28. August 2009
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India,
phone/fax: +91 1892 223363 / 225874 / 229225, e-mail: office@tchrd.org, www.tchrd.org

Seite drucken

Videotext auf Tibetisch

 

Video-Appell eines Tibeters in Tibet an die Internationale Gemeinschaft

Kürzlich gelangte eine Videobotschaft * aus Tibet in die freie Welt, in der die internationale Gemeinschaft aufgerufen wird, unverzüglich zugunsten des vom Untergang bedrohten tibetischen Volkes aktiv zu werden.

Kalsang Tsultrim, der sich schriftstellerisch betätigt und auch unter dem Pseudonym Gyitsang Takmig bekannt ist, ist ein Mönch des Klosters Gyitsang Gaden Choekhorling im Bezirk Sangchu (chin. Xiahe), TAP Kanlho (chin. Gannan), Provinz Gansu. Sangchu oder Labrang war letztes Jahr einer der Brennpunkte der landesweiten Protestaktionen.

Kalsang Tsultrim

Nur unter großer Gefahr konnte Kalsang Tsultrim diese Videobotschaft aufnehmen und unter die Leute bringen. In seinem Appell an die Außenwelt gibt er einen Abriß der tibetischen Geschichte seit der Flucht des Dalai Lama ins Exil, er spricht von der Mißachtung der grundlegenden Menschenrechte in Tibet, dem extremen Leiden des tibetischen Volkes, dem Kampf, den Hoffnungen und Sehnsüchten der Tibeter in Tibet. Das einstündige Video wurde am 18. Juli 2009 aufgenommen und später durch passende Video-Aufnahmen für die endgültige DVD-Version ergänzt, die in vielen tibetischen Gegenden in Gansu, Qinghai und Sichuan weite Verbreitung erfuhr. Kalsang hat schon zahlreiche Aufsätze geschrieben, Gedichte verfaßt und sogar ein Buch veröffentlicht.

Aus der Quelle, die das Video ins Ausland brachte, verlautet, daß „Kalsang Tsultrim seine Botschaft so weit wie möglich in Tibet zu verbreiten sucht – trotz der immensen Gefahr, die er dabei auf sich nimmt –, um das allgemein unwissende tibetische Publikum, das tagtäglich nur mit der staatlichen Propaganda gefüttert wird, über die wahre Geschichte Tibets und den Freiheitskampf, die Menschenrechtslage und den vom Dalai Lama eingeschlagenen Mittleren Weg mit seiner Forderung nach echter Autonomie zu informieren.

Er redet immer wieder von der großen Sehnsucht des tibetischen Volkes nach der Rückkehr des Dalai Lama an den ihm zustehenden Platz, die Mißachtung der Menschenrechte und besonders der Religionsfreiheit in Tibet, die zur Flucht vieler religiöser Würdenträger wie dem Karmapa, Arja Rinpoche und anderen führten. Diese hohen Lamas hätten doch, statt ins Exil zu gehen, leicht ein Leben in Luxus und voller Privilegien unter der chinesischen Regierung führen können.“

Kalsang Tsultrim kommt in seiner Videobotschaft auch auf viele Ereignisse der jüngsten Zeit sowie die verfehlte chinesische Politik zu sprechen: Etwa die Zwangsumsiedlung einer großen Anzahl tibetischer Nomaden im Namen der Entwicklung, wodurch diese ihre nomadischen Lebensweise aufgeben mußten, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Tibets, die Zerstörung der empfindlichen Umwelt, die wirtschaftliche Marginalisierung und den gesellschaftlichen Ausschluß der Tibeter, und natürlich immer wieder den Mangel an Freiheit. Er erwähnt auch die Ereignisse der letzten Zeit wie z. B. die landwirtschaftliche Boykottbewegung in Tibet, den Selbstverbrennungsversuch von Lobsang Tashi, alias Tapey, vom Kloster Kirti, den Selbstmord eines Mönchs des Klosters Ragya, die willkürlichen Festnahmen und die Festhaltung von Tausenden von Tibetern auf die Demonstrationen vom März 2008 hin.

