22. September 2006
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Übersetzung aus dem Englischen

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Die Länder Hochasiens erklären ihre Unabhängigkeit im US Kongress

Am 19. September 2006 wurde die Unabhängigkeitserklärung der Nationen Hochasiens – Tibet, Ost-Turkestan und Innere Mongolei – in einem Konferenzraum des Kapitol-Gebäudes des US-Kongresses in Washington D.C. verlesen.

Den Anlaß hierzu gab eine zweitägige Konferenz der Asian Freedom Coalition, an der teilnahmen:

  • Temtsiltu Shobtsood, Vorsitzender der Inner-Mongolischen Volkspartei,
  • Sonam Wangdu, Vorsitzender des US-Tibet-Komitees,
  • Wei Jingsheng, Vorsitzender der Overseas Chinese Democracy Foundation,
  • Dr. Wen-Yen Chen, leitender Direktor der Formosa Association for Public Affairs,
  • Jamyang Norbu, Sprecher der Rangzen Alliance [Rangzen (tib.) = Unabhängigkeit, A.d.Ü.],
  • Alim Seytoff, Generalsekretär der Uighurisch-Amerikanischen Vereinigung,
  • Huang Ciping, Generalsekretär der Overseas Chinese Democracy Coalition,
  • Ye Ning, Vorsitzender der Free China Movement Foundation,
  • Dr. Quan Q. Nguyen, Vorsitzender des Internationalen Komitees für Freiheit und Menschenrechte in Vietnam,

sowie eine Reihe weiterer Delegierter. Mitglieder des US-amerikanischen Kongresses, Kongreß-Mitarbeiter und Medienvertreter nahmen am Nachmittag des 19. Septembers an der Schlußsitzung der Konferenz teil.

Dolkun Isa, der Generalsekretär des Uighurischen Weltkongresses, der von Deutschland aus nach Washington DC geflogen war, konnte nicht an der Konferenz teilnehmen. Es wird vermutet, daß Peking Druck auf die US-Regierung ausübte, Dolkun Isa wegen seines mutigen Kampfes für die Unabhängigkeit der Uighuren als persona non grata einzustufen. Trotzdem fand die Konferenz erfolgreich statt, und nach zweitägiger reiflicher Beratung beschlossen die Delegierten einstimmig, die Asian Democracy Alliance [Demokratievereinigung Asien, A.d.Ü.] ins Leben zu rufen, um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in den asiatischen Nationen zu fördern, die gegenwärtig von repressiven und undemokratischen Regimes regiert werden.

Auf der Konferenz ergriff auch der Kongreß-Abgeordnete Frank Wolf das Wort und sprach ausführlich über die Probleme, denen sich die Innere Mongolei, Ost-Turkestan und Tibetgegenübersehen. Er berichtete von seiner Reise nach Tibet und wie die Massenimmigration von Chinesen die Existenz des tibetischen Volkes in ihrem Kern bedrohe. Der Kongreßabgeordnete betonte, wie positiv es sei, daß all die unterschiedlichen Gruppen nun zusammenarbeiteten. Die Tibeter, erklärte er, seien ja schon immer einheitlich aufgetreten, aber nun sollten auch die anderen ihr Ego und ihre internen Differenzen zurückstellen, um vereint den gemeinsamen Feind zu schlagen, das kommunistische China, das nach seiner Überzeugung in den nächsten Jahren stürzen werde.

Die Unabhängigkeitserklärung wurde von den Vertretern der Inneren Mongolei, von Tibet und von Ost-Turkestan unterzeichnet, zusätzlich von dem Vertreter Taiwans, da die Erklärung auch deutlich Bezug nimmt auf die Bedrohung, der das unabhängige und demokratische Taiwan durch die VR China ausgesetzt ist. Alle weiteren Delegierten, einschließlich der chinesischen, unterstützten einmütig die Deklaration und das Streben der Menschen dieser Nationen nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Nach der Konferenz wandten sich die verschiedenen Vertreter und Delegierten an die Medien. Der führende chinesische Dissident und „Vater der chinesischen Demokratie“, Wei Jingsheng, meinte, der Zeitpunkt für die Unabhängigkeitserklärung sei genau richtig gewählt worden, denn gerade jetzt, wo Peking durch seine schroffe Zurückweisung des vom Dalai Lama geforderten Dialogs klar gezeigt hat, daß es zu keinerlei Kompromißlösung in der Tibet-Frage, ja nicht einmal zu einer ernsthaften Diskussion der Probleme bereit ist, sei sie ganz besonders wichtig.

