Human Rights Update

Juni 2001

Inhalt
  1. Sonam Choephel gelang die Flucht nach Indien, endlich Nachricht über Geshe Sonam Phuntsok
  2. Geshe Sonam Phuntsok im Gefängnis Tsangtung
  3. Der Verlauf der Proteste von Kandze
  4. Politische Gefangene durch Mißhandlung erblindet
  5. Sechs Jahre Gefängnis wegen eines Dalai Lama Videos
  6. Dalai Lama Photos verboten, hohe Geldstrafen für Eltern von Exilschülern
  7. Visums-Beschränkungen für Tibeter, die Indien besuchen wollen
  8. Sprachliche Bevorzugung beeinträchtigt Ausbildungschancen
  9. Zwölf Jahre wegen Verteilung politischer Flugschriften
Teil 1

Sonam Choephel gelang die Flucht nach Indien, endlich Nachricht über Geshe Sonam Phuntsok

Sonam Choephel, der getreue Helfer des im Oktober 1999 in Kandze festgenommenen Geshe Sonam Phuntsok, vermochte fast zwei Jahre lang der Verhaftung durch die chinesischen Behörden zu entgehen und erreichte schließlich am 12. März 2001 Dharamsala. Er lieferte dem TCHRD genaue Information über Geshe Sonam Phuntsoks Verhaftung, die Demonstration von Kandze und die darauffolgenden Festnahmen und Verurteilungen. Als Reaktion auf die Festnahme von Geshe Sonam Phuntsok, einem prominenten Lama von Distrikt Kandze, gingen annähernd 3.000 Personen auf die Straße, um seine Freilassung zu verlangen. Hunderte von Demonstranten wurden 1999 festgenommen. Seitdem fahndeten die Behörden unentwegt nach Sonam Choephel, weil sie ihn der Verwicklung in politische Tätigkeiten verdächtigten. Irgendwie gelang es ihm, unterzutauchen, so daß bis zu seiner Flucht nach Indien nichts war über seinen Verbleib bekannt war.

Sonam Choephel unternahm viele Aktivitäten für die Befreiung Tibets, die von den chinesischen Behörden als "Gefährdung der Staatssicherheit" geahndet werden. So zeigte er nach seiner Rückkehr von einem Indienbesuch 1996 verschiedene Videokassetten herum und verteilte zu mehreren Anlässen in 20 Dörfern des Distrikts Kandze Flugblätter über den Dalai Lama und die tibetische Regierung-im-Exil. Dank der großen Sympathie, die ihm die Bevölkerung entgegenbrachte, gelang es ihm immer wieder, den von der lokalen Polizei gestellten Fallen zu entgehen. Am Abend, bevor Geshe Sonam Phuntsok verhaftet wurde, warnte ein Informant Choephel, daß seine eigene Festnahme bevorstehe. So konnte er sich verstecken. Wenn er nur im voraus von Geshes Verhaftung gewußt hätte, so würde er irgend etwas unternommen haben, um die Absicht der Behörden zu durchkreuzen.

Am 25. Oktober 1999 kamen 20 Polizisten des Public Security Bureau, um Choephel in seinem Haus zu stellen. Sie durchsuchten das ganze Haus, aber konnten ihn nicht finden. Sie drohten seinen Angehörigen, daß er hingerichtet würde, falls sie ihn sofort aus seinem Versteck hervorholten, und sie schlugen Choephels Bruder Tsering schwer mit Elektroschockkeulen und anderen harten Gegenständen, die ihnen unter die Hände kamen. Mehrmals schleuderten sie Tsering brutal gegen die Wand, so daß er stark zu bluten begann. Schließlich verlor er das Bewußtsein und lag zwei Wochen lag im Bett. Noch monatelang waren seine Augen so geschwollen, daß er sie nicht öffnen konnte. Im ganzen kamen die Polizeibeamten 13 Mal in das Dorf, um nach Choephels Verbleib zu forschen. Sie griffen zu jeder nur möglichen Methode, um etwas über Choephel in Erfahrung zu bringen: Sie mißhandelten seinen Bruder, seine Freunde, den Dorfvorsteher und die Dorfbewohner; sie konfiszierten das meiste der Habe von Choephels Familie im Wert von etwa 50.000 Yuan mit der Begründung, dies würde der Geldsumme entsprechen, die Choephel zur Propagierung seiner "spalterischen Ideen" aufgewandt hätte. Auch jetzt noch werden seine Familie, Freunde und die Leute im Dorf häufig von den lokalen Sicherheitsbeamten zur Rede gestellt, belästigt und bedroht.

Sonam Choephel wurde 1977 in dem Dorf Molsang, Gemeinde Khonlon, Distrikt Kandze, geboren. Mit 10 Jahren kam er in die lokale Volksschule und danach war er zwei Jahre lang Novize in dem Kloster Dhargyeling in seiner Gegend. 1991 trat er in die Mittelschule Nangten Lobling in Kandze ein, wo Geshe Sonam Phuntsok als Lehrer angestellt war. Auf Geshes Rat machte er einen 3-jährigen Kurs als Mechaniker und Elektriker, und bei der Abschlußprüfung, an der Kandidaten aus 18 Kreisen teilnahmen, war er der Beste. Später besorgte er dann die meisten mechanischen und elektrischen Arbeiten in dem Kloster Dhargyeling und half auch den Leuten der Umgebung ungeheuer durch seine neu erlernten Fertigkeiten. Er assistierte Geshe sowohl bei seinem sozialen als auch seinem spirituellen Werk. Allmählich wurde er der treueste Anhänger und eifrigste Schüler Geshes.

