Human Rights Update

Januar 2002

Inhalt
  1. Die Menschenrechtslage in Tibet - Jahresbericht 2001 - Resumé
    a) Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
    b) Das Recht auf Lebensunterhalt
    c) Das Recht auf Bildung
    d) Das Recht auf Gesundheitsfürsorge
    e) Das Recht auf Wohnung
    f) Bürgerliche und politische Rechte
    g) Politische Freiheiten
    h) Freiheit der religiösen Überzeugung und Ausübung
    i) Der Status der neuen tibetischen Flüchtlinge
    j) Empfehlungen
  2. Gefangenenportrait
Teil 1

Die Menschenrechtslage in Tibet - Jahresbericht 2001 - Resumé

Die Ereignisse des 11. September 2001 hatten einen Paradigmawandel in der internationalen Sorge um die Menschenrechte zur Folge. Während die meisten Staaten notwendige Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten, nutzten andere die Angriffe vom 11. September aus, um interne Repressionen zu rechtfertigen. Die VR China (PRC) ist ein Paradebeispiel hierfür.

Das TCHRD ist besorgt darüber, daß China sich diese globale Krise zunutze machte, um noch härter gegen diejenigen vorzugehen, die von der Regierung als "Separatisten" abgestempelt werden: Uiguren, Tibeter und Anhänger von Falun Gong. China bemüht sich nun um internationale Rechtfertigung und politische Zustimmung für seine Aktionen. Dabei unterscheidet Peking nicht zwischen "Terrorismus" und "Separatismus".

Die offizielle Manipulation der neuen Weltordnung wurde am 27. Oktober 2001, bei der 9. Sitzung der 24. Legislaturperiode des Nationalen Volkskongresses Chinas (NPC), deutlich, auf welcher der Vorschlag des regierenden Staatsrates gebilligt wurde, daß die PRC sich dem internationalen Kampf gegen "Terrorismus, Separatismus und Fanatismus" anschließe. In seiner Ansprache an diese Versammlung sagte Li Peng, Präsident des Nationalen Volkskongresses: "Die Entscheidung, daß China sich der globalen Kampagne anschließt, ist angesichts der separatistischen Aktivitäten in China klug, und sie wird hilfreich sein, gegen den im Land von inneren und äußeren Feinden geschaffenen Terror hart vorzugehen".

Das TCHRD glaubt, daß es durch die Ereignisse von 2001 wichtiger denn je geworden ist, daß die internationale Gemeinschaft, einschließlich der PRC, die internationalen Konventionen und universal anerkannten Gesetzeswerke, welche die allen Menschen zustehenden Rechte spezifizieren, gebührend honoriert. In der jetzigen Zeit, wo die ganze Welt auf China schaut wegen seines Eintritts in die Welthandelsorganisation (WTO) und seiner erfolgreichen Bewerbung um die Olympischen Spiele von 2008, hat die internationale Gemeinschaft die Gelegenheit und Pflicht, mehr Druck auf Peking auszuüben, auf daß die Regierung ihre Verpflichtungen gemäß den eingegangenen internationalen Konventionen beherzige.

Chinas weitverbreitete Verstöße gegen die Menschenrechte waren ein Kernpunkt der internationalen Opposition gegen seine Bewerbung um die Olympiade und seine Aufnahme in die WTO dieses Jahr. Unter Hinwegsetzung über die Weltmeinung haben das Olympische Auswahlkomitee und die Mitgliedstaaten der WTO nun tatsächlich Pekings klar dokumentierte Mißhandlungen an Bürgern seines eigenen Volkes und in den besetzten Territorien wie Tibet sanktioniert.

Im Juni 2001 fand in Peking hinter verschlossenen Türen das Vierte Arbeitsforum zu Tibet statt. Diese Tagung auf hoher Ebene pflegt Pekings Politik zu Tibet für die nähere Zukunft festzulegen. Auf dieser Sitzung wurden der "wirtschaftlichen Entwicklung" und der "Stabilität" Vorrang vor allen anderen Freiheiten und Rechten der Menschen gegeben. Aus den Zeugnissen der Flüchtlinge, die ins Exil nach Indien kommen, geht deutlich hervor, daß die Mehrheit der Tibeter nicht daran glaubt, daß sie jemals den vielgepriesenen "Nutzen und Gewinn" aus den Mammut-Entwicklungsprojekten, die jetzt auf dem Hochland im Entstehen sind, ziehen wird.

Das am 8. November 2001 von dem Informationsbüro des chinesischen Staatsrates herausgegebene Weißbuch "Tibets Marsch in Richtung Modernisierung" soll dem Zweck dienen, Chinas Image auf der Weltbühne aufzubessern und dem Land mehr Ansehen zu verschaffen. Indem China hierin die gängigen Normen bürgerlicher und politischer Rechte als "westliche Vorstellungen" abtut, beruft es sich weiterhin auf kulturellen Relativismus, um seine Verstöße gegen die Menschenrechte zu rechtfertigen. Wenn die chinesische Führung auch immer noch die Ansicht vertritt, die "Wirtschaftsentwicklung" stehe über allen anderen Rechten, so ratifizierte sie im Februar 2001 doch den Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (ICESCR). Der Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte (ICCPR) wartet indes drei Jahre nach Unterzeichnung des Dokuments immer noch auf seine Ratifizierung durch die PRC. In seiner Festrede zum Empfang des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 2001 betonte der Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan, daß in diesem neuen Jahrhundert, "... die Souveränität von Staaten nicht länger als ein Schutzschild für grobe Menschenrechtsverletzungen herangezogen werden darf", und daß "... der Frieden im täglichen Leben eines jeden in Bedrängnis geratenen Menschen greifbar gemacht werden muß". Er rief die Welt auf, sie möge zu ihrem Entschluß stehen, gegen Ungerechtigkeit und Menschenrechtsverletzungen zu kämpfen.

