16. September 2010
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Protest von Studenten tibetischer Medizin in Lhasa wegen zu niedriger Stellenquoten

Das Stellenangebot für die Absolventen des Studiums traditioneller tibetischer Medizin liegt weit hinter der Zahl der Studienabgänger zurück. Wie aus Quellen aus Tibet verlautet, blieben die Bewerbungen tibetischer Studenten traditioneller Medizin um eine Arztstelle unbeantwortet, weshalb viele von ihnen nun arbeitslos sind.

Protestierende Medizinstudenten in Lhasa (Bild: Woeser)

„Am 2. September protestierten Hunderte von tibetischen Absolventen des Instituts für traditionelle tibetische Medizin vor den Regierungsgebäuden in Lhasa“, berichtete die Schriftstellerin Woeser auf ihrer Website. „Sie trugen Spruchbänder mit der Forderung nach einer Erhöhung der Quote der zur Verfügung stehenden offenen Stellen“, schrieb Woeser. Die Studenten seien nicht in Gruppen marschiert, sondern einzeln zu den Gebäuden gegangen.

Ein Tibeter, der gute Kontakte zu der Schule hat, sagte, offizielle Vertreter des Instituts hätten daraufhin mit den Studenten gesprochen. „Aber sie waren nicht bereit, für die Schulabgänger von diesem Jahr die derzeitige Quote der offenen Stellen von 60 zu erhöhen. Ihr einziges Zugeständnis war, daß die Studienabgänger eine Prüfung ablegen könnten, wie sie für die Absolventen der modernen Medizinschule vorgesehen ist“. „Das ist doch unfair, weil die tibetischen Studenten in traditioneller Medizin ausgebildet wurden und bei dieser Prüfung gewiß durchfallen würden“, fügte er hinzu.

Ein offizieller Vertreter des Instituts für tibetische traditionelle Medizin, der um Auskunft in der Sache gebeten wurde, schwieg auf die Frage, ob von den protestierenden Studenten welche festgenommen worden seien. „Das Problem ist noch nicht gelöst“, war sein ganzer Kommentar.

Die staatlichen Prüfungskommissionen verlangen eine perfekte Beherrschung des Chinesischen von den Prüflingen, was ein großes Problem für die tibetischen Studenten darstelle, heißt es weiter. „Wenn sie nur in dem Fachkönnen und den praktischen Fertigkeiten, die sie erlernt haben, geprüft werden, schneiden tibetische Studenten gut ab. Aber viele der Kandidaten fallen durch, wenn sie die staatlichen Prüfungen auf Chinesisch ablegen müssen“, sagte er weiter.

Die meisten der Studenten des Instituts für traditionelle tibetische Medizin kommen aus West- und Zentraltibet, aus den Präfekturen Nagchu, Lhoka, Shigatse und Lhasa. „Tibetische Studenten, die bei ihrem Abschluß der höheren Schule gute Ergebnisse in tibetischer Sprache erzielen, schreiben sich mit Vorliebe an dem Institut für traditionelle tibetische Medizin der TAR ein. An dieser Einrichtung gibt es kaum chinesische Studenten“.

Tibetische Studenten aus Yunnan müßten hingegen zuerst ein ganzes Jahr die tibetische Sprache erlernen, um mit ihren Kommilitonen mithalten zu können. In den meisten Präfekturen gäbe es nur zwei oder drei Ärzte für traditionelle tibetische Heilkunde, die in kleinen Abteilungen innerhalb größerer medizinischer Einrichtungen arbeiteten.

Nur 60 der 256 Abgänger des Instituts für traditionelle tibetische Medizin bekamen dieses Jahr einen Job, sagte der Kontaktmann. Damit war der kurze Aufschwung vom letzten Jahr vorbei, nachdem ein chinesischer Regierungsvertreter entlegene Gegenden Tibets besucht und einen „dringenden Bedarf“ an zusätzlichen Ausübenden der traditionellen Heilkunde festgestellt hatte, und die Verbesserung wurde wieder rückgängig gemacht.

Die Quelle sprach auch über die großen Schwierigkeiten, welche die Organisation derartiger Protestaktionen mit sich bringt. „Etliche der tibetischen Studenten, die sich gegenseitig Textbotschaften sandten, wurden festgenommen“, sagte er. „Es ist unmöglich, Einzelheiten herauszubekommen, aber viele sind verschwunden“.