Human Rights Update

Dezember 2001

Inhalt
  1. Festnahme tibetischer Kinder bei der Flucht: drei verschwunden, der Verbleib eines ungewiß, zwei gegen Zahlung ausgelöst
  2. Andere Fälle
  3. Grenzkontrollen verschärft: Tausende festgenommen
  4. Sechzehn Flüchtlinge in Lhartse festgenommen
  5. Religiöse Freiheit gilt nur für die "richtigen Lamas"
  6. Studenten müssen "Raupenpilze" sammeln gehen
  7. Chinesische Geburtenkontrollpolitik bedrängt tibetische Frauen
  8. Tod eines Babys während einer riskanten Winterüberquerung
  9. Armut in ländlichen Gegenden nimmt zu
  10. Portrait: Hafturteil von 14 Jahren für politischen Aktionismus
  11. TCHRD Serthar Report auf Englisch und Tibetisch
Teil 1

Festnahme tibetischer Kinder bei der Flucht: drei verschwunden, der Verbleib eines ungewiß, zwei gegen Zahlung ausgelöst

Dawa Tsering, Inhaber eines chinesischen Passes, beschloß nach Indien zu fliehen, wo etliche seiner Angehörigen leben und wo er hoffte, den Dalai Lama sehen zu können. Er nahm die Kinder seiner Tochter, Tashi Lhamo (10) und ihren Bruder Dawa Tsetan (8) mit. Sein Schwiegersohn war kürzlich gestorben, weshalb die Familie beschloß, die Kinder zwecks besserer Schulbildung nach Indien zu bringen.

Tsering fuhr über Dram nach Nepal und überquerte die Freundschaftsbrücke. Weil seine zwei Enkel keine chinesischen Pässe besaßen, hatte Tsering einem tibetischen Kraftfahrer 6.000 Yuan gegeben, der dafür sorgen sollte, daß die Kinder sicher nach Nepal gelangen. Der Fahrer sollte sie einem guide übergeben, der sie über die Grenze bringen würde. Seitdem hörte Tsering nichts mehr von den Kindern.

Der Informant erreichte am 6. Dezember das Tibetan Reception Centre in Kathmandu. Das Personal des TRC bemühte sich auf jede nur mögliche Weise, etwas über das Schicksal der Kinder in Erfahrung zu bringen, aber ohne Erfolg. Die Kinder sind bis heute vermißt.

Bei einem ähnlichen Vorfall wurde ein 9-jähriger Bub namens Kunga aus Kreis Dzogang (chin. Zugang), Präfektur Chamdo, TAR, in der zweiten Dezemberwoche von der nepalesischen Polizei nach Passieren der Grenze auf der Ladefläche eines LKW entdeckt und festgenommen. Ende Dezember händigte die nepalische Polizei den verzweifelten Jungen den chinesischen Grenzwachen aus. Der jetzige Aufenthaltsort von Kunga ist unbekannt, und wie seine Verwandten mitteilen, ist er bis jetzt nicht nach Hause zurückgekehrt. Sie sind sehr besorgt um seine Sicherheit und fürchten, er könne entweder im Haftzentrum von Shigatse oder Nyelam eingesperrt worden sein.

Ein weiterer Fall der Festnahme von Kindern kam dem TCHRD zu Ohren. Ein Tibeter versuchte mit seinen zwei Kindern über Dram zu fliehen. Er hatte einen chinesischen Paß, seine Kinder jedoch keinen. Die Kinder wurden noch vor Passieren der Grenze von der chinesischen Polizei festgenommen und nach Shigatse geschafft, wo sie 20 Tage lang eingesperrt waren. Der Vater kehrte nach Shigatse zurück, um seine zwei Kinder auszulösen, wofür er 20.000 Yuan zahlen mußte. Später konnten die Buben aus Tibet fliehen.

Teil 2

Andere Fälle

Tseyang (15) reiste von Kreis Lhartse (chin. Lazi xian), Präfektur Shigatse (chin. Rikaze), TAR, mit zwei jungen Tibetern und einem Sherpa Guide nach Dram. Um die chinesischen Grenzkontrollen zu umgehen, wanderte die Gruppe drei Tage lang über verborgene Bergpfade und kam irgendwo zwischen Tatopani und Barabise in Nepal heraus. Dort bestieg sie einen Bus Richtung Kathmandu.

An dem Kontrollpunkt von Barabise stiegen mehrere nepalesische Polizisten in den Bus und stellten den Passagieren auf Nepali Fragen nach ihrer Herkunft. Tseyang konnte ihre Identität verbergen, weil sie die typische Kleidung nepalesischer Frauen trug und inmitten anderer Nepalesinnen im Bus saß. Ihre zwei Begleiter Choeda aus Amdo und Tenzin aus Lhartse wurden jedoch als Tibeter erkannt und von der Polizei aus dem Bus geholt. Tseyang konnte ihre Reise fortsetzen und erreichte am 18. Dezember das TRC in Kathmandu.