Bei der Präsentation und Dokumentation der Menschenrechtslage in Tibet im Jahre 2001 griff das TCHRD hauptsächlich auf das Rahmenwerk des ICESCR und des ICCPR zurück. Im Mittelpunkt dieser zwei internationalen Verträge steht das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung, kraft dessen sie frei über ihren politischen Status entscheiden und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung verfolgen. Die Tibeter sind als ein eigenständiges Volk mit eigener Geschichte, Kultur, Sprache, Religion, mit einer eigenen ethnischen Identität und einer starken Bindung an ihr eigenes Land anerkannt. Im Zusammenhang mit dem tibetischen Volk sollte sich das Recht auf Selbstbestimmung daher auf die Tatsache beziehen, daß die Tibeter ein Volk unter fremder Besatzung sind, und daß die in diesem Bericht dokumentierten Menschenrechtsverletzungen genau darauf zurückzuführen sind. Im Laufe der nun über ein halbes Jahrhundert währenden Vorherrschaft der PRC über das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Leben in Tibet wurde dem Recht des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung keine Achtung geschenkt.

Bei der viel beachteten Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenhaß und verwandte Intoleranz im September 2001 in Durban war die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Diskriminierung aus rassischen Gründen eines der Hauptdiskussionsthemen. Das TCHRD bekam die Akkreditierung zu dieser Konferenz und konnte darlegen, daß die Diskriminierung, von der Tibeter innerhalb Tibets betroffen sind, ihre Wurzel darin hat, daß die Tibeter kein Recht auf Selbstbestimmung haben und ein Volk unter Besatzung sind.

Am Internationalen Menschenrechtstag betonte die UN Menschenrechtskommissarin Mary Robinson, daß das von der Durban Konferenz verabschiedete Antidiskriminierungsprogramm ein "integraler Bestandteil aller Bemühungen zum Schutz vor jeglicher Aushöhlung des Menschenrechtsstandards, die sich als unbeabsichtigte Folge aus Maßnahmen zur Terrorbekämpfung ergeben könnte", sein müsse. Ihre von Sorge getragenen Worte werfen ein schlechtes Licht auf totalitäre Regimes und deren neuartige Interpretationen von "Terrorismus".

Der vorliegende Report, der - ergänzt von Sekundärquellen - hauptsächlich auf Gesprächen mit vor kurzem aus Tibet eingetroffenen Flüchtlingen basiert, liefert klare Beweise, daß China im Jahr 2001 die Menschenrechte der Tibeter mit seinen politischen Strategien systematisch verletzte. Außerdem liefern offizielle chinesische Quellen gelegentlich Informationen, die Einblicke in das wahre Ausmaß der auf dem tibetischen Hochland fortdauernden Menschenrechtsverletzungen liefern.

Teil 1a)

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Mit der Ratifizierung des "Internationalen Paktes über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte" (ICESCR) in diesem Jahr ist es für China nun zwingend geworden, geeignete nationale Gesetze zu erlassen, welche den Artikeln des Paktes Geltung verschaffen. Sich am Rahmen des ICESCR orientierend, untersucht dieser Report die Situation der Tibeter innerhalb Tibets im Hinblick auf die Rechte auf Bildung, wirtschaftliche Beteiligung, Gesundheit, Wohnung und Lebensunterhalt. Wir bezogen noch speziell die Rechte von Frauen und Kindern ein, weil diese zwei die durch die chinesische Kolonisierungspolitik am leichtesten verletzbaren Gruppen Tibets sind.

In einem Versuch, die Gleichberechtigung der Frauen sicherzustellen, führte die PRC in regelmäßigem Abstand eine Reihe von nationalen Gesetzen ein, welche die Frauenrechte betreffen. Diese Gesetzgebung behandelt die politische Beteiligung von Frauen, die Beschäftigung, den Arbeitsschutz, die Bildung und Eheschließung nebst anderen Belangen. Bis heute haben diese nationalen Gesetze jedoch ihren Zweck in China verfehlt, Frauen mittels der Rechte, auf die sie universal gesehen Anspruch haben, den ihnen gebührenden Schutz zu gewährleisten. Damit haben tibetische Frauen auch praktisch keine Möglichkeit, ihr Grundrecht auf die freie Bestimmung ihrer Zukunft auszuüben. Durch die Geburtenkontrollpolitik wird den Frauen in Tibet ihr Recht auf Fortpflanzung beschnitten. Sie haben keine Kontrolle über die Größe ihrer Familie, sie können nicht selbst über den Abstand zwischen ihren Schwangerschaften entscheiden und selbst keine Entscheidung hinsichtlich Abtreibung treffen. Schwere Strafen werden für Nichteinhaltung der Fortpflanzungsregeln verhängt. Die in keinem Verhältnis stehende Diskriminierung tibetischer Frauen wird ausführlich in dem Kapitel "Das Recht auf Gesundheit" behandelt.