Drohungen mit Gefängnis oder gar Todesstrafe schreckten Choephel niemals, und immer war er bereit, jede Konsequenz seiner Werke auf sich zu nehmen. Sogar jetzt noch hat er keine Skrupel seines Tuns wegen oder Bedenken wegen der Belästigung, die seine Familie seinetwegen durchmachen muß. Er hätte seine Familie immer sehr geliebt, erklärte er, aber noch größer sei seine Liebe zu seinem Heimatland, und er fügte hinzu: "Jeden Tag, wenn ich zu Bett gehe, denke ich an meine Angehörigen. Beim Gedanken an ihr Leiden kommen mir die Tränen in die Augen. Aber ich bin dennoch froh, daß ich nicht gefaßt und umgebracht wurde. Sonst wäre mein Verlangen, für mein Land zu arbeiten, unerfüllt geblieben. Ich fürchte den Tod nicht, ich will nur mehr für mein Land tun. Dafür ist mir kein Opfer zu groß!"

Teil 2

Geshe Sonam Phuntsok im Gefängnis Tsangtung

Seit der Festnahme Geshes im Oktober 1999 wußte niemand, wo er gefangen gehalten wird. Erst jetzt erfuhren wir von Sonam Choephel, daß Geshe Sonam Phuntsok vom Volksgericht der Tibetisch Autonomen Präfektur Kandze zu 5 Jahren Haft in dem Gefängnis Tsangtung (Dorf Tsangtung, Kreis Dhartong, Bezirk Dhatam, Provinz Sichuan) verurteilt wurde, wo er immer noch eingesperrt ist. Nach seiner Verhaftung am 25. Oktober 1999 wurde er fast ein Jahr und 4 Monate lang, bis zu dem Urteilsspruch im März 2001, in dem Gefängnis Dartsedo in Kreis Dartsedo der TAP Kandze festgehalten.

Die Punkte der Anklage gegen Geshe Sonam Phuntsok fallen unter verschiedene Kategorien: Er wurde 1. "der Aufhetzung der Volksmassen zu spalterischen Aktivitäten", 2. "der Reise nach Indien mit illegalen, in Lhasa beschafften Reisedokumenten, um beim Dalai Lama eine Audienz zu suchen und sich mit ihm photographieren zu lassen", 3. "der mehrmaligen, illegalen Durchführung religiöser Zeremonien in Kreis Kandze" und 4. "der Abhaltung von Langlebensgebeten für den Dalai Lama in Rongbatsang, Gemeinde Shisal" belastet.

Als ihm nach der Verkündung des Urteils 5 Minuten Zeit gegeben wurden, um sich zu rechtfertigen, erklärte Geshe: "Die Tatsache, daß ich verhaftet und vor Gericht gestellt wurde, straft die grandiosen Behauptungen Chinas über religiöse Freiheit in Tibet Lügen, was der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden sollte".

Dem Vernehmen nach ist Geshe der einzige tibetische Gefangene in der Haftanstalt Tsangtung. Von Kandze aus dauert die Reise zu dem Gefängnis 4 Tage im Bus und weitere 4 Tage und Nächte im Zug. Viele Tibeter aus Kandze versuchten immer wieder, Geshe zu besuchen. Aber die Gefängnisbehörden lassen seine Verwandten nicht zu ihm und übergeben ihm nicht einmal die Nahrungsmittelpäckchen, die sie für ihn mitbringen.

Bisher bekam einzig und alleine Wangdi, ein naher Verwandter von Geshe, die Erlaubnis, ihn zu sehen, aber die Begegnung am 19. April 2001 währte nur 2 Minuten lang. Die beiden waren durch eine dicke Glaswand getrennt, weshalb sie nicht miteinander sprechen konnten. Wangdi traute kaum seinen Augen, als er Geshe zum ersten Mal wieder sah. Dieser schaute völlig verändert aus und schien bei schlechter Gesundheit zu sein. Er schien viel älter als er ist. Wangdi bemerkte, daß Geshe nicht aufrecht stehen konnte und er meint, daß sein Rückgrat permanent gebrochen ist. Sein Körper zeigte sichtbare Zeichen von Verletzung. Wangdi bemerkte, daß Geshe beim Versuch, seinen Gürtel zu befestigen, unfähig war, seinen linken Arm zu bewegen.

Geshe Sonam Phuntsok ist eine sehr populäre Gestalt in der Region, und die Leute verehren ihn als einen großen Praktizierenden des Buddhismus und eminenten Gelehrten. Selbst zu einer Zeit, als die Chinesen jegliche religiöse Betätigung in Tibet verboten, stellte er die religiösen Belehrungen nicht ein. In den Achtzigern unterrichtete er etwa 70 Mönche aus 35 verschiedenen Klöstern in tibetischer Literatur und lehrte die Mönche des Dhargyeling Klosters 6 Jahre lang tibetische Grammatik, Geschichte und Buddhismus. Außerdem verfaßte er eine historische Beschreibung von 13 Klöstern der Kandze TAP. Wegen seiner wachsenden Beliebtheit und dem Vertrauen, das er bei der tibetischen Bevölkerung genoß, begannen die chinesischen Behörden, ihn als ein Element der Bedrohung für die Stabilität der Nation anzusehen. Quellen in Tibet zufolge verdächtige die Obrigkeit ihn und seine Schüler der Unterhaltung "heimlicher Kontakte" zu der tibetischen Regierung-im-Exil.

Teil 3

Der Verlauf der Proteste von Kandze

Sonam Choephel, der am 12. März 2001 Indien erreichte, berichtet folgendes über den Protest von Kandze im Oktober 1999.

Um etwa 17 Uhr am 25. Oktober 1999 kamen 60 Sicherheitskräfte, um Geshe Sonam Phuntsok festzunehmen, der sich gerade in einem Retreat in der Gegend von Wakhar, Distrikt Kandze, befand. Innerhalb weniger Minuten wurde Geshe, der zu dieser Zeit nur spärlich bekleidet und barfuß war, mit vorgehaltener Pistole festgenommen. Eine Nonne und Augenzeugin sah, wie zwei Polizeisoldaten Geshe an beiden Armen packten, während ein dritter von hinten eine Pistole auf seinen Kopf richtete.

