Human Rights Update

Juni 2002

Inhalt
  1. Khenpo Jigme Phuntsok ins Serthar Institut zurückgekehrt
  2. Geshe Phuntsoks fortgesetzte Inhaftierung gibt Anlaß zur Sorge
  3. Chinesische Agrarpolitik ist dem Nomadenleben abträglich
  4. Hinter Gittern wegen Unterstützung eines "Spalters"
  5. Restriktionen im Kloster Gaden Tashi Choeling
  6. Andere Themen
  7. Kulturelle Entwicklungsgesellschaft geschlossen
  8. Gyaltsen Dolkar entlassen
Teil 1

Khenpo Jigme Phuntsok ins Serthar Institut zurückgekehrt

Das TCHRD erfuhr, daß Khenpo Jigme Phuntsok am 24. Juni 2002 um 11 Uhr in das Buddhistische Institut Serthar zurückgekehrt ist. Er soll mit Ehren empfangen worden sein.

Khenpo Jigme Phuntsok, der 65-jährige Abt des Serthar Instituts, wurde, wie verlautet, seit Spätherbst 2001 in Chengdu, der Provinzhauptstadt Sichuans, unter Hausarrest gehalten. Es heißt, er habe sich kürzlich einer Knie-Operation unterziehen müssen, während sich seine Herzkrankheit gebessert zu haben scheint.

Khenpo wurde mehrere Monate lang ohne Verbindung zur Außenwelt gehalten, und als sein gesundheitlicher Zustand sich immer mehr verschlechterte, wurde er von einem unbekannten Arzt behandelt. Seinem persönlichen Arzt Rinzin vom Militärhospital Barkham wurde der Zugang zu ihm verwehrt. Es wurden auch keine Besucher von außerhalb zugelassen.

Khenpo Jigme Phuntsok gründete das Buddhistische Institut Serthar 1980, um nach dem Wüten der Kulturrevolution die Praxis der Meditation und die Gelehrsamkeit in ganz Tibet wieder mit neuem Leben zu erfüllen. Das in der Tibetisch Autonomen Präfektur (TAP) Karze, Provinz Sichuan, gelegene Serthar ist im letzten Jahr Opfer der chinesischen Verfolgung geworden. Das Institut hatte sich über die Jahre von einer einsamen Bergeinsiedelei zu einer spirituellen Zufluchtstätte für annähernd 9.000 Mönche, Nonnen und Laien aus Tibet, China und Südost-Asien entwickelt.

Im Juli 2001 erklärten die chinesischen Behörden das Institut für illegal und ordneten dessen Schließung an. Seitdem wurden über 2.000 Unterkünfte niedergerissen. Jüngsten Berichten zufolge wurden im April/Mai 2002 noch einmal 18 Behausungen zerstört. Obwohl die genaue Anzahl der Ausweisungen nicht festgestellt werden kann, scheint es, daß über 7.000 Personen aus dem Institut vertrieben wurden.

Das TCHRD verfaßte einen detaillierten Bericht über die Verwüstung von Serthar, der auf der Website www.tchrd.org zu lesen ist. Ebenso gibt es ein Dokumentar-Video, das beim TCHRD bestellt werden kann.

Teil 2

Geshe Sonam Phuntsoks fortgesetzte Inhaftierung gibt Anlaß zur Sorge

Einer zuverlässigen Information aus Tibet zufolge ist die Bevölkerung im Distrikt Rongbatsang sehr beunruhigt darüber, daß sich Geshe Sonam Phuntsok immer noch in Gefangenschaft befindet, obwohl es eine offizielle anderslautende Erklärung gegeben hatte. Am 21. Mai 2002 kamen drei hochrangige Funktionäre von Karze nach Rongbatsang, dem Herkunftsort von Geshe Sonam Phuntsok, wo sie im örtlichen Büro der Distriktsverwaltung eine öffentliche Versammlung einberiefen. Einer der drei Funktionäre Lolong Ta ist der zweite Vorsitzende des Distrikts Karze und die anderen beiden sind untergeordnete Beamte.

Während ihrer Ansprache an die Volksmenge erwähnten sie die Möglichkeit einer Freilassung Geshe Sonam Phuntsoks. So sagten sie: "Wenn Geshe freigelassen wird, sollte niemand in Überschwang geraten oder zu gar Protesten schreiten. Sollte jemand aufgrund dieser Nachricht nun Störungen hervorrufen, dann wird dies als Protest gegen das Mutterland gewertet, und der Schuldige entsprechend bestraft."

