9. Juli 2008

Tibetan Solidarity Committee (Tibetisches Solidaritätskomitee)

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Pressemitteilung

Vier Menschen sterben durch den Terror der Regierung, grausame Rache an den Mönchen in Serthar

Zuverlässigen Quellen zufolge starb ein hochrangiger Mönch des Klosters Kirti im Bezirk Ngaba (chin. Aba) am 6. Juli, weil er dem ständigen Druck der chinesischen Behörden nicht mehr standhalten konnte. Der 70jährige Jampel Gyatso war bereits wegen Bluthochdruck und Streß in Behandlung. Beides verschlimmerte sich aufgrund des immensen Drucks, den die Behörden nach der Ausweisung aller Mönche unter 18 Jahren und dem Beginn der „patriotischen Erziehungskampagne“ in dem Kloster auf ihn ausübten. Durch die Ausweisung aller jüngeren Mönche war das Kloster fast leer geworden, was den Behörden ungelegen war. Um Kritik aus der Bevölkerung zuvorzukommen, ordneten sie daher an, daß alle Mönche bis zum 5. Juli ins Kloster zurückzukehren hätten, andernfalls, so warnten sie, würden man sie zu Hause festnehmen. Dieser Druck seitens der Behörden führte zu einer derartigen Verschlechterung von Jampel Gyatsos Gesundheitszustand, daß er einige Tage später verschied.

Wenige Tage zuvor, am 3. Juli, hatte sich der Mönch Lobsang Tsultrim, ebenfalls aus dem Kloster Kirti Dongri im Bezirk Ngaba, das Leben genommen, weil er nicht mehr in der Lage war, dem Druck der „patriotischen Erziehungskampagne“, die zum zweiten Mal in diesem Kloster durchgeführt wurde, standzuhalten. Vor seinem Tod hatte Lobsang Tsultrim von seiner inneren Qual angesichts der bevorstehenden patriotischen Erziehungskampagne gesprochen und deren Härte beklagt. Sein älterer Bruder fand seinen Körper tot in einem Holzschuppen des Klosters hängen, nur kurze Zeit, nachdem er sein Quartier verlassen hatte. Lobsang Tsultrim war erst 16 Jahre alt, er stammte aus dem Dorf Meu Ruma im Bezirk Ngaba, sein Vater heißt Palkho.

In unserer Mitteilung vom 2. Juli berichteten wir über die Festnahme der drei Mönche Yingchuk (bzw. Gyachuk Wangchuk, 18), Gephel (bzw. Gendun, 19) und Sashi (21) aus dem Kloster Nubsur im Bezirk Serthar (chin. Seda), die am 28. Juni gegen 14 Uhr Ortszeit friedlich demonstriert hatten. In den frühen Morgenstunden des folgenden Tages, am 29. Juni gegen 4 Uhr, rückten Hundertschaften von Kräften der Bewaffneten Volkspolizei an und umstellten das Kloster Nubsur. Zu Dutzenden brachen sie in die Wohnquartiere der Mönche Yingchuk und Sashi ein, wo sie alles plünderten und zerstörten, was ihnen in den Weg kam, so daß nur noch Trümmer übrigblieben. Die Bewaffnete Polizei stürmte auch in Gephels Behausung, raubte seine Wertsachen und zerstörte alle anderen Gegenstände, auch die religiösen Texte. Schätzungen zufolge wurde bei diesem Überfall Eigentum im Wert von 20.000 Yuan zerstört, einschließlich der Behausungen. Nicht einmal das Schnittholz von der Schutthalde wurde verschont, sondern zu der Bezirksverwaltung abtransportiert.

Am 29. Juni gab die Bezirksverwaltung von Serthar eine öffentliche Bekanntmachung heraus, in der die drei genannten Mönche des Klosters Nubsur beschuldigt werden, eine tibetische Flagge geschwenkt, Flugblätter verteilt und Parolen mit der Forderung nach Unabhängigkeit für Tibet gerufen zu haben. Für ihre illegalen Aktivitäten würden sie gebührend bestraft, hieß es weiter. In dem Aushang wird auch der Demokratische Verwaltungsrat des Klosters gerügt, der die Mönche nicht in Zucht und Ordnung gehalten habe, und die Notwendigkeit einer Intensivierung der patriotischen Umerziehung gemäß dem Gesetz betont. Die drei Mönche, die demonstriert hatten, sowie alle Personen, die sie unterstützten, müssen aus dem Kloster ausgestoßen werden, besagt die Verordnung. Falls ein anderes Kloster die Ausgewiesenen aufnehmen sollte, würde man davon ausgehen, daß es mit separatistischen Kräften im Bunde stünde und es entsprechend behandeln, ließ der Bescheid wissen.

Ein Tibeter, der verwundet wurde, als die chinesischen Sicherheitskräfte während der Proteste in Lhasa das Feuer eröffneten, starb Ende Juni trotz aller Versuche, ihn zu retten. Er wurde als der 38jährige Anu aus dem Stadtteil Paljor Rabten Khang von Lhasa identifiziert. Seine Eltern, die beide verstorben sind, hießen Rabgyal und Tsetan.

Ein anderer Tibeter namens Namlang, der zahllose Verletzungen nach seiner Festnahme erlitt und im Gefängnis brutal geschlagen wurde, starb im Mai. Namlang wurde festgenommen, als er im März in Phenpo an einer friedlichen Demonstration teilnahm. Anfänglich wurde ihm medizinische Behandlung verweigert, wodurch sich sein Zustand rapide verschlechterte. Später wurde er im Kreiskrankenhaus behandelt, aber es war zu spät. Namlang stammte aus dem Dorf Zong Shol im Kreis Phenpo Lhundrup und war 42 Jahre alt. Er hinterläßt seine Frau und zwei Kinder im Alter von 8 und 15 Jahren, sowie seine 82jährige Großmutter.

Zwei weitere Tibeter aus diesem Landkreis, die während derselben Proteste im März Verletzungen davontrugen, sollen sich ebenfalls in kritischem Zustand befinden mit wenig Hoffnung auf Genesung. Einer von ihnen kommt aus dem Dorf Loba Toe, der andere aus dem Dorf Ding, die beide zum Kreis Phenpo Lhundrup gehören.

Angesichts der kritischen Situation in Tibet appellieren wir an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, sich dringend unserer folgenden Forderungen anzunehmen:

1) unverzüglich unabhängige Untersuchungskommissionen nach Tibet zu entsenden;

2) unverzüglich der freien Presse Zugang zu ganz Tibet zu gewähren;

3) unverzüglich dem brutalen Morden in ganz Tibet ein Ende zu setzen;

4) unverzüglich für die sofortige Freilassung aller festgenommenen und verhafteten Tibeter zu sorgen;

5) unverzüglich die medizinische Versorgung der verletzten Tibeter zu ermöglichen;

6) die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen und ihren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.