Juni 2006
Human Rights Update

Juni 2005

Inhalt



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  1. China entläßt Nyima Choedron, die ursprünglich zu 10 Jahren Haft verurteilt war
  2. Das TCHRD gedenkt des internationalen Tags gegen Folter
  3. Fünf Jahre Haft für Tsering Dhondup, weil er "Freiheit für Tibet" gerufen hatte
  4. Patriotische Umerziehung im Kloster Podo
  5. Biographie einer ehemaligen politischen Gefangenen – Rigzin Choenyi
  6. Yahoo erweist sich bei Vergleich von Suchmaschinen als größter Zensor
  7. Fünf Tibeter wegen des Verteilens von Flugblättern verhaftet
  8. Google-Gründer gesteht Fehler hinsichtlich chinesischen Forderungen ein

China entlässt Nyima Choedron, die ursprünglich zu 10 Jahren Haft verurteilt war

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) begrüßt die Nachricht über die Freilassung der 38jährigen Nyima Choedron aus dem Drapchi Gefängnis. Dem letzten Update der Dui Hua Foundation aus den USA zufolge wurde Nyima am 26. Februar 2006 entlassen*. Das TCHRD bemüht sich seit langem um die Freilassung von Jigme Tenzin Nyima, alias Bangri Chogtrul Rinpoche, und Nyima Choedron, die zusammen ein Waisenhaus in Lhasa führten. Zu Unrecht wurden sie “spalterischer Tätigkeiten” angeklagt und im September 2000 zu zehn Jahren bzw. legenslänglich verurteilt. Nyimas Urteil wurde mehrere Male reduziert, während Jigme ein Jahr Strafnachlaß erhielt und voraussichtlich am 30. Juli 2021 entlassen wird.

Angesichts der Entlassung von Nyima Choedron hofft das TCHRD, daß auch ihr Ehemann Jigme Tenzin Nyima bald bedingungslos freigelassen wird. Jigme verbüßt derzeit seine Strafe in dem neu in Betrieb genommenen Gefängnis Chushur im Kreis Chushur (chin. Qushui) in der Nähe von Nyethang (chin. Nidang), Bezirk Lhasa. Dort ist eine ganze Reihe von tibetischen politischen Langzeithäftlingen untergebracht. Das TCHRD bittet die internationale Gemeinschaft, ihren Druck auf die Regierung der VR China aufrechtzuerhalten, um die Freilassung aller tibetischen politischen Gefangenen zu erwirken.

Während das TCHRD sich darüber freut, daß Nyima Choedron im Hinblick auf ihr ursprüngliches Urteil vor der Zeit freigelassen wurde, vertritt es den Standpunkt, daß in erster Linie weder sie noch alle anderen tibetischen politischen Gefangenen es überhaupt verdient haben, im Gefängnis zu sitzen. Den Unterlagen des TCHRD zufolge gibt es 131 tibetische politische Gefangene, die derzeit in den über ganz Tibet verteilten von den Chinesen geführten Haftanstalten unter den Haftbedingungen leiden. Von den dem TCHRD bekannten 131 politischen Gefangenen verbüßen 52 Haftstrafen von über 10 Jahren, insgesamt sind 91 von ihnen Mönche.

Hintergrundinformationen zu Nyima Choedron, Jigme Tenzin Nyima und das Gyatso Waisenhaus: Jigme Tenzin Nyima, 40, alias Bangri Chogtrul Rinpoche, gründete 1996 ein Waisenhaus im Stadtteil Gyatso von Lhasa in der Nähe des Norbulingka, weshalb er ihm den Namen Gyatso Waisenhaus gab. Zu seinen besten Zeiten beherbergte das Waisenhaus 60 Kinder. Jigmes Frau, Nyima Choedron, und seine Verwandten unterstützten ihn bei der Arbeit. Die Waisen, die aus verschiedenen Teilen Tibets kamen, wurden in Tibetisch, Chinesisch, Englisch und Mathematik unterrichtet. Bis zu der Verhaftung von Jigme kümmerten sich Nyima und mehrere Mitarbeiter des Gyatso Waisenhauses um die Waisen und Straßenkinder im Alter von zwei Monaten bis 12 Jahren, die sonst niemanden hatten, der sich um sie gekümmert hätte.