"Seit dieser Äußerung ist es schon einen Monat her, aber Geshe ist immer noch nicht frei. Wir sind nun zum dem Schluß gelangt, daß die Öffentlichkeit mit dieser Ankündigung zum Narren gehalten wurde. Es ist nämlich die Taktik der chinesischen Behörden, Panik unter den Anhängern und Sympathisanten des Geshes zu schaffen. Einige Leute meinen daher, daß diese Ankündigung ein absichtlicher Schritt war, um die Reaktion der Leute zu testen und ihr Verhalten zu beobachten. Geshe freizulassen, war gar nicht die Absicht der Behörden", kommentierte ein dortiger Tibeter.

Das wird von der Tatsache erhärtet, daß ein naher Verwandter Geshes ihn im Mai 2002 im Gefängnis Chuangdong No. 3 besuchte. Der Leiter der Chuangdong Haftanstalt, Yonten, soll dem Verwandten erklärt haben, daß "Geshe jetzt nicht entlassen wird, weil er seine Strafe noch nicht verbüßt hat. Und ohne eine spezifische Anweisung von höheren Stellen in Peking kann er überhaupt nicht freigelassen werden".

Berichten zufolge wird Geshe Sonam Phuntsok, der sich ein wenig von seiner Krankheit erholt zu haben scheint, weiterhin dreimal in der Woche Verhören unterzogen. Die Sicherheitsvorkehrungen im Chuangdong Gefängnis sind besonders drastisch. Geshe werden Fragen gestellt wie: "Was ist denn die Grundlage des Buddhismus, daß ihr Tibeter euch dem alle so hingebt? Was sagten Sie Ihren Anhängern, als Sie früher religiöse Zeremonien ausführten? Lieben Sie das chinesische Mutterland? Was halten die Tibeter vom Dalai Lama? Was ist Ihre persönliche Meinung über die Lehren des Dalai Lama?"

Geshe Sonam Phuntsok genießt in der Region Karze wegen seiner religiösen Praxis und als Gelehrter hohes Ansehen. Am 25. Oktober 1999 wurde er festgenommen und dann ein Jahr und vier Monate im Gefängnis von Dartsedo im Distrikt Dartsedo, TAP Karze, gefangen gehalten. Im März 2001 wurde Geshe unter der Anklage der "Aufhetzung der Volksmassen zu spalterischen Tätigkeiten, Ersuchen um Audienz beim Dalai Lama und Durchführung einer Langlebens-Gebets-Zeremonie für den Dalai Lama" zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt.

Im Dezember 2001 erfuhr das TCHRD, daß der Geshe ernstlich erkrankt war. Er litt zu der Zeit unter hohem Fieber, Diarrhoe, Schwindelzuständen und Lethargie. Obwohl er zweimal in ein Militärhospital in der Nähe des Gefängnisses gebracht wurde, wo er sieben Stunden blieb und drei Infusionen bekam, brachte es ihm keine merkliche Besserung. Im Juni 2002 hörte man, daß Geshe Magengeschwüre und niedrigen Blutdruck habe, jedoch außer Lebensgefahr sei.

Teil 3

Chinesische Agrarpolitik ist dem Nomadenleben abträglich

Der 28-jährige Khundrup aus der TAP Karze, Provinz Sichuan, berichtet dem TCHRD: "Meine Familie, alles Nomaden, zog mit ihren Herden dem Rhythmus der Jahreszeit entsprechend von einem Weideplatz zum anderen, in den wärmeren Monaten stiegen wir in die Berge hinauf und im Winter kamen wir ins Tal hinunter. Seit Ende der 70er Jahre begann die chinesische Regierung jedoch, die Weidegründe, die wir normalerweise aufsuchten, durch Vorschriften zu beschränken. Zu gewissen Zeiten befehlen sie uns, mit unseren Herden zu einem neuen Weideland zu ziehen, obwohl die Jahreszeit noch gar nicht gewechselt hat. Wenn wir ihrer Order nicht folgen, werden wir mit 150 Yuan pro Tag bestraft, egal ob es schneit oder regnet.