Kinder sind das fürs Überleben einer Gesellschaft wichtigste Gut, gleichzeitig sind sie auch am anfälligsten für Mißbrauch und Ausbeutung. China hat viele internationale Konventionen unterzeichnet und ratifiziert, welche Kindern Schutz vor Mißbrauch und Unterstützung für ihr Wohlergehen garantieren. Trotzdem haben unzählige Kinder in Tibet keinen Zugang zu einer Grundbildung und ausreichender Gesundheitsfürsorge. Dies erklärt, warum fast die Hälfte der Asylsuchenden aus Tibet in diesem Jahr Kinder unter 18 waren. Die Verletzungen der Rechte des Kindes werden in diesem Report vor allem in dem Kapitel "Das Recht auf Bildung und auf Gesundheit" dokumentiert.


Teil 1b)

Das Recht auf Lebensunterhalt

Ein sehr hoher Prozentsatz der Neuankömmlinge aus Tibet berichtete dem TCHRD in Interviews, daß besonders Tibetern auf dem Lande mehr und mehr ihr Recht auf Lebensunterhalt verweigert wird. Nomaden werden von den hohen Abgaben und der Parzellierung und Einzäunung der Weidegründe in die Enge getrieben - alles Maßnahmen, die das Wesen der tibetischen nomadischen Lebensweise zu zerstören suchen. Tibeter in den Städten sind von gravierender Diskriminierung und einem Mangel an Erwerbs- und Geschäftsmöglichkeiten betroffen. Eine der größten Bedrohungen für die traditionellen tibetischen Methoden der Existenzbestreitung bildet die fortschreitende Umweltzerstörung. Verursacht wurde sie durch Chinas intensive Ausbeutung der Ressourcen; obendrein fließt der auf diese Weise gewonnen gewonnene Profit nicht an das tibetische Volk zurück.

In dem betreffenden Kapitel prüft das TCHRD das Recht der Tibeter auf Lebensunterhalt und zeigt auf, wie dieses von den politischen Maßnahmen der chinesischen Regierung beeinträchtigt wird. Weiterhin werden Pekings ehrgeizige neue Wirtschaftspolitik und ihre Auswirkungen auf die Tibeter innerhalb der engen Definition der PRC von Entwicklung untersucht. In Anbetracht der Betonung, die Peking auf wirtschaftliche Entwicklung legt, was es erneut durch die Herausgabe des Weißbuches über Modernisierung 2001 bekräftigt, zeigt die chinesische Führung kein Interesse, die Entwicklung in ganzheitlicher Weise anzugehen, so, wie es in der UN Erklärung über das Recht auf Entwicklung einschlägig dargelegt wurde. Darin werden nämlich die Unteilbarkeit und die wechselseitige Abhängigkeit aller Rechte betont.

China rühmt sich, Tibet wirtschaftlich anzukurbeln. Politik und Infrastruktur verfolgen jedoch den Zweck, die chinesische Kontrolle über die Region zu festigen und chinesischen Zuwanderern - zum Schaden der tibetischen Bevölkerung - Nutzen zu bringen. Nicht nur werden ihre grundlegenden Bedürfnisse offiziell vernachlässigt, die Tibeter werden auch nicht konsultiert und an keinerlei Bereich der Entwicklung ihres Landes ernsthaft beteiligt. Die chinesische Regierung verfolgt eine Politik des Bevölkerungstransfers im Sinne ihrer wirtschaftlichen und politischen Zielsetzung, die Tibeter in ihrem eigenen Land an den Rande zu drängen. Der Zustrom chinesischer Neusiedler verstärkt noch den Rassismus und die Diskriminierung von Tibetern, besonders in den urbanen Gegenden. Dazu gehört auch die weit reichende Parteilichkeit bei der Zuteilung von Arbeitsplätzen, unter Begünstigung derjenigen, die fließend Chinesisch sprechen, sowie die Vorzugsbehandlung chinesischer Einwanderer.

Teil 1c)

Das Recht auf Bildung

In der von der Konferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und verwandte Intoleranz in Durban angenommenen NGO Deklaration heißt es, "... die chinesische Regierung hat mit ihren mono-kulturellen und hegemonialen Praktiken durch das Schulsystem und andere staatliche Institutionen eine erzwungene Integration und Assimilierung des tibetischen Volkes herbeigeführt und enthält ihm seine Grundmenschenrechte vor". Praktisch bedeutet dies, daß tibetische Kinder beim Zugang zur Schulbildung, beim Lehrplan und im täglichen Unterrichtsgeschehen in hohem Maße diskriminiert werden.