Mitarbeiter des TCHRD und des TRC informierten sofort das UN Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNCHR) in Kathmandu. Leider wurde nichts bekannt über das Schicksal von Choeda und Tenzin. Tseyang meint, sie könnten der chinesischen Grenzpolizei übergeben worden sein und sich vielleicht noch in Gewahrsam befinden.

Am 13. Dezember 2001 wurde ein Tibeter aus der Präfektur Chamdo (chin. Qamdo) wegen des Versuchs nach Nepal einzudringen von der nepalesischen Grenzpolizei in Barabise festgenommen. Weil er nicht die notwendigen Reisedokumente besaß, überstellte die Polizei ihn der nepalesischen Immigrationsbehörde. Einen Tag später händigte diese ihn den Chinesen aus. Der Mann war mit drei anderen Tibetern, die chinesische Pässe besaßen, nach Nepal gekommen. Nach seiner Festnahme in Barabise boten die nepalesischen Polizisten ihm an, gegen Zahlung von 1.000 Yuan könne er weiterziehen. Da er jedoch nicht so viel Geld hatte, übergaben sie ihn der Immigrationsbehörde.

Mitarbeiter des TRC alarmierten das UNHCR in Kathmandu, welches die Immigrationsbehörde kontaktiert haben soll. Als endlich ein TRC Mitarbeiter zur Grenze reisen konnte, war es bereits zu spät, denn der Mann war schon den Chinesen ausgehändigt worden.

Eine weitere Gruppe von 7 Tibetern soll im Dezember wegen versuchten Betretens nepalesischen Bodens von der Grenzpolizei deportiert worden sein. Die genauen Umstände der Deportation sind unklar. Ebenso undurchsichtig sind Gerüchte über die unlängst erfolgte Festnahme des Onkels einer wichtigen Persönlichkeit des tibetischen Buddhismus.

Teil 3

Grenzkontrollen verschärft: Tausende festgenommen

Eine noch nie dagewesene Intensivierung der Grenzsicherheitsmaßnahmen 2001 führte zu Verhaftungen sehr vieler Tibeter, die beim Fluchtversuch erwischt wurden. Am 16. Oktober berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua, Grenzschutzbeamte der TAR hätten etwa 2.500 Tibeter beim illegalen Überschreiten der Grenze verfolgt und aufgegriffen.

Unlängst in Nepal eingetroffene Flüchtlinge bestätigten dem TCHRD, daß viele dieser Tibeter Schläge, Folter und Inhaftierung erlitten, die in manchen Fällen sogar zum Tode führten. Zahlreiche Tibeter versuchten von den Gegenden von Shigatse, Lhartse, Nyelam und Dram aus zu fliehen. Bei der Verhaftung sollen auch vielen ihre Wertsachen konfisziert worden sein.

Tashi (Name geändert aus Anonymitätsgründen), 35, aus Distrikt Drayab (chin. Chaya xian), Präfektur Chamdo, TAR, welcher vor kurzer Zeit in Nepal eintraf, erzählte von der Festnahme von 7 Tibetern am 8. Mai 2001. Der Informant, ein Geschäftsmann aus Lhasa, war mit den Tibetern aus Kham auf dem Weg nach Dram. Am letzten Checkpoint vor Dram stoppten PSB Offiziere das Fahrzeug und stellten die 7 Tibeter zur Rede, wohin sie fahren wollten. Weil sie Verdacht wegen deren Reiseziels hegten, schlossen sie sie in ein Arrestlokal in Dram ein. Tashi sorgte sich sehr um ihre Sicherheit und folgte ihnen dorthin. Er versuchte den PSB Polizisten zu erklären, daß die Festgenommenen nicht nach Indien fahren wollten, sondern nur bis Dram, um dort Verwandte und Freunde zu besuchen. Obwohl er gültige Reisepapiere hatte, wurde er ebenfalls eingesperrt, weil er sich zugunsten der Flüchtigen eingesetzt hatte. Außerdem wurde sein Führerschein konfisziert. Von Dram wurde die Gruppe einschließlich Tashi in das Haftzentrum von Shigatse geschafft.

Dort wurde ihr all ihr Geld weggenommen. Tashi wurden 18.500 Yuan abgenommen, die er niemals zurückbekam. Weil er sich für die 7 Tibeter eingesetzt hatte, beschuldigte man ihn, der Guide der Gruppe zu sein. Er wurde sogar gefoltert und länger eingesperrt als die anderen. Nach gründlicher Vernehmung wurden diese 3 Monate lang festgehalten.

Tashi berichtete, in dem Haftzentrum von Shigatse seien ungefähr 150 Gefangene gewesen. Zuerst war er zwei Monate lang auf seine Zelle beschränkt und dann mußte er Zwangsarbeit leisten. Während dieser Zeit sah er drei Nonnen, die nach einigen Tagen verschwanden. Er weiß nicht, was mit ihnen passierte. Am Tag seiner Ankunft in dem Haftzentrum sah er, wie ein älterer kranker Mann namens Tseko entlassen wurde.

