16. August 2008

Tibetan Solidarity Committee / Tibetisches Solidaritätskomitee

http://www.stoptibetcrisis.net


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Pressemitteilung

Meinungsumfrage mit zweifelhaftem Resultat - Mönche des Klosters Othok verschwunden

Kürzlich zirkulierte in der Online-Version der chinesischen staatlichen Medien ein Bericht, demzufolge die Tibeter in Tibet den Dalai Lama nicht länger als ihren spirituellen Führer anerkennen. Etwa 13.700 Lehrer und Schüler von 300 Grund-, Mittel- und Oberschulen aus dem Bezirk Lhasa und den Präfekturen Lhoka (chin. Shannan), Nyingtri (chin. Lingzhi), Shigatse (chin. Xigatse) und Chamdo (chin. Qamdo) hätten, wie der Bericht es nannte, an einer "geheimen Meinungsumfrage" teilgenommen. 90,9 % der befragten Schüler und Lehrer an den Grundschulen, 92,9 % an den Mittelschulen und 93,9 % an den Oberschulen hätten geantwortet, der Dalai Lama sei ein "Separatist".

Wir würden in diesem Zusammenhang gerne die folgenden Fragen stellen:

1. Wenn die chinesische Regierung es ernst damit meint, die wahren Gefühle des tibetischern Volkes in Erfahrung bringen zu wollen, dann sollte sie eine neutrale internationale Untersuchungskommission beauftragen, eine unabhängige Umfrage in Tibet durchzuführen, um herauszufinden, was die Tibeter tatsächlich über Seine Heiligkeit den Dalai Lama denken. Eine von den chinesischen Behörden unter Zwang veranstaltete Meinungsumfrage bringt keine verwertbaren Ergebnisse.

2. Gelinde gesagt haben 99 % der Tibeter in Tibet unerschütterliches Vertrauen zu Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama, sie sind sogar bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen und nach Indien zu reisen, um ihn zu sehen. Und obwohl der Besitz von Bildern Seiner Heiligkeit des Dalai Lama in Tibet verboten ist und jene, die dennoch Bilder von ihm haben, Gefahr laufen, bestraft zu werden, stellen sehr viele mutige Tibeter nach wie vor heimlich sein Bild bei sich zu Hause auf, obwohl sie sich der möglichen Folgen ihrer Handlung voll bewußt sind. Die Hauptforderung, die bei den jüngsten Protesten überall auf dem tibetischen Hochplateau, an denen junge wie alte Tibeter gleichermaßen teilnahmen, gestellt wurde, war die nach der Rückkehr Seiner Heiligkeit des Dalai Lama nach Tibet.

3. Vor dieser sogenannten "geheimen Umfrage" wurde in ganz Tibet, sogar in Schulen und Privathaushalten, die "Patriotische Erziehungskampagne" rigoros durchgeführt. Dabei wurde jeder Einzelne aufgefordert, Aufsätze zur Diffamierung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu schreiben, entsprechende Erklärungen zu unterzeichnen und ihn öffentlich zu schmähen. Diejenigen, die sich diesen Anordnungen widersetzten, wurden aus ihren jeweiligen Schulen oder Institutionen ausgeschlossen. Doch trotz dieser harten Maßnahmen weigerten sich viele Tibeter, den Aufforderungen nachzukommen und manche protestierten sogar gegen die "Umerziehungskampagne“. Etliche haben dabei ihr Leben verloren. Diese sogenannte „Meinungsumfrage“ wurde also durchgeführt, nachdem die betreffenden Lehrer und Schüler bereits der Zwangsmaßnahme der "Patriotischen Umerziehung" unterzogen worden waren, bei der genau vorgeschrieben wird, was sie zu sagen und zu schreiben haben. Ein derartiger Umgang der Behörden mit den Tibetern ist eine „brutale Nötigung“, die kein wahres Bild von ihrer Gemütsverfassung liefern kann.

Einer zuverlässigen Quelle zufolge veranstalteten auf die Verhaftung einiger Mönche des Klosters Wonpo in Zachukha hin, die im März in Lhasa demonstriert hatten, sechs Mönche des Klosters Othok Tharpaling in Nyagchuka (Lithang) einen friedlichen Protest im Kloster Sera. Diese Mönche suchten die örtliche Polizeistation auf dem Klostergelände auf und baten dort um die Freilassung aller Mönche, die im März verhaftet worden waren. Sie wurden jedoch am gleichen Abend verhaftet und ihr Verbleib istauch heute noch, fünf Monate danach, unbekannt. Es handelt sich um den 46jährigen Lobsang Jampal, den 43jährigen Lobsang Jamyang, den 42jährigen Lobsang Jampa, den 36jährigen Lobsang Jampal, den 29jährigen Gyaltsen Norbu  und den 27jährigen Thongga.

Gleich diesen Mönchen gibt es Hunderte von Tibetern, die seit den Protesten im März überall in Tibet verschwunden sind.

Angesichts der kritischen Situation in Tibet appellieren wir an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, sich dringend unserer folgenden Forderungen anzunehmen:

1) unverzüglich unabhängige Untersuchungskommissionen nach Tibet zu entsenden;

2) unverzüglich der freien Presse Zugang zu ganz Tibet 1zu gewähren;

3) unverzüglich dem brutalen Morden in ganz Tibet ein Ende zu setzen;

4) unverzüglich für die sofortige Freilassung aller festgenommenen und verhafteten Tibeter zu sorgen;

5) unverzüglich die medizinische Versorgung der verletzten Tibeter zu ermöglichen;

6) die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen und ihren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.