21. März 2012
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Abt in Dzatoe verschwunden, seine Schwester, die Auskunft über ihn forderte, gestorben

Khenpo Gyewala, ein hochverehrter Gelehrter und Abt des Klosters Gyegyal Dzogchen ist, ebenso wie 11 weitere Tibeter in Zatoe in der TAP Yushul (chi. Yushu), Provinz Qinghai, heimlich festgenommen worden.

Dortigen Quellen zufolge wird Khenpo Gyewala seit dem Abend des 8. März vermißt. Vermutlich wurde er während eines nächtlichen Polizeiüberfalls auf das Kloster verhaftet.

Khenpo Gyewala ist der Gründer der Monsel Schule, in der im Winter, wenn die staatlichen Schulen in der Gegend geschlossen sind, 800 Kinder in tibetischer Sprache, Buddhismus und traditioneller Kultur unterrichtet wurden. Khenpo Gyewala unterrichtete selbst die zumeist aus Nomaden-Familien kommenden Kinder. Er gründete diese Winterschule, um sicherstellen, daß sie lesen und schreiben lernen, seine Bemühungen galten besonders  den in der Stadt seßhaft gemachten Nomaden.

Khenpo Gyewala

Khenpo Gyewala geriet mit den Lokalbehörden in Konflikt, als diese die Durchführung eines dort berühmten religiösen Festes, des Dechen Shingdrup, verboten. Am 9. Februar 2012, dem Tag, an dem eigentlich das Fest stattfinden sollte, veranstalteten um die eintausend Schüler von Monsel und dort ansässige Tibeter einen Protestmarsch von der Stadt Zatoe zu dem Public Security Bureau (PSB), das sich auf der anderen Seite des Tals befindet. Sie protestierten gegen das plötzlich verhängte Verbot. Ob es zu dieser Zeit bereits Festnahmen gab, ist nicht klar. Bisher hatten die Lokalbehörden stets die Erlaubnis zur Abhaltung des Dechen Shingdrup Festes erteilt.

Am 10. Februar setzten örtliche Sicherheitsbeamte Khenpo Gyewala und einige Lehrer im Polizeirevier fest. Später am Abend zogen um 800 Schüler zum PSB-Gebäude und forderten ihre Freilassung. Um eine Eskalation der Schülerproteste zu vermeiden, hätte die Polizei den Khenpo und die Lehrer wieder freigelassen. Danach durfte er sich jedoch nicht mehr frei bewegen, und ohne behördliche Genehmigung nirgendwo mehr hingehen. Den Schülern und Lehrern wurden ähnliche Restriktionen auferlegt.

Einige Wochen später, am 8. März, ist Khenpo Gyewala dann ganz „verschwunden“. Vermutlich wird er nicht in Zatoe festgehalten, sondern wurde an einen anderen Ort verbracht.

Am 15. März 2012 starb Khenpo Gyewalas Schwester in einem Krankenhaus, nachdem sie im Public Security Bureau ohnmächtig geworden war. Sie war mehrere Male, auch in Begleitung von Verwandten, bei der Polizei vorstellig geworden und hatte nach ihrem Bruder gefragt. Als die PSB-Beamten ihr jegliche Auskunft verweigerten, erlitt sie offenbar einen emotionalen Schock, sie verlor das Bewußtsein und stürzte in der Polizeistation zu Boden.

Auch 13 Mitarbeiter von Khenpo Gyewala werden vermißt, sie wurden in den letzten Wochen einzeln festgenommen. Unter ihnen befinden sich Apho, 47, ein Mönch des Klosters Lhabug, Tsering Dhondup, 32, ein früherer Angestellter der Bezirksverwaltung, und Rhagpa, ein Lehrer an der Monsel-Schule. Die Identität der übrigen konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

Khenpo Gyewala, 44 Jahre alt, wurde 1970 in Dzatoe geboren, schon früh trat er in das Kloster Gyegyel Dzogchen ein. Später wurde er Lehrer an der Dialektik-Schule des Klosters. Er ist als buddhistischer Gelehrter bekannt, viele Jahre lang studierte er an dem Buddhistischen Institut Larung Gar in Serthar (chin. Seda), TAP Kardze, Provinz Sichuan.