Während der Gefangenschaft sah Tashi auch eine Gruppe von 8 Tibetern aus Amdo, die Ende August in Distrikt Lhartse (chin. Lazi xian), Präfektur Shigatse, TAR, verhaftet worden waren. Sie blieben einen Monat lang eingesperrt. Einige ihrer Verwandten, die in Lhasa Handel treiben, konnten sie durch Zahlung eines Lösegeldes von 2.000 Yuan pro Person freibekommen. Der Informant glaubt, mindestens 12 Personen seien zu laojiao (Umerziehung durch Arbeit) von einem bis zu drei Jahren in einer Strafanstalt in Lhasa verurteilt worden. Tashi wurde nach 5 Monaten Gefangenschaft am 12. Oktober entlassen. Den Führerschein bekam er bei der Entlassung zurück, aber nicht sein Geld.

Er fügte hin, um die Zeit seiner Entlassung, sei das Haftzentrum Shigatse voll von Leuten gewesen, die wegen Fluchtversuches festgenommen worden waren. Am Tag seiner Entlassung sah er, wie eine Frau mittleren Alters mit ihrem 6 Jahre alten Sohn wegen versuchter Flucht in die Haftanstalt gebracht wurde. Er hörte dann, diese beiden seien ein paar Tage später ohne ersichtlichen Grund wieder weggeschickt worden.

Teil 4

Sechzehn Flüchtlinge in Lhartse festgenommen

Ein Ankömmling aus Tibet berichtete dem TCHRD über die Festnahme von 16 seiner Landsleute im Dezember 2001 in Lhartse, Präfektur Shigatse, TAR. Am 26. Dezember wurde ein LKW, auf dem sich nebst anderen 16 Tibeter befanden, von dem PSB in Lhartse angehalten. Der LKW war auf der Fahrt von Lhasa nach Tingri (chin. Dhingri xian) in der Präfektur Shigatse. Die PSB Beamten entdeckten die 16 Personen ohne Reisedokumente und holten sie von dem LKW herunter, während dem Fahrer des Fahrzeugs sein Führerschein beschlagnahmt wurde. Die 16 Tibeter wurden zu dem Haftzentrum von Shigatse gebracht und über ihr Fahrziel vernommen. Sie hatten geplant, zu den Kalachakra Belehrungen des Dalai Lama nach Bodh Gaya in Indien zu reisen. Einige von ihnen kommen aus den Distrikten Karze und Lithang, einschließlich zwei älterer Leute über 60 und vier Teenagern unter 15 Jahren. Über das weitere Schicksal dieser Festgenommenen verlautete seitdem nichts mehr.

Teil 5

Religiöse Freiheit gilt nur für die "richtigen Lamas"

Lobsang (Name geändert) berichtet, seit 1996 verlange man von Mönchen in Nagchu (Chin. Naqu), welche die chinesische Anerkennung als Lamas erhalten wollen, daß sie sich öffentlich vom Dalai Lama distanzieren und eine Überprüfung ihrer politischen Einstellung über sich ergehen lassen.

Lama Lobsang aus Nagchu zufolge genießen nur diejenigen Lamas, die öffentlich der Loyalität zum Dalai Lama abschwören, "die vollen Rechte der Religionsfreiheit". Der Informant sagte: "Als Lamas wird eine Menge Druck auf uns ausgeübt, durch unsere Belehrungen und religiösen Vorträge sowohl vor der monastischen als auch vor der Laiengemeinde die chinesisch-kommunistische Parteiideologie und Propaganda zu fördern. Lokale chinesische Regierungskader sitzend oft bei derartigen Veranstaltungen unter den Zuhörern und unterbrechen uns mit politischen Einwürfen oder versuchen, den Inhalt und Fluß der Belehrungen zu kontrollieren. Die Behörden überwachen auch das Privatleben von uns Lamas, um sicherzustellen, daß wir sowohl in der Öffentlichkeit auch in der Privatsphäre mit der kommunistischen Parteiideologie konform gehen.

Der Informant fuhr fort, die chinesischen Behörden von Nagchu würden nur solche Lamas registrieren, deren politische Haltung der chinesisch kommunistischen Parteiideologie entspreche. Lamas, welche die "chinesisch inspirierte sozialistische und religiöse Propaganda" begünstigen und Themen wie "Liebe das Land, liebe die Religion" behandeln, haben größere Chancen, die Anerkennung der Behörden und Erlaubnis zum Praktizieren zu bekommen.

Diese Politik führte dazu, daß es immer weniger unabhängige buddhistische Lamas in den Klöstern in Nagchu gibt, worunter die Qualität der Belehrungen für Mönche/Nonnen, sowie für die Laiengemeinde gewaltig leidet. Lobsang sagte, viele Lamas hätten nicht die notwendigen Registrierungsdokumente und könnten sich folglich nicht frei in den Klöstern bewegen und den Tibetern ihres Ortes Lehren erteilen. Die Lokalbevölkerung bekommt dies sehr zu spüren, weil nur registrierte Lamas und überhaupt nur unter Aufsicht der zuständigen Behörden in den Dörfern lehren dürfen.

