Dezember 2006
Human Rights Update

Inhalt:

Version in pdf

Ein kurzer Rückblick auf die Aktivitäten des TCHRD in den vergangenen zehn Jahren (1996-2006)
    1. Menschenrechtsarbeit in Tibet
    2. Die Veröffentlichung und Verbreitung von Berichten
    3. Programme für die Exilgemeinschaft
    4. Beteiligung an internationalen Konferenzen und Sitzungen
    5. Finanzielle Unterstützung
    6. Verwaltung
    7. Beihilfen für ehemalige politische Gefangene
    8. Die Mitarbeiter des Zentrums
    9. Pläne für die Zukunft
   10. Veröffentlichung des Zehnjahresberichts
Lebenslauf des ehemaligen politischen Gefangenen Chime Tsering
Internationaler Tag der Menschenrechte
Kaum Tibeter auf Leitungsebene im KP-Komitee von Lhasa vertreten
Nancy Pelosi ruft zu weltweiter Unterstützung für die tibetische Sache auf
UN-Beobachterin drängt auf Diskussion über die Menschenrechtsverletzungen in Tibet

Ein kurzer Rückblick auf die Aktivitäten des TCHRD in den vergangenen zehn Jahren (1996-2006)

Am 10. Dezember jährte sich die Gründung der Vereinten Nationen zum 58. Mal. An diesem Tag wurde im Jahr 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Gleichzeitig begeht man am 10. Dezember den Internationalen Tag der Menschenrechte.

Da das TCHRD am 10. Dezember 1996 gegründet wurde und somit sein zehnjähriges Bestehen feiert, möchten wir an diesem denkwürdigen Tag alle herzlich grüßen und insbesondere all den internationalen Organisationen, Freunden und Einzelpersonen, die uns in bewundernswerter Weise unterstützt haben, unsere Dankbarkeit bekunden. Ganz besonders möchten wir der Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland für ihre nicht nachlassende großzügige finanzielle Unterstützung danken.

Wenn wir uns die bisherigen Leistungen unseres Zentrums vergegenwärtigen, scheint uns, daß wir mit unserer Arbeit und unseren Kampagnen beachtliche Erfolge erzielt und reichliche Erfahrung gesammelt haben. Dennoch möchten wir uns nicht mit dem Erreichten zufriedengeben, sondern uns noch mehr anstrengen, damit dem tibetischen Volk die ihm zustehenden Rechte gewährt und seine Situation besser werde. Auch in Zukunft werden wir unser ganzes Engagement, unsere Kraft und unsere Arbeit der Wiederherstellung der Menschenrechte in Tibet widmen.

Wir freuen uns, einen kurzen Überblick über das Wirken unseres Zentrums in den vergangenen zehn Jahren vorstellen zu können. Er konzentriert sich auf die beiden Säulen unserer Arbeit: die Beobachtung der Menschenrechtslage in Tibet und die Durchführung von Kampagnen in der tibetischen Exilgemeinschaft, damit ihr Bewußtsein für Menschenrechte und Demokratie geschärft werde.

1. Menschenrechtsarbeit in Tibet

Gemäß den Hauptzielsetzungen des Zentrums beobachten, fördern und recherchieren wir die Menschenrechtslage in Tibet. Die Resultate unserer Nachforschungen werden der Menschenrechtskommission der Vereinen Nationen, internationalen Menschenrechtsorganisationen, Regierungen, NGOs usw. objektiv zur Kenntnis gebracht. Unsere Nachrichten bezüglich der Menschenrechtsverletzungen in Tibet werden durch unterschiedliche Medien und auf verschiedenen Wegen verbreitet, damit sie möglichst breite Beachtung finden. Sowohl der monatliche Newsletter als auch der Jahresbericht kommen in englischer und in tibetischer Sprache heraus. Ferner veröffentlichen wir zeitnahe Presseerklärungen und Sonderberichte zu einschlägigen Themen.

Das TCHRD wird heute in den Berichten und Veröffentlichungen einer ganzen Reihe von Institutionen und Organisationen zitiert und als wichtiger Anwalt und Beobachter der Menschenrechtssituation in Tibet gewertet. Ebenso nennen zahlreiche Medien, Menschenrechtsorganisationen und Regierungsstellen das TCHRD als Quelle ihrer Informationen.