Unter dem Verdacht, mit einem Tibeter namens Tashi Tsering, der wegen eines antichinesischen Protestes während der Nationalen Minderheitenspiele in Lhasa im August 1999 verhaftet worden war, gemeinsame Sache gemacht zu haben, wurden Jigme und Nyima am 27. August 1999 festgenommen; später auch Dechen Chonzom (Jigmes Schwester und Hausmutter der Waisen), sowie eine Reihe weiterer tibetischer Angestellter des Waisenhauses. Mindestens 23 Personen wurden im Zusammenhang mit Jigmes Fall  festgenommen, 12 davon wurden zu Gefängnisstrafen unterschiedlicher Länge verurteilt.

Am 17. Oktober 1999 wurde das Waisenhaus geschlossen, und die Behörden befahlen den Kindern an ihre jeweiligen Herkunftsorte zurückzukehren. Es stellte sich jedoch später heraus, daß die meisten von ihnen auf denselben Straßen Lhasas betteln gingen, von denen Jigme und Nyima sie aufgelesen und ihnen Unterkunft und Erziehung ermöglicht hatten.

Am 26. September 2000 verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof von Lhasa Jigme unter der Anklage der Spaltung des Landes zu lebenslänglicher Haft und Nyima zu 10 Jahren Gefängnis mit anschließender Aberkennung der politischen Rechte auf fünf Jahre. Beide kamen zur Verbüßung ihrer Strafen ins Drapchi Gefängnis. Auf Grund ihrer guten Führung im Gefängnis und auch in Anbetracht ihrer 7 Monate alten Tochter, die kurz vor ihrer Verhaftung geboren wurde, erhielt Nyima dreimal Strafnachlaß, 2002, 2004 und den letzten bei ihrer Freilassung. Wohingegen Jigme Tenzins ursprünglich lebenslängliche Haftstrafe im Juli 2003 in eine feste Strafe von 19 Jahren umgewandelt wurde, die im November 2005 wiederum um 1 Jahr verkürzt wurde. Jigme wurde später zusammen mit vielen anderen tibetischen politischen Langzeitgefangenen in das neu gebaute Chushur Gefängnis verlegt, während seine Frau Nyima weiterhin in Drapchi inhaftiert blieb. Dr Manfred Nowak, der UN Sonderberichterstatter für Folter (das TCHRD nannte in seinem Memorandum an Dr Nowak Jigme als einen Gewissensgefangenen) konnte während seines Aufenthalts in Tibet und China vom 20. November bis 2. Dezember 2005 sowohl Jigme Tenzin Nyima im Chushur Gefängnis als auch Nyima Choedron im Drapchi Gefängnis besuchen.

  • Detail einer Mitteilung von TibetInfoNet in derselben Sache: Dui Hua fragte am 14. Juni beim chinesischen Außenministerium an, was der letzte Stand des Falles Nyima Choedron sei. In einer e-mail Antwort, die zwei Tage später bei der Dui Hua Foundation einging, wurde ihre Freilassung bestätigt. Dui Hua zufolge wurde auch aus einer der Familie nahestehenden Quelle bestätigt, daß Nyima Choedron freigelassen wurde und nun bei ihren Kindern ist. Sie besuchte auch Bangri Rinpoche im Gefängnis Chushur, wo er derzeit inhaftiert ist.

Das TCHRD gedenkt des internationalen Tags gegen Folter

Am 25. Juni begeht die UNO den internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer. Auch das TCHRD gedenkt an diesem Tag der Folteropfer auf der ganzen Welt. Es hofft, daß eines Tages die Folter völlig abgeschafft sein wird, und Fälle von Mißbrauch unverzüglich vor Gericht gebracht werden.

In dem von China besetzten Tibet wird im gesamten Netz der Haftanstalten auf dem Hochplateau die Folter systematisch angewandt. Diese Praktik bezweckt, den Nationalgeist des tibetischen Volkes zu brechen. Aus diesem Grunde hat die grassierende Folterpraxis seit 1987 bereits 88 tibetische politische Gefangene ihr Leben gekostet. Den Unterlagen des TCHRD zufolge gibt es derzeit 132 tibetische politische Gefangene, die in den diversen Strafanstalten Tibets Schreckliches erleiden. Da Folter aus den chinesischen Gefängnissen nicht wegzudenken ist, macht sich das Zentrum große Sorge um das Schicksal der politischen Gefangenen, die routinemäßig grausamer Mißhandlung unterzogen werden.