Die Regierung ordnete auch an, daß die lokalen Weideplätze durch Zäune von einander abgegrenzt werden. Zu diesem Zweck mußten wir vom Staat Material für Zäune kaufen und diese selbst errichten. Der Betrag, den jede Familie für die Zäune entrichten mußte, wurde aufgrund der Anzahl der Tiere in ihrem Besitz berechnet. Eine Rolle Zaundraht kostet 1.500 Yuan. Meine Familie besaß 100 Stück Vieh, weshalb wir 6 Rollen Zaundraht kauften, für insgesamt 9.000 Yuan. Wenn wir den Zaun innerhalb der festgelegten Frist nicht fertig hatten, wurden wir mit 300 Yuan pro Tag bestraft. Um dies zu vermeiden, mußten wir den ganzen Tag schuften, manchmal bis unsere Hände bluteten, um die Zäune so schnell wie möglich zu bauen."

Teil 4

Hinter Gittern wegen Unterstützung eines "Spalters"

Der 26-jährige Pema Kunsang ist ein ehemaliger Mönch des in Rongbatsang im Distrikt Karze, TAP Karze, Provinz Sichuan, gelegenen Kargyu Klosters Bhelgay. Sein Vater heißt Kayung Dorjee, und die Familie umfaßt sieben Personen, nämlich seine Eltern, seine drei Brüder, seine Schwester und ihn selbst. Sie bestreitet ihren mageren Lebensunterhalt durch Ackerbau. Kunsang stammt ursprünglich aus dem Dorf Shusar, Gemeinde Shusar, Distrikt Karze.

Vom 11. Lebensjahr an ging Kunsang drei Jahre lang in die Rongbatsang Chushor Schule. Zwei Jahre später trat er in das Kloster Bhelgay ein, wo er drei Jahre lang blieb. Er lernte in dem monastischen Zentrum buddhistische Dialektik, Grammatik und die Grundlagen der buddhistischen Philosophie. Später wurde er in Karze Nangten Lobling (Buddhistisches Institut Karze) aufgenommen, wo er 6 Monate lang tibetische Grammatik und die Kunst des Heilens erlernte. Damals zählte das Institut etwa 300 Studenten.

Nach 6 Monaten in dem Buddhistischen Institut Karze kehrte Kunsang in das Kloster Bhelgay zurück. Dort wurde er zum Verwalter ernannt, ein Amt, das er 5 Jahre lang versah. Danach zog er sich für drei Jahre zur Meditation in die Jusong Einsiedelei im Kreis Jatsuka zurück. Nach seiner Rückkehr nach Bhelgey begann er wieder öffentlich zu wirken. Allmählich wurde Kunsang zu einem der höheren Lamas des Klosters. Er begann spezielle religiöse Gebetszeremonien in tibetischen Haushalten in der Gegend durchzuführen.

Als Geshe Sonam Phuntsok, der bekannte Lehrer des Buddhismus im Distrikt Karze, am 25. Oktober 1999 festgenommen wurde, befand er sich gerade zu einem Retreat in einer Einsiedelei in Wakhar, Karze. Nachdem sich die Nachricht über Geshes Verhaftung wie ein Lauffeuer verbreitet hatte, versammelten sich etwa 3.000 friedliche Demonstranten, darunter auch Lama Kunsang, vor der örtlichen Distriktsverwaltung von Rongbatsang und forderten Geshes sofortige und bedingungslose Freilassung.

Lama Kunsang appellierte an verschiedene chinesische Instanzen wegen Geshes Freilassung und versuchte diese von Geshes Unschuld zu überzeugen, was die gegen ihn erhobenen Anklagen betrifft. Er kritisierte die Chinesen schwer, daß sie Geshe ins Gefängnis geworfen hatten, und er unterstützte ihn lautstark. Wegen seiner harten Vorwürfe gegen die chinesischen Behörden geriet Lama Kunsang in den Verdacht, einer der Rädelsführer hinter den spontanen Demonstrationen in Karze vom 26. und 26. Oktober 1999 gewesen zu sein.

Im November 1999 nahm die Polizei Lama Kunsang wegen "Ausheckens und Mobilisierens" der Demonstration von Karze und wegen Widerstandes gegen die chinesische Regierung fest. Es heißt, daß er mit einer versteckten Kamera aufgenommen wurde, wie er kritische Bemerkungen über chinesische Beamte machte. Das Video wurde später als Beweismittel gegen ihn verwendet.

