29. Februar 2012
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Verstärkte Repression der Religion veranlaßt die Mönche zur Flucht, Klöster werden geschlossen

Seit Oktober 2011 haben die von den chinesischen Behörden in den Klöstern eingesetzten Arbeitsteams die Kampagnen „Neun, die man haben muß“ (nine must-haves) (1) und „Harmonisches Modellkloster“ (2) gestartet. Mönche und Nonnen, die sich nicht an die von den Arbeitsteams geforderten restriktiven Regeln halten, werden festgenommen. Die heftige religiöse Repression veranlaßte viele Mönche und Nonnen, in nahegelegene Berge und Wälder zu fliehen, was zu der Schließung einiger Klöster in ganz Tibet führte.

Patriotische Umerziehung

Im Bezirk Driru, Präfektur Nagchu, TAR, suchten die Arbeitsteams etwa 22 Klöster heim und führten dort die patriotischen Umerziehungskurse durch. Viele Mönche und Nonnen, die den schonungslosen Schulungen nicht mehr standhalten zu können glaubten und sich traumatisiert fühlten, verließen ihre jeweiligen Klöster. Das Kloster Bekar im Bezirk Driru wurde gänzlich geschlossen. Nach der Schließung von Bekar brachten die dort ansässigen Tibeter den Körper eines Toten zum Gemeindeamt und beklagten, daß keine Mönche da wären, um die Bestattung durchzuführen und baten darum, das Kloster wieder zu öffnen und die Mönche zurückkehren zu lassen.

Im Bezirk Markham (chin. Maerkang), Präfektur Chamdo, TAR, suchten lokale Kader das Kloster Dama dreimal im Monat heim, um die Belegschaft der patriotischen Umerziehung zu unterziehen und einschlägige Bücher zu verteilen. Das Kloster Dama zählte etwa 30 Mönche, von denen aber nur acht registriert waren. Die nicht-registrierten 22 Mönche wurden hinausgeworfen. Auf die Proteste von 2008 hin hatten die dortigen Kader und die Polizeibeamten das Kloster aufgesucht und befohlen, daß das Portrait des Dalai Lama abgenommen und dafür Bilder der chinesischen Staatsführer aufgehängt würden. Nun droht auch diesem Kloster die baldige Schließung.

Im Bezirk Pema der TAP Golok in der Provinz Qinghai ist dem Kloster Akyong Jonang seit dem 18. Januar die Durchführung aller religiösen Aktivitäten, Zeremonien und Versammlungen verboten. Infolge dieser Auflagen zusammen mit der fortwährenden religiösen Umerziehung sind viele Mönche aus dem Kloster geflohen, und halten sich nun in den umliegenden Bergen verborgen. Ehe dieses behördliche Verbot erging, pflegte das Kloster Akyong im letzten Monat des tibetischen Kalenders eine großartige neuntägige religiöse Zeremonie abzuhalten, die von den Einheimischen stets freudig erwartetet wurde. Dabei wurden Cham Tänze aufgeführt und es gab andere traditionelle Darbietungen, die Menschenmengen von 5.000 und darüber anzogen. Das Verbot dieser Zeremonie bekümmerte die Ortsansässigen tief.

Fünf Mönche des Klosters Lhungting in der Gemeinde Dachu, Bezirk Ngamring, Präfektur Shigtase, TAR, sind auf ihre Weigerung hin, die chinesische Flagge auf dem Klostergelände zu hissen, festgenommen worden. Ein Trupp von Kadern war in das Kloster gekommen und hatte den Mönchen befohlen, die chinesische Flagge hochzuziehen, doch sie befolgten die Anordnung nicht und entgegneten, ihr Klostergelände sei kein Ort für politische Propaganda.

Am 14. Februar 2012 zitierte die staatliche Zeitung Tibet Daily den Direktor der Einheitsfrontabteilung des Bezirks Nyingtri, Te Feng, mit den Worten, die im Kloster Lama Ling (Bezirk Nyingtri) waltende Harmonie und Stabilität sei der ausgezeichneten Arbeit der Mitglieder der kommunistischen Partei in dem kürzlich eingerichteten Management-Komitee zu verdanken. Weiter hieß es, für das neue Management-Komitee habe die Durchführung von Kampagnen wie den „Neun, die man haben muß“ Priorität. Und am 15. Februar berichtete Global Times, seit November 2011 habe die Regierung in 1.787 Klöstern diese Management-Komitees eingerichtet.

Am 30. Oktober 2011 hielt die Kommunistische Partei der TAR ein Meeting ab, auf dem beschlossen wurde, ein „Modellkloster“ auszuwählen und „weit fortgeschrittene und patriotische Mönche und Nonnen“ ausfindig zu machen. Tibet Daily zufolge seien das jeweilige Amt für religiöse Angelegenheiten und die Einheitsfrontabteilung für die Durchführung dieser Aufgaben zuständig, wobei das Ziel der neuen Politik sei, „den Mönchen und Nonnen die Liebe zum Mutterland und Patriotismus einzuprägen und die Kräfte des Separatismus unwirksam zu machen“. Mönchen und Nonnen wird gesagt, daß sie sich nicht an „separatistischen Aktivitäten und Sabotageakten“ beteiligen dürften, sie müßten sich vielmehr den „spalterischen Aktivitäten der Dalai Clique widersetzen, damit Frieden, Stabilität und die Einheit des Mutterlandes garantiert werden können“.

Die Klöster und andere religiöse Einrichtungen in Tibet sind Zielscheibe intensiver patriotischer Umerziehungskampagnen geworden, bei denen die Mönche und Nonnen den Dalai Lama diffamieren müssen. Auch die Abhaltung religiöser Feste wird rigoros eingeschränkt. Chinesische Polizei und paramilitärische Kräfte sind auf den Klostergeländen stationiert. Sie schikanieren Mönche und Nonnen, und nehmen sie wegen einer vermeintlich inkorrekten politischen Haltung fest oder zwingen sie zum Verlassen des Klosters.

In Artikel der chinesischen Verfassung heißt es: "Die Bürger der VR China genießen die Glaubensfreiheit. Kein Staatsorgan, keine gesellschaftliche Organisation und keine Einzelperson darf Bürger dazu zwingen, sich zu einer Religion zu bekennen oder nicht zu bekennen, noch dürfen sie jene Bürger benachteiligen, die sich zu einer Religion bekennen oder nicht bekennen. Der Staat schützt normale religiöse Tätigkeiten. Niemand darf eine Religion dazu benutzen, Aktivitäten durchzuführen, welche die öffentliche Ordnung stören, die körperliche Gesundheit von Bürgern schädigen oder das Erziehungssystem des Staates beeinträchtigen. Die religiösen Gemeinschaften und Angelegenheiten dürfen von keiner ausländischen Kraft beherrscht werden."

Im Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen heißt es: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfaßt die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden“.

Das derzeitige repressive Klima führte jedoch zu einer Verletzung dieser Bestimmungen, denn Mönche und Nonnen werden festgenommen und ausgewiesen. Hoch angesehene religiöse Persönlichkeiten werden ganz besonders drangsaliert und immer mehr Klöster gänzlich geschlossen.

(1) Es sind diese laut http://shanghaiist.com

1. new roads, 2. running water, 3. electricity, 4. TV, 5. radio, 6. libraries, 7. newspapers, 8. increasing the visibility of Chinese leaders’ portraits, 9. and national flags.

(2) 2. November 2011, "China kreiert ein „gesetzestreues“ Musterkloster in der TAR"