China verkündet, es habe ungeheure Summen in den Bildungssektor investiert, doch in Tibet zeigen diese wenig Wirkung. In vielen ländlichen Gebieten gibt es entweder gar keine Schulen, oder die existierenden stehen nur denjenigen Schülern offen, die das Schulgeld aufbringen können. Schätzungsweise 85% der tibetischen Eltern wohnen auf dem Land und ihr Einkommen reicht nicht aus, um ihren Kindern den Luxus des Besuchs von Schulen zu ermöglichen, die zudem oft in beträchtlicher Entfernung liegen und hohe Gebühren fordern. Darüber hinaus sind tibetische Eltern sehr besorgt wegen der unverhohlenen und fortschreitenden Sinisierung der Lehrpläne. Die Unterrichtssprache Chinesisch, die nun überall zu anzutreffen ist, bringt selbst für jene tibetischen Kinder, welche sich den Schulbesuch leisten können, einen weiteren bildungsmäßigen Nachteil. Aus diesen Gründen dominieren Jugendliche immer mehr die Reihen der ins Exil fliehenden Tibeter.

Teil 1d)

Das Recht auf Gesundheitsfürsorge

Angesichts der gravierenden Unterernährung und des fast epidemischen Auftretens von Tuberkulose und anderen verhütbaren Infektionskrankheiten ist das Wohlergehen der tibetischen Bevölkerung ernstlich bedroht, wenn man bedenkt, wie eingeschränkt ihr Zugang zu medizinischen Einrichtungen ist. In den meisten entlegenen Gegenden, wo die Mehrheit der tibetischen Bevölkerung wohnt, gibt es praktisch keine richtigen Einrichtungen zur medizinischen Betreuung. Und dort wo es sie gibt, sind die Kosten für Tibeter sowohl in der Stadt als auch auf dem Land unerschwinglich hoch. Die allerorten grassierende Diskriminierung kommt als Erschwernis dazu. Wegen all dieser Faktoren kam es zu vielen Todesfällen, die vermeidbar gewesen wären, und es gibt viel ungelindertes physisches Leid.

Bei schätzungsweise bis zu 1 Mio. HIV positiven Fällen in ganz China dieses Jahr und einem jährlichen Anstieg von 30% lassen sich schlimme Rückschlüsse ziehen auf das Vorkommen von HIV/AIDS in Tibet. Das Fehlen von Möglichkeiten zum Aids-Test, zur Behandlung und Betreuung von Aids-Erkrankten, sowie der Mangel an Aufklärungskampagnen, entlarven, daß China sich weigert, die Verantwortung zu übernehmen, um Schritte zur Eindämmung der Epidemie einzuleiten.

Teil 1e)

Das Recht auf Wohnung

Mit der Ratifizierung des ICESCR im Februar 2001 hat China nun die Pflicht, "angemessene Unterkunft für jedermann" zu bieten. Dies bedeutet, ohne Bevorzugung gewisser Bevölkerungsgruppen für Wohnzwecke geeignete Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, und es beinhaltet auch die Schaffung von Gesetzen zum Schutz vor ungerechter Ausweisung und Abbruch. Es bedeutet ebenso die Einführung einer nationalen Gesetzgebung, wie sie in der ICESCR als für die Beschaffung eines angemessenen Wohnstandards vorgeschrieben wird. Trotz Abgabe von Erklärungen über die Grundforderung einer menschenwürdigen Wohnung für jeden, hat die Regierung in Peking bis Jahresende noch keine speziellen Gesetze zum Wohnungswesen erlassen.

Aus den Aussagen unlängst in Indien angekommener Flüchtlinge wird klar, daß Tibeter nach wie vor bei der Wohnungsvergabe in Stadtgebieten unter Diskriminierung zu leiden haben, daß es aber auch in ländlichen Gegenden entschieden an Infrastruktur und verfügbaren Baustoffen fehlt. Ein weiteres ernstes Problem ist, daß die neuen Wohnungen kulturell und klimatisch ungeeignet sind. Die krassesten und häufigsten Verletzungen des Rechts auf Wohnraum im Jahr 2001 bilden jedoch die massiven Zwangsausweisungen von Mönchen und Nonnen, in erster Linie aufgrund der von der Regierung festgesetzten Obergrenze für die Zahl der in religiösen Institutionen geduldeten Praktizierenden. Städtebauliche Entwicklungsprojekte im Gefolge von Pekings neuer Wirtschaftspolitik führten ebenfalls zum Abriß tibetischer Wohnanlagen und zur Vertreibung der Bewohner.

Teil 1 f)

Bürgerliche und politische Rechte

Ausgehend von dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte dokumentiert dieser Bericht in erster Linie das Fehlen des Rechtes freier Meinungsäußerung, was die willkürlichen Festnahmen und Folterungen nach sich zieht, und die fehlende Glaubensfreiheit, weshalb es zur Verhängung von Restriktionen und in einigen Fällen sogar zur Zerstörung religiöser Institutionen kommt. Das "Freedom House", ein Institut zur Überwachung von Freiheit und Demokratie mit Sitz in New York, gab am 18. Dezember 2001 seine jährliche Studie über die Freiheit in den verschiedenen Ländern der Erde heraus. Tibet wird darin als eines der übelsten Gebiete der Erde genannt wird, was die politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten betrifft.

