Juli 2007
Human Rights Update

Inhalt

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  1. China erhöht den Druck auf ehemaliges Kloster von Tenzin Delek und läßt Sympathisanten festnehmen
  2. Tibetischer politischer Gefangener nach 15jähriger Haftstrafe entlassen
  3. 30 Tibeter nach Zusammenstoss zwischen zwei Bevölkerungsgruppen festgenommen
  4. Restriktionen für die China-Berichterstattung ausländischer Reporter
  5. Die Schaffung der "Neuen sozialistischen Landschaft" ruiniert das traditionelle Nomadentum
  6. Festbesucher unter Androhung von Strafe zum Tragen von Pelzen gezwungen
  7. UN-Generalsekretär schweigt zur Tibetfrage
  8. Literarische tibetische Website geschlossen
  9. Vorsitzender des britischen Menschenrechtsausschusses wird aktiv

China erhöht den Druck auf ehemaliges Kloster von Tenzin Delek und lässt Sympathisanten festnehmen

Wie das TCHRD aus zuverlässigen Quellen erfuhr, verhafteten die chinesischen Behörden des Bezirks Lithang am 18. Juli 2007 eine ältere Tibeterin, die zum Kreis der Sympathisanten des Tulku Tenzin Delek gehörte. Außerdem verboten sie den Mönchen des Klosters Nalanda Thekchen Jangchup Choeling, bei der Einweihungszeremonie der neuen Gebetshalle ein Portrait Tenzin Deleks herumzutragen. 

Am 18. Juli 2007 wurde das buddhistische Fest Choekor Duechen (der Tag, an dem Buddha Shakyamuni seine erste Lehrrede hielt) gefeiert, zu dem zahlreiche Nomaden aus dem Gebiet um das Dorf Othok im Bezirk Lithang, TAP Kardze, herbeiströmten. Sie besuchten gleichzeitig das traditionelle jährliche Pferderennen, das in der Nähe des Klosters stattfindet und eine Unmenge tibetischer Teilnehmer und Zuschauer anzieht. Dieses von Tulku Tenzin Delek erbaute Kloster erhielt seinen Namen von dem X. Panchen Lama (Kham Nalanda Thekchen Jangchup Choeling).

An diesem Tag wurde im Kloster auch eine neu gebaute Gebetshalle (tib. dukhang) eingeweiht. Während der Zeremonie schickten sich Mönche an, ein Portrait des Tulku Tenzin Delek zu einem Thron zu tragen. Wie dem TCHRD berichtet wurde, waren sofort chinesische Behördenvertreter zur Stelle, die den Mönchen Einhalt geboten und denjenigen, der das Bildnis trug, zur Rede stellten. Wie berichtet wird, hat das bei der Zeremonie zahlreich anwesende Publikum deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es die Willkür der Behörden bei der Behandlung der Angelegenheit mißbilligt.

Einen Tag später kamen Sicherheitskräfte ins Dorf Othok und nahmen eine ältere Tibeterin (deren Name uns bislang unbekannt ist) unter der Beschuldigung fest, sie habe die Leute dazu angestiftet, den Tulku an seinem Haftort zu besuchen. Die Offiziellen sollen ferner das Dorfkomitee verwarnt und ihm befohlen haben, seine Leute künftig besser im Zaum zu halten, denn es sei für ihr Verhalten verantwortlich.

Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen setzten die Behörden von Lithang sogar die Bewaffnete Volkspolizei ein und unterstellten das Kloster sowie die ganze Umgebung massiven Einschränkungen. Einige Einwohner von Lithang wollten sich daraufhin nach Chengdu, der Provinzhauptstadt von Sichuan, begeben, um dort bei den übergeordneten Behörden vorstellig zu werden. Es wurde ihnen jedoch strengstens untersagt, sich überhaupt dorthin zu begeben. Eine andere Gruppe von 10 Tibetern aus dem Bezirk Nyachuka, die sich ebenfalls über die Willkür der örtlichen Behörden beschweren wollte, soll festgenommen worden sein. 

