28. September 2007
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung
Kontaktperson für Auskünfte (engl.): Mr. Tashi Choephel, Tel. (Indien) +91-1892-223363/225874/229225

Weiterer tibetischer Mönch in Lithang verhaftet

Ein tibetischer Mönch des Klosters Lithang wurde im Zuge der massiven Kampagne zur „patriotischen Erziehung, die die chinesischen Behörden in der ersten Septemberwoche in der Gegend von Lithang starteten, festgenommen, wie das TCHRD aus zuverlässiger Quelle erfuhr.

Einer bestätigten Information zufolge wurde Lobsang Phuntsok, ein Mönch des Klosters Lithang, am 15. September 2007 verhaftet, nachdem das Büro für Öffentliche Sicherheit (PSB) des Distrikts Lithang überraschend eine Razzia in seiner Klosterunterkunft vorgenommen hatte. Der heute 30jährige Lobsang Phuntsok, Sohn von Wangchuk Gonpo und Ashe Doenkyi, stammt aus der Ortschaft Dekyi, die zum Umfeld des Klosters Lithang, Distrikt Lithang, „Tibetisch-Autonome Präfektur“ Kardze, gehört. Es ist nicht klar, aufgrund welcher Beschuldigung Lobsang festgenommen wurde, aber Quellen zufolge haben die Polizeibeamten des Distrikts Bilder des Dalai Lama, des Panchen Lama und des Karmapa, die Lobsang zu religiösen Zwecken auf seinem Zimmeralter aufgestellt hatte, entfernt und beschlagnahmt. Aus einer anderen Quelle verlautet, Lobsang Phuntsok sei vom PSB des Distrikts festgenommen worden, weil man ihn verdächtigte, in engem Kontakt zu dem tibetischen Künstler Kunkhen zu stehen, der einige Tage zuvor, am 22. August, aus unbekannten Gründen willkürlich festgenommen wurde.

Lobsang Phuntsok wurde in jungen Jahren als Mönch im Kloster Lithang ordiniert und hat im Kloster verschiedene Funktionen ausgeübt. Er besitzt fundiertes Wissen in buddhistischer Philosophie und tat sich besonders in der Kunst des Mönchstanzes (tib. Cham) hervor, weshalb er später zum Leiter der Cham-Truppe des Klosters Lithang ernannt wurde. Aufgrund seiner ausgezeichneten Körperbeherrschung, wie sie der Operntanz verlangt, trat er für das Kloster Lithang auf und erhielt großen Zuspruch und Anerkennung von der Bevölkerung. Seine Kollegen schätzen ihn als bescheidenen, ehrlichen und höflichen Menschen, der wenig Worte macht.

Nach dem kürzlich von Rongye Adrak in Lithang angeführten öffentlichen Protest und der anschließenden Festnahme seiner Unterstützer haben die chinesischen Behörden der Bevölkerung schwere Restriktionen auferlegt und die Sicherheitsmaßnahmen in Lithang und den umliegenden Kreisen verschärft. Den Gemeinde- und Klostervorstehern in und um Lithang wurde in der ersten Septemberwoche befohlen, mit der Patriotischen Erziehungskampagne, die sich über einen Zeitraum von drei Monaten erstrecken soll, in ihren jeweiligen Institutionen zu beginnen.

In den Klöstern in Lithang und den umliegenden Gebieten werden Mönche und Nonnen regelmäßig einer besonders intensiven „patriotischen Erziehung“ unterzogen. Glaubwürdigen Berichten zufolge, die unlängst aus Tibet zu uns drangen, führen „Arbeitsgruppen“ mit den Mönchen und Nonnen ein obligatorisches politisches Trainingsprogramm durch, bei dem sie u.a. aufgefordert werden, Aufsätze zu schreiben, in denen sie den Dalai Lama verunglimpfen müssen. Die Kampagne stellt fünf Forderungen an sie: darunter die Akzeptanz Tibets als einen unveräußerlichen Teil Chinas, die Kultivierung der Liebe zum Mutterland unter dem Motto „Liebe dein Land, liebe deine Religion“, die Anerkennung des von China ernannten Panchen Lama und die Denunzierung des Dalai Lama als „Verräter und Spalter“. Die Regierung überwacht genau den täglichen Ablauf der Geschäfte in den Klöstern. Obwohl sie keinen Beitrag zu deren Betriebskosten leistet, kontrolliert sie ihre Verwaltung durch die Demokratischen Verwaltungsräte (DMC) und die lokalen Ämter für religiöse Angelegenheiten.

Unter dem Zeichen der „patriotischen Erziehung“ müssen sich alle Mönche und Nonnen beim DMC registrieren lassen, und diejenigen, die keine Registrierungskarte oder Aufenthaltsgenehmigung haben, werden des Klosters verwiesen. Außerdem wurde eine „Obergrenze“ für die Anzahl der Mönche und Nonnen, die in den Klöstern wohnen und studieren dürfen, festgesetzt. Diejenigen, die nicht registriert sind, sowie diejenigen, die sich der patriotischen Erziehung widersetzen, müssen das Kloster verlassen oder untertauchen, wenn die „Arbeitsgruppen“ im Anmarsch sind.

Die chinesischen Behörden haben das Zurschaustellen von Bildern des Dalai nicht nur in den Klosterhallen, sondern auch in den Wohnräumen der Mönche verboten. Bei der Kampagne werden Novizen unter 18 Jahren des Klosters verwiesen und nach Hause geschickt. Vor kurzem wurde berichtet, daß sogar eine dem Kloster Lithang unterstehende Schule geschlossen wurde und die Kinder zu ihren Eltern zurückgeschickt wurden.

Anfangs des Monats drangen 30 bewaffnete Milizen (PAP) ohne Vorwarnung bei Nacht in die Unterkunft eines Mönches ein und schlugen und mißhandelten ihn. Bei dieser Aktion durchsuchten sie auch weitere Wohnräume von Mönchen, die in keiner Weise politisch aktiv waren.

Das TCHRD ist tief besorgt über die willkürliche Verhaftung von Lobsang Phuntsok und ruft die Volksrepublik China auf, ihn und Kunkhen unverzüglich freizulassen. Es appelliert auch an die VR China, die Kampagne zur „patriotischen Erziehung“ in allen religiösen Institutionen in ganz Tibet sofort einzustellen und keine Tibeter mehr willkürlich festzunehmen. Das Zentrum bittet die internationalen Bürgerrechtsgruppen und die zuständigen UN-Gremien für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte dringend um Vermittlung und Unterstützung, um die baldige Freilassung der Inhaftierten zu erwirken.

Die VR China sollte dafür sorgen, daß die Menschenrechte und die Grundfreiheiten unter allen Umständen respektiert werden, so wie es die internationalen Menschenrechtsnormen und die von ihr ratifizierten internationalen Abkommen und Verträge fordern. Das Zentrum betrachtet die Festnahme von Lobsang Phuntsok als einen Fall willkürlicher Verhaftung. Die VR China sollte umgehend in Erfahrung bringen, wo Lobsang und Kunkhen festgehalten werden, ihren Aufenthaltsort bekanntgeben und für ihre unverzügliche Freilassung sorgen, denn ihre Verhaftung erfolgte willkürlich, da sie für die Wahrnehmung ihrer Menschenrechte bestraft wurden und sich keines Verbrechens schuldig gemacht haben.