Teil 1g)

Politische Freiheiten

Das TCHRD ist weiterhin sehr besorgt über die Verhaftung und Verurteilung von Gewissensgefangenen und die Existenz von Gesetzen, die ihre Inhaftierung ermöglichen. Langzeitige Haft ohne Gerichtsprozeß und unzulängliche Prozeßverfahren waren für das ganze Jahr kennzeichnend, ebenso wie rechtliche Schutzmaßnahmen fehlten, um einen fairen und offenen Prozeß zu garantieren. Berichte über Folter und Mißhandlung von Gewissensgefangenen - meistens in den vom Büro für öffentliche Sicherheit geführten Haftzentren - und die Haftbedingungen sind beklagenswert. Derzeit gibt es 254 uns bekannte Fälle politischer Gefangener, wovon dieses Jahr [soweit wir wissen]37 festgenommen wurden. Zehn Tibeter starben unmittelbar infolge von Folter und Mißhandlung.

Eine einschneidende politische Maßnahme mit konkreten Auswirkungen für Tibet war im April 2001 die Wiederaufnahme der Pekinger Kampagne "Hartes Durchgreifen", die erstmals 1996 gestartet wurde. Diese den politischen Aktivismus bekämpfende Kampagne bezweckt, "das letztendliche Ziel der Stabilisierung von Chinas öffentlicher Sicherheitslage" zu erreichen. Die Kampagne legalisiert hartes Vorgehen gegen Drogenhandel, Schmuggel, Mafia-Verbrechen, Finanzbetrug und das Schleusen von Asylsuchenden über die Grenzen ins Ausland. Unter ihrem Vorzeichen gehen die örtlichen Parteikomitees erbarmungslos gegen alle Aktivitäten vor, die lokalen Nationalismus verfechten.

In Tibet richtete sich die Kampagne hauptsächlich gegen friedliche Protestdemonstrationen und/oder den Besitz "illegaler" Gegenstände. Dazu zählen die tibetische Flagge, Bilder des Dalai Lama und jedes als "politisch" erachtete Material. Darüber hinaus erklärte der Oberste Volksgerichtshof der TAR am 27. Juni 2001, daß "die Hartdurchgreif-Kampagne in der TAR gegen diejenigen vorgehen wird, welche die nationale Sicherheit gefährden, sowie gegen diejenigen, welche anderen Personen beim illegalen Überschreiten der Landesgrenze helfen". Als eine Folge dieser zweijährigen Verlängerung von "Schlag-hart-zu", wie die Kampagne genannt wird, wurden im Laufe des Jahres 2001 zahlreiche Tibeter wegen "politischem Aktivismus" festgenommen.

Zur gleichen Zeit, da den Tibetern Redefreiheit und freie Meinungsäußerung vorenthalten wird, setzt China in einer massiven Bemühung zur Aufbesserung seines eigenen Image in der Welt die volle Kraft seiner Propagandamaschinerie ein, auch, um ein Bild von dem "allgemeinen Wohlergehen und Glück" der Tibeter unter chinesischer Herrschaft zu vermitteln. China unternahm dieses Jahr außerordentliche Anstrengungen im spin doctoring (politische Imageaufbereitung), wozu es sich sowohl seiner eigenen Staatsmedien, wie auch der internationalen Medien bediente.

Unlängst rühmten sich Pekings Propagandafunktionäre, die Zahl der politischen Gefangenen in Tibet sei beträchtlich zurückgegangen. Die staatlichen Medien zeichneten dazu ein glorifiziertes Bild der Zustände in den Gefängnissen auf der tibetischen Hochebene, welche in Wirklichkeit jedoch beklagenswert und lebensbedrohlich sind. Es mag wohl sein, daß die tatsächliche Zahl der politischen Gefangenen etwas zurückgegangen ist, doch wurden die strenge Überwachung und die Gegenmaßnahmen verstärkt, um jegliche Aktivitäten, welche "die Staatssicherheit gefährden", zu unterbinden. Außerdem dient das System der "Reform-durch-Arbeit" und der Inhaftierungen dazu, gegen Dissens und Kritik einzuschreiten.

Teil 1h)

Freiheit der religiösen Überzeugung und Ausübung

Lange und ständige Besuche der "Arbeitsteams" der KP [in den Klöstern], um Loyalität zu Peking und zur marxistischen Ideologie zu propagieren, die zur Ausweisung vieler Mönche und Nonnen aus ihren jeweiligen Institutionen führten, stehen exemplarisch für die Unterdrückung der religiösen Freiheit im Jahr 2001. Eine intensivierte Verunglimpfungskampagne gegen den Dalai Lama und eine strengere Kontrolle der öffentlichen Ausdrucksformen religiöser Überzeugung und Praktiken stellen weitere weitverbreitete Verletzungen der Religionsfreiheit dar. Im Laufe des Jahres wurden 9.408 Praktizierende aus ihren jeweiligen religiösen Institutionen vertrieben, außerdem wurde von der Schließung zweier großer Einrichtungen berichtet.