Der hochgeachtete tibetische Mönch Tulku Tenzin Delek, der sich energisch für den Umweltschutz, die tibetische Kultur und die Bewahrung des tibetischen Buddhismus engagierte, wurde unter der Anklage verhaftet, für eine Reihe von Bombenexplosionen, zu denen es 2002 in Chengdu kam, verantwortlich zu sein.

Am 7. April 2002 sprach ihn der Mittlere Volksgerichtshof der TAP Kardze, Sichuan, "terroristischer Bombenanschläge und der Aufhetzung zu separatistischen Aktivitäten" schuldig. Am 2. Dezember 2002 wurde er mit zweijährigem Aufschub zum Tode verurteilt. Sein Schüler Lobsang Dhondup wurde wegen „Ausführung eines Bombenattentats“ und „Aufhetzung zum Separatismus“ ebenfalls zum Tode verurteilt.

Beide weigerten sich, das Urteil anzuerkennen und legten vor dem Obersten Gerichtshof von Sichuan Berufung ein, ihr Einspruch wurde jedoch in zweiter Instanz abgewiesen. Am 26. Januar 2003 wurde das Urteil der ersten Instanz bestätigt und Lobsang Dhondup noch am selben Tag hingerichtet.

Am 25. Januar 2005 wandelte der Oberste Gerichtshof der südwestchinesischen Provinz Sichuan das Urteil von Tulku Tenzin Delek in eine lebenslängliche Haftstrafe mit Aberkennung der politischen Rechte um. Es gibt nach wie vor keine zuverlässigen Informationen über seinen Haftort und sein Befinden, was zu großer Sorge Anlaß gibt, denn sein Gesundheitszustand war bereits vor seiner Verhaftung schlecht, und inzwischen sind infolge der schweren Haftbedingungen höchstwahrscheinlich weitere Komplikationen hinzugekommen.

In internationalen Kreisen herrscht breite Übereinstimmung darüber, daß Tulku Tenzin Delek fälschlicherweise verdächtigt wurde, in die Bombenattentate verwickelt zu sein. Sein unermüdlicher Einsatz für die tibetische Kultur und Religion, sein hohes Ansehen unter den Tibetern in der Gegend, seine nicht wankende Loyalität gegenüber dem Dalai Lama und dessen Lehren, seine sozialen Aktivitäten im Bezirk Lithang, wie die Gründung von Schulen, Altenheimen und Klöstern, sowie seine stete Bereitschaft, an der Lösung von Konflikten mitzuwirken, waren den Behörden längst ein Dorn im Auge gewesen, weshalb er schon vor seiner Festnahme unter strikter Überwachung stand.

Das TCHRD ist überzeugt, daß der Tulku unschuldig ist und zu Unrecht mit dem Bombenattentat in Verbindung gebracht wird. Es drängt die chinesische Regierung, Auskunft über seinen Haftort und seinen Gesundheitszustand zu geben und ihn unverzüglich freizulassen. Es fordert ebenso eine Wiederaufnahme des Verfahrens unter fairen und offenen Bedingungen gemäß den internationalen Normen und der allgemein gültigen Rechtspraxis. 

Tibetischer politischer Gefangener nach 15jähriger Haftstrafe entlassen

Wie das TCHRD aus zuverlässiger Quelle erfuhr, haben die chinesischen Behörden in Tibet am 5. Juli 2007 den 58jährigen politischen Gefangenen Thupten Yeshi nach Verbüßung seiner Haftstrafe aus dem Gefängnis Chushul entlassen. Am 30. Juni 1992 hatten Thupten Yeshi und vier Bauern während einer Versammlung in der Gemeinde Gyama, Kreis Meldrogunkar, TAR, öffentlich demonstriert. Am 6. Juli 1992 wurde Thupten als angeblicher Hauptverantwortlicher verhaftet. Thupten wurde als Kind einfacher Bauern in der Gemeinde Gyama geboren. Er hatte kurz vor seiner Verhaftung 1992 geheiratet und war zur Familie seiner Frau gezogen.

