29. Juni 2006

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
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Pressemitteilung

China entlässt Nyima Choedron, die ursprünglich zu 10 Jahren Haft verurteilt war

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) begrüßt die Nachricht über die Freilassung der 38jährigen Nyima Choedron aus dem Drapchi Gefängnis. Dem letzten Update der Dui Hua Foundation aus den USA zufolge wurde Nyima am 26. Februar 2006 entlassen*. Das TCHRD bemüht sich seit langem um die Freilassung von Jigme Tenzin Nyima, alias Bangri Chogtrul Rinpoche, und Nyima Choedron, die zusammen ein Waisenhaus in Lhasa führten. Zu Unrecht wurden sie “spalterischer Tätigkeiten” angeklagt und im September 2000 zu zehn Jahren bzw. legenslänglich verurteilt. Nyimas Urteil wurde mehrere Male reduziert, während Jigme ein Jahr Strafnachlaß erhielt und voraussichtlich am 30. Juli 2021 entlassen wird.

Angesichts der Entlassung von Nyima Choedron hofft das TCHRD, daß auch ihr Ehemann Jigme Tenzin Nyima bald bedingungslos freigelassen wird. Jigme verbüßt derzeit seine Strafe in dem neu in Betrieb genommenen Gefängnis Chushur im Kreis Chushur (chin. Qushui) in der Nähe von Nyethang (chin. Nidang), Bezirk Lhasa. Dort ist eine ganze Reihe von tibetischen politischen Langzeithäftlingen untergebracht. Das TCHRD bittet die internationale Gemeinschaft, ihren Druck auf die Regierung der VR China aufrechtzuerhalten, um die Freilassung aller tibetischen politischen Gefangenen zu erwirken.

Während das TCHRD sich darüber freut, daß Nyima Choedron im Hinblick auf ihr ursprüngliches Urteil vor der Zeit freigelassen wurde, vertritt es den Standpunkt, daß in erster Linie weder sie noch alle anderen tibetischen politischen Gefangenen es überhaupt verdient haben, im Gefängnis zu sitzen. Den Unterlagen des TCHRD zufolge gibt es 131 tibetische politische Gefangene, die derzeit in den über ganz Tibet verteilten von den Chinesen geführten Haftanstalten unter den Haftbedingungen leiden. Von den dem TCHRD bekannten 131 politischen Gefangenen verbüßen 52 Haftstrafen von über 10 Jahren, insgesamt sind 91 von ihnen Mönche.

Hintergrundinformationen zu Nyima Choedron, Jigme Tenzin Nyima und das Gyatso Waisenhaus: Jigme Tenzin Nyima, 40, alias Bangri Chogtrul Rinpoche, gründete 1996 ein Waisenhaus im Stadtteil Gyatso von Lhasa in der Nähe des Norbulingka, weshalb er ihm den Namen Gyatso Waisenhaus gab. Zu seinen besten Zeiten beherbergte das Waisenhaus 60 Kinder. Jigmes Frau, Nyima Choedron, und seine Verwandten unterstützten ihn bei der Arbeit. Die Waisen, die aus verschiedenen Teilen Tibets kamen, wurden in Tibetisch, Chinesisch, Englisch und Mathematik unterrichtet. Bis zu der Verhaftung von Jigme kümmerten sich Nyima und mehrere Mitarbeiter des Gyatso Waisenhauses um die Waisen und Straßenkinder im Alter von zwei Monaten bis 12 Jahren, die sonst niemanden hatten, der sich um sie gekümmert hätte.

Unter dem Verdacht, mit einem Tibeter namens Tashi Tsering, der wegen eines antichinesischen Protestes während der Nationalen Minderheitenspiele in Lhasa im August 1999 verhaftet worden war, gemeinsame Sache gemacht zu haben, wurden Jigme und Nyima am 27. August 1999 festgenommen; später auch Dechen Chonzom (Jigmes Schwester und Hausmutter der Waisen), sowie eine Reihe weiterer tibetischer Angestellter des Waisenhauses. Mindestens 23 Personen wurden im Zusammenhang mit Jigmes Fall  festgenommen, 12 davon wurden zu Gefängnisstrafen unterschiedlicher Länge verurteilt.

Am 17. Oktober 1999 wurde das Waisenhaus geschlossen, und die Behörden befahlen den Kindern an ihre jeweiligen Herkunftsorte zurückzukehren. Es stellte sich jedoch später heraus, daß die meisten von ihnen auf denselben Straßen Lhasas betteln gingen, von denen Jigme und Nyima sie aufgelesen und ihnen Unterkunft und Erziehung ermöglicht hatten.

Am 26. September 2000 verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof von Lhasa Jigme unter der Anklage der Spaltung des Landes zu lebenslänglicher Haft und Nyima zu 10 Jahren Gefängnis mit anschließender Aberkennung der politischen Rechte auf fünf Jahre. Beide kamen zur Verbüßung ihrer Strafen ins Drapchi Gefängnis. Auf Grund ihrer guten Führung im Gefängnis und auch in Anbetracht ihrer 7 Monate alten Tochter, die kurz vor ihrer Verhaftung geboren wurde, erhielt Nyima dreimal Strafnachlaß, 2002, 2004 und den letzten bei ihrer Freilassung. Wohingegen Jigme Tenzins ursprünglich lebenslängliche Haftstrafe im Juli 2003 in eine feste Strafe von 19 Jahren umgewandelt wurde, die im November 2005 wiederum um 1 Jahr verkürzt wurde. Jigme wurde später zusammen mit vielen anderen tibetischen politischen Langzeitgefangenen in das neu gebaute Chushur Gefängnis verlegt, während seine Frau Nyima weiterhin in Drapchi inhaftiert blieb. Dr Manfred Nowak, der UN Sonderberichterstatter für Folter (das TCHRD nannte in seinem Memorandum an Dr Nowak Jigme als einen Gewissensgefangenen) konnte während seines Aufenthalts in Tibet und China vom 20. November bis 2. Dezember 2005 sowohl Jigme Tenzin Nyima im Chushur Gefängnis als auch Nyima Choedron im Drapchi Gefängnis besuchen.

* Detail einer Mitteilung von TibetInfoNet in derselben Sache: Dui Hua fragte am 14. Juni beim chinesischen Außenministerium an, was der letzte Stand des Falles Nyima Choedron sei. In einer e-mail Antwort, die zwei Tage später bei der Dui Hua Foundation einging, wurde ihre Freilassung bestätigt. Dui Hua zufolge wurde auch aus einer der Familie nahestehenden Quelle bestätigt, daß Nyima Choedron freigelassen wurde und nun bei ihren Kindern ist. Sie besuchte auch Bangri Rinpoche im Gefängnis Chushur, wo er derzeit inhaftiert ist.