5. Juni 2008
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Sporadische Mitteilungen aus Tibet an im Ausland lebende Familienmitglieder

Die Kommunikation mit den Tibetern in Tibet wird immer schwieriger, nur hie und da dringen Nachrichten über die Ereignisse aus zweiter Hand durch die über Mobiltelefone mit Familienmitgliedern und Freunden im Ausland geführten Gespräche nach außen. Die Namen derer, die uns informiert haben, nennen wir nicht, um sie vor Strafverfolgung zu schützen.

Ein Tibeter, der in der Präfektur Ngari (chin. Ali) in der Autonomen Region Tibet (TAR) geschäftlich tätig ist, berichtete am 3. Juni 2008:

"Beinahe täglich fliegen chinesische Helikopter über Ngari und auf den Straßen der größeren Ortschaften in der Präfektur sind überall Militärfahrzeuge zu sehen. Ortsansässige Tibeter sehen darin eine Machtdemonstration des chinesischen Staates mit dem Zweck sie zu bedrohen und einzuschüchtern.

Die chinesischen Behörden haben angeordnet, daß mindestens ein Mitglied jeder tibetischen Familie in der örtlichen chinesischen Miliz zum Dienst antreten muß. All diejenigen, die von der Miliz einberufen wurden, werden an einem Ort namens Tashi Gang in Ngari ausgebildet. Sie werden gezwungen, die ihnen von den Chinesen ausgehändigten Uniformen zu tragen.

Die chinesischen Behörden haben die Tibeter davor gewarnt, der Außenwelt Informationen über die derzeitige Situation zu liefern. Jeder, der bei solchem Tun erwischt wird, wird hart bestraft."

Eine 79jährige Tibeterin aus dem Bezirk Draggo (chin. Luhuo), Tibetisch-Autonome Präfektur (TAP) Kardze (chin. Ganzi), Provinz Sichuan, berichtete am 3. Juni 2008:

"Die Kampagne der ‚Patriotischen Erziehung’ ist in den vergangenen Tagen in der gesamten Gegend und den Klöstern von Draggo rigoros durchgeführt worden. Am 31. Mai beriefen die chinesischen Behörden an einem Ort in der Nähe des Klosters Chogri im Bezirk Draggo ein Meeting ein, bei der sie die Leute zwingen wollten, den Dalai Lama zu schmähen. Vielen der armen Tibeter wurden hohe Geldsummen dafür geboten, daß sie den Dalai Lama diffamierten und sich von der Idee der tibetischen Unabhängigkeit lossagten. Die Chinesen scheinen der Kritik am Dalai Lama eine große Bedeutung beizumessen.

Ich bin 79 Jahre alt. Ich hatte noch nie zuvor gesehen oder gehört, daß Leute mit Geld dazu verlockt werden, den Dalai Lama zu diffamieren. Den Tibetern, die sich dieser Aufforderung widersetzten, wurde mit Vertreibung aus der Gegend gedroht.

Die chinesischen Offiziellen behaupteten, das ganze Land gehöre China und ein jeder, der sich weigere, der Kampagne der ‚Patriotischen Erziehung’ Folge zu leisten oder die Dokumente zur Kritik am Dalai Lama zu unterzeichnen, wäre frei, nach Indien oder sonst wohin zu gehen.

Ich habe gehört, daß einige sehr arme Familien diese Dokumente unterzeichnet hätten, doch 90 % der anwesenden Tibeter hätten sich sogar unter Androhung der Beschlagnahmung ihres Landes und ihrer Häuser geweigert, so etwas zu tun.“

Ein tibetischer Anrufer aus Indien zitiert seine Quellen in Tibet am 5. Mai 2008 wie folgt:

"Der Mönch Choedrub aus dem Kloster Hongkor in der Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Golog (chin. Guoluo) wurde am 28. April von den chinesischen Sicherheitskräften erschossen. Er war in frühere Proteste involviert gewesen und infolge dessen untergetaucht. Als er irgendwann Ende April nach Hause kam, um sich mit Nahrungsmitteln einzudecken, umstellte die Polizei das Haus und tötete ihn. Am 4. Mai haben wir erfahren, daß seine Mutter Wangdrol ebenfalls durch Schüsse verletzt wurde. Beide Eltern, eine Schwester, drei Brüder und ein reinkarnierter Rinpoche dieser Familie wurden festgenommen. Nur zwei jüngere Familienmitglieder wurden zurückgelassen. Choedrubs Vater wurde in gefesseltem Zustand dorthin gebracht, wo sein toter Sohn lag. Die chinesischen Offiziellen erklärten, der gesamte Besitz der Familie werde nun von der Regierung beschlagnahmt“ (frühere Meldungen hierzu: http://www.igfm-muenchen.de/tibet/TCHRD/2008/Choetop_shotdead.html, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/diir/2008/TSC_PM_30.4..html).

Ein tibetischer Anrufer aus Wisconsin, der seine Quellen aus Tibet zitiert, berichtete am 3. Mai 2008:

"Konchog Dondrub, Ende zwanzig, wurde kürzlich in Lhasa verhaftet. Er stammt aus der Ortschaft Thayi im Bezirk Markham in der Präfektur Chamdo (chin. Changdu). Er wurde zusammen mit den zwei Mönchen Tashi Gyaltsen und Choedrub Norbu festgenommen. Die chinesischen Behörden hatten Konchog Dondrub in den Lokalzeitungen und im Fernsehen per Steckbrief gesucht und eine Belohnung in Höhe von 22.000 Yuan für Hinweise auf seinen Aufenthaltsort geboten. Konchog Dondrup wurde verdächtigt, an den Demonstrationen im März in Lhasa aktiv beteiligt gewesen zu sein. Lange Zeit war er untergetaucht. Doch Ende April wurde er schließlich in dem Domizil zweier Mönche der Gyuto Schule des Ramoche Tempels in Lhasa verhaftet. Bei diesen beiden Mönchen, die ebenfalls verhaftet wurden, handelt es sich um Tashi Gyaltsen und Choedrub Norbu. Sie werden desselben Verbrechens wie Konchog Dondrub beschuldigt, weil sie ihn bei sich versteckt hielten.