Die Verabreichung von Elektroschocks, das Ausdrücken brennender Zigaretten auf dem Gesicht, das Anlegen von Handschellen und Daumenschrauben, das Fesseln der Füße, das Aufhängen an der Decke, die Exposition der Häftlinge im Gefängnishof bei extremen Temperaturen, die Einschließung in Isolationszellen über längere Zeit, der Entzug von Nahrung, Wasser und Schlaf, Zwangsarbeit und Zwangsdrill – das sind einige der Foltermethoden, zu denen die Behörden greifen, um das Bewußtsein der Tibeter, ein eigenes Volk zu sein, auszulöschen.

“Folter wird vom ersten Tag der Haft an praktiziert und über die gesamte Zeit der Gefangenschaft fortgesetzt. Manche Formen der Folter sind so gräßlich, daß sie jenseits jeglicher Beschreibung sind, und ich frage mich, wie ein Mensch einem anderen Menschen so etwas zufügen kann”, sagte die 37jährige Rigzin Choekyi, die kürzlich aus Tibet geflohen ist. Sie hatte 12 Jahre in dem berüchtigten Drapchi Gefängnis verbüßt, weil sie in Lhasa Unabhängigkeitsparolen gerufen hatte. Sie fügte hinzu: “Jeder tibetische politische Gefangene wird in der Haft gefoltert. Die Aufseher greifen vor allem die politischen Häftlinge heraus, um sie zu foltern. Infolge dieser wiederholten Folterungen und der Verweigerung von medizinischer Behandlung sind zahlreiche tibetische politische Gefangene im Gefängnis gestorben, während diejenigen, die überlebten, für ihr ganzes Leben gesundheitlich geschädigt sind.” Rigzin und eine andere ehemalige Gefangene, Lhundrup Sangmo, die 9 Jahre Haft verbüßte, erhalten nun im Exil die notwendige medizinische Betreuung.

Die Volksrepublik China ist 1988 der UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung (CAT) beigetreten. Obwohl in dem revidierten Strafverfahrensgesetz, das 1997 in Kraft trat, gewisse Formen von Folter für unrechtmäßig erklärt wurden, wird Folter in den chinesischen Gefängnissen in Tibet weiterhin systematisch angewandt.

Nach einem Jahrzehnt von Appellen diverser Menschenrechtsorganisationen konnte der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Dr Manfred Nowak, vom 20. November bis 2. Dezember 2005 Lhasa, Beijing und Urumqi besuchen. Dieser Besuch wird im Hinblick auf die Bloßstellung der brutalen Folterpraktiken in Tibet und China allgemein sehr positiv gesehen.

Obwohl bei der derzeitigen Lage in Tibet die völlige Abschaffung der Folter ein ferner Traum bleibt, fordert das TCHRD die chinesische Regierung auf, die von dem UN-Sonderberichterstatter für Folter gegebenen Empfehlungen in die Tat umzusetzen, um der Folter Einhalt zu gebieten und “das Recht derjenigen, die die Folter überlebt haben, auf volle Entschädigung und medizinische und psychologische Betreuung zu gewährleisten”.

Fünf Jahre Haft für Tsering Dhondup, weil er "Freiheit für Tibet" gerufen hatte

Tsering Dhondup, 33, stammt aus dem Dorf Marche, Distrikt Nagchu, TAR. Weil er 1995 in Lhasa an einer Demonstration für die Unabhängigkeit Tibets teilgenommen hatte, wurde er zu fünf Jahren Haft verurteilt. Nach Verbüßung seiner Strafe im Gefängnis Drapchi floh er aus Tibet und traf im Juni 2006 im Exil ein. Hier folgt, was er dem TCHRD berichtete:

"Ich komme aus einer Nomadenfamilie und half als Kind meinen Eltern beim Hüten des Viehs. Mit 15 Jahren trat ich ins Kloster Drulung in der Ortschaft Chomo, Gemeinde Taklung, Distrikt Phenpo Lhundup, TAR, ein und wurde dort schließlich zum Mönch ordiniert. Allerdings hatte ich kaum Gelegenheit zum Studium der buddhistischen Schriften, denn ich wurde vorwiegend beim Wiederaufbau des Klosters eingesetzt, welches während der Kulturrevolution weitgehend zerstört worden war. Damals, als ich in das Kloster eintrat, stand es unter der Leitung zweier ehemaliger Mönche, die man während der Kulturrevolution gezwungen hatte, ihre Roben abzulegen. Sie übernahmen die Verantwortung für die Renovierung des Klosters und finanzierten diese mit ihrem eigenen hart verdienten Geld und den Spenden der Bevölkerung. Sie hatten sich bei den zuständigen Behörden um die Genehmigung zum Wiederaufbau bemüht, aber die Auflage erhalten, daß sie nur für sechs Monate Arbeiter für den Bau anheuern könnten. So kam es, daß ich gemeinsam mit fünf weiteren Mönchen das Kloster in harter Arbeit wiederaufbaute. Wir benötigten dazu sieben Jahre.