Am 30. Juni 1992 hatten sich rund 1200 Menschen, darunter gewichtige Persönlichkeiten aus Gemeinde und Landkreis zu einer Versammlung eingefunden. Mitten in der Veranstaltung stürmten vier Bauern – Lhundup, Sonam Rinchen, Kunchok Lodoe und Sonam Dorjee – mit einer riesigen tibetischen Fahne auf die Bühne und riefen Parolen wie "Freiheit für Tibet", "Chinesen raus aus Tibet" und "Lang lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama". Als daraufhin die Menge unruhig wurde und Chaos ausbrach, mußte die Veranstaltung abgebrochen werden. Innerhalb von 15 Minuten traf die Polizei ein und verhaftete die vier Männer.

Am 6. Juli 1992 wurde auch Thupten Yeshi verhaftet, weil die Ermittler ihn für den Anstifter und Anführer der Protestierenden hielten. 13 Tage lang wurde er im Haftzentrum des Kreises Meldrogunkar festgehalten. Während dieser Zeit durfte ihn seine Frau Tsering Yangchen einmal sehen, jedoch nicht mit ihm sprechen. Später wurde er heimlich nach Gutsa verlegt, wo er fast drei Monate lang inhaftiert war und während der Verhöre unmenschlich mißhandelt und gefoltert wurde.

Nach erschöpfenden Verhören und wiederholten Folterungen der Angeklagten in der Gutsa-Haftanstalt fällte der Mittlere Volksgerichtshof Lhasa am 20. Oktober 1992 das Urteil über die fünf. Sie wurden wegen "Konterrevolutionärer Verschwörung" und "Volksverhetzung mittels reaktionärer Propaganda" zu unterschiedlich langen Strafen verurteilt: Thupten Yeshi, Lhundup und Sonam Rinchen zu jeweils 15 Jahren; Sonam Dorjee und Kunchok Lodroe zu 13 Jahren. Ihnen allen wurden ihre politischen Rechte auf fünf Jahre aberkannt.

Am 20. November 1992 kamen sie nach Drapchi. Thupten Yeshi kam gleich nach seiner Ankunft in Einzelhaft, weil er Gebete rezitiert und sich angeblich geweigert hatte, an der Umerziehung teilzunehmen. Nach Fertigstellung der neuen Strafanstalt Chushul wurden alle fünf im April 2005 dorthin verlegt.

Aus den langjährigen Haftstrafen, die gegen diese fünf Tibeter verhängt wurden, nur weil sie friedlich gegen die chinesische Herrschaft demonstriert hatten, kann man ersehen, mit welcher Härte die Behörden gegen jedwede politische Aktion vorgehen.

Einer der fünf Bauern, Sonam Rinchen, damals Mitte 20, wurde durch die wiederholten Folterungen gesundheitlich so geschädigt und teilweise gelähmt, daß er 1999 in der Haft verstarb. Der fünfte Mann, Kunchok Lodroe, wurde 1996 aus medizinischen Gründen vorzeitig entlassen, doch sein Gesundheitszustand ist nach wie vor miserabel.

Das TCHRD befürchtet, daß auch Thupten Yeshi infolge der langen Haft und der Mißhandlungen, die er durchmachte, bei schlechter Gesundheit sein könnte. 1998 litt er an Nierenproblemen und hatte am ganzen Körper einen Ausschlag, weshalb man ihn schließlich in das Militärkrankenhaus Xizang in der Nähe von Drapchi brachte und stationär behandelte. Noch ehe er wieder gesundet war, holte man ihn in schlechter Verfassung wieder ins Gefängnis zurück.

Auf Grund der Tatsache, daß in den von China verwalteten Haftanstalten systematisch gefoltert und mißhandelt wird, ist das TCHRD äußerst besorgt über das Befinden und die Sicherheit der politischen Gefangenen, die schwerste Folterungen erdulden müssen. Ein ehemaliger Insasse von Drapchi weiß zu berichten, daß Thupten Yeshi wahren Patriotismus und Mut besaß: "Er ist sehr zäh, robust und weicht selbst nach harter Bestrafung nicht von seinem Standpunkt ab. Er ist bis ins Innerste ein tibetischer Patriot".