2. Die Veröffentlichung und Verbreitung von Berichten

Die massiven Menschenrechtsverletzungen, welche die chinesischen Behörden in Tibet begehen, werden in den Sonder- und Jahresberichten dokumentiert. Das Zentrum besorgt ferner jedes Jahr die Veröffentlichung der Lebensläufe von ehemaligen tibetischen politischen Gefangenen. Seit 1996 hat es zehn Jahresberichte in englischer und tibetischer Sprache sowie 21 Sonderberichte auf Englisch und fünf Biographien ehemaliger politischer Gefangener herausgegeben.

Zudem gestalten wir CDs, Poster und Kalender mit Menschenrechtsthemen, die wir kostenlos zur Verfügung stellen. Zur Förderung des Demokratiebewußtseins in der Exilgemeinschaft nutzen wir alle gängigen Druck- und elektronischen Medien und sprechen Themen an, welche die im Exil lebenden Tibeter unmittelbar betreffen. Vor einigen Jahren startete das Zentrum seine eigene Website, um auf diesem Wege die Leser mit aktuellen Informationen über die Menschenrechtslage in Tibet zu versorgen.

3. Programme für die Exilgemeinschaft

Jedes Jahr werden Workshops zu Menschenrechtsfragen für Studenten, Führungskräfte, Lehrer usw. veranstaltet. Diese eine Serie bildenden "Aufklärungsgespräche" sind auf die breite Öffentlichkeit ausgerichtet und sollen den einfachen Tibetern die Grundlagen und Grundsätze der Menschenrechte und Demokratie nahebringen. Wir bemühen uns darum, die breite Masse zu erreichen, indem wir in die tibetischen Siedlungen fahren und dort die Leute über Menschenrechte und Demokratie informieren. Zu besonderen Gelegenheiten wie dem Tibetischen Tag der Demokratie arrangieren wir Expertengespräche, organisieren öffentliche Diskussionen und führen Debatten durch. Die genannten Aktivitäten der letzten Jahre dienen nur dem einen Zweck, nämlich der Öffentlichkeit eine Plattform zu bieten und die Menschen für die Teilnahme an unserem Demokratisierungsprozeß zu gewinnen. Zu den Parlamentswahlen und der Wahl des Kalon Tripa haben wir Broschüren herausgebracht, die sich mit Demokratie, dem Ablauf der Wahlen und dem Demokratisierungsprozeß in der Exilgemeinschaft befassen. Zu alledem erhalten wir immer wieder aktive Unterstützung von freiwilligen Helfern aus aller Welt.

4. Beteiligung an internationalen Konferenzen und Sitzungen

Wenn bei den jährlichen Sitzungen der UN-Menschenrechtskommission in Genf, die inzwischen vom UN-Menschenrechtsrat abgelöst wurde, die Menschenrechtsverletzungen in Tibet zur Sprache kommen, ist das Zentrum regelmäßig mit dabei. Auch bei internationalen Konferenzen zu Menschenrechts- und Demokratiefragen versuchen wir immer wieder, die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Menschenrechtslage in Tibet zu lenken. So war es uns beispielsweise möglich, an der Internationalen Konferenz zur Rassendiskriminierung, die 2001 im südafrikanischen Durban stattfand, in unserem eigenen Namen teilzunehmen, obwohl die chinesische Regierung massiv dagegen opponiert hatte.

5. Finanzielle Unterstützung

Für uns als Nichtregierungsorganisation ist der finanzielle Aspekt von größter Bedeutung. Seit der Gründung des Zentrums im Jahr 1996 ist die Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland unser wichtigster Förderer, der uns finanzielle Unterstützung zukommen läßt. Andere Organisationen helfen uns bei kleineren Projekten. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen und uns ganz herzlich bei all diesen für ihre dauerhafte Unterstützung bedanken, und wir hoffen, daß sie uns auch weiterhin zur Seite stehen werden.

6. Verwaltung

Das Zentrum ist eine nicht auf Gewinn orientierte und in Indien eingetragene Nichtregierungsorganisation. Seine Heiligkeit der Dalai Lama ist unser Schirmherr und steht gleichzeitig unserem Beratungsgremium vor. Außerdem gehören diesem mehrere herausragende Persönlichkeiten aus verschiedenen Ländern an. Der Vorstandsvorsitzende wird von Seiner Heiligkeit ernannt. Der Vorstand trägt die Verantwortung für die Entscheidungen und die Arbeit des Zentrums. Das Exekutivkomitee untersteht der Aufsicht des Vorstands. Der Geschäftsführer ist für den reibungslosen Ablauf der täglichen Geschäfte des Zentrums zuständig.