Anfänglich wurde Lama Kunsang drei Monate in dem Haftzentrum von Karze eingesperrt, wo er schwere Folterung und Schläge erlitt. Im Februar 2000 sprach das Mittlere Volksgericht von Karze das Urteil über ihn. Er wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Gegenwärtig verbüßt er seine Strafe im Gefängnis Xinduqio.

Teil 5

Restriktionen im Kloster Gaden Tashi Choeling

Ein Informant, der anonym bleiben möchte, berichtet: "Ich stamme ursprünglich aus dem Kreis Tsekhog, TAP Malho, Qinghai. Wir sind acht Personen in unserer Familie, alle Nomaden. Der Kreis Tsekhog umfaßt 10 Dörfer und einige Klöster. Das Kloster Zhabar ist von den Restriktionen am meisten betroffen. Die Chinesen führen dort ständig ihre Umerziehungskurse durch.

Ich war Mönch im Kloster Jadar, dessen ursprünglicher Name Ganden Tashi Choeling ist. Zur Zeit meines Eintritts gab es dort nur 40 Mönche und dann stieg die Klostergemeinschaft auf etwa 120 Mitglieder an. Die Behörden setzten 2001 eine Obergrenze von 80 fest, und der Rest wurde angewiesen, in andere Klöster überzuwechseln. Novizen unter 18 durften überhaupt nicht mehr im Kloster bleiben.

1999 starteten die Chinesen die "patriotische Umerziehungskampagne" im Kloster Jadar. Sie gaben an alle Mönche Broschüren aus, die 15 Kapitel umfassen und in denen es heißt, es gebe nur ein Mutterland. Auch von Patriotismus und Denunzierung der "Separatisten" ist dort die Rede. Im Juli 2000 und erneut im Februar 2001 verboten die Chinesen Bilder des Dalai Lama, wobei sie drohten, daß Ungehorsam mit Ausweisung aus dem Kloster bestraft würde. Wer immer noch das verbotene Bild bei sich hat, wird als Gesetzesbrecher betrachtet.

Im Juli 2001 kamen sieben "Arbeitsteam-Kader" und viele Beamte von der Lokal- und Kreisverwaltung, insgesamt 30 Offizielle, in das Kloster. Da es nicht weit vom Kreisverwaltungsamt entfernt liegt, blieben die Offiziellen nicht über Nacht im Kloster. Sie kamen zwei bis drei Mal ins Kloster. Die Hauptthemen ihres Unterrichts waren Treue zur Nation und Religionsfreiheit. In Wahrheit haben wir jedoch überhaupt keine Religionsfreiheit.

Seit 1988 hat das Jadar Kloster einen "Demokratischen Verwaltungs-Rat" (Democratic Management Committee = DMC). Gegenwärtig setzt dieser sich aus fünf Mönchen zusammen, die für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt werden. Der Vorsitzende des Rats ist Gedun Gyatso, und sein Vize ist Choeyang Gyatso. Ihnen untergeordnet sind Kunga, Zoepa und Lobsang.

Die chinesischen Behörden verbieten dem DMC, mehr Mönche ins Kloster aufzunehmen. Pflicht des DMC ist es, Wandzeitungen, auf denen die Freiheit gefordert wird, und Unabhängigkeits-Parolen im Kloster zu verhindern, diejenigen, die mit der tibetischen Exilregierung in Verbindung stehen, ausfindig zu machen und alle "Spalter" aus dem Kloster auszumerzen. Wenn irgend etwas vorkommt, was in diese Richtung geht, wird der Vorsitzende des DMC zur Verantwortung gezogen.

Da die Chinesen Mönchen unter 18 Jahren nicht mehr erlauben, im Kloster zu studieren, wollten wir eine Schule für die Novizen gründen. Die Regierung verwarf jedoch unsere Pläne. Wir machten in dieser Sache eine Eingabe an die Kreisverwaltung und das Gemeindebüro, jedoch ohne Erfolg.

Viele Mönche möchten gerne nach Indien gehen, aber Rückkehrer von dort erzählen, es sei in Indien viel zu heiß. Andererseits stellt die chinesische Regierung den Mönchen keine shan fein zhang (Staatsbürgerausweis) aus, weshalb sie niemals das Kloster verlassen können. Im Februar 2001 ging ich zum Kreis-Verwaltungsamt und versuchte einen shang fein zhang zu bekommen, aber in meiner Eigenschaft als Mönch wurde mir dieser verweigert.