Die Anwesenheit und die Einflußnahme chinesischer Kader in den Klöstern wirkt sich sehr negativ auf Mönche und Nonnen aus, was die Einhaltung der Disziplin betrifft. Lobsang klagte: "Wo früher vielleicht ein Mönch oder eine Nonne für Rauchen oder Trinken gemaßregelt wurden, können solche Dinge nun ungestraft und mit Zustimmung der chinesischen Behörden getan werden".

"Viele sind sehr betrübt über den Verlust der traditionellen kulturellen und religiösen Werte und all die Veränderungen der letzten Zeit. Die Abwesenheit vertrauenswürdiger Lamas heutzutage erhöht die Schwierigkeiten, denen sich Tibeter in der religiösen Sphäre ausgesetzt sehen, noch viel mehr. Manche Lamas sind so sehr davon beansprucht, den Forderungen der Behörden Genüge zu tun, daß sie keine Zeit mehr haben, die einem Lama gebührenden traditionellen Belehrungen durchzuführen. Der Druck auf manche Lamas ist so groß, daß ihre Schritte ständig verfolgt werden und sie sich in ihrer Gegend nicht frei ohne Geleit bewegen können."

Teil 6

Studenten müssen "Raupenpilze" sammeln gehen

Choeyang legte 1998 ihr Lehrerexamen nach dem Studium an dem Lehrerausbildungsinstitut in Jyekundo (chin. Yushul), Qinghai, ab. Danach unterrichtete sie an einer Dorfgrundschule in Jyekundo Rechnen, Chinesisch und Tibetisch. Ihr Monatsgehalt betrug 1.300 Yuan.

90% der Studenten an dem Institut waren Tibeter, die übrigen Chinesen. Der Unterricht wurde auf Chinesisch gehalten. Jegliche Begehung von tibetischen Festen, die Pflege tibetischer Kultur oder die Bezugnahme auf den Dalai Lama waren verboten. Ferien gab es nur zu chinesischen Festen, um den Anlaß feiern zu können.

Choeyang berichtet über das Pflichtsammeln, das alljährlich von den Studenten in ihrem Distrikt von der Schulbehörde verlangt wird. Jeden Juni und Juli wurde die ganze Schule in die Berge gejagt, um eine Cordyceps-Art (Raupenpilz) namens yartsa gunbhu zu sammeln. Die Schule sorgte für den Transport und jeden Tag fuhren Choeyang und ihre Klasse in die Berge hinauf, um nach yartsa gunbhu zu suchen. Jeder Student mußte in einem Monat 50-60 Pilze bringen. Choeyang erzählte: "Mit jedem Jahr wurde er schwerer für die Leute, die Pilze zu finden und die geforderte Zahl beizubringen. So viele Leute jagen nun dem Gewächs nach, daß sogar geübte Sammler es zu nicht mehr als 30 Stück in einem Monat bringen. Letztes Jahr fand ich pro Tag nur einen guten yartsa gunbhu Pilz. Nachdem wir die verlangte Quote (oder soviel wir eben konnten) gesammelt hatten, prüften lokale Beamte unsere Ausbeute auf Qualität und Reife."

Oft wurden zu wenige yartsa gunbhu oder Pilze von minderer Qualität gesammelt. Als Reaktion hierauf bestraften die Behörden uns mit geldlichen Abgaben. Die Gehälter der Lehrer wurden gemindert, während die Studenten (oder deren Angehörige) für jeden nicht angebrachten yartsa gunbhu Pilz 8 Yuan Entschädigung zahlen mußten.

Die Informantin fuhr fort, die Schule habe niemals auch nur eine Pflanze für sich behalten dürfen, und sie wisse ebenso wenig, was die Lokalverwaltung mit den gesammelten Pilzen angestellt hätte. Die Mutter einer Schulfreundin verkaufte sogar ihr Blut, um die Geldbuße für das Defizit im Sammeln des Pilzes zahlen zu können. In einem anderen Fall gingen zwei Väter, deren Kinder in der Schule die verlangte Menge nicht hatten sammeln können, statt dessen zum Fischfang, in der Hoffnung, anstatt der Geldbuße Fische bringen zu können. Sie griffen zu einer häufig benutzten Methode, um zu einem schnellen Ergebnis zu kommen: Dynamit-Fischen. Unglücklicherweise explodierte der Sprengstoff vorzeitig, wobei einer der Männer ums Leben kam und der andere schwer verwundet wurde.

Choeyang fügte hinzu, die beruflichen Möglichkeiten in ihrer Gegend seien sehr eingeschränkt. Sogar mit einem Lehrerzertifikat sei es sehr schwierig, eine Anstellung zu finden. Letztes Jahr wurde Choeyang von der Schulbehörde mitgeteilt, wenn sie weiter studieren wolle, bekäme sie einen Zuschuß von 200 Yuan pro Monat, doch den Rest der Ausgaben müsse sie selbst decken. Für Studenten aus Familien, die Reichtum oder gute Beziehungen haben, sei es nicht so schwierig, eine Stelle zu bekommen, meinte sie. Diese schlechten Berufsaussichten veranlaßten Choeyang schließlich dazu, Tibet zu verlassen.