7. Beihilfen für ehemalige politische Gefangene

Gemeinsam mit externen Geldgebern leistet das Zentrum ehemaligen tibetischen politischen Gefangenen finanzielle Hilfestellung. Die New Zealand Friends of Tibet haben bereits 80 ehemalige politische Gefangene unterstützt. Derzeit stellt New Zealand Aid 22 ehemaligen politischen Gefangenen eine monatliche Beihilfe von jeweils 500 Rupien zur Verfügung. Das von der Global Peace Foundation gesponsorte JAMPA-Projekt läuft seit 2004. Im Rahmen dieses Projekts erhielten bisher 13 ehemalige politische Gefangene monatliche Zuwendungen von je 900 Rupien, während gegenwärtig 10 weitere Ex-Gefangene diese Unterstützung genießen.

Das Comite de Soutien au Peuple Tibétain in Frankreich hat kürzlich seine Zusage für Stipendien zugunsten ehemaliger politischer Gefangener bestätigt, und mittlerweile erhalten die ersten 49 Personen monatliche Zuwendungen.

8. Die Mitarbeiter des Zentrums

Der erste Geschäftsführer des Zentrums war Lobsang Nyendak Zayul, der sein Amt 1996 antrat. Bis vor kurzem war er Kalon der Exilregierung. 2002 wurde Frau Tsewang Lhadon seine Nachfolgerin. Der derzeitige Geschäftsführer ist Urgen Tenzin, ein früherer Abgeordneter im tibetischen Exil-Parlament.

Seit 1996 sind 13 Mitarbeiter ausgeschieden, manche von ihnen aus persönlichen Gründen, andere um ihre Ausbildung fortzusetzen. Gegenwärtig setzt sich das Personal des Zentrums aus dem Geschäftsführer, seinem Stellvertreter, zwei Rechercheuren, Fachleuten für UN-Angelegenheiten, einem Sprecher, zwei Außendienstmitarbeitern, zwei Büroschreibkräften und einem Fahrer zusammen. Insgesamt haben wir12 Mitarbeiter, während die Zahl der Mitglieder weltweit 1080 beträgt. Alle Mitglieder erhalten die monatlichen Newsletter und andere Veröffentlichungen.

8. Pläne für die Zukunft

Wir freuen uns über unsere Erfolge und möchten unsere Arbeit auch künftig kompetent und engagiert gestalten. Wir werden uns weiterhin mit unserer ganzen Kraft dafür einsetzen, daß die Tibeter in Tibet in den Genuß von Freiheit, Glück und Menschenrechten kommen, so wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben ist.

9. Veröffentlichung des Zehnjahresberichts

Anläßlich des 10. Jahrestags seiner Gründung gab das TCHRD am 10. Dezember 2006 in Dharamsala seinen Zehnjahresbericht mit dem Titel "TCHRD 1996-2006 – Menschenrechtsrecherchen aus zehn Jahren" heraus. Es geht darum um Themen wie die "Hartdurchgreif-Kampagne“, die "Patriotische Umerziehung", diverse Aktionen gegen religiöse Würdenträger, um Bildungspolitik, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Probleme sowie um die Zerstörung der Umwelt.

Lebenslauf des ehemaligen politischen Gefangenen Chime Tsering

Der 34 Jahre alte Chime Tsering wurde im Dorf Namgyal, Landkreis Gongkar, Präfektur Lhoka, TAR, geboren und trat mit acht Jahren in die Dorfschule ein. Nach dem Abschluß der sechsten Klasse trat er auf Wunsch seiner Eltern in das in der Präfektur Lhoka gelegene Kloster Sungrab-ing ein und studierte dort vier Jahre lang buddhistische Philosophie und verschiedene religiöse Schriften.

Gemeinsam mit fünf anderen Mönchen aus seinem Kloster brachte er 1989 in mehreren Gegenden von Lhoka, insbesondere an der örtlichen Polizeiwache und diversen Regierungsgebäuden, Plakate an, auf denen die Unabhängigkeit Tibets gefordert wurde. Die Polizei fahndete damals massiv nach den Tätern, konnte sie aber nicht ausfindig machen.

