Human Rights Update

April 2000

Inhalt
  1. Zusätzliche Information über die Gefängnisproteste in Drapchi
  2. Interview mit Choeying Kunsang am 29. April 2000
  3. Geschlechtsspezifischer Mißbrauch
  4. Kurzdarstellung von 5 Nonnen, die als unmittelbare Folge der Proteste starben
  5. Aufstellung der Drapchi Gefangenen, deren Urteile verlängert wurden
  6. Die chinesische Regierung ignoriert die Mißstände in den Gefängnissen Tibets
  7. Die patriotische Umerziehung geht weiter in den religiösen Institutionen Tibets
    (Kloster Gar, Kloster Lura, Kloster Kumbum, Kloster Dhungkar, Kloster Woeser, Kloster Rakor)
  8. Erklärung zum Mißerfolg der Resolution gegen China bei der UNO
  9. Portrait: Freiheit geraubt, Urteil verlängert
Teil 1

Zusätzliche Information über die Gefängnisproteste in Drapchi

Das TCHRD erhielt von einer aus Tibet geflohenen Nonne zusätzliche Informationen über die Proteste im Drapchi Gefängnis im Mai 1998. Bestätigte Berichte deuten an, daß Tsultrim Sangmo (Laienname Choekyi), eine 25-jährige Nonne, die früher versehentlich mit Ngawang Choekyi genannt wurde, als Folge der brutalen Schläge starb, die sie auf ihre Beteiligung an den Protesten vom 1. und 4. Mai 1998 hin erlitt. Der neuen Quelle zufolge starben 10 Tibeter an den Verletzungen, die sie während des oder kurz nach dem Protest davontrugen.

Choeying Kunsang war selbst bei den Protesten dabei und ist die erste ehemalige Gefangene der neuen dritten Einheit für Frauen des Drapchi Gefängnisses, die ins Exil entkommen konnte. Bislang haben noch keine anderen Zeugen der Proteste das Exil erreicht. Der Umstand, daß es keine Informationen aus erster Hand gibt, machte es uns bisher schwierig, das volle Ausmaß der Proteste und der auf sie folgenden Vergeltungsmaßnahmen richtig einzuschätzen. Die Information über die anderen Einheiten, deren Gefangene ebenfalls protestierten, ist immer noch mangelhaft.

Teil 2

Interview mit Choeying Kunsang am 29. April 2000

"Am 1. Mai 1998 wurden abgesehen von ein paar kranken Nonnen alle Insassen unserer Einheit auf dem Gefängnishof versammelt, um einem Flaggenappell beizuwohnen. Etwa 1000, sowohl politische als auch nicht-politische Gefangene, waren zusammengekommen. Als die chinesische Flagge hochgezogen wurde, warf ein männlicher Gefangener Freiheitsblätter in die Luft und rief "Ihr dürft keine chinesische Flagge auf tibetischem Boden hissen!". Andere fielen in die Rufe ein und entflammten einen Protest. Gefängnispersonal und Milizen der People's Armed Police (PAP) umringten uns und begannen wahllos auf uns einzuschlagen. Alle Nonnen der dritten Einheit, etwa 100 an der Zahl, erlitten schwere Verletzungen, manche bluteten stark.

Die offizielle Funktion wurde abgebrochen, und wir wurden sofort unter Schlägen in unsere Einheiten zurückgetrieben. Die Schergen des Staates nahmen willkürlich 20 Nonnen in Einzelhaft; weil auch aus den anderen Einheiten viele Gefangene in Arrest kamen, reichte der Platz nicht aus. Wir Übriggebliebenen mußten drei Stunden an einem Stück knien, wobei sie uns wieder schlugen. Von den 20 Nonnen, die in Einzelhaft kamen, bekamen Chogdrup Dolma, Che Che und Jangchup Dolma nach drei Monaten Arrest Haftverlängerungen um jeweils 5, 2 und 6 Jahre. Drei Monate waren sie in einem finsteren Karzer eingeschlossen, wo sie kaum Platz hatten, ihre Beine auszustrecken. Diese drei Nonnen wurden außerordentlich hart bestraft, weil die Gefängnisleitung es bereits vorher auf sie abgesehen hatte und sie für die Anstifterinnen der Proteste hielt.

