31. Januar 2009

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

Auf einem Auge erblindeter Tibeter aus Ngaba zu vier Jahren Gefängnis verurteilt

Wie das TCHRD aus zuverlässiger Quelle erfuhr, verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof der TAP Ngaba in der Provinz Sichuan einen Tibeter zu vier Jahren Gefängnis, weil er letztes Jahr an der Spitze einer Demonstration im Bezirk Ngaba gegangen war.

Choephel Urjamtsang

Der 33jährige Choephel aus der Familie Urjamtsang, Einheit No. 2, Gemeinde Meruma, Bezirk Ngaba, TAP Ngaba, Provinz Sichuan, der bei den Protesten vom 15., 16. und 17. März eine maßgebliche Rolle spielte, wurde am 4. November 2008 vom Mittleren Volksgericht von Ngaba zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Das ursprüngliche auf zehn Jahre lautende Urteile sei wegen seines untadeligen Lebenswandels später auf vier Jahre reduziert worden, heißt es aus der Quelle. Das Gericht sprach Choephel der Leitung von Protestaktionen für schuldig, die unter anderem zur Plünderung und Verwüstung des Public Security Bureau des Bezirks und der Verbrennung der chinesischen Fahne im Verlauf einer Reihe von Demonstrationen geführt hätten, zu denen es im vergangenen Frühjahr im Bezirk Ngaba gekommen war.

Um die Quelle zu zitieren: „Auf einen Massenprotest Hunderter von Tibetern in der Gemeinde Meruma im Bezirk Ngaba am 17. März hin stürmten plötzlich Mitarbeiter der Bezirkspolizei des PSB in Choephels Wohnung und nahmen ihn fest. Er wurde mit Gewehrkolben schwarz und blaugeschlagen, wodurch durch er schwere Verletzungen am linken Auge, an Kopf und Gliedmaßen erlitt. Es gelang ihm dennoch sich zu entfernen und sich auf einem Hügel in der Nähe seiner Wohneinheit einige Tage zu verstecken. Danach kehrte er nach Hause zurück. Am 4. April nahmen ihn die PSB-Kräfte jedoch in einem Überraschungsangriff zu Hause fest. Vier Monate lang konnten seine Angehörigen trotz verzweifelter Suche und wiederholter Anrufe bei den dortigen Behörden nichts über seinen Verbleib herausfinden. Erst Ende August erfuhren sie, daß er in dem PSB-Haftzentrum des Bezirks Barkham festgehalten wurde. Sie schickten ihm sogleich Kleidung, Nahrungsmittel und eine schriftliche Notiz, wissen aber nicht, ob ihn diese Gegenstände jemals erreichten. Sogar der Vater Urjam wurde nach Choephels Festnahme in der Polizeistation der Gemeinde Meruma einem strikten Verhör unterzogen.

Am Abend des 3. November 2008 wurde seiner Familie vom PSB-Bezirksbüro in Ngaba per Telefon mitgeteilt, daß die Gerichtsverhandlung am folgenden Tag stattfinden würde. Die Angehörigen, Verwandten und Freunde gingen daher sogleich zum Mittleren Volksgericht von Ngaba, aber nur zwei Personen wurden in den Gerichtssaal gelassen. Der erste Richter verlas das Urteil Choephels, der wegen Leitung der Protestaktionen, Plünderung und Verwüstung des Bezirksbüros des PSB und der Verbrennung der chinesischen Fahne angeklagt war. Das anfängliche Urteil lautete auf zehn Jahre, doch es wurde später in Anbetracht der bisherigen untadeligen Lebensführung Choephels auf vier Jahre reduziert.

Schließlich konnten die Angehörigen Choephel am 19. Januar 2009 besuchen, nachdem sie sich der genauen Lage des Gefängnisses vergewissert und eine Erlaubnis bei der dortigen Polizeistation eingeholt hatten. Sie durften aber nur durch eine Glasscheibe und auf Chinesisch mit ihm sprechen. Es war ihnen nicht erlaubt, ihm Kleider und Nahrungsmittel zu überreichen, nur etwas Bargeld. Nun stellte sich heraus, daß Choephel durch die entsetzlichen Mißhandlungen, die ihm die Sicherheitskräfte bei ihrem Überfall auf seine Wohnung am 17. März zugefügt hatten, das Augenlicht auf seinem linken Auge verloren hat“. Choephel wurde in ein weit entferntes Gefängnis in Menyang, etwa 200 km von der Provinzhauptstadt Chengdu, verbracht.

Unser Zentrum hat schon zahlreiche Fälle dokumentiert, wo über Tibeter wegen Beteiligung an den Protestaktionen vom Frühjahr 2008 drastische Strafen verhängt wurden. Oftmals erfährt man von den Verurteilungen und dem Inhaftierungsort der Opfer erst Monate nach ihrer Festnahme und ihrem Verschwinden.

Das TCHRD verurteilt die strafrechtliche Verfolgung Choephels auf das Schärfste, weil er durch die Wahrnehmung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung die chinesische Verfassung in keinerlei Weise verletzt hat. Das Zentrum ist ebenso tief betroffen über den Einsatz brutaler Gewalt durch die Behörden, wodurch Choephel die Sehkraft auf seinem linken Auge verlor, und daß er so lange ohne Verbindung zur Außenwelt gehalten wurde. Es stellt die Transparenz des Gerichtsverfahrens in Frage, weil dieses unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand und dem Angeklagten kein Verteidiger seiner Wahl beigeordnet wurde.