Das TCHRD macht sich große Sorgen wegen des unmenschlichen Umgangs der VR China mit politischen Gefangenen. Die Tatsache, daß über 89 Gefangene infolge von Folter und Mißhandlungen starben, ist alarmierend und verlangt nach umfassenden Untersuchungen durch unabhängige Gremien. 

Für das TCHRD ist die Freilassung bekannter tibetischer politischer Gefangener kein Anzeichen für eine wie auch immer geartete Verbesserung der Menschenrechtslage in Tibet. Indem es sich dem Appell des Sonderberichterstatters anschließt, fordert das Zentrum die Freilassung von Jigme Tenzin, Jigme Gyatso, Lobsang Tsultrim (sie verbüßten alle langjährige Haftstrafen im Gefängnis Chushul), denn „sie wurden aus politischen Gründen verurteilt und ihre Aussagen wurden vermutlich durch Folter erzwungen“. Dieses Jahr dokumentierte das TCHRD 116 Fälle von namentlich bekannten politischen Häftlingen, die in den Gefängnissen Tibets einsitzen.

Wenn China es mit der Verbesserung der Menschenrechtslage ernst meinte, müßte es alle politischen und Gewissensgefangenen sofort freilassen.

30 Tibeter nach Zusammenstoss zwischen zwei Bevölkerungsgruppen festgenommen

Bestätigten Informationen an das TCHRD zufolge kam es am 27. Juni 2007 in der Siedlung Yagra im Bezirk Sog, Präfektur Nagchu, TAR, zu einem Konflikt zwischen muslimischen Migranten chinesischer Herkunft und tibetischen Jugendlichen, die gegen das anmaßende Verhalten dieser Händler protestierten. 30 Tibeter wurden daraufhin verhaftet.

Der Streit brach im Zusammenhang mit dem Geschäft um den Raupenkeulenpilz (tib. yartsa gunbu, botanischer Name: cordyceps sinensis), einem tibetischen Heilgewächs, aus. Wie berichtet, soll eine Gruppe chinesisch-muslimischer Händler zwei tibetische Jugendliche gefesselt und verprügelt haben. Daraufhin strömten mehrere Hundert tibetische Jugendliche zusammen, um gegen die Mißhandlung der beiden zu protestieren. Chinesische Behörden nahmen 30 der protestierenden Tibeter von der Siedlung Yagra fest.

Um die Bevölkerung zu beruhigen, ersuchten die Behörden den hochangesehenen Abt des Klosters Sog Tsenden um Vermittlung. "Ohne die Hilfe des Rinpoche hätte die Sache ein böses Ende nehmen können. Nur dank seiner Intervention kehrte die Ruhe wieder ein", meinte ein Einwohner dem TCHRD gegenüber. Die Läden der chinesischen Zuwanderer in der Siedlung Yagra blieben nach dem Vorfall für einen Tag geschlossen.

Der Groll der Tibeter gegenüber den zugewanderten Händlern ist geradezu greifbar, und ein Funke genügt, um einen Protest auszulösen. Häufig sind die Gleichgültigkeit und Mißachtung, welche die offiziellen Stellen gegenüber den Problemen der Tibeter an den Tag legen, der Auslöser. Heutzutage sind das Sammeln und der Verkauf von yartsa gunbu in vielen Gegenden Tibets zu einem lukrativen Geschäft geworden, obwohl viele Tibeter es als eine unheilsame Tätigkeit betrachten und darauf herabschauen.

Viele Bewohner dieser Gegend, die zumeist Nomaden sind, haben jedoch keine andere Wahl, da sie angesichts des sich ständig verringernden Weidelandes und der von den Behörden auferlegten Beschränkung der Anzahl der Tiere pro Haushalt ihren Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften können. In den letzten Jahren haben sich immer mehr chinesische Einwanderer in dieses lukrative Geschäft gedrängt, was die Probleme der ortsansässigen Tibeter zusätzlich verschärft.

Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art im Bezirk Sog. Bereits 1993 kam es zu einem großen Zusammenstoß zwischen ortsansässigen Tibetern und zugewanderten muslimischen chinesischen Händlern. Zahlreiche Tibeter protestierten damals gegen die Anwesenheit der Zuwanderer in ihrer Gemeinde. 2004 protestierten wieder Tibeter aus dem Dorf Tsaray in der in Sog gelegenen Gemeinde Yagra zwei Tage lang gegen den in ihrer Gegend von Chinesen betriebenen Bergbau. Es kam zu einem Zwist zwischen Tibetern und Behördenvertretern.

Da bisher keine Informationen über die 30 Verhafteten vorliegen, bringt das TCHRD seine Besorgnis wegen ihres Gesundheitszustandes und ihres Aufenthaltsortes zum Ausdruck.

Restriktionen für die China-Berichterstattung ausländischer Reporter

Wie Asia Bureau berichtet, werden ausländische Journalisten in China nach wie vor bedroht, schikaniert und gar festgenommen, obwohl die Regierung eine ungehinderte Berichterstattung zugesichert hat. Die entsprechenden Neuregelungen traten in Kraft, nachdem China das Rennen um die Olympischen Spiele 2008 gewonnen hatte. In Siegesstimmung versprach die Volksrepublik freie Berichterstattung in ganz China.

Berichten zufolge schüchtert die chinesische Regierung ausländische Journalisten nach wie vor ein, indem sie sie nach ihren Quellen ausfragt und bedroht, wenn sie mißliebige Geschichten oder Artikel veröffentlichen.

Der Foreign Correspondents Club of China (FCCC) gab eine neue Untersuchung heraus, nachdem am 1. Januar die liberalisierte Regelung in Kraft trat, die ausländischen Korrespondenten angeblich Bewegungsfreiheit und freie Berichterstattung gestattet. Die angesehene Kolumnistin und Chinaspezialistin von Newsweek, Melinda Lui, die gegenwärtig auch Präsidentin des FCCC ist, sagte: "Wir fordern von der chinesischen Regierung verstärkte Bemühungen zur Abschaffung aller Medienrestriktionen… Ein Staat, in dem Bürger, die mit ausländischen Korrespondenten reden, bedroht werden, Repressalien erfahren oder gar körperlich angegriffen werden, entspricht nicht den Erwartungen, die der Rest der Welt an das Gastgeberland der Olympischen Spiele stellt".

Erst kürzlich schloß die chinesische Regierung in einem für viele überraschenden Schritt ein bekanntes, in Peking erscheinendes Informationsblatt zu Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsthemen, das seit 1995 von dem britischen Journalisten Nick Young veröffentlicht wurde. Youngs Blatt war als hochgradig authentisch, unparteiisch, informativ und unkontrovers bekannt. Die chinesische Regierung verbot es nun wegen angeblicher illegaler Berichterstattung.

Ausländische Journalisten, die aus brisanten Regionen wie Tibet, Xinjiang oder der Inneren Mongolei berichten, haben mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. China hat im Vorfeld zur Pekinger Olympiade 2008 viele Versprechungen abgegeben, aber es hat noch einen weiten Weg vor sich, bevor sie erfüllt sind.

Die Schaffung der "Neuen sozialistischen Landschaft" ruiniert das traditionelle Nomadentum

Jigme Lhunthok, ein Mönch aus der Provinz Gansu, schilderte dem TCHRD kürzlich, welchen Problemen sich die tibetischen Nomaden durch die chinesische Kampagne der "Schaffung einer neuen sozialistischen Landschaft" gegenübersehen.

Wie er berichtet, führte die regionale Verwaltung neue Vorschriften für die Zuteilung von Weideland an die Nomaden ein. Gleichzeitig haben die Behörden mit dem Bau von Häusern für die Nomaden begonnen, um sie seßhaft zu machen.

