8. Juli 2008

Tibetan Solidarity Committee / Tibetisches Solidaritätskomitee

http://www.stoptibetcrisis.net


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Pressemitteilung

Tibeter werden öffentlich verächtlich gemacht und das jährliche Pferderennen in Lithang verboten

Am 7. Juli veröffentlichte das staatliche Online-Magazin „Tibet China Information Center“ (http://www.tibet.cn) einen weiteren beißend scharfen Kommentar mit dem Titel „Weshalb in Tibet Unfrieden herrscht und was die Mönche dazu gebracht hat, für die Unabhängigkeit zu kämpfen“ (*). Der Kommentator führt den starken religiösen Glauben der Tibeter in erster Linie auf die Rückständigkeit des Landes zurück und schlägt höhnisch vor, wenn die Tibeter den Pfad des Glücks und des Wohlstandes begehen wollten, sollte die Zentralregierung Chinas doch eine große Anzahl Schulen und Gefängnisse bauen, und alle Laien-Tibeter den Schulen zuweisen und alle Mönche in die Gefängnisse stecken. Ferner behauptet der Kommentator, es sei in Tibet Brauch gewesen, auf Anordnung des Dalai Lama anläßlich seines Geburtstages zwei junge Mönche des Klosters Gyuto zu schlachten und ihre Häute zur Schau zu stellen. Eine Originalkopie der Urkunde dieses Edikts sei noch immer im historischen Archiv der Autonomen Region Tibet (TAR) zu bewundern. Er weiß fernerhin zu berichten, das vorzüglichste Geschenk im alten Tibet, das ein tibetischer Gastgeber aus gehobenen Kreisen seinem Gast habe machen können, seien seine Sklavinnen gewesen, an denen der Gast sich dann zusammen mit ihm verlustieren durfte.

Diese Behauptungen kommen einer Verzerrung der tibetischen Lebensweise gleich, sie sind nichts als Lügenmärchen, Entstellungen historischer Tatsachen und ein Ausdruck der Verachtung für die Religion und Kultur des tibetischen Volkes. Außerdem erhärten sie den Verdacht, daß die chinesische Regierung ein ungemein großes Interesse daran hat, die tibetische Religion und Kultur mit Stumpf und Stiel auszurotten. Ebenso wird ersichtlich, wie groß doch Chinas Geringschätzung der Persönlichkeiten des religiösen Lebens ist.

Aus zuverlässigen Quellen verlautet, daß im Bezirk Lithang (chin. Litang) in der Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Kardze (chin. Ganzi), Provinz Sichuan, am 5. Juli unerwartet eine Ausgangssperre verhängt wurde. An diesem Tag, dem Vorabend des Geburtstages Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, marschierten bewaffnete Sicherheitskräfte und Soldaten in großer Zahl in Lithang auf und behinderten die Menschen massiv in ihrer Bewegungsfreiheit. Diese Restriktionen galten von 8 Uhr am Abend des 5. Juli für die Dauer von drei Tagen. Bei Zuwiderhandlung wurden den betreffenden Personen schreckliche Konsequenzen angedroht, bis hin zur Erschießung an Ort und Stelle. Den Tibetern aus den umliegenden Bezirken Nyagchukha (chin. Yajiang), Bathang (chin. Batang) und Nyarong (chin. Xinglong) war es verboten, den Bezirk Lithang zu betreten. Außerdem haben die Behörden verfügt, daß das gewöhnlich um diese Jahreszeit in Lithang stattfindende festliche Pferderennen in diesem Jahr gestrichen wird.

Der Bezirk Lithang befindet sich seit Mitte letzten Jahres unter strenger militärischer Aufsicht, seit der Tibeter Rungye Adrak am 1. August in aller Öffentlichkeit gegen die chinesische Regierung protestiert hatte.

Das Aufgebot an Sicherheitskräften ist in diesem Jahr zusätzlich aufgestockt worden, wobei viele von ihnen, wie unsere Quellen berichten, traditionelle tibetische Kleidung trügen, um verdeckt agieren zu können.

Im Bezirk Rebkong (chin. Tongren) haben die Tibeter beschlossen, aus Solidarität mit ihren Landsleuten, die bei der gewaltsamen Niederschlagung der zahlreichen Proteste ums Leben oder zu Schaden kamen, und im Gedenken an die Tausende von Chinesen, die bei der Erdbebenkatastrophe im Mai in der Provinz Sichuan ihr Leben verloren oder verletzt wurden, in diesem Jahr das traditionelle Picknick ausfallen zu lassen.

Angesichts der kritischen Situation in Tibet appellieren wir an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, sich dringend unserer folgenden Forderungen anzunehmen:

1) unverzüglich unabhängige Untersuchungskommissionen nach Tibet zu entsenden;

2) unverzüglich der freien Presse Zugang zu ganz Tibet zu gewähren;

3) unverzüglich dem brutalen Morden in ganz Tibet ein Ende zu setzen;

4) unverzüglich für die sofortige Freilassung aller festgenommenen und verhafteten Tibeter zu sorgen;

5) unverzüglich die medizinische Versorgung der verletzten Tibeter zu ermöglichen;

6) die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen und ihren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.

(*) Link zu der betreffenden auf Chinesisch: http://blog.tibet.cn/user1/15943/archives/2008/79390.html