21. Oktober 2021
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Der tibetische Schriftsteller Dhi Lhaden wird zu vier Jahren Gefängnis verurteilt

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) ist empört über die ungerechte Verurteilung des tibetischen Schriftstellers Lhaden (Pseudonym: Dhi Lhaden) zu vier Jahren Gefängnis und fordert die chinesischen Behörden auf, alle Beschränkungen der freien Meinungsäußerung und die Verfolgung von Dissens zu beenden.

Dhi Lhaden wurde als Vergeltungsmaßnahme für die friedliche Nutzung seines Rechtes auf freie Meinungsäußerung verurteilt, etwa als Autor von Büchern und Essays, in denen er die chinesische Politik kritisierte und sich für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie eingesetzt hat.

Dhi Laden

Er wurde wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ verurteilt, einer der häufigsten strafrechtlichen Beschuldigungen, die der chinesische Parteistaat erhebt, um Menschenrechtsverteidiger zum Schweigen zu bringen. Die Beschuldigung „Störung der sozialen Ordnung“ ist ein Sammelbegriff, der vom Parteistaat verwendet wird, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und die Ausübung der Zensur fortsetzen zu können. Die häufige Verwendung dieser vagen Rechtsvorschrift steht im Widerspruch zu verschiedenen anderen gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der  Meinungsfreiheit in der chinesischen Verfassung und anderen Gesetzen und Verordnungen.

Dhi Lhaden wurde kürzlich - das Datum ist nicht bekannt - in einem Geheimprozeß verurteilt, von dem seine Familie und Verwandten ausgeschlossen wurden. Im vergangenen Dezember hatten die chinesischen Behörden seine Familie über den bevorstehenden Prozeß informiert. Niemand von seinen Angehörigen hat ihn seit seiner Inhaftierung gesehen.

Der Prozeß fand nach mehr als zwei Jahren Isolationshaft im Juni 2019 in der Stadt Chengdu statt. Das TCHRD ist besorgt über den Gesundheitszustand und das Befinden von Dhi Lhaden, denn die chinesischen Behörden gaben keinerlei Information über seinen Zustand heraus. In der chinesischen Strafjustiz werden tibetische politische Gefangene routinemäßig gefoltert und anderen unmenschlichen Maßnahmen unterworfen, von denen die schlimmste Form während der Untersuchungshaft stattfindet.

In seinem Buch Tungol Trimtug schreibt Dhi Lhaden: „Was wirklich Frieden und Stabilität zerstört, sind nicht die Handlungen, die sich den Launen der Tyrannen widersetzen, sondern solche, die sie besänftigen. Solange sich die Bürger wie Sklaven verhalten, indem sie den Forderungen der Tyrannen nachgeben, werden die Grundrechte weiter verletzt“. Dieses Buch, das vom TCHRD unter dem Titel „Die Kunst des passiven Widerstands“ ins Englische übersetzt und 2015 herausgegeben wurde, zogen die Behörden Berichten zufolge heran, um ihn des sogenannten Verbrechens der „Störung der sozialen Ordnung“ anzuklagen.

In Chinas Aktionsplan für Menschenrechte (2021-2025), der im September letzten Jahres veröffentlicht wurde, heißt es, daß „der Staat die volle Rechenschaftspflicht der Justiz durchsetzen, das chinesische Justizsystem und seine Rechtsfähigkeit reformieren und das Recht auf ein faires Verfahren garantieren wird, damit in jedem Gerichtsverfahren Gleichheit und Gerechtigkeit herrschen“.

Das TCHRD ruft die chinesischen Behörden dringend auf, Dhi Lhaden unverzüglich und ohne Auflagen freizulassen und Informationen über seinen derzeitigen Gesundheitszustand und sein Wohlergehen offenzulegen. Die chinesischen Behörden müssen die physische und psychische Unversehrtheit Dhi Lhadens garantieren und ihm eine rechtzeitige und angemessene medizinische Versorgung zukommen lassen.

Dhi Lhaden ist ein ehemaliger Mönch, Intellektueller und Schriftsteller, der 1971 im Dorf Dida im Kreis Pema (chin. Baima), in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Golok (chin. Guoluo) in der Provinz Qinghai (tibetische Provinz Amdo) geboren wurde. Im Volk als Dhi Lhaden bekannt, lautete sein ordinierter Name als Mönch Thubten Lobsang Lhundup. Im Alter von 13 Jahren wurde er Mönch in seinem örtlichen Kloster, und mit 15 Jahren trat er in das buddhistische Institut Larung Gar im Kreis Sertha (chin. Seda) in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Kardze (chin. Ganzi) in der Provinz Sichuan ein. Mit 27 Jahren reiste er nach Lhasa, um seine Studien in den Klöstern Drepung und Sera fortzusetzen, mußte diese jedoch wieder abbrechen. Seit 2008 hat er verschiedene Orte in Tibet besucht, um die Beobachtungen von tibetischen Mitbürgern aufzuzeichnen. Sein erstes Buch mit dem Titel Tsesok Le Trun Pe Kecha („Unter Lebensgefahr geäußerte Worte“) wurde im März 2011 vom TCHRD veröffentlicht. Das Buch erschien zeitgleich mit dem dritten Jahrestag des Massenaufstands in Tibet 2008 und der 16. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf.