Human Rights Update

September 2001

Inhalt
  1. Nepal setzt 10 Tibeter mangelnder Reisedokumente wegen gefangen
  2. Nachruf auf einen ehemaligen politischen Gefangenen
  3. Zwölf Jahre Gefängnis wegen Plakatierens
  4. Zwei Sprengstoffattentate in der Kandze TAP
  5. Bauern von Distrikt Derge stöhnen unter den Zwangspflanzungen
  6. Wie die Geburtenkontrolle die tibetische Bevölkerung reduziert
  7. Festnahme eines tibetischen PLA Mannes
  8. Portrait eines politischen Gefangenen
  9. Direktor des TCHRD zu "Kalon" der tibetischen Exilregierung ernannt
Teil 1

Nepal setzt 10 Tibeter mangelnder Reisedokumente wegen gefangen

Am 20. August 2001 nahm die nepalesische Polizei in einem Restaurant in Boudhanath, Kathmandu, zwei Mönche fest, weil diese nicht die notwendigen Aufenthaltsdokumente vorweisen konnten.

Zwei Tage später wurden acht tibetische Studenten/-innen von dem nepalesischen Sicherheitspersonal in Thangkot, dem größten Checkpoint an der Grenze zu Indien, festgenommen, weil sie ebenfalls keine Reisedokumente bei sich hatten. Diese Studenten gedachten, nachdem sie ihre Ausbildung in Indien absolviert hatten, durch Nepal nach Tibet zurückkehren.

Die chinesische Obrigkeit in Tibet schreibt für die Ausreise aus Tibet dreierlei Dokumente vor, die teuer und schwierig zu beschaffen sind. Tibeter, die nach Indien reisen wollen oder von Indien zurückkehren, werden im allgemeinen staatlicherseits mit Argwohn betrachtet, weil sie mit der "Dalai Clique" assoziiert sein und "spalterische" Ideen mitbringen könnten. Die meisten verlassen daher Tibet ohne offizielle Erlaubnis und besitzen folglich auch nicht die notwendigen Dokumente zur Einreise nach Nepal. Trotz der ungeheuren Gefahr durchqueren jedes Jahr viele Tibeter Nepal auf ihrem Weg nach Indien, um Verwandte aufzusuchen, mit dem Dalai Lama zu sprechen, Schulen zu besuchen oder um der Verfolgung durch die Chinesen zu entfliehen.

Am 23. August 2001 verhängte die dem Innenministerium unterstehende nepalesische Einwanderungsbehörde über alle zehn Tibeter enorme Geldstrafen und drohte ihnen im Falle von Nichtzahlung mit 10 Jahren Gefängnis. Den acht Studenten wurden Geldstrafen von $1365 auferlegt, sowie eine zusätzliche Strafe von 20.000 NRs. (Nepalesische Rupien) für illegales Überschreiten der Grenze, also insgesamt 121.897 NRs. pro Person.

Die zwei tibetischen Mönche wurden sogar noch härter bestraft. In dem Urteil heißt es: "Ihr Betreten nepalesischen Territoriums ohne Visum und gültige Reisedokumente ist nach Abs. 3(1) des "Foreign Regulation Act" mit $2215 (= NRs. 165.349) und nach Abs. 10(4) mit einer zusätzlichen Summe von NRs. 40.000 strafbar. Ihnen wird daher befohlen, NRs. 205.349 hinzulegen, wobei Sie im Falle von Nichtzahlung nach Abs. 53 und 38(4) mit einer Haftstrafe von 10 Jahren zu rechnen haben.

Angesichts der Tatsache, daß ein normales Jahresgehalt in Nepal rund NRs. 30.000-60.000 beträgt, erscheinen diese Strafen extrem hoch. Und da es hier ja um Studenten und Mönche ohne Einkommensquelle geht, liegt es auf der Hand, daß sie keine Mittel haben, um so gewaltige Geldstrafen zu zahlen. Alle zehn Tibeter wurden daher ins Gefängnis geworfen. Sie sollen sich, wie verlautet, in dem größten Gefängnis Kathmandus in Dili Bazaar befinden. Indessen versuchen Vertreter der tibetischen Exilregierung in Nepal, das UNHCR, und die US Botschaft bei den nepalesischen Behörden zu intervenieren, um sie so bald wie möglich frei zu bekommen.

Die zwei Mönche (Sonam Lama und Sechya Lama) lebten früher im Sera Kloster in Indien. Die acht Studenten aus Amdo, die in Indien zur Schule gingen, sind: Sangye Dhondup (19), Lobsang Dorjee (19), Dorjee Tashi (21), Drukar (26), Tenzin Yangzom (19), Sheri Tso (23), Tsepel (25) und Kyizom (22). Kyizom befindet sich gerade zur Behandlung eines Herzleidens unter Bürgschaft im Tibetan Reception Centre und wird, sobald ihr Zustand sich gebessert hat, der Einwanderungsbehörde überstellt.

Diese Art der Festnahme und Bestrafung scheint eine neue Phase der Drangsalierung durch die Nepalis zu sein. Der erste bekannt gewordene Fall ereignete sich vor 14 Monaten. Am 22. Juni 2000 wurde Gendun Samten, ein Mönch aus Rebkong, Amdo, von nepalesischen Sicherheitskräften in Jiri festgenommen und in ähnlicher Weise wegen Fehlens der Aufenthaltspapiere belangt. Von Gendun Samten wurden zuerst $675 (NRs. 50.000) gefordert; weil er die Summe jedoch nicht aufbringen konnte, wurde er eingesperrt. Nach einigen Monaten bot man ihm an, er könne die Summe auch in Raten von $25 pro Tag abzahlen. Da er auch dazu kein Geld hat, befindet sich Gendun Samten nun wegen Zahlungsversäumnis mit einem Urteil von 10 Jahren im Gefängnis von Jiri.

Des weiteren wurde dem TCHRD von Kelsang Chime, dem Direktor des Tibetan Reception Centre in Nepal, mitgeteilt, daß die nepalesische Polizei im Mai in Barabise noch sechs Tibeter verhaftete. Sie sollen der chinesischen Polizei in Dram ausgehändigt worden sein. Um wen es sich genau handelt, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

Teil 2

Nachruf auf einen ehemaligen politischen Gefangenen

Namgyal Tashi, ein 66-jähriger ehemaliger politischer Gefangener und Vater von Ngawang Sangdrol, der weiblichen politischen Gefangenen in Tibet mit dem längsten Hafturteil, verschied am 20. August in seiner Wohnung in Lhasa. Wegen der im Gefängnis erlittenen Mißhandlungen war Tashis Gesundheit sehr angegriffen und er stand unter ärztlicher Behandlung. Namgyal Tashi saß wegen angeblicher politischer Aktivitäten acht Jahre im Drapchi Gefängnis und wurde Ende 1998 entlassen. Nach einem Vorfall mit einer tibetischen Flagge in Kloster Samye und wegen Verdachts auf andere Aktivitäten zugunsten tibetischer Unabhängigkeit wurden im Juni 1991 Tashi, sein Sohn und weitere vier Verwandte festgenommen.

Infolge seiner aktiven Beteiligung an dem Volksaufstand von 1959 und an der Freiheitsbewegung wurde Tashi mehrere Jahre in "Reform-Arbeits-Lagern" (laogai) eingesperrt. Dort erlitt er brutale Schläge und Mißhandlungen. Ngawang Sangdrol, das zweitjüngste seiner acht Kinder, wurde ein Jahr nach Tashi verhaftet. Die 24-jährige ehemalige Nonne des Klosters Garu verbüßt aufgrund der Wahrnehmung ihres Rechtes auf Ausdrucksfreiheit wegen angeblicher "separatistischer" Betätigung eine Strafe von insgesamt 21 Jahren im Drapchi Gefängnis.

Teil 3

Zwölf Jahre Gefängnis wegen Plakatierens

1999 wurde der Mönch Gonpo zu 12 Jahren Haft verurteilt, weil er Poster zugunsten tibetischer Unabhängigkeit angebracht hatte. Der vormalige Mönch des Klosters Tawu im Kreis Tawu, Kandze TAP, Provinz Sichuan, klebte 1994 im Alter von 18 Jahren Freiheitsplakate an eine chinesische Polizeistation, eine Bank und einige Strommasten. Fünf Jahre später wurde er auf dem Markt von Tawu von vier Polizeibeamten festgenommen. Sie brachten ihn in die Polizeistation von Tawu, wo sie ihn 10 Monate lang festhielten. Danach wurde er wegen "Verwicklung in politische Aktivitäten" zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Gegenwärtig büßt er seine Strafe in einem "Reform-Arbeits-Lager" (laogai) in Sheduk Kyang ab, das eine Tagesreise vom Kreis Tawu entfernt ist. Es heißt, er würde von den anderen Gefangenen isoliert gehalten.