Die Einführung neuer Vorschriften für das Weideland hat zu Streit, Fehden und Zusammenstößen zwischen einzelnen Nomaden und Nomadengruppen geführt, in die zuweilen auch ganze Klöster und die Allgemeinheit involviert sind. Ein Streit zwischen Nomaden darüber, wo sie ihre Tiere weiden lassen, führte beispielsweise zu einem Zusammenstoß zwischen den Gemeinschaften Zogey Chor und Gungtso über die Besitzrechte am Weideland. Bald schon eskalierte ein kleiner Streit wie dieser zu gewaltsamen Handlungen zwischen den beiden nomadischen Gemeinschaften.

Schließlich intervenierten die Gemeindevorsteher, um den Streit zu schlichten. Obwohl die Lage sich beruhigt hat, sind die früher so harmonischen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinschaften nun nachhaltig gestört, zumal auch für die Zukunft Konflikte über Weiderechte vorprogrammiert sind.

Seitdem die chinesische Regierung 2005 in der Gemeinde Mewo mit dem Bau von neuen Häuserblocks für die Ansiedelung der Nomaden begonnen hat, gibt es auch dort Probleme. Bisher wurden etwa 80 Häuser fertiggestellt, um die Nomaden seßhaft zu machen, und weitere zu demselben Zweck sind im Bau. Die Regierung verfolgt einen langfristig angelegten Plan, die Nomaden in Siedlungen zusammenzufassen, womit sie von ihrem traditionellen Lebensstil Abschied nehmen müssen. Wegen der ihnen drohenden Umsiedlung haben die fünf Familien der Nomadengemeinschaft Gesar bereits ihre Herden verkauft.

Im Rahmen der Kampagne "Neue sozialistische Landschaft" hat die chinesische Regierung den tibetischen Nomaden eindringlich geraten, sie sollten ihren tradierten Lebensstil, den sie als primitiv und unproduktiv bezeichnet, aufgeben und sich statt dessen dem „blühenden städtischen Leben" zuwenden. Infolgedessen sind nun Hunderttausende Nomaden „auf der Suche nach Chinas neuem städtischen Paradies“ in die Siedlungen gezogen.

Sie wurden jedoch in ihren Erwartungen enttäuscht, der abrupte Bruch mit ihrer traditionellen Lebensweise erwies sich für sie als ernüchternd und traumatisch. Das neue Leben in der Stadt sah für sie so aus, daß sie untergeordnete Jobs auf Baustellen annehmen mußten, um überhaupt überleben zu können. Bald mußten sie jedoch feststellen, daß sie schlechter als chinesische Arbeiter bezahlt und diskriminiert werden. Enttäuscht von solch schlechten Aussichten in einer städtischen Umgebung, kehren sie nun zu ihrem tradierten nomadischen Leben zurück.

Anfangs machte die chinesische Regierung den Nomaden vor, sie müßten keinen Groschen für die neuen Häuser bezahlen, aber später wurden für das Hausprogramm zwischen 10 - 20.000 Yuan von ihnen gefordert. Angesichts der herrschenden Zustände sind die tibetischen Nomaden nun in großer Sorge um ihre Zukunft. Sie mußten ihre jahrhundertelang hochgeschätzte Lebensweise übergangslos aufgeben, während das neue urbane Leben ihnen keinerlei Hoffnung und Zukunftsaussicht gibt. Von dieser Hoffnungslosigkeit ist jetzt die Stimmung unter den tibetischen Nomaden geprägt. Die von der chinesischen Regierung eingeführten neuen Regeln für die Verteilung des Weidelandes und die "Schaffung der neuen sozialistischen Landschaft" erweisen sich für die tibetischen Nomaden sowohl für die Gegenwart als auch auf längere Sicht gesehen als verheerend und tragisch.