Im März desselben Jahres machte sich Chime mit fünf anderen Mönchen wiederum auf, um Regierungsgebäude mit Unabhängigkeitsplakaten zu bekleben. Sie zerrissen die dort hängenden offiziellen Wandzeitungen und brachten statt dessen ihre Poster an, auf denen sie "Freiheit für Tibet" forderten. Diesmal wurden sie von Polizisten beobachtet, die auf sie schossen. Es wurde zwar niemand verletzt und alle konnten entkommen, aber einem Polizisten fiel auf, daß sich unter den Flüchtenden auch ein Mönch befand.

Am nächsten Tag kamen Polizisten und Soldaten ins Kloster Sungrabling und riefen alle Mönche zusammen. Bei der anschließenden Durchsuchung fanden sie in einem Zimmer Unabhängigkeitsplakate. Zwei Mönche wurden deshalb auf Verdacht festgenommen, ebenso wie einer, der während der Versammlung "Freiheit für Tibet" gerufen hatte. Aber diese Mönche hatten nichts mit Jigme und seinen Freunden zu tun, die die Plakate angebracht hatten. Der einzige aus der Gruppe, der zu diesem Zeitpunkt verhaftet wurde, war Yeshi Damdul.

Vier Tage später wurden dann Yeshi Ngawang und Tsultrim Jampa in Haft genommen. Danach folgten Yeshi Tsering, Paljor Choegyal und Chime. Sie wurden ins Haftzentrum des Landkreises Gongkar gebracht und 15 Tage lang gründlich verhört, bevor man sie ins Haftzentrum der Präfektur Lhoka verlegte. Dort wurden sie wieder intensiv verhört.

Im November 1989 wurden sie vom Mittleren Volksgerichtshof der Präfektur Lhoka wegen "Konterrevolutionärer Aktivitäten" und "Aufhetzung zu regierungsfeindlicher Propaganda" verurteilt. Chime bekam zwei Jahre Haft, Yeshi Ngawang und Yeshi Damdul fünf Jahre, Yeshi Tsering wurde zu vier Jahren verurteilt und Tsultrim Jampa sowie Paljor Choegyal zu je drei Jahren. Zur Verbüßung ihrer Haft wurden sie nach Drapchi verlegt, wo sie harte Zwangsarbeit leisten mußten und grausam gefoltert wurden.

Nachdem Chime 1991 aus der Haft entlassen worden war, durfte er nicht mehr in sein Kloster zurückkehren. Daher wurde er in der Gegend von Lhasa als Kleinhändler tätig und eröffnete später in der Präfektur Kongpo gemeinsam mit seinem früheren Mitgefangenen Dawa Tsering ein kleines Restaurant. Dawa stammte aus Phenpo und war ebenfalls aus politischen Gründen inhaftiert. Nach einem Jahr wurde Dawa wegen seiner politischen Aktivitäten erneut inhaftiert und zu vier Jahren Haft verurteilt.

Da die Behörden die Schließung des Lokals anordneten, hatte Chime nichts mehr, wovon er leben konnte und seine Bewegungsfreiheit war auch erheblich eingeschränkt. Weil er in Tibet kein normales Leben führen konnte, floh er 2002 über Sharkhumbu nach Nepal und traf schließlich im tibetischen Empfangszentrum in McLeod Ganj in Dharamsala ein. Er besuchte zwei Jahre lang die Sherab Gatsel Lobling-Schule und studiert derzeit an einem Institut der Gu-chu-sum-Bewegung von Tibet (Vereinigung ehemaliger politischer Gefangener).

Internationaler Tag der Menschenrechte

Am 10. Dezember 2006 begeht man zum 58. Mal den Internationalen Tag der Menschenrechte. Und an eben diesem Tag feiert das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) den zehnten Jahrestag seiner Gründung. Ein Jahrzehnt lang war das Zentrum unermüdlich bestrebt, auf die Lage der Menschenrechte in Tibet hinzuweisen. In den vergangenen zehn Jahren hat das TCHRD keine Mühe gescheut, um die Menschenrechtsverletzungen in Tibet aufzudecken und die Welt von den Ergebnissen seiner Nachforschungen in Kenntnis zu setzen. Heute, an der Schwelle zu einer weiteren Dekade seiner Menschenrechtsarbeit, bleibt das TCHRD der Verwirklichung seines Auftrags treu verpflichtet.

