25. April 2008
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India, Phone/Fax: +91 1892 23363 / 25874, e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org


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Pressemitteilung

Heute wird der Panchen Lama 19 Jahre alt - Geburtstagsfeier unter Hausarrest

Heute ist der 19. Geburtstag von Gendun Choekyi Nyima, dem XI. Panchen Lama Tibets. Seit nunmehr 13 Jahren sind er und seine Eltern verschwunden. Seit damals gibt es keine Informationen über sein Befinden oder seinen Aufenthaltsort.

Über die Jahre hinweg haben viele Regierungen und unabhängige Organisationen die chinesische Regierung wiederholt aufgefordert, sie über seinen Aufenthaltsort und sein Wohlergehen in Kenntnis zu setzen, aber leider ist das nie geschehen.

Es wurden vielerlei Ausreden für die Verweigerung des Zugangs zum Panchen Lama und seiner Familie vorgebracht. 2006 weigerte die chinesische Regierung sich, ein Treffen zwischen ihm und der Nachrichtenagentur Reuters zu arrangieren mit der Begründung, sie handele ausschließlich aus Respekt vor der Familie, die nicht von Fremden „gestört“ werden wolle.

Im September 2005 informierten die chinesischen Behörden die UN-Sonderberichterstatterin für Religionsfreiheit, Gendun Choekyi Nyima sei bei guter Gesundheit, er führe ein normales, glückliches Leben wie jedes andere Kind und genösse eine kulturell hochwertige Schulbildung. Ein Jahr später ließ China verlauten, Gendun Choekyi Nyima sei nicht der Panchen Lama, sondern nur ein ganz normales tibetisches Kind.

Während ihrer offiziellen Chinareise vom 29. August bis 2. September 2005 brachte Louise Arbour, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, den Fall des Panchen Lama zur Sprache. Ebenso fragte Asma Jahangir, die UN-Sonderberichterstatterin für Religionsfreiheit, am 9. Januar 2005 die chinesische Regierung nach Gendun Choekyi Nyima.

Der Panchen Lama ist kein Kind mehr, das den durch die chinesische Verfassung garantierten Schutz des Staates benötigte. Als erwachsener Bürger hat er ein Recht auf seine Freiheit, auf die eigene Entscheidung über sein Schicksal und auf Bewegungsfreiheit - er steht nicht mehr unter Vormundschaft, weder seitens des Staates noch seiner Eltern.

In der chinesischen Verfassung ist festgelegt, daß eine Person mit 18 Jahren Anspruch auf die Ausübung ihrer Grundrechte wie Religionsfreiheit, sowie das Recht auf Bildung und Arbeit hat. Daher stellt die Entführung des Panchen Lama 2005, ebenso wie seine fortgesetzte Festhaltung, eine eklatante Verletzung der in Artikel 34 der chinesischen Verfassung garantierten Grundrechte dar.

Alle Bürger der VR China haben mit Erreichen ihres 18. Lebensjahrs das Recht zu wählen oder selbst gewählt zu werden - ungeachtet ihrer Nationalität und Rasse, ihres Geschlechts, Berufs, familiären Hintergrunds und Glaubens, ihrer Bildung, ihres Einkommens oder Aufenthaltsortes, ausgenommen Personen, denen die politischen Rechte durch ein rechtmäßiges Verfahren aberkannt wurden.

In Anbetracht der jedem Bürger garantierten bürgerlichen und politischen Rechte steht auch Gendun Choekyi Nyima das Recht auf seine Freiheit zu. Er darf nicht auf Grund politischer Machenschaften in einem wie auch immer gearteten Gewahrsam gehalten werden. Falls er unter dem Schutz und der Vormundschaft des Staates verbleiben will, so muß China dies der Weltöffentlichkeit mit einwandfreien Beweisen belegen. Falls dem nicht so ist, stuft das TCHRD das Verschwinden des Panchen Lama als einen Fall von willkürlicher Internierung und Haft ein, was eine absolute Verweigerung seiner grundlegenden Menschenrechte bedeutet.

Die Gefangenhaltung des Panchen Lama widerspricht der chinesischen Verfassung und den darin festgeschriebenen Grundrechten und Freiheiten. In Artikel 37 heißt es: "Die persönliche Freiheit der Bürger der VR China ist unverletzlich. Kein Bürger darf ohne Genehmigung der Volksprokuratur oder eine entsprechende Entscheidung eines Volksgerichtshofs verhaftet werden. Festnahmen dürfen nur von den Organen der öffentlichen Sicherheit vorgenommen werden. Unrechtmäßiger Entzug oder Einschränkung der bürgerlichen Freiheit einer Person durch Verhaftung oder andere Mittel ist untersagt; unrechtmäßige Fahndung nach Bürgern ist ebenfalls verboten."

Gemäß der chinesischen Verfassung ist Gendun Choekyi Nyima kein Minderjähriger mehr und bedarf daher keiner familiären oder staatlichen Fürsorge. Als Erwachsener genießt er das Recht auf Bewegungsfreiheit. Da er keiner Bedrohung unterliegt, sollte China die internationale Gemeinschaft, die Medien und international bekannte Persönlichkeiten, die sich für ihn eingesetzt haben, über seinen Aufenthaltsort und sein Befinden informieren und ihnen Zugang zu ihm ermöglichen.

Hintergrundinformationen

  • Am 14. Mai 1995 erklärte der Dalai Lama den damals sechs Jahre alten Gendun Choekyi Nyima zur Wiedergeburt des X. Panchen Lama
  • Drei Tage später verschwanden Gendun Choekyi Nyima und seine Eltern und wurden seither nie wieder gesehen.
  • Am 24. Mai 1995 gab die Regierung der VR China eine Erklärung heraus, in der sie die Proklamation des Dalai Lama als illegal und ungültig bezeichnete.
  • Im Anschluß daran setzte China ein anderes Kind als Reinkarnation ein – ein beispielloser und bizarrer Vorgang in einem atheistischen Staat.
  • Chadrel Rinpoche, ein ehemaliger Abt des Klosters Tashi Lhunpo, dem traditionellen Sitz des Panchen Lama, und Vorsitzender der Suchkommission nach der Reinkarnation des X. Panchen Lama, sowie sein Assistent Champa Chungla verschwanden am 14. Mai 1995 spurlos vom Flughafen Chengdu in der Provinz Sichuan.
  • Am 21. April 1997 verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof von Shigatse Chadrel Rinpoche wegen "Verschwörung zur Spaltung des Landes" und "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" zu sechs Jahren Haft.
  • Er wurde der Zuarbeit für den Dalai Lama sowie dessen Unterstützung bei der Suche nach dem XI. Panchen Lama beschuldigt. Obwohl er seine Strafe am 13. Mai 2001 vollständig verbüßt hatte, gibt es keine zuverlässigen Informationen über seinen Aufenthaltsort noch seinen Gesundheitszustand.

Das TCHRD ist sehr besorgt darüber, daß der Panchen Lama und seine Eltern immer noch verschwunden sind und wahrscheinlich gefangen gehalten werden. Es fordert ihre bedingungslose Freilassung. Das TCHRD fordert weiterhin die internationalen Organisationen dazu auf, Druck auf die Behörden in Peking auszuüben, damit sie Beweise für das Wohlbefinden der Familie und Informationen über ihren Aufenthaltsort vorlegen sowie allen relevanten UN-Gremien eine Zusammenkunft mit dem Panchen Lama ermöglichen. Ferner sollte die VR China die Achtung der religiösen Freiheit der Tibeter gewährleisten, zu der auch das Recht gehört, daß sie ihre religiösen Würdenträger selbst erwählen.