Die Videobotschaft richtet sich an die Vereinten Nationen und die Internationale Gemeinschaft, die eine moralische Verpflichtung haben, ihre Stimme zugunsten des tibetischen Volkes in Tibet zu erheben, das sein tägliches Leben in ständiger Furcht und unter schweren Repressionen fristen muß.

Kalsang hat auch etwas zu dem chinesischen Gesetz über nationale regionale Autonomie zu sagen: „Die Bestimmungen der nationalen regionalen Autonomie, die auf der Grundlage der chinesischen Verfassung formuliert wurden, garantieren die grundlegenden Rechte der Minderheiten, darunter auch die der Tibeter. Aber die Wirklichkeit sieht völlig anders aus, denn unsere Grundrechte werden überhaupt nicht beachtet. Tibet wird nicht anderes verwaltet als irgendeine andere Region der Volksrepublik China, und es wird nichts getan, um die harmonische Gesellschaft herbeizuführen, die die Regierung uns versprochen hat“.

„Wir haben keine Religionsfreiheit und keine politischen Freiheiten, weil die meisten der religiösen und politischen Websites nur voller Propaganda sind, die die wahre Situation entstellen. Wir hassen die Chinesen nicht, aber wir stehen für Wahrheit und Gerechtigkeit ein. Wir protestieren gegen die chinesische Herrschaft, weil die Behörden vor Ort nicht gemäß der Verfassung Chinas und den Autonomiegesetzen handeln. Der Premierminister der Volksrepublik China sagte, China halte Wahrheit und Gerechtigkeit hoch. Aber die Tibeter haben nicht dieselben religiösen, politischen und wirtschaftlichen Rechte wie andere. Daher opferten [während des vergangenen Jahres] viele Tibeter ihr Leben, um gegen die chinesische Herrschaft zu protestieren. Auch ich setze heute mein Leben aufs Spiel, weil wir die gleichen Menschenrechte und Freiheiten wie alle anderen genießen wollen. Wir werden unseren Kampf um Freiheit und Wahrheit niemals aufgeben, solange die Chinesen ihre Politik nicht ändern und das tun, was in ihrer Verfassung steht“, sagte Kalsang abschließend.

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie  (TCHRD) betrachtet die Videobotschaft, in der Kalsang Tsultrim seine Ansichten unter Einsatz seines Lebens vermittelt, als eine Ausübung des Grundrechtes der freien Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, die auch in der chinesischen Verfassung und internationalen Vertragswerken verankert sind, denen China beigetreten ist. Das Zentrum glaubt, daß die Botschaft von Kalsang die allgemeine Haltung und Ansicht der Menschen in Tibet exakt wiedergibt. Die Worte, die Kalsang in die Welt sandte, damit jedermann sie vernehme, sind ein Zeichen der anhaltenden Repressionspolitik Chinas in Tibet, und sie legen ein beredtes Zeugnis von den weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen ab. Sein Entschluß, diese denkwürdige Botschaft aufzuzeichnen, beweist, von welch tiefreichender Hilflosigkeit das tibetische Volk ergriffen ist, sie zeigt auch, daß seine Fähigkeit, Ungemach zu ertragen, am Rande des menschlich Möglichen angelangt ist.

Wie aus Dharamsala verlautet, weiß niemand, wo Kalsang Tsultrim sich derzeit befindet, alle machen sich große Sorge um ihn (http://www.paldengyal.com, auf dieser Seite gibt es eine tibetische Transkription seiner Aussage).

* Diese bewegende Botschaft in englischer Übersetzung kann man lesen unter:
http://www.savetibet.org/media-center/ict-news-reports/tibetan-monk-makes-video-appeal-return-dalai-lama-and-end-repression-tibet, Kurzlink: http://www.flexform.de/tzvxrshg

Ein Teil des Videos wurde von Voice of America ausgestrahlt und kann online angeschaut werden unter http://www.voanews.com/tibetan/2009-08-28-voa10.cfm