Unabhängigkeitserklärung der Nationen Hochasiens

Innere Mongolei, Ost-Turkestan und Tibet

Es ist ein seltener und entscheidender Augenblick in der menschlichen Geschichte, wenn eine erdrückende und scheinbar auf ewige Zeiten angelegte Tyrannei an der Oberfläche ihrer unnachgiebigen Machtstruktur erste winzige Risse zeigt, Zeichen eines bevorstehenden Zusammenbruchs, die bei den seit so langem unterdrückten Völkern und unterjochten Nationen erste Regungen von Hoffnung aufkeimen lassen. Solch ein Übergang kündigte sich in Ost- und Zentraleuropa und in Teilen Zentralasiens durch den Fall der Berliner Mauer an.

Den Menschen der Inneren Mongolei, Ost-Turkestans und Tibets steht solch ein Moment vielleicht bevor. Chinas Wirtschaftsboom hat ungeheure und unlösbare Probleme und Konflikte mit sich gebracht, die drohen, die chinesische Gesellschaft zu zerreißen. Die endemische Korruption der offiziellen Stellen, die Aufstände verzweifelter Bauern, die Arbeiterunruhen großen Ausmaßes, die massive Unterdrückung der Religion, ein immer größer werdendes wirtschaftliches Ungleichgewicht, die ökologische Verwüstung, das Fehlen legaler Rechtsmittel, die praktisch nicht existente bürgerliche Gesellschaft: All das sind die Ursachen für die – laut offiziellen chinesischen Berichten – über 45.000 Demonstrationen und teilweise gewaltsamen Unruhen, zu denen es in China im letzten Jahr kam.

Die Tibeter, das uighurische Volk Ost-Turkestans und die Mongolen haben traditionell nur gewünscht, in ihrer jeweils eigenen unabhängigen Heimat in Freiheit zu leben, doch dieser Wunsch wird ihnen vom kommunistischen China seit über 50 Jahren verwehrt und im Keime erstickt. Es ist eine historische Tatsache, daß das kommunistische China 1949/50 in Tibet einfiel und die kleine tibetische Armee, die ihre Heimat zu verteidigen suchte, überrannte und zerschlug. Es ist ebenso Tatsache, daß Ost-Turkestan und die Innere Mongolei 1949 von kommunistischen Truppen gewaltsam besetzt wurden. In keinem dieser Fälle kam die Herrschaft durch das kommunistische China in diesen Ländern durch die Zustimmung des jeweiligen Volkes zustande oder gar durch einen Unfall der Geschichte.

Seit diesem Zeitpunkt hat China die althergebrachte Lebensweise dieser Völker systematisch untergraben, indem es zuerst ihre rechtmäßigen Regierungen absetzte und dann viele ihrer traditionellen Herrscher, Stammesfürsten und spirituellen Führer ins Gefängnis warf, folterte und hinrichtete. Als die Menschen dieser Nationen sich weigerten, dieses Unrecht und den Raubbau an ihrer Heimat zu akzeptieren, schlugen die chinesische kommunistische Armee und die Organe der Staatssicherheit jeglichen Widerstand mit brutaler Gewalt nieder. Millionen von Tibetern, Uighuren und Mongolen wurden umgebracht. Millionen wurden inhaftiert oder in Zwangsarbeitslagern (laogai) interniert. Die Menschen in diesen Ländern verfügten in der Vergangenheit über ausreichende Mittel, um ihre Grundbedürfnisse zu decken, nun aber kam es infolge der Politik der kommunistischen Regierung zu weitverbreiteten Mißernten, wiederholten Hungersnöten und Hungertod großen Ausmaßes, Millionen von Menschen, insbesondere Frauen, Kinder und ältere Menschen, starben.

Unter dem Motto des revolutionären „Kampfes“ (douzheng) nötigte und zwang die kommunistische Verwaltung in jenen Regionen die Menschen, sich gegenseitig zu bespitzeln und zu denunzieren. Oftmals veranlaßte sie sogar Kinder dazu, ihre Eltern anzuzeigen und an öffentlichen Denunzierungs- und „Kampfsitzungen“ teilzunehmen. Alle grundlegenden, wirklich universellen menschlichen Werte – Freundschaft, Gastlichkeit, Vertrauen, Achtung, Toleranz, Friedfertigkeit und Mitgefühl – wurden von den kommunistischen Machthabern als „feudal” und „konterrevolutionär” angesehen.