Agya Tsering und Jampa Choezing, zwei Schüler von Geshe, wurden ebenfalls auf Verdacht politischer Betätigung festgenommen. Sie wurden aber nach einigen Monaten Festhaltung in dem Haftzentrum von Kandze wieder freigelassen.

Die Nachricht über Geshes Festnahme verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt, und spontan versammelten sich annähernd 3.000 friedliche Protestanten vor der Nebenstelle des Distrikt-Büros Rongbatsang und forderten die sofortige und bedingungslose Freilassung von Geshe. Die Leute rächten sich, indem sie 15 hochrangige Politoffiziere, einschließlich des 1. und 2. Distriktvorstehers, sowie einige Polizisten festhielten. Trotz Androhung schlimmster Folgen und der Todesstrafe wich die unerschrockene Menge nicht von der Stelle und verlangte von den Behörden, ihnen Geshe vorzuzeigen.

Schließlich gaben die Beamten nach und holten um etwa 22 Uhr Geshe aus dem Haftzentrum. Überglücklich pfiffen die Leute, aber als Geshe schließlich den Demonstranten in Handschellen und schwer bewacht vorgeführt wurde, weinten sie alle. Er richtete folgende Worte an sie: "Ich fühle mich ermutigt durch euren überwältigenden Beistand. Ohne daß die Strafsache, derentwegen ich verhaftet wurde, zum Abschluß gebracht wird, besteht keine Hoffnung auf meine Freilassung. Deshalb muß ich zu weiterer Untersuchung ins Haftzentrum zurückkehren. Ich bitte euch daher, von der Demonstration abzusehen. Macht euch keine Sorgen um mich!" Daraufhin gingen die Leute allmählich weg, kamen aber am nächsten Tag wieder, als Geshe vor Gericht gestellt wurde. Später ließen sie die chinesischen Kader frei, hielten aber immer noch die 10 Polizisten fest.

Bis 9 Uhr am nächsten Tag waren annähernd 10.000 oder noch mehr Menschen aus zwei Distrikten und 10 angrenzenden Unterdistrikten vor dem Gerichtshof zusammengeströmt, wo Geshes Fall hinter geschlossenen Türen verhandelt wurde. Sie riefen: "Laßt Geshe Sonam Phuntsok frei", "Geshe ist unschuldig", "Geshe war niemals in Politik engagiert", "Geshe ist den Armen wohlgesinnt, er ist keines Verbrechens schuldig". Nun begannen die etwa 600 PSB und PAP Kräfte, die das Gericht bewachten, Tränengas auf die Menschenmenge zu werfen und wahllos Schüsse abzugeben, um den erregten Mob zu bändigen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine ernsten Verletzungen. Inzwischen hatte aber die zentralchinesische Regierung der lokalen Verwaltung direkte Order erteilt, auf die Demonstranten zu schießen. Der Chef des Distrikts Kandze zögerte noch mit dem Schießbefehl, weil die Menge, nach der allgemeinen Stimmung zu schließen, sich unter keinen Umständen zurückziehen würde. Statt dessen schlugen die Polizeisoldaten die Demonstranten mit Stöcken, Elektroschlagkeulen und Gewehrenden, wodurch Hunderte Verletzungen davontrugen. Zwanzig Personen mußten ins Krankenhaus gebracht werden, und annähernd 100 wurden am selben Tag in das Haftzentrum von Kandze eingesperrt, wo sie schwer mißhandelt wurden. Außer den elektrischen Schlagstöcken zur Folterung wurden auch andere Peinigungsmethoden eingesetzt, wie Übergießen der Opfer mit heißem Wasser, Verrenkung und Zerfetzung ihrer Glieder mit Zangen, gewaltsames Pressen ihrer Hände und anderer Gliedmaßen auf Elektroöfen. Auf diese Weise wurden viele für immer verkrüppelt. Einige der Festgenommenen wurden nach einer Zeitspanne von 1 bis 7 Monaten unter Auferlegung von Geldstrafen von 500 bis 5.000 Yuan freigelassen.

Vom 27. Oktober bis 3. November 1999 herrschte in dem gesamten Landkreis Kandze Ausgangsperre, und die Telefonverbindungen waren 3 Monate lang unterbrochen. Inzwischen leiteten die Behörden Fahndungen nach denjenigen ein, die bei dem Protest in Kandze und anderen Unterdistrikten mitgemacht hatten. Die Polizeibeamten führten in zahlreichen Häusern gewaltsame und ausgedehnte Durchsuchungen durch und verdroschen einige Bewohner.

Von den fast 100 Personen, die bei den Nachwirren des Protests von Kandze festgenommen und zu verschieden langen Strafen verurteilt wurden, kennt Choephel 16 persönlich:

  1. Lobsang Jampa, alias Loga, (40) ist der Dorfchef von Dhakpakha; am 10. November 1999 verhaftet, wurde er zu drei Jahren in dem Menyang Gefängnis, Provinz Sichuan, verurteilt.
  2. Chemi Tsering, alias Atsula (55), ein regionaler Regierungsbeamter aus dem Dorf Rego, wurde am 21. Dezember 1999 festgenommen und soll sich in dem Haftzentrum von Kandze befinden.
  3. Jampa Sonam ist ein 26-jähriger Bauer aus dem Dorf Sadhu, der am 8. November 1999 verhaftet und zu zweieinhalb Jahren in dem Gefängnis Menyang verurteilt wurde.
  4. Die 40-jährige Khandro Choezom (Ani Khalu) ist eine ehemalige Nonne aus dem Kloster Nyagil in dem Dorf Nyagil. Ursprünglich aus dem Dorf Dhulingo stammend, wurde sie am 15. November 1999 festgenommen und zu 6 Jahren in dem Gefängnis von Kandze verurteilt.
  5. Talu Wangyal (25), ein Bauer aus Dorf Shusaer, wurde nach seiner Festnahme am 31. Oktober 1999 zu zweieinhalb Jahren in Menyang verurteilt.
  6. Pema Phuntsok (39), der Vorsteher des Dorfes Mongsangna, wurde am 31. Oktober 1999 festgenommen und zu zweieinhalb Jahren in Menyang verurteilt.
  7. Ein 22-jähriger junger Mann aus Dorf Dura wurde nach seiner Festnahme am 3. November 1999 zu 3 Jahren verurteilt.
  8. Wangdi (45), ein Geschäftsmann aus Dorf Bushu, wurde nach seiner Festnahme am 26. November 1999 zu 3 Jahren verurteilt.
  9. Sonam Yeshi (32), ein lokaler Regierungsbeamter, ursprünglich aus Dorf Ronbazon stammend, wurde am 31. Oktober 1999 festgenommen und zu 6 Jahren in dem Gefängnis Xinduiqio, Provinz Sichuan, verurteilt.
  10. Pema Kunsang (22), ein ehemaliger Mönch von Kloster Bhegan in dem Dorf Rongbatsang, bekam 4 Jahre Gefängnis.
  11. Chime Gyaltsen (33), ein Bauer aus Dorf Shusaer, wurde nach seiner Festnahme am 31. Oktober 1999 zu viereinhalb Jahren verurteilt.
  12. Tenzin Dakpa (26), ein Bauer aus Dorf Yartse, wurde am 3. November 1999 festgenommen und zu 4 Jahren in Xinduiqio verurteilt.
  13. Jampa Wangtso (33), eine Nonne aus dem Dorf Gurthang, bekam nach ihrer Festnahme Mitte Dezember 5 Jahre Haft in dem Gefängnis Kandze.
  14. Thupten Choencho (66), ein Bauer aus dem Dorf Rego, wurde zu 6 Jahren in dem Gefängnis Kandze verurteilt.
  15. Kalsang Phuntsok, alias Karpang (3), ist ein Bauer aus Dorf Shurtsekha, der nach seiner Festnahme am 30. Oktober 1999 zu 5 Jahren in dem Gefängnis Xinduiqio verurteilt wurde.
  16. Dawa Gyamtso, alias Danam, ist ein 29-jähriger Bauer aus Dorf Jawar, der am 30. Oktober 1999 verhaftet und zu 4 Jahren in Gefängnis Xinduiqio verurteilt wurde.

Choephel zufolge sind die Ermittlungen und Fahndungen nach den am Protest Beteiligten noch nicht abgeschlossen. Vor den Unruhen von 1999 galt der Distrikt Kandze als der chinesischen Regierung loyal, denn es gab wenig politischen Aktivismus in der Gegend. Die Chinesen lobten Kandze hierfür und zeichneten es unter den 18 Distrikten der Provinz Sichuan aus.

Teil 4

Politische Gefangene durch Mißhandlung erblindet

Eine Nonne aus dem Kloster Chubsang verlor auf die schweren Mißhandlungen hin, die sie im Laufe ihrer 6-jährigen Inhaftierung im Drapchi Gefängnis erlitt, das Augenlicht. Seit sie am 1. Februar 2001 entlassen wurde, klagt Sangmo über ständige Kopfschmerzen und verliert oft ihr mentales Gleichgewicht. Trotz finanzieller Erschwernis taten ihre Angehörigen alles, was sie konnten, um ihr medizinische Behandlung in Lhasa zu ermöglichen, aber diese brachte ihr keinen Nutzen. Im März 2001 ließ ihr Sehvermögen immer mehr nach, bis sie schließlich erblindete. Die 25-jährige Nonne Sangmo stammt ursprünglich aus dem Kreis Meldrogungkar, Bezirk Lhasa. Im Alter von 19 Jahren demonstrierte sie in einer Gruppe von 5 Nonnen am 2. Februar 1995 friedlich am Barkhor. Sie riefen etwa eine halbe Stunde lang "Free Tibet" und andere Parolen, bis die Sicherheitskräfte des PSB von Lhasa sie festnahmen. Sie wurden geschlagen und in die Gutsa Haftanstalt abtransportiert, wo sie 4 Monate eingesperrt waren. Im Juni 1995 wurde ihr Fall von der Obersten Volksprokuratur und dem Mittleren Volksgerichtshof von Lhasa hinter verschlossenen Türen verhandelt. Nach dem Urteilsspruch des Gerichts wurde Sangmo als die "Hauptschuldige und Anführerin des Verbrechens" zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt. Des weiteren wurde sie für zwei Jahre der Bürgerrechte beraubt.

Sangmo kam in Drapchi in die neue dritte rukhag (Einheit), wo sie wie die anderen Häftlinge intensive militärähnliche Drills mitmachen mußte. Sangmo litt ganz besonders unter den Schikanen und dem Herumkommandieren der Gefängniswachen. Während der Gefängnisproteste am 1. Mai 1998 wurde auch Sangmo geschlagen und mißhandelt. Als Folge hiervon ließ ihre Gesundheit immer mehr nach und schließlich erblindete sie.

Die anderen fünf Nonnen, die zusammen mit Sangmo festgenommen wurden, sind Lobsang Wangmo (31) aus Phenpo Lundrup und Penpa (27) aus Meldrogungkar (beide 5 Jahre Haft und 1 Jahr Entzug der Bürgerrechte), Ngawang Yandrol (3) aus Kreis Gyantse, Pema (22) und Phuntsok Sonam (28) aus Kreis Chusul (4 Jahre Gefängnis und ein Jahr Entzug der Bürgerrechte). Alle diese Nonnen müssen ihre Strafe in Drapchi abbüßen.

