15. Februar 2010
Phayul, www.phayul.com

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Tibeter in Ngaba begehen Losar mit Gebeten für die Verstorbenen

Am ersten Tag des tibetischen Neujahrsfestes (Losar) veranstalteten etwa 400 Tibeter im Bezirk Ngaba in Sichuan einen Sit-in-Protest, der zu einer Konfrontation zwischen den Protestierenden und den chinesischen Sicherheitskräften führte. Die Tibeter hatten sich versammelt, um für diejenigen ihrer Landsleute zu beten, die bei den Demonstrationen 2008 ums Leben kamen.

Sie ließen sich auf dem Hauptmarktplatz der Stadt nieder, trugen alte Kleider, drehten ihre Gebetsmühlen und aßen Tsampa [geröstetes Gerstenmehl] und Brot, wie vom „Notstands-Komitee“ des Exilklosters Kirti in Dharamsala mitgeteilt wurde. Mit dieser symbolischen Geste wollten sie zum Ausdruck bringen, daß Losar diesmal kein Grund zum Feiern, sondern zur Trauer ist.

Üblicherweise legen Tibeter zu Losar ihre besten Kleider an, aber seit dem gewaltsamen Vorgehen der chinesischen Behörden gegen die Tibeter seit März 2008 ziehen viele es vor, Losar nicht mehr festlich zu begehen, sondern statt dessen mit religiösen Zeremonien ihrer Landsleute zu gedenken, die im Verlauf der letzten zwei Jahre gestorben oder hinter Gefängnismauern verschwunden sind.

In Ngaba (chin. Aba), einem Teil der traditionellen tibetischen Provinz Amdo, schossen die chinesischen Sicherheitskräfte am 16. März 2008 auf die wehrlosen tibetischen Demonstranten, dabei kamen mindestens 10 Personen ums Leben, darunter auch die 16jährige Schülerin Lhundup Tso.*

Die Mönche der Klöster Ngaba Kirti und Sey sowie zahlreiche Laien sprachen Gebete und warfen traditionsgemäß Tsampa in die Luft, um den gewaltsamen Tod ihrer Landsleute während der Demonstrationen von 2008 zu betrauern.

Als die Lage eskalierte, kamen Duedul Tulku, ein hochrangiger Mönch des Klosters Kirti sowie der Zuchtmeister zum Ort des Protestes und legten den Teilnehmern nahe, nach Hause zu gehen, um unerwünschte Zwischenfälle zu vermeiden. Nach energischer Aufforderung kehrten die Mönche des Klosters Kirti schließlich in ihre Quartiere zurück, aber die Laien und einige Mönche anderer Klöster blieben sitzen und rezitierten das Mantra „Om Mani Padme Hum“, das Mantra des Buddhas des Erbarmens.

Die Protestierenden wurden bald von etwa eintausend chinesischen Sicherheitskräften umstellt. Diese konfiszierten Mobiltelefone von Leuten, die versuchten Aufnahmen des Geschehens zu machen, damit keine Bilder ins Ausland gelangen sollten. Die Spannung im Bezirk Ngaba war hoch seit dem 29. Tag des zu Ende gehenden Jahres, als zahlreiche Tibeter sich zu besonderen religiösen Tanzaufführungen einfanden, die unter strenger behördlicher Aufsicht stattfanden.

Inzwischen haben die paramilitärischen Kräfte die Zufahrtswege zu dem Platz abgeriegelt, so daß keine Tibeter von auswärts mehr zu dem Ort des Protestes gelangen können.

„Die Tibeter in Ngaba zeigen den Behörden, daß sie das Neujahr nicht auf die Weise begehen, wie die Regierung es haben möchte, sondern es zum Anlaß nehmen, um jenen Landsleuten zu huldigen, die ihr Leben für ihr Heimatland hingaben“, kommentierte Tenzin Choeying, der Präsident des indischen Zweigs von Students for a Free Tibet.

Tenzin Tsundue, der bekannte Tibet-Aktivist, sagte, der Protest in Ngaba bezeuge die Widerstandskraft der Tibeter in Tibet.

* 18. März 2008, „Anhalten der blutigen Konfrontationen im Bezirk Ngaba, Provinz Amdo, heute Sichuan