Die laufende Kampagne zur "patriotischen Erziehung", die 1996 vom Stapel gelassen wurde, verfolgt den Zweck, die religiösen und patriotischen Gefühle der Tibeter und insbesondere der "Mönchsschar in Robe" zu unterdrücken. In ihrem Gefolge wurden Obergrenzen für die Anzahl von Mönchen/Nonnen in den jeweiligen Klöstern und ein Mindestalter für die neu eintretenden Novizen eingeführt, was zu zahlreichen Festnahmen und Ausweisungen führte. Fast allen religiösen Institutionen wurde inzwischen ein sogenannter "Demokratischer Verwaltungsrat", der sich aus kommunistischen Parteikadern zusammensetzt, aufgezwungen. Dieser bestimmt den Tagesablauf in der Einrichtung und überwacht alle Aktivitäten. Die Klöster werden staatlicherseits zunehmend als "Brutstätten spalterischer Aktivitäten" und als Werkzeuge der "Dalai Clique" wahrgenommen.

Das Spiel mit der Reinkarnationspolitik, das Peking derzeit treibt, ist ein weiterer offizieller Eingriff zur Beherrschung der tibetischen Kultur, Identität und der ganzen traditionellen und religiösen Lebensweise. Ein solcher Schritt war nicht nur Pekings Einmischung in die Bestimmung der Reinkarnation des Panchen Lama, sondern in diesem Jahr auch in diejenige des Reting Rinpoche. Zudem fielen dieses Jahr offizielle Äußerungen über das kontroverse Thema der nächsten Wiedergeburt des jetzigen Dalai Lama. China betonte die Schlüsselrolle, die es bei der Auswahl eines zukünftigen Dalai Lama zu spielen beabsichtige.

Einem im Oktober 2001 vom US State Department über Religionsfreiheit herausgegebenen Bericht zufolge "... erreichte die Unterdrückung religiöser Freiheit in Tibet bedenkliche Ausmaße". Guo Jinglong, Parteisekretär der TAR, machte dieses Jahr in einem Interview mit der New York Times die aufschlußreiche Bemerkung, "der Glaube der tibetischen Schule des Buddhismus sei von den Einwohnern dieser Region selbst gewählt worden, und sie würden, wenn erst einmal die Wirtschaft in der Region gut entwickelt ist, eine bessere Alternative hinsichtlich des religiösen Glaubens wählen". Diese Aussage enthüllt die Absicht Pekings hinter seiner gegenwärtigen Forcierung der Wirtschaftsentwicklung. Sie illustriert auch Pekings Meinung über die Tibeter - und ebenso über tibetische Religion - als eine "primitive, rückständige und unwissende Rasse".

Teil 1i)

Der Status der neuen tibetischen Flüchtlinge

Zusätzlich zu seinen Ausführungen, welche die zwei oben genannten Vertragswerke zur Grundlage haben, möchte das TCHRD noch speziell auf die besondere Notlage der neu ankommenden tibetischen Flüchtlinge und ihre Rechte nach dem Völkerrecht, vor allem der Flüchtlingskonvention, hinweisen. Das Zentrum dokumentiert die Erfahrungen von Tibetern, die 2001 ihre Heimat auf der Suche nach Schutz vor Menschenrechtsübergriffen verlassen mußten. Furcht vor Verfolgung und die Verweigerung grundlegender Menschenrechte, die sich in der Unterdrückung ihrer Religion, Kultur und Identität und der jeden Aspekt ihres Lebens - besonders das Bildungswesen - beherrschenden Diskriminierung äußert, zwingt Tausende von Tibetern, die gefährliche Flucht ins Exil zu wagen.

Die chinesischen Grenzschutzeinheiten nahmen innerhalb von 6 Monaten in 2001 2.500 Tibeter fest, welche die Grenze überqueren wollten. Unlängst eingetroffene Flüchtlinge bezeugen, daß viele dieser Menschen daraufhin Schläge, Verhaftung, Folter und Inhaftierung erlitten, was in einigen Fällen zum Tode führte. Die derzeitige politische Instabilität in Nepal - dem Land, welches die Leute bei ihrer Flucht aus dem besetzten Tibet durchqueren müssen - und die vor kurzem erfolgte Verhängung des Ausnahmezustandes wirken sich als eine weitere Gefahr für die Asylsuchenden auf ihrem Weg in die Freiheit aus.

Wenn das TCHRD auch der nepalesischen Regierung für ihre langjährige Großzügigkeit den tibetischen Asylsuchenden gegenüber dankbar ist und die bestehende Vereinbarung zwischen der Immigrationsbehörde Nepals und dem UN Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) in Kathmandu schätzt, die ihnen die Durchreise durch Nepal zur Ansiedlung in einem Drittland erlaubt, ist es gegenwärtig tief besorgt über die plötzliche Zwangsdeportierung von tibetischen Flüchtlingen und die düstere Aussicht, daß es nun immer häufiger zu solchen Fällen entlang der Nepal/Tibet Grenze kommen könnte. Derartige Zwangsdeportationen zeigen, daß den nepalesischen Grenzpolizisten das Verständnis für die Menschenrechte der Asylsuchenden fehlt, und daß sie sich nun selbst der Verletzung der Menschenrechte der tibetischen Asylsuchenden schuldig machen.