Ein anderer Flüchtling aus Distrikt Kardze erzählte, wie es den Tibetern immer unmöglicher gemacht werde, ihren Lebensstandard zu verbessern. Die bekannte Unsitte von guanxi (Beziehung zu Beamten) nehme immer mehr zu und wirke sich auf alle Bereiche der Gesellschaft aus. Er fügte hinzu, guanxi und Bestechung seien bei chinesischen Regierungsbeamten allgegenwärtig.

Teil 7

Chinesische Geburtenkontrollpolitik bedrängt tibetische Frauen

Viele in Nepal eintreffende tibetische Flüchtlinge schildern die schweren durch die chinesische Geburtenkontrollpolitik in Tibet verursachten Menschenrechtsverletzungen. So berichtet Gelek (23) aus Qinghai, wie streng die Geburtenkontrolle in seiner Gegend gehandhabt wird. Jedes Jahr kommen Kader von Gemeinde- und Kreisverwaltung in die Dörfer und inspizieren jede Familie auf die Anzahl der Kinder. Alle Geburten müssen bei der Kreisbehörde registriert werden. Drei Kinder sind erlaubt, und wenn dieses Limit überschritten wird, werden die Frauen zwangssterilisiert.

Gelek fuhr fort, jedes Jahr werde eine gewisse Anzahl von Frauen zur Sterilisierung in die Gemeinde Sangshul gebracht. Zudem werde von ihnen verlangt, die vollen Kosten für den Eingriff und die nachfolgende medizinische Betreuung zu zahlen. Lokale chinesische Behörden propagierten, daß Tibeterinnen nur ein Kind haben sollen.

Lobsang (31) aus Distrikt Nagchu (chin. Naqu xian), Präfektur Nagchu, TAR, klagt ebenfalls, die Chinesen würden die Geburtenkontrollpolitik in Tibet durchsetzen, als ob Tibet mit China identisch wäre, ohne die unterschiedlichen kulturellen und ethnischen Faktoren, welche für die Bevölkerungskontrolle maßgeblich sein sollten, zu berücksichtigen. Eine in dieser Weise dem tibetischen Gemeinwesen aufgezwungene Politik ist folglich schon von ihrem Ansatz her mangelhaft und zieht in vielen Gegenden Tibets schlimme Menschenrechtsverletzungen nach sich. Vor allem Frauen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren sind von diesen Maßnahmen betroffen.

Lobsang weiß von fünf Frauen, die 1999 im Distrikt Nagchu zwangssterilisiert wurden, was angesichts des niedrigen medizinischen Niveaus in einem Kreishospital ein gefährlicher Eingriff ist. Eine Woche nach der Operation starb eine der Frauen an den nachfolgenden Komplikationen. Viele Frauen haben nun schreckliche Angst, sich dieser Operation unterziehen zu müssen, aber wenn sie mehr Kinder bekommen, als die Chinesen ihnen gestatten, haben sie keine andere Wahl.

In Kreis Tingri dürfen Familien in den Dörfern nur 3 Kinder haben. 1997 wurde der Frau unseres Informanten nach ihrem dritten Kind von der Gemeindeverwaltung und der Leiterin des lokalen Frauenverbandes gesagt, sie müsse sich nun entweder sterilisieren lassen oder kontrazeptive Maßnahmen anwenden. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes zog sie die Verhütungspillen vor. Im ersten Jahr lieferten die Lokalbehörden diese Pillen unentgeltlich, aber in den letzten drei Jahren mußte sie für jede Pille 2 Yuan zahlen.

Jedes Jahr inspizieren Kader von Gemeinde und Distrikt alle Familien, um die Geburt von Kindern zu erfassen. Frauen, die schon drei Kinder haben, werden zu dem Sterilisierungseingriff gezwungen. Zu diesem Zweck müssen sie drei Stunden zu Fuß in das Distrikthospital gehen und außerdem alle Kosten im Zusammenhang mit der Operation tragen. In dem Gemeindekrankenhaus gibt es fünf tibetische Ärzte, die jedoch nur chinesische Arzneien verschreiben.

Ein anderer Tibeter aus Distrikt Drayab, Präfektur Chamdo, TAR, schildert auch die Geburtenkontrolle als ein ernstes Problem in seiner Gegend. In den letzten 6 Jahren sei die lokale chinesische Verwaltung bei der Durchsetzung der Zwei-Kinder-Politik für Bauern bzw. der Drei-Kinder-Politik für Nomaden immer strenger vorgegangen.

Die lokalen Dorfchefs seien verpflichtet, jede Familie einzeln unter die Lupe zu nehmen. Diejenigen Frauen, die bereits zwei Kinder haben, werden registriert und aufgefordert, sich im Kreishospital einzufinden. "Zu jener Zeit wurden 50-60 Frauen an einem Tag sterilisiert. Es heißt, alleine in Distrikt Drayab seien damals 700 Frauen operiert worden. Wenn eine Frau nicht sterilisiert war, mußte sie 1.600 Yuan (US$ 188) Strafe zahlen, und nach jeder weiteren Geburt wurde die Strafe noch höher". Der Informant fügte hinzu, angesichts des so niedrigen Lebensstandards in seiner Gegend bedeute eine Geldstrafe von diesem Ausmaß eine derart schwere Last, daß die meisten Familien sie nicht riskieren könnten, und die Frauen daher "keine andere Wahl hätten, als zur Operation zu gehen".

