Regierung verfolgt ihn wegen seiner Popularität. Sie versucht, die Tibeter gegen einander aufzubringen, damit sie nicht geschlossen auftreten".

Der Rinpoche soll schwer gefoltert worden sein und sich jetzt in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand befinden. Zuverlässigen Quellen zufolge wurde der Rinpoche am Montag von chinesischen Offiziellen, die extra nach Sichuan geflogen waren, vernommen. Er soll ihnen erklärt haben, daß es ihnen überhaupt nicht um Gerechtheit ginge, und er ihnen weiter nichts zu sagen habe. Daraufhin soll er in Hungerstreik getreten sein.

"Jahrelang hält China die Welt nun schon zum Narren, indem es ihr vormacht, in Tibet sei alles in Ordnung", sagte Lhadon Tethong, Projektkoordinatorin von Students for a Free Tibet. "Daß eine so hoch angesehene religiöse Persönlichkeit und jemand, der so viel Gutes für die tibetische Gesellschaft getan hat, nun einer solchen Gewalttätigkeit ausgesetzt wird, spricht dafür, wie repressiv das chinesische Regime in Tibet ist. Die internationale Gemeinschaft muß jetzt aktiv werden. Sie darf nicht zulassen, daß diese zwei Männer sterben".

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