Im Jahr 2006 wurde über diverse Menschenrechtsverletzungen aus Tibet berichtet, die sowohl die bürgerlichen und politischen als auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des tibetischen Volkes betrafen. Willkürliche Festnahmen, Inhaftierung und Gefangenschaft erreichen dort nach wie vor erschreckende Ausmaße. Besonders kraß wurde die Notlage des tibetischen Volkes der internationalen Gemeinschaft am 30. September vor Augen geführt, als die Welt von den kaltblütigen Todesschüssen am Nangpa Paß im Himalaya erfuhr. Ein Video, Fotos und Aussagen unabhängiger Bergsteiger legten Zeugnis ab vom brutalen Vorgehen der Chinesen, das auf den Fluchtrouten über die hohen Himalaya-Pässe eine regelmäßige Erscheinung ist. Trotz des Schocks und der Verurteilung des Vorfalls durch Einzelpersonen, NGOs und Diplomaten weltweit, ist das Zentrum enttäuscht darüber, daß sich das Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte dazu gänzlich in Schweigen hüllt.

Im Mai 2006 beschlossen hochrangige Vertreter der Chinesischen Kommunistischen Partei (KPC) der sogenannten „Autonomen Region Tibet“ („TAR“) bei ihrer Tagung vom 15./16. Mai, hart gegen tibetische Freiheitsaktivisten vorzugehen und die Kampagne der „patriotischen Umerziehung“ in den monastischen Einrichtungen Tibets zu intensivieren. Und im November entschied das Plenum der KPC der „TAR“, den „Separatismus“ vollständig auszumerzen. Tibetische Nationalisten, die im Brennpunkt der Kampagnen stehen, werden willkürlich festgenommen, inhaftiert, ins Gefängnis geworfen und Opfer weiterer Verletzungen der in der Internationalen Charta der Menschenrechte verankerten Rechte. Die Kampagnen der Chinesen zielen besonders auf die monastische Gemeinschaft ab, um sie zur Loyalität dem Staat gegenüber zu erziehen. Die politischen Kampagnen in den klösterlichen Einrichtungen greifen tief in das friedliche Leben der Mönche und Nonnen ein und behindern sie deutlich bei ihren spirituellen Studien. Gegen ihre innerste Überzeugung werden sie gezwungen, den Dalai Lama zu verunglimpfen, was für sie einen Akt religiöser Blasphemie darstellt. Das TCHRD dokumentierte in diesem Jahr 22 Fälle, in denen Tibeter wegen angeblicher politischer Aktivitäten verhaftet wurden.

Das Gefängnis Chushul (chin. Qushui) in Tibet, das Mitte 2005 in Betrieb genommen wurde, rückte dieses Jahr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Dr. Manfred Nowak, beschrieb in seinem diesjährigen Bericht an den UN-Menschenrechtsrat die grausigen Verhältnisse in diesem Gefängnis und forderte die Freilassung von drei Gefangenen (Jigme Gyatso, Bangri Rinpoche und Lobsang Tsultrim), die er sprechen konnte, und die alle „aufgrund möglicherweise durch Folter erpreßter Aussagen eines politischen Verbrechens“ schuldig gesprochen wurden. Die chinesischen Behörden in Tibet haben das neue Gefängnis für Tibeter mit langjährigen Haftstrafen bestimmt. Dolma Kyab, ein 29jähriger Schriftsteller, der zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, und Sonam Gyalpo, ein 44jähriger glühender tibetischer Nationalist, der zu 12 Jahren verurteilt wurde, befinden sich unseren Informationen zufolge in diesem Gefängnis, zusammen mit vielen anderen tibetischen politischen Häftlingen, die aus dem berüchtigten Drapchi Gefängnis dorthin verlegt wurden. Das TCHRD ist ernsthaft besorgt um die tibetischen politischen Gefangen in Chushul.

Armut ist weit verbreitet in Tibet. Das von den Chinesen besetzte Tibet ist nach wie vor eine der ärmsten Regionen in der Volksrepublik China. Schlecht bestellt ist es weiterhin um Bildung, Gesundheitsfürsorge und den Erwerb des Lebensunterhalts. Die Diskriminierung der Tibeter ist, zusammen mit dem Mangel an breit gefächerten Bildungsmöglichkeiten, dermaßen gravierend, daß die Wahrnehmung der grundlegenden Menschenrechte für sie nichts als ein ferner Traum bleibt.

Anläßlich des 58. Internationalen Tags der Menschenrechte fordert das TCHRD die Regierung der Volksrepublik China auf, die Verletzung der Menschenrechte des tibetischen Volkes zu beenden. Das Zentrum appelliert erneut an das Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Regierung in China wegen der kaltblütigen Schüsse auf fliehende Tibeter zu befragen und den Verbleib und das Schicksal der 32 glücklosen Tibeter aus der Gruppe zu klären, die festgenommen wurden.

