20. Juli 2018
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD), www.tchrd.org

Tibeter protestieren gegen eine Flussumleitung in Amdo - Einsatz von Sicherheitskräften

In der Gemeinde Chumar (chin. Quma) im Hui Autonomen Kreis Bayan Khar (chin. Hualong), Präfektur Tsoshar (chin. Haidong), Provinz Qinghai (früher Provinz Amdo), sind die chinesischen Behörden dabei, unter Einsatz von Gewalt einen Fluß umzuleiten, was für die tibetischen Bauern und ihre Tiere, denen nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung steht, verheerende Folgen haben wird.

Diesen Monat begannen die Behörden damit, den Fluß Chakchu (auch Drampa genannt) umzuleiten, wodurch Tibeter in fünf Dörfern um den Chakchu herum in Mitleidenschaft gezogen werden. Die überwiegend bäuerlichen Einwohner der Dörfer Traseng, Dro, Gonpo Gyu, Achok und Adhey sind besorgt, daß sie ihre Felder nicht mehr bewässern können und nicht mehr genügend Wasser und Gras für ihr Vieh haben werden. Die Dorfbewohner befürchten, daß die Wasserknappheit sich auch auf den allgemeinen Zustand der Umwelt negativ auswirken wird. Manchen Bauern wurden ihre vor der Ernte stehenden Felder zur Anlage von Kanälen umgegraben, doch sie erhielten keine Entschädigung.

Bulldozer verwüsten die Felder
Rotes Banner mit chinesischem Slogan

Quellen mit Kontakten zu der Gegend berichteten dem TCHRD, die Behörden hätten, ehe sie an die Ausführung des Projekts gingen, die ortsansässigen Tibeter nicht nach ihrer Meinung gefragt, noch ihre Zustimmung eingeholt. Die Arbeiten begannen schon vor über einer Woche, und den Dorfbewohnern wurde immer noch nicht gesagt, wo und warum der Fluß umgeleitet wird. Die offizielle Schweigsamkeit in dieser Sache gab Anlaß zu Spekulationen bei den Tibetern, daß das Wasser umgeleitet wird, um dem Ackerland der in der Gegend dominierenden Hui (1) oder anderen Entwicklungsprojekten wie Minen und Staudämmen zugute zu kommen.

Am 10. Juli setzten die Behörden Sicherheitskräfte, darunter auch Polizei- und Geheimdienstbeamte ein, um die Dorfbewohner einzuschüchtern und ihr Vorhaben, das Projekt anzuhalten, zu vereiteln. In den sozialen Medien gibt es einen Videoclip von Bulldozern, die das Ackerland der Bauern umbaggern (2). Man sieht in einem anderen Videoclip einen Trupp von Sicherheitsleuten in Uniform, die die Bulldozer bewachen, daneben ein rotes Banner mit einem Slogan auf Chinesisch „Handhabe die Wasserressourcen gemäß dem Gesetz, unterstütze die Verwaltung gemäß dem Gesetz“. Der Slogan ist eine verkappte Warnung an die Bauern, daß jegliche Opposition gegen das Projekt „gemäß dem Gesetz“ bestraft wird. In noch einem Videoclip hört man einen Tibeter „Kyi Hi Hi, Kreis Hualong!“ rufen, ein tibetischer Aufruf zum Widerstand.

Pema Gyal, Mitarbeiter des TCHRD, glaubt, daß das Flußumleitungsprojekt im Zusammenhang mit dem Plan zur Wasserressourcen-Bewirtschaftung von Qinghai (2008-2030) steht, in dessen Rahmen es den Lokalbehörden gestattet ist, ohne Anhörung der Lokalbevölkerung und ohne Berücksichtigung der Umweltbelastung Wasserressourcen zuzuteilen. „Diese Art der Wasserbewirtschaftungspolitik ist nicht nachhaltig“, meinte er. Der Plan behauptet, daß durch die Regelung von Wasserangebot und -nachfrage, einschließlich der Umleitung durch Vernetzung der Flußläufe und beschleunigte Grundwasserentnahme für eine gerechte Verteilung des Wassers gesorgt werde. Doch Kritiker haben schon lange gewarnt, daß solche Projekte in die Naturgesetze eingreifen und katastrophale Folgen für die Ökologie und Demographie der Gegend haben werden. Um den Verlauf eines Flusses zu ändern, müssen Kanäle gegraben und Wasserreservoire angelegt werden, was der Flora und Fauna irreversiblen Schaden zufügt.

2010 erkannte die UN Generalversammlung Wasser und Sanitärversorgung als ein Menschenrecht und eine Voraussetzung für die Verwirklichung aller Menschenrechte an. Chinas nicht nachhaltige Politik der Wasserbewirtschaftung verletzt nicht nur das Recht der Tibeter auf Wasser, sondern auch noch eine ganze Reihe weiterer Rechte wie das Recht auf angemessene Nahrung und Nahrungsmittelproduktion, das Recht auf Gesundheit und die Gewährleistung der Umwelthygiene, sowie das Recht, den Lebensunterhalt durch eine für die Sicherung des Lebensunterhalts angemessene Arbeit zu verdienen.

Das TCHRD appelliert an die chinesische Regierung, das Menschenrecht der Tibeter auf Wasser zu respektieren, die Wasserumleitungsprojekte einzustellen und alternative nachhaltigere Strategien zu entwickeln. Bei der Planung und Ausführung von Projekten in der Wasserwirtschaft sollten dem Lebensunterhalt der Menschen und der Umweltverträglichkeit der Vorrang eingeräumt werden.  

(1) Chinesische Moslem-Gemeinschaft, die seit langem Schlüsselpositionen in der Verwaltung und Partei innehaben

(2) http://tchrd.org/china-deploys-security-forces-to-prevent-tibetans-from-protesting-water-diversion-project/