Außerdem verkündeten die chinesischen Behörden in Kreis Tawu vor kurzem, alle Mönche und Nonnen müßten Paßphotos abgeben und eine Inspektion ihrer Kammern zulassen, andernfalls drohe ihnen die Schließung ihrer Institutionen. Von den zwei Nonnenklöstern in Kreis Tawu wurde Tsalpo Mitte 2000 geschlossen, weil es dieser neuen Vorschrift nicht willfuhr. Die Türen des Klosters wurden offiziell mit roten Bändern versiegelt, die das Emblem der Lokalregierung tragen. Alle 300 Nonnen kehrten in ihre Heimatorte zurück. Palmo und Tashi Lhamo (17 und 18), zwei Novizinnen aus Tsalpo, bestellen nun zusammen mit ihren Familien die Felder.

Einer kürzlich erfolgten Information zufolge läuft auch Raptrol Kloster mit einer Besetzung von annähernd 300 Nonnen Gefahr, geschlossen zu werden, weil die Nonnen sich der Order der Chinesen nicht beugen wollen. Die Kader tauchen häufig im Kloster auf, um Paßphotos der Nonnen einzusammeln, die sich weigern, der Parteilinie zu folgen.

Lobsang Tsundue, unser Informant, arbeitete von Kindesbeinen an als Ackerbauer und Viehhirte. Keiner seiner Angehörigen ging jemals zur Schule. Obwohl es an seinem Ort drei Schulen gibt, konnte er wegen der unerschwinglich hohen Schulgebühren keine besuchen.

Teil 4

Zwei Sprengstoffattentate in der Kandze TAP

Das TCHRD erhielt von Flüchtlingen Mitteilung über zwei Bombendetonationen in der Tibetisch Autonomen Präfektur Kandze. Eine Explosion erschütterte im August 2000 einen Gebäudekomplex in der Gemeinde Zakang, Distrikt Derge, Kandze TAP. Trotz der heftigen Explosion sind keine Toten zu beklagen. In den darauffolgenden Ermittlungen fiel der Hauptverdacht auf die Mönche des in dieser Gegend gelegenen Klosters Guesa. Schließlich wurde ein tibetischer Jäger namens Guepon Wangchuk verhaftet und auf Verdacht 6 Monate festgehalten. Weil er sonst keine Einkommensquelle hat, verlegte sich Wangchuk aufs Jagen von Wild.

Schon 1999 war er bei dem Protest gegen Geshe Sonam Phuntsoks Festnahme dabei. Er wurde zusammen mit vielen anderen Mönchen 6 Tage lang festgehalten und damals grausam gefoltert. In seinen eigenen Worten: "Die Polizisten kamen in unsere Gefangenenzelle. Sie traten auf unser Gesicht, während wir auf dem Boden lagen. Später wurde ich in einer Gekreuzigten-Stellung aufgehängt, die Schmerzen waren unerträglich".

Bei einem davon unabhängigen Vorfall in Distrikt Tawu, Kandze TAP, Provinz Sichuan, wurde eines Nachts ein chinesischer Laden durch ein Sprengstoffattentat zerstört, ohne daß Personen zu Schaden kamen. Die Behörden vermuten als Grund Agitation gegen die chinesische kommunistische Regierung, doch gibt es keine klaren Beweise. Da die Untersuchungen von Geheimnis umwittert sind, wurde noch nichts hinsichtlich der Identität des "Schuldigen" bekannt.

Teil 5

Bauern von Distrikt Derge stöhnen unter den Zwangspflanzungen

Die Praxis der behördlich verordneten Anpflanzung wird seit Mitte 2000 in der Gemeinde Zakong im Distrikt Derge geübt. Lobsang Namshi, der unlängst aus Tibet entkam, berichtet, die Bauern in seiner Nachbarschaft stünden unter ständiger Bedrohung, daß ihr Grund und Boden von der Lokalregierung konfisziert und ihnen dann vorgeschrieben wird, was sie auf den enteigneten Äckern anzubauen haben. Sie müssen einen gewissen Teil ihres gesamten Grundbesitzes der Regierung abtreten. Dafür erhalten sie eine Entschädigung, die jedoch ungenügend ist. So entschädigte die Regierung beispielsweise Namshis Familie für eineinhalb mu Boden mit 436 gyama (eine etwa 500 g entsprechende Maßeinheit) Reis und 437 gyama Weizen pro Jahr.

4 Personen des 7-köpfigen Haushalts von Namshi, die über 19 Jahre alt sind, besitzen etwas Land. Die Zwangspflanzungs-Maßnahme ist angesichts der mageren Einkommensquelle eine schwere Belastung für die Familie. Ende 2000 sah sich Lobsangs Familie daher gezwungen, nach Lhasa zu gehen, um dort auf den Straßen zu betteln. Erschwerend kommt hinzu, daß die Bettler in Lhasa nun monatlich 6 Yuan an die lokale Polizeistation abführen müssen, andernfalls droht ihnen die Festnahme.

Die Gemeinde Zakong umfaßt 9 Dörfer: Sadrong, Dotha, Nyenge, Gaye, Gaye Yada, Yulo, Hotha, Thongchu und Grana. In dem Dorf Grana gibt es rund 30 Familien mit insgesamt etwa 130 Tibetern. Alle Bauern dieser Dörfer mußten einen Teil ihres Grundbesitzes für die Zwangspflanzung abtreten. Diese Anordnung rief bei den Bauern eine gemischte Reaktion hervor. Einige fürchten, die Regierung könne die Entschädigung nach einigen Jahren einstellen. Ihre größte Sorge ist aber, daß der Staat ihnen schließlich ihr gesamtes Ackerland für den Zwangsanbau wegnehmen wird.

Lobsang Namshi stammt aus bäuerlichem Milieu in der Gemeinde Zakong, Distrikt Derge, Kandze TAP. 1998 trat er in das Kloster Guesa in der Kandze TAP ein, wo er 3 Jahre lang seine Studien betrieb. Am 13. September 2001 erreichte er das Aufnahmelager für tibetische Flüchtlinge in Nepal und plant nun, in das Kloster Sera in Südindien einzutreten.

Teil 6

Wie die Geburtenkontrolle die tibetische Bevölkerung reduziert

Losa Kyi, die für den Familienplanungsausschuß in Xinghai arbeitete, berichtet, die Chinesen würden in Kreis Tsigorthang (chin. Xinghai), Präfektur Tsolho, Provinz Tsongon, die "Zwei-Kinder-pro-Familie" Regel sehr streng durchsetzen. Die Lokalbehörden greifen hierfür zu Zwangssterilisierungen, Einsetzung von Pessaren (IUD) und Ausgeben von Verhütungspillen. Sie bestimmen sogar den Zeitpunkt, wann das zweite Kind geboren werden darf. "Nichtbewilligte" Kinder zur Welt zu bringen, hat außerordentlich hohe Geldstrafen zur Folge, sowie den Verlust der üblichen Rechte für Kinder, wie Nahrungsmittelzuteilung und Anrecht auf Bildung und Gesundheitsfürsorge.

In Kreis Tsigorthang sind 70% der Bevölkerung Tibeter, der Rest setzt sich aus Han Chinesen und Hui Moslems zusammen. Die Behörden setzten eine Obergrenze für die Zahl der Kinder fest, die jährlich geboren werden dürfen, wobei der Abstand zwischen den Geburten mindestens zwei bis drei Jahre betragen muß. Frauen, die schon ein Kind haben, werden ständig auf die Möglichkeit der Sterilisierung hingewiesen oder auf die genaue Zeit, wann sie ein zweites Kind zur Welt bringen dürfen. Für ein außerplanmäßig geborenes Kind wird eine Familie mit 3.000 bis 4.000 Yuan bestraft. Arme Leute müssen oftmals ihre Viehherden verkaufen, um diese Summe aufzubringen.