Müssen Mönche nach Lhasa oder China reisen, benötigen sie einen tong xin zhang (Reiseerlaubnis) vom Amt für religiöse Angelegenheiten und müssen wieder fristgerecht zurückkehren. Wenn jemand nicht rechtzeitig zurückkommt, darf er nicht mehr im Kloster bleiben. Insbesondere ein Lama braucht einen offiziellen Bürgen, der, wenn dieser nicht rechtzeitig von seiner Reise zurückkommt, Schwierigkeiten bekommt. Das bedeutet, daß sogar Reisen nach Lhasa einer Menge Einschränkungen unterliegen.

Teil 6

Andere Themen

Der Informant sprach auch über die Lage in seiner Gegend: "Seit die Aufteilung des Weidelandes unter die einzelnen Familien in den 80er Jahren eingeführt wurde, kam es zu vielen Streitigkeiten unter den Leuten, besonders hinsichtlich der Wasserzuteilung. Die Chinesen sagen, alles gehöre der Nation.

Damals, als ich in Indien ankam, verkündeten die Chinesen das Entwicklungsprogramm für den Westen und bauten Straßen in die Nomadengebiete. Eine Straße wird unweit meiner Heimat Tsekhog gebaut. Viele Familien in dem Landkreis sind sehr arm, aber die Regierung gewährt ihnen überhaupt keine finanzielle Beihilfe. Sie investiert aber eine Menge in den Bau der Straße mit dem Verlauf Tongren-Tsekhog-Henan-Luchu-Machu-Golog-Sichuan. Sie wurde bereits bis zum Kreis Tsekhog gelegt. Die Arbeiter sind alle Chinesen. Obwohl einige Tibeter gerne mitarbeiten würden, bekommen sie von der Regierung keine Erlaubnis dazu."

Dieser Informant berichtete auch über den Mord an einem Mönch: "Als ich in Lhasa war, hörte ich, daß ein Mönch aus Sichuan im Yak Hotel umgebracht worden war. Er wollte nach Indien fliehen. Es hieß, er besäße 80.000 Yuan, weshalb sein guide ihn umbrachte und ihm alles Geld entwendete. Als die Polizei den guide festnahm, konfiszierte sie das Geld und gab es nicht mehr heraus.

Einige Leute geben vor Guides zu sein und liefern dann die Flüchtlinge der Polizei aus. So viele Leute wurden von sogenannten Guides betrogen, daß es schwerfällt, ihnen zu vertrauen. Die Zahl der Betrogenen ist größer als derjenigen, die nach Indien fliehen konnten.

Ich hörte auch, daß einige Geschäftsleute aus Amdo beim Überschreiten der Grenze festgenommen wurden. Sie hielten ein Picknick an der tibetisch-nepalesischen Grenze bei Dram, verbrannten Weihrauch und riefen "Lange lebe der Dalai Lama". Auf Grund dessen wurden sie unversehens verhaftet. Ich weiß nicht, was später mit ihnen geschah".

Teil 7

Kulturelle Entwicklungsgesellschaft geschlossen

Tenzin Ragyal, ein neulich aus Tibet eingetroffener Flüchtling, berichtete dem TCHRD: "2002 haben die chinesischen Behörden die Kulturelle Entwicklungs-Gesellschaft in Kreis Rebkong, TAP Malho, Qinghai praktisch dicht gemacht. Sie sind immer gegen alles, was irgendwie die tibetische Kultur fördern könnte. Unter dem Vorwand, daß die Gesellschaft politische Untertöne habe, ordnete die Regierung ohne vorherige Mahnung ihre Auflösung an.

Zwei tibetische Zeitschriften namens "Golden Bridge" (tib. sesang) und "The Backward Tibet" wurden zusammengelegt und mit der Kulturellen Entwicklungs-Gesellschaft integriert. Es war ein Forum für einen rein kulturellen Austausch, sowie eine Bühne für literarisches Talent. Die Ziele der Gesellschaft waren frei von allen politischen Motiven.