Teil 5

Sechs Jahre Gefängnis wegen eines Dalai Lama Videos

Nach einer dem TCHRD zugegangenen Information verurteilte das Public Security Bureau (PSB) von Lhasa eine Tibeterin, die beim Anschauen eines Dalai Lama Videos in ihrer Wohnung überrascht wurde, zu 6 Jahren Gefängnis.

Am 16. Februar 2001 stürmte chinesisches Sicherheitspersonal des PSB in das Zimmer, in dem Migmar mit vier Freundinnen ein Video des Dalai Lama anschaute. Die Beamten konfiszierten das Video und durchsuchten das Haus nach weiterem politisch verdächtigem Material.

Alle fünf wurden unmittelbar in das im Norden von Lhasa gelegene PSB Haftzentrum gebracht, wo sie erschöpfende Verhörsitzungen über sich ergehen lassen mußten. Migmars vier Begleiterinnen wurden nach wenigen Tagen und Zahlung von je 5000 Yuan (600 US$) Strafe freigelassen. Migmar wurde jedoch im Mai von dem Mittleren Volksgericht zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt. Unserem Informanten zufolge könnte sie bald nach Drapchi verlegt werden.

Die aus Tselguthang, östlich von Lhasa, stammende 37-jährige Migmar ist kommunistisches Parteimitglied. Nach Abschluß der Mittelschule 1989 studierte Migmar drei Jahre in China. Nach ihrer Rückkehr nach Lhasa arbeitete sie mit ihrem Mann in der Post- und Fernmeldebehörde von Lhasa.

Über ähnliche Restriktionen in bezug auf Dalai Lama Photos wurde aus Distrikt Tingri in der Provinz Qinghai berichtet. Im März führte die Polizei verschiedene Razzien in tibetischen Haushalten in dem Landkreis durch, um nach den verbotenen Photos zu fahnden. Ein ortsansässiger Tibeter namens Kyiloe befürchtete eine mögliche Massenkonfiszierung der Bilder und sammelte mit Hilfe von zwei Freunden von den angsterfüllten Dorfbewohnern mindestens 700 Photos ein, die er auf seinem Hausdach versteckte.

Einen Monat später stürmten 5 oder 6 Polizisten sein Haus, beschlagnahmten die Photos und hielten Kyiloe und seine Freunde 5 Tage lang in dem Haftzentrum von Tingri fest. Die Festgenommenen wurden vorgewarnt, daß sie innerhalb einer Woche je 5.000 Yuan Strafe zahlen müßte, andernfalls drohe ihnen eine lebenslängliche Haftstrafe. Drei von ihnen gelang die Flucht ins Exil.

Diese Fälle von Verhaftung und Festhaltung strafen die wohl klingenden Aussagen der Chinesen über ungehinderte religiöse Freiheit in Tibet Lügen. So hatte etwa Meng Deli, der Direktor der Justizbehörde der Autonomen Region Tibet, im Mai 2001 erklärt, niemand würde wegen des sogenannten Aufhängens von einem Dalai Lama Bild ins Gefängnis geworfen.

Die vielen Fälle von Verhaftung von Tibetern im Laufe der Jahre stehen fast alle direkt oder indirekt mit dem Thema Dalai Lama in Verbindung, entweder wegen Besitz von Photos, Video- oder Audiocassetten von ihm oder wegen der Weigerung, ihn zu beschimpfen. Im letzten Jahr wurden 450 Tibeter in Lhasa zu einer Geldstrafe von je 500 Yuan herangezogen, weil sie Dalai Lama Bilder bei sich zu Hause hatten. Die chinesische Regierung setzt die Hochschätzung des Dalai Lamas mit separatistischer Aktivität gleich und erfindet daher immer mehr und wirksamere Strategien zur Verfemung des Dalai Lama

Teil 6

Dalai Lama Photos verboten, hohe Geldstrafen für Eltern von Exilschülern

Ein Neuankömmling aus Tibet berichtet, das Verbot von Dalai Lama Photos sei seit dem Jahr 2000 in Kreis Tingri der TAR viel strenger und heftiger durchgesetzt worden. Daß Eltern ihre Kinder nicht mehr in die von der Exilregierung geführten Schulen schicken dürfen, führte zu deftigen Geldstrafen in demselben Landkreis.

Etwa im März 2001 durchsuchten mehrere chinesische Polizeioffiziere im Abstand von je 20 Tagen eingehend jeden tibetischen Haushalt in Kreis Tingri nach Dalai Lama Photos. In Panik geraten, versteckten sich einige Dorfbewohner in den nahegelegenen Bergen. In dieser chaotischen Lage bestand Gefahr, daß die Photos schnell irgendwo hingeworfen und vergessen werden. Kyiloe besaß selbst 5 Bilder des Dalai Lama. Er sammelte nun zusammen mit seinen zwei Freunden Dasang und Pasang etwa 700 Photos von den Leuten im Dorf ein, richtete einen kleinen Altar auf seinem Hausdach her und zündete Butterlämpchen vor den Photos an.

Eines Nachmittags im April 2001 stürmten 6 Polizisten Kyiloes Haus, beschlagnahmten alle Photos und nahmen ihn und seine zwei Helfer fest. Während des Transportes zum PSB Haftzentrum des Distrikts Tingri wurden alle drei geschlagen, geohrfeigt und mit Elektrowaffen traktiert, so daß Pasang aus dem Mund zu bluten begann. Sie wurden in Handschellen gelegt, an den Fußknöcheln gefesselt und in Einzelkerker gesperrt, wo sie 5 Tage liegengelassen wurden.