Kaum Tibeter auf Leitungsebene im KP-Komitee von Lhasa vertreten

Der Anteil der Tibeter in höherer Stellung beim Parteikomitee der Chinesischen Kommunistischen Partei (CKP) in Lhasa wurde im Zuge der letzten Neubesetzungen beträchtlich reduziert.

Wie die Lhasa Evening News am 30. September 2006 berichtete, wurde beim Jahreskongreß des Parteikomitees des Bezirks Lhasa mit Qin Yizhi zum ersten Mal seit Juli 1980 ein ethnischer Chinese zum neuen Parteisekretär gewählt. Seine sieben Vorgänger waren alle Tibeter und drei von ihnen wurden später Gouverneure der TAR. Zu seinen Stellvertretern wurden Dorjee Tsedrup, Lobsang Gyurmed, Hong Shen Ming, Yang Won Phu und Hong Teng Phu ernannt.

Das Komitee der CKP ist eines der obersten Verwaltungsorgane in Lhasa. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über den gesamten Bezirk Lhasa, zu dem die Landkreise Toelung Dechen, Taktse, Lhundrub, Meldor Gungkar, Chushul, Nyemo, Damshung und Lhasa-Stadt gehören. Ferner ist Lhasa in seiner Eigenschaft als Hauptstadt der TAR das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Tibets.

Human Rights Watch berichtete am 7. November 2006, die Zahl von Tibetern im Parteikomitee Lhasas sei die niedrigste seit 40 Jahren. 1986 seien 80% der Mitglieder des städtischen Parteikomitees Tibeter gewesen und im Jahr 1997 hätten die Tibeter 55% seiner führenden Mitglieder gestellt. Im neuen, aus 30 Personen bestehenden Parteikomitee gibt es dagegen nur 8 Tibeter. Mit knapp über 26% ist das die niedrigste Quote seit 1966.

Nancy Pelosi ruft zu weltweiter Unterstützung für die tibetische Sache auf

In einer Erklärung zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2006 rief die designierte Sprecherin des US-Kongresses, Nancy Pelosi, die Welt zur Unterstützung des Dalai Lama bei seinen Bemühungen um Verhandlungen mit der chinesischen Regierung auf und forderte die Verbesserung der Menschenrechtslage in China.

Sie sagte: "Es paßt sehr gut, daß dieser Tag zugleich der 17. Jahrestag der Verleihung des Friedensnobelpreises an den Dalai Lama ist. Der Dalai Lama hat erreicht, daß die Menschenrechtslage in Tibet zu einem Thema internationaler Besorgnis wurde. Hunderttausende Tibeter sind unter der chinesischen Besatzung zu Tode gekommen und um die religiöse und politische Meinungsfreiheit ist es in Tibet schlecht bestellt. Seine Heiligkeit der Dalai Lama hat um internationale Unterstützung für seine Bemühungen um eine gütliche Regelung mit der chinesischen Regierung gebeten. Als Weltbürger müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, damit Chinesen und Tibeter endlich in Freiheit leben können."

Pelosi wird ihren neuen Posten als Sprecherin des Repräsentantenhauses im Januar 2007 antreten, wenn der 110. Kongreß zusammentritt.

UN-Beobachterin drängt auf Diskussion über die Menschenrechtsverletzungen in Tibet

Die stellvertretende Vorsitzende der UN-Beobachterorganisation UN Watch, Elisabeth Cassidy, gab vor der dritten regulären Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf, die am 1. Dezember 2006 stattfand, eine Erklärung ab, in der sie die Anberaumung einer Sondersitzung über Darfur begrüßte. Ferner forderte sie den Menschenrechtsrat auf, sich mit der Menschenrechtslage in den 16 anderen Ländern und drei umstrittenen Regionen zu befassen, die von der bedeutenden NGO Freedom House als die schlimmsten der Welt gelistet wurden. Wegen der Unterdrückung politisch abweichender Meinungen und der Medien steht auch China auf die Liste und Tibet erscheint darauf wegen der dort begangenen Menschenrechtsverletzungen.

Die Erklärung schloß mit den Worten: "Wir hoffen, daß der Rat zumindest einigen dieser äußerst besorgniserregenden Themen demnächst Priorität einräumen wird."

UN Watch ist eine Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz in Genf, die sich mit der Beobachtung der Aktivitäten der Vereinten Nationen auf der Grundlage ihrer eigenen Charta befaßt.