Am Abend des 18. Tages des zweiten Monats des tibetischen Mondkalenders des Jahres 1995 beschlossen wir sechs, in Lhasa eine friedliche Demonstration abzuhalten. Noch in derselben Nacht verließen wir heimlich unser Kloster und machten uns auf den Weg nach Lhasa. Vier von uns kehrten jedoch unterwegs wieder um. Am 20. Tag des Mondkalenders trafen wir vormittags in der Stadt ein und begannen mit den Umrundungen des Hauptheiligtums von Lhasa. Nach der dritten Umrundung riefen wir Parolen wie "Freiheit für Tibet", "Chinesen raus aus Tibet", "Tibet gehört den Tibetern" und "Lang lebe Seine Heiligkeit, der Dalai Lama". Die Leute um uns herum, die uns rufen hörten, suchten schnell das Weite. Als wir am Tsuglagkhang, dem Haupttempel von Lhasa, ankamen, stürzten sich plötzlich vier Polizisten des Public Security Bureau auf uns. Sie legten uns Handschellen an, stießen uns in einen Polizeiwagen und schafften uns ins Haftzentrum Gutsa.

Dort wurden wir in ein Vernehmungszimmer gebracht. Nach intensiver Befragung wurden wir in separate Zellen gesperrt. Acht Tage später kamen Mitarbeiter des PSB von dem Distrikt Phenpo Lhundup und quälten uns mit weiteren Fragen, weil sie herausbekommen wollten, wie viele Personen tatsächlich bei der Demonstration dabei waren. Als ich ihnen antwortete, nur wir beide hätten demonstriert, prügelten sie mit Elektroschlagstöcken und irgendwelchen Instrumenten, deren sie habhaft wurden, brutal auf uns ein. Sie fragten immer wieder, wer uns zu unseren Aktivitäten angestiftet hätte. Mehrere Tage lang wurden wir unter schwerer Mißhandlung vernommen.

Danach wurden wir nochmals von zwei Polizisten verhört, die uns informierten, daß wir nun offiziell verhaftet worden seien und innerhalb weniger Tage durch ein Gericht verurteilt würden. Nach ein paar Tagen wurden wir zusammen mit sechs Nonnen aus dem Distrikt Nyemo dem Mittleren Volksgerichtshof von Lhasa vorgeführt. Wir wurden wegen "konterrevolutionärer Propaganda und Aufhetzung der Massen" angeklagt. Ich bekam fünf Jahre Haft, mein Gefährte wurde zu drei Jahren verurteilt. Nachdem das Gericht auch die Haftstrafen der Nonnen verkündet hatte, wurden wir alle wieder nach Gutsa zurückgebracht. Im dritten Monat des tibetischen Mondkalenders 1995 verlegte man uns gemeinsam mit 11 Mönchen aus dem Kloster Taklung, dreien aus dem Kloster Phenpo Nalanda und 10 Nonnen ins Drapchi Gefängnis, wo wir in der neu gebildeten Einheit Nr. 5 untergebracht wurden. Damals befanden sich dort annähernd 100 politische Gefangene. Wir mußten zwar keine Zwangsarbeit verrichten, hatten jedoch, wie andere Häftlinge auch, an der täglichen Umerziehung teilzunehmen, bei der die Gefangenen die Anstaltsregeln auswendig lernen und die Tageszeitung lesen mußten. Jeden Morgen wurden wir zudem zu rigorosem militärartigem Drill gezwungen.