Die restlichen 17 Nonnen wurden 7 Monate unter Arrest gehalten, nur zu den regelmäßig stattfindenden Befragungen während dieser Zeit herausgeholt. In der Nacht des 1. Mai starteten wir einen Hungerstreik und gaben aus Empörung gegen das Vorgehen der Gefängniswärter unsere Eßnäpfe ab.

Am 4. Mai wurden 20 Nonnen zur Feier des Jugendtages wieder zu einem Flaggenappell herausgeführt. Diesmal waren es die Mönche, welche mit den Unabhängigkeitsparolen anfingen, und die Nonnen der alten dritten Einheit, die den Protest von ihren Zellen aus sehen konnten, fielen ein. Sie begannen aus ihren Zellen heraus zu rufen und die Fensterscheiben zu zerbrechen. Der Protest wurde wieder brutal niedergeschlagen. Der Hungerstreik war immer noch im Gange. Am 6. Tag waren einige von uns so schwach, daß sie bewußtlos umfielen und Blut spuckten. Einige der Nonnen, die bereits in kritischem Zustand waren, wurden gewaltsam intravenös ernährt.

Am 7. Tag wurden wir zum dritten Mal gerufen und gezwungen, kommunistische Lobeshymnen zu lernen. Weil wir nicht mitmachen wollten, wurden wir noch mehr bestraft. In dieser Nacht kam die Nonne Dekyi Yangzom nach schweren Mißhandlungen in ihre Zelle zurück. Ihr Gesicht war blauschwarz. Sie erzählte mir, daß die Peiniger sie mit dem Elektroschockstock auf Brüste und Wangen geschlagen und ihre Vagina damit verletzt hatten. Sie konnte kaum mehr reden. Trotzdem mußte sie am nächsten Morgen zusammen mit den anderen von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abends in der Sonne stehen. Dabei mußten wir zwischen die Beine und unter die Arme geklemmte Zeitungen halten und eine Wasserschüssel auf dem Kopf balancieren. Viele fielen bewußtlos um, aber wir durften uns nicht gegenseitig helfen. Sobald wir eine Bewegung machten, schlugen sie auf uns ein. Wir hatten nur etwa 10 Minuten Pause dazwischen, wenn wir entweder essen oder zur Toilette gehen konnten. Um acht Uhr abends bekamen wir ein kleines Dampfweckchen, das viel zu wenig war. Dazwischen wurden wir zu den Vernehmungen gerufen. Diese Tortur ging eine Woche so weiter. Am 13. Mai kam um die Mittagszeit ein weißes Auto, in dem einige der Nonnen weggebracht wurden. Am Abend merkten wir, daß Dekyi aus unserer Einheit nicht mehr da war. Wir sahen sie nie wieder. Nach unserer Entlassung erfuhren wir von ihren Angehörigen, daß sie gestorben war. Ihnen war mitgeteilt worden, daß Dekyi Selbstmord begangen hätte.

Während der letzten Zeit im Gefängnis wurde das Essen qualitativ und quantitativ noch schlechter. Viele Nonnen erkrankten, aber jegliche medizinische Hilfe wurde ihnen verweigert. Wegen der Proteste durften wir fünf Monate lang keine Besuche bekommen".

Teil 3

Geschlechtsspezifischer Mißbrauch

Seit Ende der 80-er Jahre hört man immer wieder Berichte über geschlechtsspezifische Gewalt in den chinesisch verwalteten Gefängnissen in Tibet. Insbesondere wurden die Nonnen Opfer sexueller Angriffe. Obwohl uns niemals offizielle Aussagen der chinesischen Regierung in die Hände gerieten, was der Zweck dieser grausamen und verbotenen Akte sein soll, sind ehemalige Gefangene und Sachverständige der Ansicht, daß die Opfer durch das soziale Stigma, das dieser Peinigung besonders bei Nonnen, die Keuschheit gelobt haben, anhaftet, gedemütigt und demoralisiert werden sollen.