Festbesucher unter Androhung von Strafe zum Tragen von Pelzen gezwungen

Tibeter, die in der Region Yushu das jährliche Pferderennen besuchten, wurden von den Behörden angehalten, mit Pelzen besetzte traditionelle Kleidung zu tragen. Der Hintergrund dafür ist der Appell des Dalai Lama an die Tibeter, keine Tierfelle mehr zu tragen, den er vergangenes Jahr in Indien ausgesprochen hatte. Berichten zufolge müssen Tibeter, die dieser behördlichen Anordnung nicht nachkommen, mit Geldstrafen oder anderen Schikanen rechnen.

Durch dieses Vorgehen möchte die chinesische Führung in Tibet dem Einfluß der sogenannten "separatistischen Kräfte" und der "Dalai Clique" entgegnen und ihre Macht beweisen.

In TimesOnline schreibt Macartney: „Tsedang ist unwillig, seine pelzbesetzte traditionelle Chuba für das jährliche Pferderennen in Yushu anzulegen, weil der Dalai Lama es nicht will. Aber der 20jährige Student hat keine andere Wahl. Die Regierung im fernen China hat angeordnet, daß er gegen den Willen seines spirituellen Oberhaupts handeln muß.

Er sagte der Times: ‚Ich will diesen Pelz nicht tragen, aber ich werde dazu gezwungen. Es ist eine Anordnung der Regierung. Es ist mir zuwider, diese Kleidung zu tragen. Es ist schrecklich für mich. Der Dalai Lama hat gesagt, wir sollen keine Pelze tragen’. Er dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern: ‚Weißt Du, der Dalai Lama ist unser König’.“

Tausende Tibeter haben sich nach oft tagelangen Reisen in der Prärie versammelt und in dieser entlegenen Ecke des westlichen Amdo ihre Zelte auf den Hängen um das Festgelände errichtet, um das jährliche Pferderennen zu feiern. Besucher, die der Anordnung nicht nachkommen, müssen bis zu 3000 Yuan (200 €) Geldstrafe zahlen. Das ist ein enormer Betrag für normale Tibeter.

Während der Kalachakra-Belehrungen (das Rad der Zeit) im Januar vergangenen Jahres in der indischen Stadt Amravati in Andhra Pradesh mahnte der Dalai Lama die vielen tausend anwesenden Tibeter, künftig keine Pelze oder Pelzbesätze an ihrer Kleidung mehr zu tragen. Innerhalb des widerspenstigen Tibets bewirkte dieser Appell, daß die Tibeter ihren Gehorsam ihrem Oberhaupt gegenüber öffentlich bewiesen, als Tausende von ihnen Pelze im Wert von Millionen Dollar verbrannten. Die chinesischen Behörden waren von diesen Vorgängen wie überrumpelt. Um dem Einfluß und der spürbaren Gegenwart des Dalai Lama entgegenzuwirken, ordneten sie schließlich an, daß die Tibeter Pelzkleidung zu tragen hätten – als Ausdruck der Mißachtung gegenüber dem Dalai Lama. Sogar die Nachrichtensprecher im staatlichen tibetischen Fernsehen mußten Pelzbesätze an ihrer Kleidung tragen.

Im heutigen Tibet ist der Besitz und das öffentliche Zeigen von Portraits des Dalai Lama untersagt. Diese Entwicklung ist Teil der kontinuierlichen chinesischen "Anti-Dalai-Lama" Kampagne in Tibet.

UN-Generalsekretär schweigt zur Tibetfrage

Dem UN-Watch-Bericht zufolge verfiel UN-Generalsekretär Ban Ki-moon auf eine Frage des ehemaligen Korrespondenten von Le Monde und Autors mehrerer Bücher über die Vereinten Nationen und Menschenrechte, Jean-Claude Buhrer, in beredtes diplomatisches Schweigen. Buhrer stellte seine Frage anläßlich der ersten Genfer Pressekonferenz Bans seit seiner Amtsübernahme am 2. Juli 2007, wurde von diesem aber komplett ignoriert.