Nach den Gefangenenprotesten vom 1. und 4. Mai 1998 wurden die politischen Gefangenen so unmenschlich gefoltert, daß es zu Todesfällen und schweren Verletzungen kam. Einige Häftlinge befanden sich in einem gefährlichen Gesundheitszustand. Die Sicherheitsbeamten verhörten uns einen nach dem anderen. Sie fragten mich harsch, weshalb ich mich an den Protesten beteiligt hätte, sowie nach den Personen, die hinter den Unruhen steckten, wobei sie brutal mit Eisenrohren und elektrischen Schlagstöcken auf mich einschlugen. Nach diesen Protesten wurden die Strafen zahlreicher Gefangenen verlängert. Lobsang Choephel, ein Mönch aus Markham, konnte die Folterungen und grausamen Verhöre nicht mehr ertragen und brachte sich in seiner Zelle um. Von nun an wurden wir sehr streng überwacht und in getrennten Zellen untergebracht, damit wir nicht miteinander kommunizieren konnten. Zudem wurden überall versteckte Videokameras installiert. Sogar die monatliche Besuchszeit unserer Angehörigen und Freunde wurde reduziert.

Nachdem ich meine fünfjährige Haftstrafe verbüßt hatte, wurde ich 2000 freigelassen. Bei meiner Entlassung warnte mich der Gefängnisdirektor, nie mehr an Versammlungen oder religiösen Festen teilzunehmen, denn mir wären meine sämtlichen bürgerlichen Rechte aberkannt worden. Gleichzeitig wurde mir untersagt, ohne die Genehmigung der örtlichen Behörden meine Heimatgemeinde zu verlassen. Nach drei Tagen in Lhasa ging ich direkt an meinen Heimatort. Ich eröffnete ein kleines Geschäft in der Nomadenregion um Nagchu, aber auch dort wurde ich häufig zum Verhör einbestellt und ständig vom PSB überwacht. Infolge der dauernden Schikanen und psychischen Bedrängnis konnte ich in Tibet kein befriedigendes Leben mehr führen. So verließ ich im März 2006 heimlich mein Land und erreichte im Juni Dharamsala.

Patriotische Umerziehung im Kloster Podo

Das TCHRD erhielt bestätigte Informationen über den Ausschluß von 39 Nonnen aus dem im Distrikt Phenpo Lhundup, TAR, gelegenen Kloster Podo. Sie wurden von einem dem Büro für Religionsangelegenheiten zugehörigen chinesischen Arbeitsteam, das dort eine Kampagne für "patriotische Umerziehung" durchführte, des Klosters verwiesen, weil sie sich geweigert hatten, den Dalai Lama zu verunglimpfen.

Eine der ausgeschlossenen Nonnen aus Podo traf am 12. April dieses Jahres im Tibetischen Empfangszentrum für Flüchtlinge in Nepal ein. Sie berichtete dem Reporter des TCHRD:

"Mein Name ist Yeshe Choedron (Laienname: Lhamo Tsering) und ich bin 26 Jahre alt. Ich wurde im Dorf Nr. 3 der Gemeinde Nganang im Distrikt Phenpo Lhundup geboren. Mit acht Jahren kam ich in die Dorfschule, die ich drei Jahre lang besuchte. Nach der dritten Klasse ging ich von der Schule ab, um ins Kloster einzutreten, denn ich hatte schon immer den Wunsch gehegt, Nonne zu werden. Weil meine Familie sehr arm war, konnte ich nicht sofort ins Kloster gehen. Vorerst mußte ich zu Hause bleiben und bei der Hausarbeit und dem Hüten des Viehs helfen. Nach meinem 16. Geburtstag trat ich schließlich, wie ich es mir schon so lange gewünscht hatte, mit der Zustimmung meiner Eltern ins Kloster Podo in Phenpo Lhundup ein, wo ich zur Nonne ordiniert wurde.

In früheren Zeiten wohnten in Podo mehr als 100 Nonnen, aber schließlich sank ihre Zahl auf 50. Im vierten Monat des tibetischen Mondkalenders des Jahres 1996 schickte die Distriktsverwaltung ein siebenköpfiges Arbeitsteam in unser Kloster. Die Kader blieben über einen Monat und führten eine Kampagne zur "Patriotischen Umerziehung" durch. Wir wurden in Gruppen zu je 20 eingeteilt und mußten dreimal täglich je eineinhalb Stunden Unterricht in "korrektem politischem Denken" und "sozialistischer Ideologie und Gesetzgebung" über uns ergehen lassen. Das Schlimmste für uns war jedoch, als sie uns zwingen wollten, Seine Heiligkeit den Dalai Lama zu verurteilen und zu verunglimpfen. Sie forderten uns auch auf, entschieden gegen die Separatisten und die Dalai-Clique Stellung zu beziehen. Nach einem Monat wurden wir geprüft. Wir bekamen einen Fragebogen, in dem wir unsere Meinung und unseren Eindruck bezüglich dieser Umerziehungskampagne zu Papier bringen sollten. Doch alle Nonnen, 36 an der Zahl, zerrissen die Fragebögen. Die Arbeitsteam-Kader reagierten wütend und schalten uns, wir hätten das Gesetz des Staats übertreten und würden nun aus dem Kloster ausgeschlossen werden. Sie steckten uns in ein Fahrzeug und brachten uns in die Gemeinde Deng-Thok, wo sie uns fotografierten und uns ein Schriftstück unterzeichnen ließen. Ein Kader des Arbeitsteams erklärte uns, daß sie dieses eine Mal noch Nachsicht mit uns hätten und keine Anklage gegen uns erheben würden, daß wir nun aber nicht mehr nach Lust und Laune andere Orte besuchen dürften. Außerdem drohte er, wir würden im Gefängnis landen, wenn wir die Gesetze des Landes nicht befolgten.