Rabgyal berichtet von einem anderen Zwischenfall während seiner Reise: "Am 3. April 2002 reisten zwei tibetische Pilgerinnen aus dem Kreis Jintsa, Provinz Qinghai, mit uns. Im Distrikt Amdo in der Präfektur Nagchu kontrollierte die Polizei die Pilgerinnen auf ihren shan fein zang (Staatsbürgerausweis), den Tibeter aus anderen Regionen benötigen. Da die zwei Frauen keinen solche Ausweis besaßen, mußten sie je 50 Yuan Strafe zahlen. Eigentlich wäre die Strafe 100 Yuan gewesen, da die Frauen aber kaum Geld hatten, wurde nur die Hälfte von ihnen gefordert. Tausende von Chinesen gehen nach Tibet, aber von ihnen wird nie ein shan fein zhang verlangt. Unterwegs werden nur Tibeter auf diesen Ausweis hin kontrolliert, aber nicht die Chinesen. Es handelt sich hier eindeutig um Diskriminierung von Tibetern".

Tenzin Rabgyal wurde 1980 in Distrikt Tsolho in der Provinz Qinghai geboren. Er ging 4 Jahre lang zur Kenney Distrikt-Mittelschule. Von 16 bis 20 war er Mönch in Kloster Rebkong. Dann studierte er zwei Jahre lang im Kloster Sera Je, woraufhin er nach Rebkong zurückkehrte. Ein Jahr darauf floh er aus Tibet und erreichte am 25. Mai 2002 Nepal.

Teil 8

Gyaltsen Dolkar entlassen

21.5.2002, Dharamsala: Das TCHRD erhielt aus zuverlässiger Quelle die Information, daß Gyaltsen Dolkar (Laienname Dawa) am 21. März 2002 aus dem Drapchi Gefängnis entlassen wurde. Wie es heißt, soll sie jetzt zu Hause sein. Die 31 Jahre alte Nonne aus dem Kloster Garu im Kreis Meldro Gungkar, Bezirk Lhasa, hatte eine 12-jährige Haftstrafe zu verbüßen und hätte eigentlich am 21. August 2002 entlassen werden sollen. Über die Gründe für ihre Entlassung ist dem TCHRD bisher nichts bekannt geworden.

Gyaltsen ist nach Ngawang Choekyi und Tenzin Thupten die dritte politische Gefangene aus dem Nonnenstand, die vorzeitig entlassen wurde. Unbestätigten Berichten zufolge hätte Gyaltsen ein Krankenhaus in Lhasa zur Behandlung aufsuchen sollen, was sie jedoch nicht tat. Von ehemaligen politischen Häftlingen hörte das TCHRD, daß der gesundheitliche Zustand von Gyaltsen Dolkar seit den Ereignissen im Drapchi Gefängnis von 1998 schlecht ist, weshalb ihre Entlassung medizinischen Gründen zuzuschreiben sein könnte. Das TCHRD ist sehr besorgt, daß ihr Zustand bedrohlich sei, obwohl es bisher keine Bestätigung hierfür gibt.

Am 21. August 1990 demonstrierten bei einem von den Behörden organisierten Opern-Festival sieben Nonnen aus dem Kloster Garu, acht aus dem Kloster Michungri und ein Mönch aus Sera. Es war der erste Tag des eine Woche dauernden Shoton (Yoghurt) Festes. Die Protestierenden riefen Parolen gegen chinesische Zuwanderer und zugunsten des Dalai Lama. Sie wurden sofort festgenommen und vom PSB des Bezirks Lhasa abgeführt.

Gyaltsen Dolkar war eine der Garu-Nonnen, die am 30. November 1990 wegen konterrevolutionärer Aktivitäten vor Gericht gestellt wurden. Sie wurde zu 4 Jahren Haft und Entzug der Bürgerrechte für 1 Jahr verurteilt.

Im Juni 1993 zeichneten Gyaltsen und 13 weitere Nonnen im Gefängnis auf einem hereingeschmuggelten Cassetten-Recorder Lieder und Botschaften an ihre Angehörigen und Freunde auf. Jede der Nonnen sang oder sprach ein Lied oder Gedicht, worin sie ihre Hoffnungen und Wünsche ausdrückte. Als die Gefängnisoberen dieses heimliche Tun entdeckten, wurden die Nonnen schwer bestraft. Am 8. Oktober 1993 wurden ihre Haftstrafen um 5 bis 9 Jahre verlängert. Bei Gyaltsen betrug die Verlängerung 8 Jahre, womit die Länge ihrer Strafe auf insgesamt 12 Jahre anstieg.

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