Im Anschluß an die Sitzung ging Buhrer gemeinsam mit einer Gruppe von Journalisten auf den Generalsekretär zu und stellte seine Frage zu Tibet: "Herr Generalsekretär, die UNO ist mit der Unabhängigkeit des Kosovo befaßt. Gleichzeitig befindet sich eine der ältesten Nationen der Welt, Tibet, immer noch unter fremder Besatzung und ist seit der chinesischen Invasion in den 50er Jahren eine der letzten Kolonien auf der Welt. Was haben Sie zur Umsetzung der UN-Resolutionen zur Selbstbestimmung für Tibet zu sagen? Und was werden Sie als Generalsekretär tun, um eine friedliche Lösung zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama herbeizuführen? Sind Sie bereit zu einem Treffen mit dem Träger des Friedens-Nobelpreises, der für Gewaltlosigkeit eintritt, oder ist den Vereinten Nationen mehr daran gelegen, diejenigen, die vor Gewalt nicht zurückschrecken, zu belohnen?"

Nachdem Herr Ban aufmerksam zugehört hatte, setzte er zu einer Erwiderung an, wurde jedoch augenblicklich von seiner Sprecherin Michèle Montas unterbrochen.

Literarische tibetische Website geschlossen

Wie RFA berichtet, haben die Behörden in der nordchinesischen Stadt Xian eine von einem Tibeter unterhaltene literarische Website geschlossen, weil sie angeblich "politische" Inhalte enthalten habe. Über 800 Nutzer sollen im Forum der populären Site mit dem Namen "Die Lampe" registriert gewesen sein.

Die Website wurde am 4. Juli von der Internetpolizei geschlossen. Der Verfasser der Website schilderte RFA: „Als wir bei der Firma anriefen, von der wir die Website gekauft hatten, sagte man uns, die chinesische Internetpolizei hätte vermutlich politische Inhalte auf ihr entdeckt und deshalb die Site geschlossen".

Der chinesische Provider kennt den genauen Grund für die Schließung allerdings nicht. Ein Mitarbeiter der im Staatsbesitz befindlichen Xian Technology Ltd. (die Websites verkauft und vertreibt) verweigerte jeden Kommentar zu der Schließung.

Die Tibeter, die ihre Beiträge auf diese Website gestellt hatten, waren wütend und frustriert. Einer von ihnen sagte: "Die plötzliche Schließung dieser Website hat zahlreiche junge tibetische Leser schwer enttäuscht. Viele von ihnen haben dies bereits auf einer anderen tibetischsprachigen Website namens Tibetische Sprache kundgetan. Mehrere College-Studenten haben angerufen und uns mitgeteilt, wie sehr sie unsere Site vermissen".

China übt über den freien Informationsfluß weiterhin strikte Kontrolle aus.

Vorsitzender des britischen Menschenrechtsausschusses wird aktiv

Der britische Abgeordnete und Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses der konservativen Partei, Stephen Crabb, hat an den neuen für Afrika, Asien und die Vereinten Nationen zuständigen Minister im Kabinett Gordon Browns, Mark Malloch Brown, geschrieben, um dessen Augenmerk auf internationale Menschenrechtsfragen zu richten:

„In Ihrer neuen Position haben Sie eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten, darunter Menschenrechte, globale Fragen, die UN, den Commonwealth, Afrika und Asien. Ich würde gerne mit der Frage an Sie herantreten, inwieweit Sie zusichern können, daß Menschenrechtsbelange unter all ihren sonstigen wichtigen Aufgaben Priorität genießen.

Angesichts Ihrer Zuständigkeit für die UN und auf Grund Ihrer reichhaltigen Erfahrungen mit dieser Institution möchte ich Sie fragen, auf welche Weise Sie die Förderung und Verteidigung der Menschenrechte innerhalb der UN-Strukturen voranzutreiben gedenken und ob von Ihnen neue Vorschläge für die Reformierung und Stärkung der UN im Hinblick auf den Schutz der Menschenrechte zu erwarten sind."

Crabb nannte hier insbesondere auf die Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea, Burma, Sudan, Tibet, Iran, Cuba, Belarus, Vietnam und Sri Lanka sowie die Diskriminierung der Dalits in Indien.