Die ausgeschlossen Nonnen stammen zumeist aus dem Distrikt Phenpo Lhundup, einige kommen auch aus dem Distrikt Damshung, Präfektur Nagchu. Die älteste von uns war 35 Jahre alt, die jüngste 19. Nachdem wir des Klosters verwiesen worden waren, wandten sich einige von uns mit der Bitte um Wiederzulassung an die zuständigen Gemeinde- und Distriktbehörden. Dort wurde uns gesagt, wir würden nur dann wieder zulassen, wenn wir den Dalai Lama und die Separatisten verurteilten. Als wir das ablehnten, beschimpfte uns der chinesische Beamte als rechtloses Gesindel und jagte uns davon. Die im Kloster verbliebenen älteren Nonnen erlaubten uns jedoch, weiterhin zu ihnen zu kommen, wenn niemand vom Arbeitsteam im Kloster war. So konnte ich sporadisch im Kloster wohnen, mußte mich aber jedesmal aus dem Staub machen, wenn die Kader anrückten.

Sudron, 23, Nyidruk, 20, und Choekey, 22, waren drei der Nonnen, die bei der patriotischen Umerziehungskampagne von 1996 den Fragebogen zerrissen hatten. Sie durften weder in ihr bisheriges Kloster zurückkehren, noch in ein anderes eintreten. Ich hörte auch, daß sie jedes Mal, wenn sie sich an einen anderen Ort begeben wollten, die Genehmigung ihrer Gemeindeverwaltung einholen mußten. Sie wurden ständig beobachtet und all ihr Tun wurde überwacht.

Nach dem Verweis aus dem Kloster stand ich meinem betagten Onkel bei, einem Mönch des Klosters Drepung, der damals an Hepatitis litt. Er hatte ein kleines Zimmer unterhalb des Klosters gemietet. Die ganze Zeit über war ich auf der Suche nach Arbeit, aber für mich als politisch verdächtige Person war dies so gut wie aussichtslos. So blieb ich also ohne Arbeit und ging immer, wenn gerade kein Arbeitsteam in Podo war, für ein paar Monate dorthin. Im sechsten Monat des tibetischen Mondkalenders 2005 führte die Distriktbehörde erneut die "patriotische Umerziehung" durch, und es wurde mir unmöglich, noch länger zu bleiben. Ich hatte keine andere Möglichkeit, als nach Hause zurückzukehren. Zudem wurde Podo nun intensiver überwacht als andere Nonnenklöster, und Arbeitsteam-Kader kamen regelmäßig im Zusammenhang mit der "patriotischen Umerziehung" ins Kloster. Sie räumten ein, es sei schwierig, das Denken der Nonnen von Podo zu ändern, ganz egal wie sehr sie sich bei ihrer Kampagnen bemühten. Aus diesem Grund wird unser Kloster noch strenger als andere behandelt.

Wegen des harten Vorgehens gegen Nonnen und den Massenausschlüssen aus den Klöstern bleibt nun zahlreichen Nonnen die klösterliche Ausbildung vorenthalten. Daher bin ich ins Exil gekommen, denn ich möchte meine monastische Ausbildung fortsetzen, und ich hoffe auf eine Audienz bei Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama.”

Biographie einer ehemaligen politischen Gefangenen – Rigzin Choenyi

Rigzin Choenyi wurde im Distrikt Chushul, Kreis Lhasa, TAR, geboren. Einige Jahre lang besuchte sie die staatliche Schule; im Alter von 15 Jahren trat sie ins Kloster Shugseb in Lhasa ein. 1987 und 1988 kam es zu Massenprotesten für die Unabhängigkeit Tibets, die vorwiegend von jüngeren Leuten initiiert wurden. Die chinesische Regierung reagierte mit großer Härte, und zahlreiche Demonstranten kamen ums Leben oder wurden inhaftiert.