Angesichts der anhaltenden und schweren Verstöße der PRC gegen die Grundrechte der Tibeter, die immer mehr zur Norm werden, muß man die Rolle der internationalen Gemeinschaft in Frage stellen, wenn sie Chinas Kontrolle und Kolonisierung Tibets stillschweigend duldet. Das tibetische Volk hat einen Anspruch auf die Grundmenschenrechte und die Ausübung seines Rechtes auf Selbstbestimmung in jedem Bereich seines Lebens. Über ein halbes Jahrhundert werden die Grundmenschenrechte der Tibeter nun schon beharrlich und systematisch von der kommunistischen Führung in Peking verletzt. Und im Jahr 2001 mußten wir noch erleben, wie diese Repression sowohl von dem Internationalen Olympischen Komitee wie auch von der Welthandelsorganisation sanktioniert und belohnt wurde.

Teil 1j)

Empfehlungen

Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte betreffend:

  • Das TCHRD begrüßt die Ratifizierung des ICESCR durch China und bittet die Ausschußmitglieder des Vertrages zu gewährleisten, daß China seine eingegangenen Verpflichtungen durch Einleitung sofortiger Schritte zur Inkorporierung der in ihm genannten Normen in seine nationale Gesetzgebung und zur ihrer Umsetzung erfüllt.
  • Das TCHRD ersucht die chinesische Regierung, das Grundrecht des tibetischen Volkes auf Bestimmung des Inhaltes des Lehrplanes und der Unterrichtssprache bei der Erziehung seiner Kinder zu respektieren, so wie es von der Konvention für die Rechte des Kindes gefordert wird.
  • Das TCHRD drängt China, von der potentiellen HIV/AIDS Gefahr in Tibet Notiz zu nehmen und Schritte zur Eindämmung der Epidemie zu unternehmen. Die Einrichtung von Testmöglichkeiten, Behandlungszentren und Aufklärungskampagnen zur Vorbeugung sind hierbei entscheidend.
  • Das TCHRD drängt China, gesundheitspolitische Maßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen, die den Normen der Gesundheitsfürsorge, wie sie in den von China unterzeichneten Konventionen vorgeschrieben sind, Genüge leisten. China sollte seine Verfassung ergänzen, um das Recht seiner Bürger auf eine allen zugängliche und erschwingliche medizinische Betreuung zu garantieren. Der Ernährung und Gesundheit der tibetischen Kinder sollte besondere Beachtung geschenkt werden.
  • Die Fortpflanzungsrechte tibetischer Frauen werden weiterhin durch die repressive chinesische Politik kontrolliert und ihnen verweigert. Wir fordern die Abänderung und/oder Aufhebung der Geburtenkontrollpolitik und, daß tibetische Frauen voll über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen.

Die bürgerlichen und politischen Rechte betreffend:

  • Das TCHRD ersucht die chinesische Regierung, mit den jeweiligen Sonderberichterstattern und Arbeitsgruppen der Menschenrechtskommission, zusammenzuarbeiten und ihre Empfehlungen zu berücksichtigen.
  • Das TCHRD fordert, daß die chinesische Regierung den Anwendungsbereich und den Umfang des Begriffes "Gefährdung der Staatssicherheit" in ihrem Strafrecht klarstellt. In seiner jetzigen Zweideutigkeit wird er nämlich mißbraucht, um die verschiedensten legitimen Rechte, wie das Recht auf Redefreiheit und freie Meinungsäußerung, zu unterdrücken.
  • Das TCHRD verurteilt die vor kurzem erfolgte Zwangsvertreibung von über 7.000 Mönchen und Nonnen aus dem Buddhistischen Institut Serthar im Distrikt Serthar, Karze, Sichuan, und die damit verbundene Abreißung der Unterkünfte der ausgewiesenen Mönche und Nonnen. Insbesondere appelliert das TCHRD an den Sonderberichterstatter für Religion, den Aufenthaltsort von Khenpo Jigme Phuntsok, des Abtes von Serthar, in Erfahrung zu bringen und eine Untersuchung über die Verletzungen der Freiheit der religiösen Überzeugung der ehemaligen Bewohner des Instituts vorzunehmen.
  • Das TCHRD fordert die Freilassung aller politischen Gefangenen, die von der chinesischen Regierung wegen Ausübung ihres Rechtes auf Redefreiheit auf freie Meinungsäußerung festgehalten werden.
  • Das TCHRD fordert die unverzügliche und permanente Entfernung der elektrischen Schlagstöcke aus allen Abteilungen des Sicherheitsdienstes und außerdem, sie jedem einzelnen Sicherheitsbeamten abzunehmen. Polizei und Gefängnisaufseher machen häufig in brutaler und herabwürdigender Weise Gebrauch von den elektrischen Schockgeräten, die insbesondere bei der geschlechtsspezifischen Folterung weiblicher Häftlinge eingesetzt werden.
  • In Verletzung sämtlicher internationalen, sich auf die Rechte des Kindes beziehenden Normen hält die chinesische Regierung Gedhun Choekyi Nyima, den 11. Panchen Lama Tibets, seit Mai 1995 gefangen. Das TCHRD verlangt die sofortige Freilassung dieses jüngsten Gewissensgefangenen der Welt. Das TCHRD bittet dringend internationale Gremien, die den "bilateralen Dialog" über Menschenrechte mit der chinesischen Regierung pflegen, zuzugeben, daß dieser Dialog bis heute zu keinen positiven Resultaten geführt hat, sondern vielmehr hartnäckig von der PRC benutzt wird, um internationale Untersuchung und Rechenschaft zu vermeiden. Diese unproduktiven Gespräche sollten daher eingestellt werden.
  • Das TCHRD ruft die chinesische Regierung auf, die Praxis der Entsendung von "Arbeitsteams" in die religiösen Institutionen sofort einzustellen, und von allen Maßnahmen zum Zwang der Mönchsgemeinde abzusehen, sich der kommunistischen Ideologie, wie sie von der "patriotischen Erziehung" propagiert wird, anzuschließen.