Dann begannen die erschöpfenden Verhöre, warum sie die Photos des Dalai Lama trotz des staatlichen Verbots aufgestellt hätten. Die Peiniger schlugen, stießen und boxten die Opfer und schalten sie bei jeder ihrer Antworten, sie würden lügen. Kyiloe berichtet, er hätte schließlich die Marter während der Verhöre nicht mehr aushalten können, sich schuldig bekannt und um Vergebung für die Missetaten gebeten, die er angeblich begangen haben soll. Die kümmerliche Kost der drei Häftlinge bestand aus Essensresten von anderen. Kyiloe als der Älteste der drei wurde am meisten geschlagen und mit Fragen gequält.

Den Häftlingen wurde erklärt, sie müßten für den Besitz und die Anhäufung von Dalai Photos, was vom Staat als "kriminelles Delikt" bezeichnet wird, eine Summe von je 5.000 Yuan zahlen, um freizukommen, andernfalls würden sie für immer eingesperrt bleiben. Drei von ihnen wurden unter der Bedingung, daß sie die Geldstrafe innerhalb einer Woche beibringen nach 5 Tagen auf freien Fuß gesetzt. Kyiloe meint, die Behörden hätten nicht vermutet, daß er weglaufen könnte, weil er ein Haus und Grund besaß, die annähernd 10.000 Yuan hätten einbringen können.

Nach ihrer Freilassung erörterten Kyiloe und seine Freunde ihre weiteren Schritte. Sie beschlossen, ins Exil zu fliehen, weil sie die hohen Geldstrafen nicht aufbringen konnten. In der Nacht zum 30. April verließen die drei ihr Heimatdorf und machten sich auf einen 11-tägigen Fußmarsch über den Kumbhu Paß. Sie blieben 14 Tage in dem Kloster Thupten Choeling, das zwei Wegstunden von dem nepalesischen Inlandsflugplatz Paphlu entfernt ist und in dem Kyiloes Tochter seit Frühjahr 2000 in der Obhut einiger Mönche und Nonnen lebt.

Kyiloe war schon einmal im Frühjahr 2000 in Nepal gewesen, als er seine Tochter über die Grenze brachte, um ihr eine richtige Erziehung zu gewährleisten. Er ging 11 Tage zu Fuß und trug seine 3-jährige Tochter auf dem Rücken, unterstützt von seinem Cousin, dem er mit 200 Yuan entlohnte. Als er in Thupten Choeling ankam, sagte man ihm, sein Töchterchen sei zu jung für das Flüchtlings-Aufnahmelager in Dharamsala. Troshe Rinpoche, der Abt des Klosters, riet ihm, seine Tochter im Kloster zu lassen, wo die Nonnen sich um das Kind kümmern würden, bis es 8 Jahre alt ist. So ließ er sein Töchterchen im Kloster und kehrte mit seinem Cousin in seinen Heimatort zurück.

Bald darauf wurde er im Juli 2000 von dem PSB des Ortes vorgeladen. Die Polizeibeamten fragten wegen seines Ausflugs nach Nepal und wo seine Tochter geblieben sei. Er erklärte die Probleme, die er hatte, um seine Tochter ohne Mutter aufzuziehen, weshalb er sie im Kloster Thupten Choeling in Nepal gelassen hätte. Die Beamten notierten alles, was er sagte und ließen ihn gehen.

Etwa zwei Wochen später riefen Offizielle aus dem neuen Distriktsamt von Tingri unter Lhakpa Phuntsok ein Meeting in dem alten Tingri ein. Annähernd 40 Elternpaare, die ihre Kinder nach Indien oder Nepal gebracht hatten, wurden zur Teilnahme aufgefordert. Es wurde verkündet, daß alle tibetischen staatlichen Bediensteten, die ihre Kinder nicht aus Indien zurückholen, entweder mit Entlassung oder Degradierung bestraft würden und mit dem Verlust ihrer Pensionen und anderen Vergünstigungen zu rechnen hätten. Diesen etwa 40 Elternpaaren wurde befohlen, innerhalb einer Woche 700 Yuan Strafe zu zahlen, weil sie ihre Kinder in Schulen unter der Verwaltung der tibetischen Exilregierung getan hatten.

Um diese Summe aufzubringen, hätten einige Eltern ihre Haustiere wie Kühe verkaufen müssen, während andere Lohnarbeit leisteten, erzählt Kyiloe. Er selbst mußte an das PSB für sich und seine Tochter 1.400 Yuan Strafe zahlen. Den Eltern wurde weiterhin erklärt, die Mißachtung dieser Order würde als ein grober Verstoß gegen die nationale Verbrechenbekämpfungspolitik betrachtet und sei ein ebenso schweres Delikt wie Mord.

Kyiloe schreibt den vorzeitigen Tod seiner Frau dem Umstand zu, daß in Kreis Alt-Tingri keine richtige Medikation zur Verfügung stand. In der Gegend gibt es nur ein Militärspital, das jedoch die chinesisch-sprechenden Tibeter bevorzugt behandelt. Die ernsteren Fälle müssen zur medizinischen Behandlung nach dem etwa 60 km weit entfernten Neu-Tingri gebracht werden. Kyiloes Frau starb nach der Geburt des Babys, noch ehe ein Arzt aus dem Kreis Neu-Tingri herbeigeholt werden konnte. Auch das Baby überlebte nicht und starb nach zwei Tagen.

Der aus Tingri, Präfektur Shigatse, gebürtige Kyiloe war ursprünglich Nomade von Beruf. Er betrieb später eine kleine Teebude, um sich über Wasser zu halten, wo er von der übrigen Familie getrennt nur mit seiner Frau lebte. Zusammen mit Dasang und Pasang erreichte er am 6. Juni 2001 das Tibetische Flüchtlings-Aufnahmezentrum in Kathmandu.

