21. September 2010
Phayul, www.phayul.com

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Eine der „singenden Nonnen“ von Drapchi nach dem zweiten Fluchtversuch entkommen

Eine der 14 tibetischen Nonnen, die als die „singenden Nonnen“ von Drapchi bekannt wurden (1), weil sie 1993 eine Tonbandaufnahme von patriotischen Liedern aus dem Gefängnis geschmuggelt hatten, ist laut den Informationen von International Campaign for Tibet nach Indien geflohen.

Palden Choedron

Palden Choedron, die am 1. September Indien erreichte, hatte schon einmal nach Verbüßung ihrer achtjährigen Gefängnisstrafe einen Fluchtversuch unternommen, der jedoch mißlang. Sie wurde gefaßt, als sie nach Indien zu entkommen suchte, und mit drei Jahren Haft in einer Anstalt zur „Reform durch Arbeit“ bestraft.

Palden Choedron ist die achte der „singenden Nonnen“, die das Exil erreichte. Palden, die bäuerlicher Herkunft ist und 1973 in Nyemo in der Nähe der tibetischen Hauptstadt Lhasa geboren wurde, trat im Alter von 14 Jahren in das Nonnenkloster Shugseb ein. 1990 beteiligte sie sich an einer friedlichen Protestaktion am Barkhor in Lhasa, woraufhin sie zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Kurz bevor ihre Haftstrafe zu Ende gegangen wäre, schloß Palden sich 1993 den 13 anderen Nonnen an, die in ihren Gefängniszellen in Drapchi patriotische Lieder auf ein Tonband aufnahmen. Mit diesen Liedern, in denen sie den Dalai Lama und ihr Land priesen, wollten sie ihren Angehörigen und Freunden draußen zeigen, daß sie trotz der extrem harten Bedingungen in Drapchi innerlich nicht gebrochen sind. Alle 14 Nonnen wurden zur Vergeltung für diese Tat schwer mißhandelt, eine Nonne, Ngawang Lochoe, erlag schließlich den Folgen der Folter (2).

Paldens Gefängnisstrafe wurde um fünf Jahre verlängert, im Oktober 1998 kam sie schließlich frei. Sie sagte nach ihrer Ankunft im Exil, es sei ihr verboten worden, wieder in ihr Kloster zurückzukehren: „Die Behörden inspizierten das Kloster, um sicherzustellen, daß ich nicht dort war, deshalb ging ich auch nicht mehr hin, denn ich wollte die anderen nicht in Schwierigkeiten bringen“.

Shugseb, das Stammkloster von Palden Choedron, 1994

Die Entlassung der 34jährigen tibetischen Nonne Phuntsog Nyidron (3) markierte das Ende der Inhaftierung der „singenden Nonnen“ von Drapchi. Phuntsog Nyidron, die wegen ihrer friedlichen Protestaktionen und der Aufnahme der Lieder 15 Jahre im Gefängnis verbrachte, lebt heute in der Schweiz. Ngawang Sangdrol, die von einem Gesamturteil von 21 Jahren 11 Jahre verbüßte, lebt in New York.

(1) Report: „Drapchi, das gefürchtetste Gefängnis Tibets“, Teil 5: „Im Juni 1993 veranstalteten 14 weibliche politische Gefangene der rukhag #3 eine Protestaktion, die wahrscheinlich die weitreichendste und ergreifendste aller politischen Widerstandshandlungen bis dahin war. Jede einzelne Gefangene sang ein Freiheitslied auf Band, und die Kassette mit diesen Liedern, die erfolgreich aus dem Gefängnis geschmuggelt werden konnte, erreichte nicht nur Tibeter, sondern viele Tibet-Freunde in der ganzen Welt. Zur Vergeltung wurde jede der Beteiligten mit einer Haftverlängerung zwischen 5 und 9 Jahren belegt.“

Siehe auch: Human Rights Update, Juli 2006, Nr. 4: „Lhundup Sangmo, eine der 14 singenden Nonnen von Drapchi im Exil angelangt“.

(2) Siehe „Kuxing - Folter in Tibet“, Kapitel 5: Todesfälle, Nr. 76.

(3) 15. August 2006: „Phuntsog Nyidron sagt vor UN-Expertengremium aus“.