Annähernd 100-200 Fälle von Zwangssterilisierungen werden jedes Jahr aus dieser Gegend berichtet. Die Eingriffe, die gewöhnlich in den Kreiskrankenhäusern vorgenommen werden, kosten beinahe 1.000 Yuan. Manchmal gehen die Ärzte auch in die Dörfer, um die Frauen an Ort und Stelle zu operieren. Für gesunde Frauen kosten die Operationen weniger als für solche mit einer längeren Krankheitsgeschichte. Viele tibetische Frauen erlitten auf diese unfreiwilligen Sterilisierungs- und Verhütungseingriffe hin permanente gesundheitliche Schäden und man hörte sogar von Todesfällen. Verhütungspillen werden gewöhnlich frei verteilt, während die Einsetzung eines Pessars eine Frau etwa 50 Yuan kostet.

Losa Kyi kam mit 7 Jahren in die lokale Volksschule, wonach sie in die Kreismittelschule aufgenommen wurde. Später schrieb sie sich in dem Medizininstitut der Tsolho TAP ein, wo sie drei Jahre lang Medizin studierte. Nach dessen Abschluß erhielt sie eine Anstellung an der Entbindungsklinik von Xinghai, und seit 1995 war sie bei dem Familienplanungsbüro von Xinghai beschäftigt. Losa Kyi verließ im Juni 2001 zusammen mit ihrem einzigen Kind Tibet und erreichte im August Dharamsala. Sie floh nach Indien, um ihrem Kind eine Erziehung in tibetischer Sprache, Kultur und Religion, sowie eine modere Ausbildung verschaffen zu können. Sie selbst möchte nun auch die tibetische Sprache studieren.

Teil 7

Festnahme eines tibetischen PLA Mannes

Die Behörden in der Präfektur Nagchu verhafteten einen Angehörigen der Volksbefreiungsarmee (People's Liberation Army) wegen Anklebens von Unabhängigkeitszetteln. Einer zuverlässigen Information aus Tibet zufolge nahmen PSB Kräfte zuerst im März 2001 einen Tibeter namens Konchok fest, der in der Gegend von Nagchu Zettel für die Befreiung Tibets angeklebt haben soll. Auf diesen an etlichen frequentierten Plätzen angebrachten Zetteln stand auf Chinesisch und Tibetisch: "Tibet ist ein unabhängiges Land" und "Lange lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama". Einen Monat nach Konchoks Festnahme erklärte sich plötzlich ein tibetischer PLA Mann namens Kedrup für die Anbringung der Zettel verantwortlich. Er wurde sogleich festgenommen und kam in das Haftzentrum von Nagchu, während Konchok entlassen wurde. Der 28-jährige Kedrup stammt aus dem Kreis Sog, Präfektur Nagchu, TAR. Bereits in jungen Jahren trat er in die Volksbefreiungsarmee ein.

Teil 8

Portrait eines politischen Gefangenen

Der 27-jährige Sey Khedup, Sohn von Thinlay und Choeyang Chozo, stammt aus der Gemeinde Yona, Kreis Sog, Präfektur Nagchu, TAR; er hat drei Brüder und sieben Schwestern. Als Kind ging er fünf Jahre lang zur örtlichen Volksschule in Yona. 1994 wurde er Mönch in dem Kloster Sog Tsendhen, einem der größten seiner Gegend. Im März 2000 verhafteten die chinesischen Behörden der Reihe nach sechs Tibeter aus Sog, darunter auch Sey Khedup. Die fünf anderen waren Tenzin Choewang (64), Tsering Lhagon (41), Yeshi Tenzin (33), Trakru Yeshi (45) und Gyurmey (29). Sey Khedup galt den Behörden schon seit langem als politisch verdächtig. Das Kloster Sog Tsendhen ist als das politisch aktivste der Gegend berüchtigt und im Laufe der Jahre gab es unzählige Festnahmen im Zusammenhang mit Freiheits-Aktivitäten.

In und um das Kloster herum waren auf hölzernen Druckstöcken erstellte Flugblätter aufgetaucht, die Appelle an die Chinesen trugen, Tibet zu verlassen und den Tibetern die ihnen zustehende Freiheit zurückzugeben. Da Sey Khedup Tischler war, fiel sogleich der Verdacht auf ihn, er könne etwas mit diesen Aktivitäten zu tun haben. Nach seiner Festnahme im März 2000 kam er in das Haftzentrum des Kreises Sog. Ein paar Tage später wurde er dem Haftzentrum Nagchu übergeben, wo die Polizeibeamten ihn unzähligen qualvollen Verhören unterzogen, in dem Versuch, ein Geständnis von ihm zu erpressen.

