16. Oktober 2007
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

Verleihung der Medaille des US-Kongresses an den Dalai Lama: Verschärfung der Kontrollen in Tibet

Nach glaubhaften und bestätigten Informationen aus Tibet haben die Behörden in Reaktion auf die Verleihung der goldenen Medaille des US-Kongresses an den Dalai Lama am 17. Oktober die Kontrollen bereits im voraus verschärft.

So erließen die Behörden der Stadt Lhasa am 15. Oktober eine Anordnung, wonach Schüler und Tibeter im öffentlichen Dienst in der betreffenden Woche nicht um Befreiung vom Unterricht oder um Urlaub einkommen dürfen, um an dem herkömmlichen Sangsol Ritual (Verbrennung von Räucherwerk und In-die-Luft-Werfen von Tsampa, was Erfolg und Glück bringen soll) teilzunehmen – anderenfalls drohe ihnen der Verweis von der Schule, eine Gehaltskürzung oder der Verlust ihres Arbeitsplatzes.

Auf derselben Linie wurde am 14. Oktober 2007 vielen älteren und im Ruhestand befindlichen Tibetern, die sich vor dem berühmten Ramoche Tempel in Lhasa zu versammeln pflegen, um dort ihr „Om Mani“ zu beten, befohlen, sofort den Platz zu räumen und bis auf weiteres dort nicht mehr zu erscheinen.

Vom Büro der Stadtverwaltung Lhasas erging an alle Leiter der „Nachbarschaftskomitees“ eine offizielle Anordnung, der zufolge sie die Bewohner ihres Wohnviertels zu informieren haben, daß diesen verboten wird, an irgendwelchen religiösen Aktivitäten wie dem Sangsol-Ritual, gemeinsamen Gebeten im Kloster oder irgend welchen Festlichkeiten während der Woche, in der am 17. Oktober in Washington dem Dalai Lama die Goldmedaille verliehen wird, teilzunehmen. Die Kontrolle über die Klöster in der Umgebung von Lhasa nahm Ausmaße an wie nie zuvor.

Aus anderen Quellen geht hervor, daß das „Public Security Bureau“ von Lhasa viele ehemalige politische Gefangene, die in und um Lhasa wohnen, in die örtlichen Polizeistationen zitierte, um sie zu verhören. Es wurde ihnen befohlen, auch in den kommenden Wochen keinen religiösen Aktivitäten nachzugehen. Seit dem 25. September sei die Zahl an PAP-Milizionären und PSB-Kräften in Lhasa beträchtlich erhöht worden, um jedem unerwünschten Zwischenfall sofort begegnen zu können. Die Überwachung wurde auch in Büros und Schulen aufgestockt, ehemalige politische Gefangene und Personen, die der Regierung als verdächtig erscheinen, wurden speziellen Kontrollen unterworfen. Die Behörden treffen jede nur mögliche Vorsichtsmaßnahme, damit es in dieser Woche zu keinen Zwischenfällen kommt. All diese Maßnahmen bedeuten für die Tibeter eine Verletzung ihrer grundlegenden Menschenrechte. Die Behörden sind von der alles beherrschenden Vorstellung erfüllt, um jeden Preis die Stabilität in der Region wahren zu müssen. Damit die Tibeter während religiöser Festzeiten und anderer Ereignisse nicht aufmüpfig werden, greifen sie zu jedem nur möglichen Mittel wie erhöhter Wachsamkeit, Überwachung von verdächtigen Personen und ehemaligen politischen Gefangenen, ja sogar zu willkürlichen Festnahmen.

Tibeter mit einem Hintergrund politischer Aktivitäten stehen besonders in Gefahr, festgenommen und verhört zu werden. Sie müssen unterschreiben, daß sie niemals mehr politisch tätig werden, und ihre Angehörigen müssen garantieren, daß die Betreffenden sich fortan politischer Aktivitäten enthalten. All diese restriktiven Maßnahmen und die generelle Überwachung haben in vielen Teilen Tibets zu einer Atmosphäre allgemeiner Angst geführt, wie dem TCHRD berichtet wurde.

Angesichts des kürzlich erfolgten Protestes der Tibeter in Kardze, besonders in Lithang, haben die chinesischen Behörden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft und führen nun in allen monastischen Einrichtungen und in den Dörfern die patriotische Erziehung mit Vehemenz durch. Ein Tibeter aus Lithang, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, sagte dem TCHRD: „Seit einer Woche suchen zwei oder drei Regierungskader der Reihe nach jedes Dorf auf und erklären den Leuten, daß sie sich 20 Tage lang nicht versammeln, in Grüppchen zusammenstehen oder gemeinsame Gebete abhalten dürfen. Als wir die Kader nach dem Grund dieser Anordnung fragten, bekamen wir zur Antwort, das würden sie uns später sagen“.

Angesichts dieser Verschärfung der Sicherheitsbedingungen und der Überwachungsmaßnahmen, sowie der Erfahrung, daß bereits früher bei wichtigen Anlässen, wie der Rede des Dalai Lama vor dem  US-Kongreß 1987 oder der Verleihung des Friedensnobelpreises 1989 die Zahl der Festnahmen anstieg, befürchtet das TCHRD, daß es auch diesmal zu Verhaftungen von Tibetern kommen könnte, die trotz allem das Ereignis freudig feiern.

Das TCHRD drückt seine tiefe Besorgnis über die Ausweitung der Restriktionen und die behördliche Überwachung in Tibet aus. Solche restriktiven Maßnahmen zur Wahrung der Stabilität haben oft einschneidende Verletzungen der Grundrechte des tibetischen Volkes zur Folge. Das Zentrum appelliert an die chinesische Regierung, die diesbezüglichen Anordnungen und Restriktionen zurückzunehmen und das tägliche Leben der Tibeter nicht noch mehr zu erschweren.

Mönche von Drepung mißhandelt Am 22. Oktober wurde aus Hong Kong berichtet daß Hunderte von tibetischen Mönchen, die die Verleihung der Goldmedaille an Seine Heiligkeit den Dalai Lama feierten, von der chinesischen Polizei geschlagen wurden. Einzelheiten über die Anzahl der Verletzten und Festgenommenen gibt es noch keine.

Die Mönche hatten damit begonnen, eine Gebetshalle im Drepung Kloster, die sie als zukünftige Residenz des Dalai Lama vorsehen, von außen neu zu streichen, um ihrer Freude über die Verleihung der höchsten Auszeichnung des US-Kongresses an den Dalai Lama ihren Ausdruck zu verleihen.

Sogleich waren paramilitärische Kräfte der PAP zur Stelle, welche die Mönche in ihrem Tun stoppten. Diese begaben sich zu ihren Morgengebeten, und als sie zurückkehrten, fuhren sie mit dem Anstrich fort. Diesmal kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mir der bewaffneten Volkspolizei, wie aus einer Quelle verlautet, die anonym bleiben möchte.

Dreitausend bewaffnete Volkspolizisten umstellten das Kloster und ließen keinen mehr hinausgehen. Quellen zufolge könnten Hunderte von Mönchen festgenommen und mehrere auch verletzt worden sein. Vermutlich wird in den nächsten Tagen eine Meldung des TCHRD zu den Ereignissen folgen.