Rigzin Choenyi und 13 weitere Nonnen beteiligten sich am 17. Mai 1988 an einer friedlichen Demonstration und riefen dabei Parolen wie "Freiheit für Tibet", “Tibet gehört den Tibetern" und "Chinesen raus aus Tibet". Sie wurden zwar nicht unmittelbar verhaftet, doch die Sicherheitsbehörden behielten sie genau im Auge.

Gemeinsam mit sechs anderen Nonnen rief Rigzin Choenyi am 22. September 1989 wieder Unabhängigkeitsparolen in Lhasa. Diesmal wurden die Nonnen festgenommen und ins Haftzentrum Gutsa gebracht. Bei den Verhören wurde Rigzin schwer geschlagen und gefoltert. Man fragte sie mehrmals, wer sie zu ihrer Protestaktion angestiftet hätte, welches Ziel sie verfolge und ob irgendeine Organisation hinter ihr stünde. Ihre Gefährtinnen wurden einen Monat lang ebenfalls schwer mißhandelt und gefoltert. Sie alle wurden in Gutsa in separaten Zellen untergebracht. Nach dem Abschluß der Verhöre wurden sie wegen "konterrevolutionärer Aktivitäten und Anti-Regierungspropaganda" vor dem Mittleren Volksgerichtshof Lhasa angeklagt. Während einige von Rigzins Mitschwestern drei Jahren Haft bekamen, wurde sie als Anstifterin zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt und in die Abteilung Nr. 3 für weibliche politische Gefangene in Drapchi verlegt. Sie war die erste Frau dort. Vom Tag ihrer Ankunft an stand sie unablässig unter strikter Observierung, erst als die Zahl der weiblichen politischen Gefangenen anstieg, ließ die ständige Beobachtung etwas nach.

Am 21. September 1995 wurde sie nach Verbüßung ihrer Haftstrafe entlassen und lebte daraufhin über ein Jahr lang in ihren Heimatort Chushul. Während dieser Zeit wurde sie von den örtlichen Sicherheitsbehörden akribisch überwacht und ständig schikaniert. Das seelische Trauma war somit auch nach ihrer Haftentlassung nicht zu Ende; weil sie diesen Zustand nicht länger ertragen konnte, entschloß sie sich Ende 1996, ins Exil zu gehen und ihre Familie und ihr Land zu verlassen.

Rigzin Choenyi traf am 14. Januar 1997 in Dharamsala ein. Nach einer Audienz bei Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama trat sie ins College for Higher Tibetan Studies, Sarah, ein, um ihre Ausbildung fortzusetzen. Nach vier Jahren schloß sie ihr Studium mit dem Bachelor-Grad ab, außerdem absolvierte sie einen Lehrerausbildungskurs. 2001 wurde sie als Tibetischlehrerin an der Schule des Upper Tibetan Children‘s Village angestellt. Diese Tätigkeit übt sie auch heute noch aus.

Yahoo erweist sich bei Vergleich von Suchmaschinen als grösster Zensor

Wie die NGO "Reporter ohne Grenzen" bei einem Test der chinesischen Versionen von den Suchmaschinen Yahoo, Google, MSN und deren einheimischem Konkurrenten Baidu herausfand, ist Yahoo von allen untersuchten Anbietern der übelste Zensor.

Bei dem Test ergab sich, daß es beträchtliche Unterschiede beim Filtern der Informationen gibt. Während sich Yahoo als ebenso rigoros wie Baidu.cn erwies, ließen die Suchmaschinen Google.cn und die Beta-Version von msn.cn etwas mehr Informationen von Quellen passieren, die nicht von den Behörden autorisiert sind.

Wie weiter festgestellt wurde, erbrachte die chinesische Version von Microsoft, die ihre Ergebnisse angeblich nicht zensiere, ähnliche Resultate wie die Suchmaschine Google, die zugibt, ihre Inhalte zu filtern. Bei der Suche anhand eines "subversiven" Begriffs wurden bei Google.cn 83% regierungsfreundliche Websites gezeigt, während es mit msn.cn zu 78% derartiger Ergebnisse kam. Bei derselben Suche mit Google.com wurden nur 28% pekingfreundliche Websites ausgegeben.