Bis zu dem Prozeß wußten seine Angehörigen überhaupt nichts über seinen Aufenthaltsort. Als sie ihn schließlich herausfanden, wurde ihnen jedoch das Recht, Sey Khedup zu besuchen, vorenthalten. Mitte Dezember, genau 9 Monate später, veranstaltete das Mittlere Volksgericht von Nagchu einen öffentlichen Prozeß für Sey Khedup und die anderen Häftlinge. Alle wurden der geheimen Absprache mit der "separatistischen Dalai Clique und Tätigkeiten der Gefährdung der Staatssicherheit" beschuldigt. Das Gericht legte als Beweise für die erhobenen Klagen Unabhängigkeitsplakate, hölzerne Druckstöcke und Kassetten mit Reden des Dalai Lama vor.

Sey Khedup wurde am härtesten von allen bestraft, nämlich mit lebenslanger Haft. Der Grund dafür könnte sein, daß er die Verantwortung für die erhobenen Klagen ganz alleine auf sich nahm. Das harsche Urteil könnte auch seinen handwerklichen Fertigkeiten und dem Schnitzen der Druckstöcke zurückzuschreiben sein. Es wird vermutet, daß die Behörden das Tun und die Bewegungen dieser Mönche mit Hilfe eines Zuträgers, der sich in Kloster Sog Tsendhen gut auskennt, genau verfolgten. Wegen politischer Aktivitäten in der Vergangenheit stehen die Mönche dort unter strenger Beobachtung, und ihre Bewegungsfreiheit wird drastisch eingeschränkt. Nach Verhängung der lebenslänglichen Freiheitsstrafe wurde Sey Khedup in das Drapchi Gefängnis verlegt, wo er nun schmachtet.

Teil 9

Direktor des TCHRD zu "Kalon" der tibetischen Exilregierung ernannt

Am 19. September wurde der 36-jährige Lobsang Nyandak Zayul, leitender Direktor des TCHRD, zu einem der drei kalons (Minister der tibetischen Regierung-im-Exil) ernannt. Prof. Samdhong Rinpoche, der erste direkt gewählte kalon tripa (Kabinettschef) in dem tibetischen Demokratisierungsprozeß, gab diese Ernennung auf die einstimmige Billigung durch die Versammlung der tibetischen Volksdeputierten (ATPD) hin bekannt. Lobsang Nyandak wird für die Ressorts Finanzen und Gesundheit zuständig sein. Er war seit Gründung des Tibetischen Zentrums für Menschenrechte und Demokratie 1996 dessen leitender Direktor. Ihm ist es hauptsächlich zu verdanken, daß das Zentrum von einer kleinen unabhängigen Gruppe von Beobachtern zu einer international geachteten und auf der Weltbühne anerkannten NGO wurde.

Der Erfolg des Zentrums ist daran zu messen, daß es bei der UNO akkreditiert wurde und an der kürzlich statt gefunden Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban teilnehmen konnte. Das Zentrum spielt eine wichtige und entscheidende Rolle bei der Sammlung, Verfolgung und Verbreitung von Informationen über die Menschenrechtslage in Tibet und bemüht sich bei der internationalen Gemeinschaft um Unterstützung für Tibet. 1996 wurde Lobsang Nyandak Abgeordneter des ATPD für die Provinz Kham, eine Position, die er bis 2001 begleitete. Gleichzeitig war er auch Vizepräsident/Sekretär der National-Demokratischen Partei Tibets. Davor war er von 1990 bis 1995 fünf Jahre lang Geschäftsführer und Sekretär des Tibetischen Jugendkongresses. Die Mitarbeiter des TCHRD Hauptsitzes in Dharamsala und der Zweigstelle in Kathmandu gratulieren Mr. Nyandak von Herzen und wünschen ihm eine erfolgreiche, produktive und bedeutungsvolle Wirkungszeit im kashag (Kabinett). Während das Zentrum Mr. Nyandaks wertvolle Erfahrung und Führung vermissen wird, freut es sich über die ihm nun neu zuteil gewordene Möglichkeit, der Sache Tibets zu dienen.

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