Teil 7

Visums-Beschränkungen für Tibeter, die Indien besuchen wollen

Die chinesische Regierung stellt Tibetern keine Visa aus, wenn sie als Bestimmungsort ihrer Reise Indien angeben. Etwas leichter ist es hingegen, Reisedokumente für Nepal zu erhalten. Jedoch muß stets der Prozeß auf Prüfung der Echtheit des Einladungsbriefes und der Photokopie des Passes des nepalesischen Sponsors durchlaufen werden.

Bukyi, ein 25-jähriger Mönch, erzählte dem TCHRD, welche Mühen und wie viel Zeit es ihn kostete, sich ein Visum zu beschaffen. Schließlich blieb ihm nichts übrig, als die Beamten zu schmieren, um sie in ihrem Schneckentempo bei der Visa-Bearbeitung etwas anzutreiben. Die Kosten für Visa sind dermaßen gestiegen, daß es für gewöhnliche Tibeter heutzutage problematisch ist, einen Antrag zu stellen. Sie müssen Dokumente von Polizeiämtern auf drei verschiedenen Ebenen, nämlich Kreis, Präfektur und Provinz, beschaffen. Normalerweise wird nur eine Gebühr von jeweils 10 Yuan hierfür erhoben, aber Bukyi mußte erheblich mehr zur Bestechung der betreffenden Beamten hinlegen.

Bukyi kennt einen Beamten aus dem Kreispolizeiamt, der die Visa-Ausstellung besorgt. Als er den Amtmann ersuchte, ihm die notwendigen Dokumente für ein Visum nach Indien zu geben, antwortete jener kategorisch, daß keine Visa für Indienreisen ausgestellt würden, besonders nicht für Mönche. Nach viel Überredungskünsten willigte der Beamte schließlich ein unter der Bedingung, daß Bukyi ihm eine Statue im Wert von 350 Yuan aus Lhasa besorgen würde. Bukyi mußte auch eine Kaution von 300 Yuan hinterlegen als Garantie, daß er wieder zurückkommen würde.

Dann ging er mit einem Dokument von dem Kreispolizeiamt zur Polizeibehörde der Jyekundo TAP. Der dortige Beamte, ein fließend Tibetisch sprechender Chinese, zeigte sich sehr unwillig, ihm die Papiere auszustellen. Nachdem Bukyi geduldig 4 Monate lang gewartet hatte, schmierte er ihn mit Geschenken von 30 gyama Butter (Marktpreis für ein gyama 13 Yuan), Milch und einem neuen handgestrickten Pullover, alles zusammen im Wert von 700 Yuan. Daraufhin erhielt Bukyi innerhalb von 2 Tagen die notwendigen Papiere, aber er mußte obendrein Gebühren in Höhe von 700 Yuan bezahlen, wofür ihm eine Quittung ausgestellt wurde.

Drittens mußte er zu der Polizeibehörde der Provinz Qinghai in Xining gehen. Mit Hilfe eines Chinesisch sprechenden Verwandten bekam er schließlich das für 5 Jahre gültige Visum zur Einreise innerhalb einer Woche nach Nepal. Die Visumsgebühr betrug 300 Yuan. Er meint, wenn er den zuständigen Beamten in der Jyekundo TAP Polizeibehörde von Anfang geschmiert hätte, hätte er nicht so lange warten brauchen. In Lhasa ging er zum Nepalesischen Konsulat und zahlte noch einmal 250 Yuan für die Visumsbestätigung. In Dram, bei der Überquerung der Freundschaftsbrücke an der Grenze zu Nepal mußte Bukyi einem Grenzpolizisten auf der nepalesischen Seite 200 NRs. bezahlen.

Unser Informant, der mit 15 Jahren Mönch im Kloster Kana in Kreis Dzatoe wurde, erzählte auch von der Heimsuchung durch die Arbeitsteams und die patriotische Umerziehung in seinem Kloster.

Seit Ende der Achtziger pflegten Kader der Religionsbehörde von Jyekundo zur politischen Indoktrinierung in das Kloster zu kommen. Damals tauchten sie nur etwa einmal im Jahr auf. Gegen Ende der Neunziger jedoch wurde die Kampagne rigoroser gehandhabt, und es kamen einmal im Monat 7 bis 14 Kader, um die Mönche politisch zu indoktrinieren. Die längste Zeit, die sie blieben, war 4 Monate, wobei das Kloster noch alle Unkosten ihres Aufenthaltes tragen mußte.

Das Arbeitsteam führte ein Limit von 30 Mönchen für das Kloster ein, während bislang eine Stärke von 300 Mönchen hatte. Diese 30 Mönche haben das offizielle Recht, im Kloster zu bleiben und erhielten einen entsprechenden Ausweis. Bukyi war einer der 30 offiziell erlaubten Mönche. Er sagte, etwa 40-50 Mönche aus Kloster Kana seien seit Beginn der "patriotischen Erziehung" nach Indien geflohen.

Ebenso wurde eine Altersgrenze von 18 Jahren festgesetzt, unter der kein Mönch aufgenommen werden darf. Die Kader mahnten den Mönchen, sie dürften keine Parasiten sein, sondern sollten vielmehr für sich selbst sorgen und nicht von der mühseligen Arbeit der Massen leben. Sie bekräftigten auch das Verbot von Dalai Lama Bildern.

Bukyi entschloß sich zur Flucht, um in Indien eine bessere Möglichkeit zu Studium und spiritueller Praxis zu haben. Am 1. Juni erreichte das Tibetan Reception Centre in Kathmandu.

Teil 8

Sprachliche Bevorzugung beeinträchtigt Ausbildungschancen

Die 22-jährige Menlha Yeshi berichtet, die Schule, zu der sie in Tibet ging, hätte annähernd 500 Schüler, von denen 200 Chinesen sind. Ab dem 7. Lebensjahr besuchte Yeshi die Zhangmo Mittelschule, die einzige in ihrer Gegend. Sie floh dieses Jahr, um bessere Möglichkeiten zur Schulbildung zu haben.