In einem anderen Dorf in demselben Distrikt sollen 2001 drei oder vier Frauen einer mysteriösen Behandlung unterzogen worden sein, die bei diesen Frauen zu ernsten gesundheitlichen Problemen geführt haben könnte. So erzählte der Informant: "Sie verabreichten einigen jungen Frauen irgendeine Arznei, wonach diese ihr Kind nicht mehr zur Welt bringen konnten. Es schien, daß die Föten im Leib nach dieser Arznei nicht sofort abstarben. Es heißt auch, sie hätten einer jungen Frau im achten Monat eine Injektion gegeben, auf welche sie große Schwierigkeiten bei der Niederkunft bekam. Das Baby starb sofort, und sie selbst lag lange Zeit krank danieder".

Teil 8

Tod eines Babys während einer riskanten Winterüberquerung

Shodo Thashen floh mit seiner schwangeren Frau Tashi Dolma und seinen vier Kindern, Tenzin Dhargyal (9), Lobsang Yeshi (7), Tenzing Wangchok (6) und Yeshi Dolkar (4), aus Tibet, nachdem die Familie 9 Jahre in Lhasa gewohnt hatte. Dort hatte er keine offizielle Einkaufskarte, die einen Bürger berechtigt, Land, Waren und Vieh einzukaufen. Nach 9 Jahren gingen die Geldmittel der Eheleute allmählich zur Neige. Die schlechten Zukunftsaussichten, besonders für ihre Kinder, waren schließlich ausschlaggebend für ihren Entschluß, Tibet zu verlassen.

Tashi begab sich zuerst mit seiner Familie auf Pilgerfahrt zum Berg Kailash. Die ganze Strecke von Lhasa gingen sie zu Fuß und umrundeten dann 9 Mal den heiligen Berg, wozu sie insgesamt 3 Monate brauchten. Unterwegs passierten sie drei Kontrollposten, wo Reisende auf ihre Papiere geprüft werden. Thashen besaß einen Bürgerausweis aus Distrikt Jomda, aber seine Frau hatte keine Papiere. Als sie den letzten Checkpoint erreichten, war sie bereits im neunten Monat. Dolma meint, wegen ihres Zustandes und mit ein wenig Glück sei es ihnen gelungen, ohne weitere Probleme durch alle Checkpoints zu kommen.

Am Berg Kailash brachte Tashi Dolma ein gesundes Mädchen zur Welt. Wegen der gefahrvollen Überquerung des Himalaya schloß sich die Familie einer Gruppe von acht Flüchtlingen an, die alle Indien erreichen wollten. Nach 23 Tagen Marsch über die Berge starb das neu geborene Baby. Das Ehepaar schreibt den Tod seiner fünften Tochter der Kälte und den Anstrengungen während der tückischen Winterüberquerung zu. Sie brachten die Leiche des Babys mit nach Kathmandu, wo die Mitarbeiter des Tibetan Reception Centre für seine Kremation sorgten. Die Gruppe erreichte am 28. November 2001 das TRC in Kathmandu.

Das Ehepaar erzählte, als sie in Lhasa wohnten, hätten ihre Kinder eine private Grundschule besucht, an der alle Schüler und Lehrer Tibeter waren. Keinerlei kulturelle Aktivitäten waren erlaubt, noch Gespräche über den Dalai Lama. Sie zahlten 35 Yuan pro Monat für jedes Kind, Kosten, die über die Jahre immer schwieriger zu bestreiten wurden. Die Schulleitung wurde zudem ständig von den Behörden bedrängt, die Kinder in staatliche Schulen zu schicken.

Thashen berichtet auch vom Handelsgewerbe in Lhasa: "Es wurde in den letzten paar Jahren zunehmend schwerer, in Lhasa Handel zu betreiben. Früher reisten die Händler mit ihren Waren übers Land. Ich kaufte beispielsweise Schmucksachen in verschiedenen Gegenden Tibets und brachte sie nach Lhasa. In letzter Zeit ist es problematisch geworden, im Land herumzureisen, und allmählich besteht auch Mangel an Handelswaren. Die Anwesenheit so vieler Chinesen in Tibet nimmt den tibetischen Händlern den Mut, ihr Geschäft zu betreiben. Wegen ihrer guten Beziehungen verdrängen chinesische Geschäftskonkurrenten leicht die tibetischen Händler."

Teil 9

Armut in ländlichen Gegenden nimmt zu

Ein 53-jähriger Bauer aus Distrikt Drayab, Präfektur Chamdo, TAR, sprach über die chinesische Politik der Zuteilung von Weideland: "Seit etwa 4-5 Jahren verteilen sie das Weideland an die einzelnen Nomaden. Sie mahnten uns, das Vieh anderer Leute nicht auf unser Land kommen zu lassen. Wenn Rinder von jemand anderem auf das einem zugeteilte Weidestück kommen, soll man von ihrem Besitzer 100 Yuan fordern.