In den Jahren der „Kulturrevolution” wurden die Menschen gezwungen, ihre eigenen Tempel, Klöster und Moscheen zu zerstören. Fast alle Gebäude und Denkmäler von historischer, kultureller und religiöser Bedeutung in diesen Ländern wurden zerstört, ihre Schätze und Kunstgegenstände geplündert und nach China geschafft wegen ihres Edelmetallwerts oder aufgrund ihres künstlerischen Werts zum Verkauf auf dem asiatischen Kunstmarkt. Der Reichtum dieser Länder an Bodenschätzen, Wald, Wasser und anderen natürlichen Ressourcen wurde, besonders in den letzten Jahrzehnten, nicht nur systematisch zum  Nutzen Chinas ausgebeutet, sondern infolge der extremen Politik von Chinas Führung auch gedankenlos verschwendet und die Umwelt verwüstet.

Gerade jetzt hat China durch seine Bevölkerungstransfermaßnahme die Innere Mongolei, Ost-Turkestan und Tibet mit chinesischen Migranten überschwemmt und die einheimische Bevölkerung vollständig marginalisiert und zu einer Minderheit in ihren eigenen Heimatländern gemacht. Die einheimischen Handwerker, kleinen Geschäftsleute, Facharbeiter und selbst die ungelernten Arbeiter wurden fast gänzlich von chinesischen Zuwanderern verdrängt, was ungeheure soziale Probleme verursacht und bei der einheimischen Bevölkerung zu psychischer Verelendung führt.

Ständig arbeiten Informanten, verschiedene Organe der Staatssicherheit (gongan), „staatliche Psychiatrie-Einheiten“ (ankang) und die „Volksbefreiungsarmee“ unbarmherzig daran, in diesen Ländern eine Atmosphäre von Terror zu verbreiten und ihre Völker zur Unterwerfung zu zwingen.

Wir Individuen und unsere Organisationen, die wir uns heute hier versammelt haben, stehen fest hinter all den Tibetern, Uighuren und Mongolen, die sich in ihrer Heimat erheben und die Unabhängigkeit fordern, und wir geloben einander, den Menschen in diesen Ländern, die in ihrem Streben nach einem freien und demokratischen Heimatland alles riskieren und ihr Leben aufs Spiel setzen, unsere volle Unterstützung zuteil werden zu lassen. Im Bewußtsein der Redlichkeit unserer Absicht appellieren wir an die weltweite Gemeinschaft der Nationen und erklären hiermit, daß Tibet, Ost-Turkestan und die Innere Mongolei aller politischen Bindungen an die Volksrepublik China – oder an welchen zukünftigen chinesischen Staat oder Regierung auch immer – ledig sind und sie von nun an freie und unabhängige Nationen sein werden, jede von ihnen unwiderruflich einem demokratischen Regierungssystem verpflichtet, das durch den freien Willen des Volkes eingesetzt wird und auf Rechtsstaatlichkeit und dem Primat der Freiheit des Individuums beruht.

Der Fall Taiwans spricht dem internationalen Recht Hohn, es ist ein Fall, wo eine völlig unabhängige, wohlhabende und demokratische Nation von anderen Nationen nicht als eine solche anerkannt wird, in erster Linie aus Sorge, dem kommunistischen China zu mißfallen. Taiwan mag einst ein Teil von China gewesen sein, aber fast alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen waren zum einen oder anderen Zeitpunkt ihrer Geschichte einmal Teil einer anderen Nation oder eines anderen Reiches. Taiwan war nur kurze Zeit eine Provinz Chinas, nämlich acht Jahre lang, von 1887 bis 1895. Durch den Vertrag von Shimonoseki (1895) wurde Taiwan auf Dauer an Japan abgetreten. Wie komplex seine bewegte Geschichte auch immer gewesen sein mag, das Volk von Taiwan hat, genauso wie alle anderen Völker auf der Welt, das Recht auf Selbstbestimmung. Darüber hinaus hat es dank seiner erfolgreichen Bemühungen, einen fortschrittlichen und wohlhabenden demokratischen Staat zu schaffen, das Recht auf den Status einer Nation mehr als verdient. Chinas zahlreiche und zunehmend kriegslüsterne Drohungen, in Taiwan einzumarschieren, müssen von der internationalen Gemeinschaft verurteilt und Taiwans Recht auf Unabhängigkeit anerkannt werden.

Wir rufen die einzelnen Nationen der Welt und die Organisation der Vereinen Nationen auf, das unveräußerliche Recht der Uighuren, Mongolen, Tibeter und Taiwaner auf ein unabhängiges Heimatland zu unterstützen. Wir appellieren an die Vereinigten Staaten von Amerika, die erste freiheitliche demokratische Nation der Welt, der rechtmäßigen Sache dieser Völker die gebührende Anerkennung zu erweisen und ihnen bei ihrem edlen Streben nach Unabhängigkeit, Freiheit und Demokratie zur Seite zu stehen.

19., September 2006, Konferenzraum HC-9, US-Kongreß, Capitol Hill, Washington D.C.