Tashi Yangzom, die zusammen mit Yeshi floh, fügte hinzu, chinesische Schüler seien allgemein besser als tibetische und fänden viel leichter Aufnahme in den Schulen. Dies kommt wohl daher, daß das Unterrichtsmedium Chinesisch sei, was die tibetischen Schüler in eine benachteiligte Position bringt.

Die Gebühren für jedes Schulsemester betrugen 200 Yuan, was ebenso für die chinesischen Schüler galt. Die hauptsächlich gelehrten Fächer waren Chinesisch, Tibetisch, Mathe, Geographie und Geschichte. Außer tibetischer Sprache wurden die übrigen Lehrfächer auf Chinesisch unterrichtet. Englischunterricht gab es nur in der chinesischen Abteilung der Schule.

Die chinesischen Lehrer sind alle Absolventen der Peking Universität, sie sind in der Überzahl und lehren alle Fächer außer tibetischer Sprache. Das Monatsgehalt eines Lehrers ist um die 1.000 Yuan. Yeshi und Yangzom gingen danach nach Lhasa, wo sie sich um Zulassung für das Studium der tibetischen Medizin bewarben. Sie bestanden beide das Aufnahmeexamen und schrieben sich für eineinhalb Jahre in dem Institut ein, an dem die jährliche Gebühr 10.000 Yuan betrug. Diese Institution hat etwa 300 Studenten, einbegriffen einige Mongolen. Aber ehe Yeshi und Yangzom den Kurs abschließen konnten, mußten sie das Institut verlassen, weil sie die übertrieben hohen Gebühren einfach nicht aufbringen konnten.

Beide Mädchen verschafften sich auf Zahlung von 350 Yuan Geschäftslizenzen in Lhasa und fuhren nach Dram, wo sie 7 Tage blieben. Am 21. April 2001 erreichten sie das Tibetan Reception Centre in Kathmandu.

Teil 9

Zwölf Jahre wegen Verteilung politischer Flugschriften

Sonam Dhondup (Mönchsname Lekshey Phuntsok) ist ein 31-jähriger Mönch aus der Gemeinde Khati, Kreis Phenpo Lhundrup, Bezirk Lhasa. Er ging einige Jahre lang zur Grundschule und machte dann eine 5-jährige Ausbildung als praktischer Arzt in seinem Kreis. Nach Vollendung des Kurses wurde er der Gemeinde Jangkha zugewiesen, wo er fast ein Jahr arbeitete. Da er eine starke Neigung empfand, Mönch zu werden, trat er im Januar 1992 in das in Kreis Phenpo gelegene Kloster Nalanda ein. Abgesehen von seinen spirituellen Studien war er ein Jahr lang Verwalter des Klosters.

Um Mai 1992 schrieb Dhondup zusammen mit Tashi Loyak, Lhakpa Wangyal und Tsewang Sonam insgeheim Unabhängigkeitsblätter, die sie an auffälligen Stellen in dem Landkreis anbrachten. Und wiederum schnitzte Dhondup im Januar 1993 mit seinen üblichen Gefährten hölzerne Druckstöcke mit den Buchstaben "Free Tibet" und "Tibet gehört den Tibetern". Sie druckten viele Blätter mit Hilfe dieser Druckblöcke, die sie insgeheim verteilten.

Am 22. Februar 1995 verhaftete das Public Security Bureau des Landkreises einen Mönch namens Nyima Kelsang aus dem Kloster Nalanda. Eine tibetische Fahne, die er in den Falten seines Gewandes zu verstecken suchte, war bei ihm gefunden worden. Auch Dhondup wurde auf Verdacht politischer Betätigung festgenommen. Später, als die Milizen kamen, um sein Zimmer nach weiteren politischen Indizien zu durchsuchen, wurde einer von Dhondups Zimmergefährten und Schülern namens Norbu schwer geschlagen, weil er sich weigerte, die Zimmerschlüssel auszuhändigen. Bei dem daraus entstandenen Handgemenge bewarfen die Mönche die Milizen mit Steinen, welche ihrerseits das Feuer auf die protestierenden Mönche eröffneten.

Eine Woche später kamen Soldaten der PAP und des PSB mit Kadern des chinesischen Arbeitsteams in drei separaten Militärlastwagen ins Kloster und nahmen zahlreiche Mönche fest. Etwa 33 Mönche wurden abgeführt und 65 hinausgeworfen. Dhondup hielten sie 6 Tage lang in dem PSB Haftzentrum von Phenpo Lhundrup fest. Auch seine Gefährten wurden einer um den anderen festgenommen.

Im Juli 1995 verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof von Lhasa Dhondup zu 12 Jahren Gefangenschaft und weiteren 5 Jahren Verlust der Bürgerrechte. Tashi Loyak wurde zu 5 Jahren Gefängnis und 2 Jahren Verlust der Bürgerrechte verurteilt. Tsewang Sonam bekam 4 Jahre Gefängnis und 2 Jahre Verlust der Bürgerrechte, während Lhakpa Wangyal zu 3 Jahren verurteilt wurde. Außer Dhondup sind die anderen inzwischen entlassen worden.

Die übrigen 29 Mönche wurden zu unterschiedlich langen Haftstrafen verurteilt und auf verschiedene Strafanstalten wie Drapchi, das Lhasa Gefängnis und die Anstalt zur "Reform durch Arbeit" Trisam verteilt. Dhondup war auch einer der Hauptbeteiligten an dem Gefängnisprotest in Drapchi vom 1. und 4. Mai 1998. Er wurde zusammen mit den anderen Gefangenen geschlagen. Bei der wilden Schießerei der Polizei, die folgte, wurde Ngawang Sungrab in den Bauch getroffen. Dhondup leistete ihm erste Hilfe. Er befindet sich weiterhin im Drapchi Gefängnis.

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