Das TCHRD fordert alle in Tibet und China operierenden Betreiber von Suchmaschinen dazu auf, nicht gemeinsame Sache mit dem repressiven Regime in China zu machen. Statt dessen sollten sie sich der Zensur verweigern und den Nutzern mehr Informationen zugänglich machen, um so Demokratie und Freiheit in China und dem chinesische besetzten Tibet zu fördern und den grundlegenden Menschenrechten der dortigen Bevölkerung die gebührende Achtung zu erweisen.

Fünf Tibeter wegen des Verteilens von Flugblättern verhaftet

Die fünf Tibeter Kayi Doega, seine älteste Tochter, die ehemalige Nonne Yiga, Sonam Lhamo aus dem Nonnenkloster Geci, sowie Sonam Choetso und Jampa Yangtso wurden von den chinesischen Behörden verhaftet, weil sie Flugblätter verteilt hatten, auf denen sie Unabhängigkeit für Tibet gefordert hatten. Alle fünf stammen aus Kardze in der Provinz Sichuan.

Yiga, Sonam Choetso und Jampa Yangtso wurden Anfang Juni in Lhasa festgenommen, weil sie dem Vernehmen nach aus einem Lieferwagen heraus besagte Flugblätter verteilten. Unter dem bloßen Verdacht, hinter diesen Aktivitäten zu stecken, wurden auch Kayi Doega am 1. Juni und Sonam Lhamo einen Tag später verhaftet. Kayi Doega war schon einmal 3 Jahre im Gefängnis, weil er für das im Exil lebende Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama, Gebete dargebracht hatte. Aus gesundheitlichen Gründen war er damals vorzeitig entlassen worden.

Google-Gründer gesteht Fehler hinsichtlich chinesischen Forderungen ein

Wie Sergey Brin, der Gründer der weltgrößten Internetsuchmaschine Google, eingestand, hat seine Firma nicht richtig gehandelt, als sie sich den chinesischen Zensurforderungen beugte. Dies erklärte er, als er in Washington die US-Senatoren bat, einem Plan zuzustimmen, der die "Internet-Neutralität" wahren würde, so daß alle Informationen im Internet gleich behandelt werden.

Vergangenes Jahr startete Google einen neuen Suchdienst namens Google.cn, welcher alle Ergebnisse gemäß der vom chinesischen Regime geforderten Kriterien filtert. Wenn man beispielsweise "Dalai Lama" eingibt, werden mehrere Tausend Websites blockiert und man wird statt dessen auf die Sites und Artikel der regierungsamtlichen Medien bzw. Websites mit einer "cn"-Endung dirigiert, auf denen das im Exil lebende Oberhaupt der Tibeter schlecht gemacht wird. Die Suche nach anderen für Peking heikle Themen wie "Falun Gong", "Unabhängigkeit Taiwans" und Begriffen wie "Demokratie" oder "Menschenrechte" erbringen ähnliche Ergebnisse. Dabei handelt es sich nicht einfach nur um Zensur, sondern um die Begünstigung chinesischer Propaganda zu Fragen, die für die Menschen in China und Tibet äußerst wichtig sind.

Googles Konkurrenten Yahoo und Microsoft kooperieren bereits mit den chinesischen Behörden. Letztes Jahr lieferte Yahoo Informationen an die Chinesen, die es ihnen ermöglichten, einem Dissidenten nachzuspüren und ihn für 10 Jahre hinter Gitter zu setzen, während Microsoft die politische Seite eines chinesischen Bloggers schloß, weil sie „nicht mit dem dortigen Gesetz vereinbar“ sei.

China blockiert routinemäßig alle Internetseiten zu den Themen Demokratie, Menschenrechte, Dalai Lama, Tibet, Taiwan usw. Die chinesische Regierung unternimmt große Anstrengungen zur Zensur des Internets und der Bestrafung derjenigen, die es dazu nutzen, um sich offen zugunsten eines friedlichen demokratischen Wandels in China auszusprechen. Kürzlich blockierten die chinesischen Behörden den Zugang zu den zwei beliebten Suchmaschinen Sina.com und Sohu.com. Berichten zufolge wurden die Herausgeber der beiden Internetportale angewiesen, "ihre Suchmaschinen vom Netz zu nehmen, da sie einen spontanen Zensurtest nicht bestanden" hätten. Die Zahl der Internetuser in China wird auf 150-200 Millionen Menschen geschätzt – nur in den USA nutzen noch mehr Menschen das Internet.