Die Rechte der tibetischen Flüchtlinge betreffend:

  • Das TCHRD legt dem UNHCR nahe, die Regierung Nepals um bessere Zusammenarbeit zu bitten, daß sie etwa ihren Grenzschutzbeamten gestatte, an Seminaren des UNHCR teilzunehmen, in denen diese über die Menschenrechte der Asylsuchenden belehrt werden.
  • Das TCHRD anerkennt die zwischen der Immigrationsbehörde Nepals und dem UN Hochkommissariats für Flüchtlinge in Nepal bestehende Vereinbarung, Flüchtlinge durch Nepal ziehen zu lassen und sie zur Ansiedlung in einem Drittland (gewöhnlich Indien) abzufertigen. Das Zentrum ist jedoch ernstlich besorgt über die Zwangsdeportierung tibetischer Flüchtlinge in letzter Zeit und die Wahrscheinlichkeit, daß solche Fälle entlang der Nepal/Tibet Grenze immer häufiger werden

Teil 2

Gefangenenportrait

Sonam Choephel, alias Nagri, 29, wurde im Kreis Damshung, Bezirk Lhasa, geboren. In frühen Jahren wurde er Mönch in Kloster Khamang in selbigem Landkreis. Am 10. April 1995 ging Sonam zusammen mit fünf weiteren Mönchen zu dem heiligen Jokhang Tempel in Lhasa, wo sie für Unabhängigkeit zu demonstrieren begannen. Ziemlich schnell stellten sich ihnen Kräfte des Public Security Bureau (PSB) in den Weg ab und transportierten sie in das Haftzentrum des PSB in Lhasa. Dort wurden die Festgenommenen langwierigen Verhören und Folterungen unterworfen.

Im Oktober desselben Jahres verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa die sechs Mönche "konterrevolutionärer" Delikte wegen zu Haftstrafen zwischen 3 und 5 Jahren. Sonam Choephel wurde zu 4 Jahren strenger Haft verurteilt.

Ende 1995 kamen die sechs ins Drapchi Gefängnis, wo sie wieder schwer geschlagen und gefoltert wurden. Einer dieser sechs Mönche, Sange Tenphel, erlag am 6. Mai den Folgen der brutalen Folterung durch die Aufseher. Derartige Foltermethoden verwenden die Offiziellen gewöhnlich, um detaillierte Geständnisse aus den Opfern zu erpressen und ihre nationalen Gefühle zu dämpfen. Tenphels Tod ist unmittelbar der Folterung durch die Gefängnisaufseher zuzuschreiben.

Am 1. Mai 1998 begannen die Gefängnisinsassen während einer chinesischen Flaggenzeremonie zur Markierung des internationalen Tages der Arbeit im Hof des Gefängnisses zu demonstrieren. Dieser friedliche Protest wurde durch massive Mißhandlung und Schläge niedergeschlagen. Drei Tage später am 4. Mai mußten politische Häftlinge und Strafgefangene anläßlich des Internationalen Jugendtages wieder zu einem Flaggenappell erscheinen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren verstärkt worden, um eine Wiederholung des Vorfalls vom 1. Mai zu verhindern. Doch wieder fingen die politischen Häftlinge an, nach einem unabhängigen Tibet und der Beendigung des Völkermords in Tibets zu rufen. Sonam Choephel war ganz vorne bei diesem Protest. Sofort droschen die bereitstehenden PSB Polizisten und Kräfte der bewaffneten Volkspolizei (PAP) erbarmungslos auf die Gefangenen ein, so daß der Protest innerhalb von Minuten erstickt wurde. Alle, die teilgenommen hatten, wurden durch Extraschläge, Urteilsverlängerungen und Einschluß in Isolationszellen bestraft.

Am selben Abend noch beging Lobsang Choephel, ein Mönch aus Kloster Khamang, welcher der Brutalität der Chinesen nicht mehr standhalten konnte, Selbstmord, indem er sich an der Eisenvergitterung des Toilettenfensters erhängte. Der Protest führte zu insgesamt 8 Todesfällen und für viele Gefangene zu Einzelhaft und Urteilsverlängerungen. Sonam Choephel und vier weitere Häftlinge wurden als Anführer der Demonstration ausgesondert und besonders schwer geschlagen. Mehrere Monate lang waren sie in Einzelhaftzellen eingesperrt. Sonams Urteil wurde um 3 Jahre verlängert, so daß er nun insgesamt 7 Jahre in Drapchi zu verbüßen hat.

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