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17. April 2008
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Verschärfung der Repressionen in Tibet - Klöster müssen chinesische Flagge hissen

Im Anschluß an die größten antichinesischen Proteste in Tibet seit fast 50 Jahren geht China immer schärfer gegen die Tibeter vor. Wie Quellen in Indien und China berichten, weigern sich dennoch viele Mönche, die chinesische Fahne auf den Dächern ihrer Klöster aufzuziehen.

Aus der entlegenen Provinz Qinghai war zu erfahren, daß letzte Woche die tibetische Feministin und Autorin Jamyang Kyi sowie fünf weitere prominente Tibeter aus der Region verhaftet wurden. Letztere stammen alle aus dem Bezirk Machen (chin. Maqin) in der Präfektur Golok (chin. Golog) und werden gegenwärtig in der Provinzhauptstadt Xining festgehalten.

Es handelt sich um Golog Dape, den beliebten Schauspieler und Chef des Gangchen-Ensembles und Tierrechtsaktivisten; Dolma Kyi, die Sängerin, Aktivistin und Gründerin der Volksmusikgruppe Gangchen Metok; Palchen Kyab, den Direktor und Gründer der privaten, durch Spenden von Nomaden finanzierten Mayul Dargye-Schule; Lhundrup, den stellvertretenden Direktor dieser Schule, und den Lehrer Sonam Dorje.

Die fünf wurden am 31. März von Staatssicherheitsbeamten von Golok in Gewahrsam genommen und nach Xining gebracht. Es liegen keine Informationen über die gegen sie vorgebrachten Anklagen vor. Aus einer Quelle in West-Qinghai verlautete: "Keiner von ihnen durfte Besuch von seinen Angehörigen bekommen".

Ein Vertreter des Public Security Bureau von Golok verweigerte jeden Kommentar und verwies an seinen Vorgesetzten, der jedoch ebenfalls keine Auskunft gab und den Hörer auflegte.

Dem TCHRD zufolge wurden am 17. April im Bezirk Rebkong (chin. Tongren Xian) 100 Personen verhaftet, unter ihnen befanden sich auch Mönche aus dem Kloster Rong Gonchen.

Ein Hotelangestellter sagte dem kantonesischen Dienst von RFA, Touristen sei der Besuch des Rong Gonchen-Tempels nicht mehr gestattet. Ein Bediensteter des Büros für religiöse Angelegenheiten meinte: "Wir haben Einheiten der PAP hier."

Weiter sagte er: "Es sind nicht viele PAP-Beamte, aber zahlreiche andere Polizeikräfte. Im Moment kann niemand das Kloster betreten. Die anderen Klöster sind nicht betroffen". Regionalbehörden und Polizei hüllten sich in Schweigen.

In der Provinz Sichuan leben ebenso wie in Qinghai zahlreiche Tibeter. Aus wohlinformierter Quelle wurde auch über Durchsuchungen im Kloster Palyul in Kardze (chin. Ganzi) berichtet, bei denen nach Beweisen für antichinesische Aktivitäten gefahndet wurde.

Ein Zeuge berichtete am 16. April: "Heute kam die Polizei ins Kloster - es waren auch tibetische Beamte darunter - und durchwühlte alles. Sie fanden ein Foto des Dalai Lama und zogen es ein. Außerdem bestanden die Chinesen darauf, daß die chinesische Nationalflagge auf dem Dach des Haupttempels gehißt würde. Das Kloster ging darauf aber nicht ein." Traditionell wehen auf den Klöstern in Tibet ausschließlich buddhistische Dharmafahnen.

Wie der Mönch Lobsang Gyaltsen aus dem Kloster Drepung in Indien berichtete, wurde den Mönchen, die am 12. April zu einer Versammelung nach Dartsedo (chin. Kangding) in Kardze zitiert wurden, befohlen, daß sie von nun an auf jedem tibetischen Kloster in der Präfektur Kardze die chinesische Nationalflagge aufziehen müssen. In Kardze gibt es über 200 Klöster.