An jedem Ort kommt es drei bis vier Mal im Jahr zu Raufereien. Wenn wir im guten Einvernehmen mit unseren Nachbarn leben, dann sagen sie, da sei etwas nicht in Ordnung. Sie verteilten das Weideland und teilten sogar noch das Flußwasser auf, nur um Zwist unter uns zu stiften. Die Regierungsbeamten kommen nicht, um uns gute Ratschläge zu geben, sie freuen sich nur, wenn wir uns befehden. Aus unseren Streitigkeiten schlagen sie nämlich einen Gewinn." Er fügte hinzu, Zwiste wegen Weidegründen in anderen Gegenden seien sogar im Fernsehen gezeigt worden.

Dieser Bauer sprach auch vom Sammeln von yartsa gunbhu: "Früher gab es reichlich Raupenpilze, aber seit einiger Zeit kommen Leute von außerhalb der Region und reißen sie ab. Diese Leute haben einen Erlaubnisschein von der Gemeindeverwaltung. Zu viert konnten wir bisher 7-8 gyama Pilze auf einmal sammeln. Jetzt schaffen wir nur noch 3-4 gyama, weil kaum mehr welch übrig sind, seitdem die Auswärtigen zum Sammeln kommen." Abschließend sagte er: "Die Regierung mahnte uns, wir sollten ein Geschäft starten. Sie sagten, wir sollten Händler werden... Wenn wir nämlich Handel treiben, dann können sie eine Menge Steuern von uns einfordern".

Teil 10

Portrait: Hafturteil von 14 Jahren für politischen Aktionismus

Tenpa Wangdrag (Laienname Sonam) wurde 1941 in einer Bauernfamilie im Distrikt Nedong, Präfektur Lhokha, TAR, geboren. In jungen Jahren trat Wangdrag in ein kleines Gelugpa Kloster in seiner Heimatgegend ein. Während der Kulturrevolution wurde dieses Kloster vollständig zerstört. Ebenso wie andere Mönche kam auch Wangdrak in ein Arbeitslager, wo er bis 1980 bei der Ziegelfertigung und in der Schreinerei arbeiten mußte.

1980 lockerte die Pekinger Regierung etwas ihre Politik was die religiöse Freiheit betrifft. Wangdrag gehörte zu den ersten Personen, die beim Wiederaufbau der vollständig zerstörten Klosteranlage von Gaden mithalfen. Fünf Jahre lang betätigte er sich dort als Schreiner und wohnte in einem Zelt. Nachdem die Debattierklassen 1986 wieder eingeführt wurden, nahm er an diesen teil und kehrte zu seinen Studien der Philosophie und des Buddhismus zurück. Bis zu seiner Verhaftung 1988 war er Zeremonienmeister im Kloster Gaden.

Am 4. Oktober 1987 planten Wangdrak und 50 weitere Mönche von Kloster Gaden, im Anschluß an die Demonstrationen vom 27. September und 1. Oktober in Lhasa für tibetische Unabhängigkeit zu demonstrieren. Wegen eines neuen PSB Checkpoints an der Tagtse Brücke konnte die Gruppe ihre Absicht jedoch nicht ausführen.

Nun gab Wangdrag anderen Mönchen von Gaden einige Broschüren über tibetische Freiheit, darunter auch eine Rede des Dalai Lama, von der sie etliche Abschriften anfertigten und diese um das Kloster herum und in Lhasa anklebten. Etwa um diese Zeit begannen die "Arbeitsteams" in Gaden zu erscheinen, um die Aktivitäten der Mönche zu kontrollieren und sie von den politischen Demonstrationen abzubringen

Offiziellen Verordnungen zum Trotz erhob Wangdrag bei einer Zusammenkunft von ungefähr 300 Mönchen seine Stimme gegen das "Arbeitsteam". Er erklärte, er könne seinen Anweisungen nicht folgen und wolle sein Leben lieber seinem buddhistischen Glauben widmen.

Am 5. März 1988, dem letzten Tag des Großen Gebetsfestes, begaben sich Wangdrag und vier weitere Gaden Mönche nach Lhasa. Als sie den Vorsitzenden der Vereinten Front, Zeng Ying, am südlichen Barkhor erblickten, umringten sie ihn und flehten um die Freilassung von Yulo Dawa Tsering, einem Lama von Kloster Gaden, der ein Jahr zuvor verhaftet worden war, weil er mit Ausländern über tibetische Unabhängigkeit gesprochen hatte. Danach fingen die Mönche an, Parolen wie "Free Tibet" zu rufen, was eine Demonstration entfesselte, welche die größte in Lhasa seit Ende der 1980er werden sollte.

Tags darauf wurde Wangdrak vom PSB in Gaden zusammen mit 5 weiteren Mönchen verhaftet. Auf dem Transport in die Seitru Haftanstalt in Lhasa wurden die Mönche geschlagen, während ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt waren. In 20 Sitzungen vernahmen PSB Beamte und andere hochgestellte chinesische Offizielle Wangdrag in dem Haftzentrum. Nach 6 Monaten wurde sein Fall der Volksprokuratur von Lhasa übergeben.

