12. Januar 2004
Aus: World Tibet News (Radio Free Asia)

Tibetische Jugendliche wegen Unabhängigkeits-Plakaten verhaftet (RFA)

Wie von Radio Free Asia berichtet, nahmen die Behörden in der südwestlichen chinesischen Provinz Sichuan zwei Studenten fest, nachdem diese an Verwaltungsgebäuden ihrer Gemeinde Posters mit der Forderung nach Unabhängigkeit für Tibet angebracht hatten.

Den tibetischen Quellen von RFA zufolge handelte es sich bei den Jugendlichen um die 18-19 Jahre alten Nyima Dorjee und Lobsang Dorjee, beides Schüler der High School von Tawu in der tibetischen Region Karze. Sie wurden im August oder September 2003 festgenommen und in einem örtlichen Haftzentrum in Tawu (chin. Daufu), Präfektur Karze (Ganzi), festgehalten.

"Die Beamten des dortigen chinesischen Public Security Bureau wußten von den Plakaten und wer deren Urheber war, und so wurden die beiden innerhalb weniger Stunden festgenommen", heißt es aus einer Quelle, die anonym bleiben möchte. "Sie befinden sich immer noch in einem Gefängnis vor Ort".

Von Behördenvertretern in Karze war nichts zu dem Fall in Erfahrung zu bringen, und es bleibt daher unklar, ob die Jugendlichen weiterhin inhaftiert bleiben oder nicht.

Aus derselben Quelle verlautete, Lobsang Dorjee sei zusammen mit anderen wegen Mords, Diebstahls und Raubs in der Gegend Verhafteten vor Gericht gestellt worden. "Später wurde er mit einem ihm um den Hals gehängten hölzernen Brett, auf dem Separatist stand, durch die Straßen von Tawu gefahren und zur Schau gestellt", berichtete der Informant, der in den Plakaten eine Reaktion auf die Verschärfung der Kampagne zur "patriotischen Erziehung" sieht.

"Alle Mönche und Nonnen in den Klöstern der Gegend Tawu wurden vor sechs bis sieben Jahren von der Ortspolizei aufgefordert, sich Ausweise mit einem Paßphoto zu beschaffen. Die meisten von ihnen sind überzeugt, daß dies eine Kampagne zur Opposition gegen den Dalai ist", hieß es aus besagter Quelle. "Deshalb verweigerten sie ihre Zusammenarbeit, doch dieses Jahr wurde die Kampagne intensiviert."

"Chinesische Offizielle veranstalteten eine Razzia im Kloster Nyitso und nahmen all diejenigen fest, die sich widerspenstig gezeigt hatten. Viele von den Festgenommenen wurden in die Stadt gebracht, einige Tage hinter Gitter gesetzt und dann mit ernster Verwarnung weggeschickt".

"Im November vergangenen Jahres wurden zwei Mönche des Klosters Nyitso verhaftet und ihre Wohnhütten abgerissen, weil sie dem Unterricht in "Patriotismus und Religion" nicht gebührend gefolgt waren", fuhr der Informant fort. "In dem örtlichen Kloster Tawu gibt es etwa 300 Nonnen, von denen 200 gezwungen wurden, sich für die Ausweise photographieren zu lassen".

Karze, das auch als Kandze oder Ganzi (Chinesisch) bekannt ist, bildet einen Teil der tibetischen Region Kham, die jetzt unter die Provinz Sichuan fällt. Das an die Autonome Region Tibet grenzende Sichuan schließt auch Teile des traditionellen tibetischen Territoriums ein.

Im November 2003 bot sich in Karze der ungewöhnliche Anblick eines 3 m langen Exemplars der von den Chinesen verbotenen tibetischen Nationalflagge, das auf einen riesigen Sendeturm flatterte - ein Symbol des Widerstandes gegen Pekings Herrschaft. Wie von Augenzeugen berichtet, wehte die Fahne sogar noch während der Einweihungszeremonie für einen buddhistischen Schrein, der von einem chinesischen Sponsor erbaut worden war.