Er sagte: "Alle buddhistischen Mönche und Nonnen in dieser Gegend wurden angewiesen, sich dieser Maßnahme anzuschließen. Außerdem wurde von ihnen gefordert, ein Schriftstück zu unterschreiben, in dem die tibetische Regierung-im-Exil, der Dalai Lama sowie die Proteste in Lhasa, die China zum Schaden gereicht hätten, verurteilt werden“.

Vor allem aber wurde angeordnet, daß die Klöster die chinesische Fahne zu hissen hätten und die Mönche und Nonnen darunter China ihre Loyalität und Akzeptanz geloben und den Dalai Lama sowie die tibetische Regierung-im-Exil für die Unruhen in den tibetischen Regionen verantwortlich machen müßten. Ferner sollten sie den Dalai Lama als Separatisten verurteilen. Viele Mönche weigerten sich, das zu tun."

Ein Beamter des Büros für religiöse Angelegenheiten von Kardze wollte den Befehl zum Hissen der Fahnen nicht ausdrücklich bestätigen, meinte aber in einem Telefongespräch mit dem kantonesischen Dienst von RFA: "In China ist es normal, daß wir die Nationalflagge hissen."

Mehrere chinesische Einwohner gaben an, daß inzwischen auf allen Tempeln in Kardze die chinesische Fahne wehe. Ein Einwohner sagte dem Mandarin-Dienst von RFA: "Überall sind Nationalflaggen zu sehen."

Die Angehörigen des Ausschusses für Minoritäten und religiöse Angelegenheiten in Lhasa verweigerten jeden Kommentar. Einer von ihnen fragte: "Woher haben Sie diese Information? Belästigen Sie uns doch nicht mit so etwas!"

"Äbte und reinkarnierte Lamas aus 43 Klöstern im Bezirk Sershul (Kardze) wurden am 26. März ins Bezirksbüro für religiöse Angelegenheiten einbestellt und erhielten dieselben Anweisungen", berichtete jemand anderes.

Auch den Mönchen im Kloster Kham Draggo (Luhuo) in Kardze wurde befohlen, die chinesische Fahne zu hissen. Ferner sollten sie ihre Beteiligung an den antichinesischen Protesten bereuen. Sie weigerten sich jedoch.

Einer anderen Quelle zufolge wurden PAP-Kräfte in die Stadt Nyarong (chin. Xinlong) in Kardze verlegt, nachdem die Einwohner sich geweigert hatten, den Dalai Lama zu schmähen. Die Mönche im Kloster Shiwa haben chinesische Fahnen gehißt.

Wie aus einer anderen Quelle hervorgeht, wurden drei von 62 Klöstern in Jomda (chin. Jiangda), Präfektur Chamdo (chin. Changdu), Autonome Region Tibet (TAR), gezwungen, an Schulungen zur „Patriotischen Umerziehung“ teilzunehmen, bei der sie den Dalai Lama zu verurteilen haben.

Eine weitere Quelle gab an, daß am 11. April Kader und Polizisten im Kloster Dzigar in Chamdo eintrafen, um dort ebenfalls eine „Patriotische Umerziehung“ durchzuführen. Die Mönche in Wara und Sungdar hätten die Teilnahme verweigert. Es ist nicht bekannt, welche Folgen dies für sie hatte.

Peking spricht von 19 Toten bei den Unruhen, die Mitte März in Lhasa ausbrachen und sich von dort in die anderen tibetischen Gebiete ausbreiteten. Tibetischen Quellen zufolge soll es eine große Anzahl von Toten gegeben haben, als die paramilitärischen Truppen und die Polizei das Feuer auf die Demonstranten eröffneten.

Die chinesischen Behörden haben den Dalai Lama bezichtigt, die Tibeter zu den Protesten aufgehetzt zu haben und die tibetische Unabhängigkeitsbewegung zu fördern. Der Dalai Lama weist diese Beschuldigungen zurück und betont, er wolle für die Tibeter lediglich Autonomie und die Einhaltung der Menschenrechte.