Laut der "Kriminalakte No. 5 von 1989" wurde Wangdrag nur einmal von der Prokuratur vernommen und daraufhin am 19. Januar 1989 von dem Mittleren Volksgericht von Lhasa zu 14 Jahren Gefängnis und Verlust der Bürgerrechte für 4 Jahre verurteilt. Er wurde der Anstiftung zu den Demonstrationen vom 5. März 1988 sowie "konterrevolutionärer Aktivitäten" beschuldigt. Wangdrag legte bei dem Oberstern Gericht der TAR Berufung gegen die Härte des Urteils ein, die jedoch zurückgewiesen wurde.

Am 6. März 1989 wurde Wangdrag ins Drapchi Gefängnis verlegt. Solange er im Haftzentrum war, hatte er sich geweigert, seine Mönchsrobe abzulegen. In Drapchi mußte er jedoch die blaue Standarduniform tragen. Fünf Monate lang wurde er in der Einheit 1 zusammen mit den Strafgefangenen gehalten, ehe 1989 eine Einheit für männliche politische Häftlinge eingerichtet wurde. Damals arbeitete er in der Küche, wo er dem Koch beistand; manchmal mußte er auch auf den Feldern Gemüse anbauen.

Am 31. März 1991 besuchte der damalige US Botschafter in China James Lilley das Drapchi Gefängnis. Während seines Besuches versuchte Wangdrag, ihm eine Petition zu übergeben, die von politischen Häftlingen in Drapchi verfaßt worden war, und in der die Namen der gefolterten Häftlinge und ihre Leiden verzeichnet waren. Unglücklicherweise riß eine chinesische Dolmetscherin dem Botschafter das Dokument aus der Hand, ehe dieser es an sich nehmen konnte. Als Strafe für seine Tat wurde Wangdrag 27 Tage lang in Einzelhaft gesperrt, ehe er und vier weitere politische Gefangene in das 800 km von Lhasa entfernte Powo Tramo Gefängnis transferiert wurden. Der Gefängnisleitung zufolge hatte Wangdrag einen Aufruhr unter den politischen Häftlingen in Drapchi angezettelt, weshalb er von ihnen abgesondert werden mußte. Auf diese Verlegung hin protestierten die übrigen Gefangenen, die fürchteten, daß ihre Freunde zur Hinrichtung abgeführt worden seien, und forderten Auskunft, was mit ihnen geschehen war.

In Powo Tramo kam Wangdrag zuerst für 2 Monate in Einzelhaft, und dann wurde er in den Trakt No. 3 gebracht, der für kriminelle Straftäter vorgesehen ist. Dort war er 3 Jahre lang eingesperrt. Wangdrags Aufgabe war es, die Gemüsefelder zu düngen, indem er menschliche Exkremente von seiner Einheit auf die Felder brachte. Allmählich nahm seine Gesundheit Schaden, besonders seine Augen, aber er wurde nicht von dieser Arbeit entlastet. Sein allgemeiner Zustand verschlechterte sich immer mehr, aber weil es in der Einheit 3 keine medizinische Station gab, mußte er warten, bis einmal im Monat ein Arzt in die Haftanstalt kam. Aber auch dieser konnte wegen der eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten nichts für seine Augen tun. Als seine Sehkraft immer mehr nachließ, brachten die Gefängnisaufseher ihn in das Dam Chu Hospital in der Nähe von Powo Tramo. Sein Leiden erforderte mehrere Behandlungen, und jedes Mal mußte Wangdrag für die gesamten Ausgaben der Untersuchung und der verabreichten Medikamente selbst aufkommen.

Seit seiner Inhaftierung in Powo Tramo hat Wangdrag seine Familie wegen der großen Entfernung zu seinem Herkunftsort in der Präfektur Lhoka, von dem es etwa 1.000 km nach Powo Tramo sind, nicht mehr gesehen. Wangdrags Entlassung steht am 5. März 2002 bevor.

Teil 11

TCHRD Serthar Report auf Englisch und Tibetisch

Das TCHRD veröffentliche im Dezember 2001 eine Broschüre über das Serthar Institut in beiden Sprachen. Dieser Bericht informiert über die unlängst stattgefundene Verwüstung von Serthar, den Hintergrund der Repressionen, die Geschichte des Instituts, die massiven Ausweisungen und Abbruchaktionen, sowie über den Aufenthaltsort und Zustand des Abtes Khenpo Jigme Phuntsoks usw.

Das Serthar Institut liegt im Distrikt Serthar, Kandze TAP, Sichuan. Nach Jahren immer strengerer, dem Institut auferlegter Restriktionen wurden letzten Sommer über 7.500 buddhistische Praktizierende des Serthar Instituts zum Verlassen gezwungen und bis Oktober 2001 über 2.000 ihrer Behausungen demoliert. Wo sich der verehrte Khenpo Jigme Phuntsok derzeit befindet, bleibt weiterhin ein Rätsel. Die Broschüre kann von der website www.tchrd.org/pubs/serthar/shtml auf Englisch abgerufen werden, und die deutsche Übersetzung auf dieser Website unter TCHRD (Serthar Report).

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