Sexuelle Angriffe und Vergewaltigung von Frauen wird seit Ende der Achtziger dokumentiert. Die Opfer sind zumeist Nonnen, die 1987 bis 1989 an den Demonstrationen gegen die chinesische Besatzung in Tibet teilgenommen haben. Über diese Art der Mißhandlung hörte man vor allem bis etwa 1995, danach nichts mehr. Die kürzliche Aussage von Choeying Kunsang, die von der Vergewaltigung von Dekyi Yangzom berichtet, weist darauf hin, daß geschlechtsspezifische Gewalt weiterhin verübt wird.

Diese besteht in Nacktausziehen der Frauen, Einführen von elektrischen Waffen in die Sexualorgane, was ihnen schmerzhafte Elektroschocks versetzt und Wickeln von hochgeladenen elektrischen Drähten um die Brustwarzen. Ein viel verwendetes Folterwerkzeug ist der elektrische Viehstock, wobei das Folterwerkzeug auf Hände und Füße gehauen und in den Mund, After und Vagina des Opfers gesteckt wird. Es gibt auch andere Foltermethoden, die keine physischen Merkmale der Verletzung hinterlassen, wie überlanges Stehen in der Sonne, Aussetzen an extreme Temperaturen, äußerst anstrengende Rennübungen, Einzelhaft, Arbeit über viele Stunden in den Gewächshäusern, Entzug von Nahrung und Schlaf.

Teil 4

Kurzdarstellung von 5 Nonnen, die als unmittelbare Folge der Proteste starben

1. Tashi Lhamo war eine 24-jährige Nonne des Klosters Nyemo Jogon in Kreis Nyemo. Wegen Teilnahme an einer Unabhängigkeitsdemonstration am Barkhor im Dezember 1994 wurde sie zu 4 Jahren Gefängnis in Drapchi verurteilt. Sie machte bei den Protesten vom 1. und 4. Mai 1998 mit, weshalb sie so schwer geschlagen wurde, daß sie am 13. Mai starb.

2. Lobsang Wangmo war eine 31-jährige Nonne aus Kreis Dokdhe, nördlich von Lhasa, die dem Kloster Nekor Do angehörte. Sie wurde im Februar 1995 verhaftet, weil sie am Barkhor friedlich für die Unabhängigkeit demonstrierte, und zu 5 Jahren verurteilt. Sie starb nach den Drapchi Protesten im Mai 1998.

3. Tsultrim Sangmo war eine 25-jährige Nonnen aus dem Kloster Phenpo Sharbumpa. Im Juni 1994 wurde sie wegen Rufens von Unabhängigkeitsparolen verhaftet und zu 5 Jahren verurteilt. Sie starb nach den Drapchi Protesten im Mai 1998.

4. Dekyi Yangzom war eine 21-jährige Nonnen aus dem Kloster Nyemo Dowa Choten, die wegen Beteiligung an einer Unabhängigkeitsdemonstration im Februar 1995 in Lhasa zu 4 Jahren verurteilt wurde. Sie starb an den Folgen der Mißhandlungen nach den Protesten.

5. Kundol Yonten war eine 28-jährige Nonne aus dem Kloster Nyemo Jogon. Sie wurde zu 5 Jahren verurteilt, weil sie im Dezember 1994 mitdemonstrierte. Sie starb im Mai 1998 nach dem Drapchi Protest.

Kunsangs Bericht über die Mißhandlung von Dekyi Yangzom gibt zu ernsten Überlegungen Anlaß, was der Grund für den Tod der fünf Nonnen gewesen sein mag. Ihr Zeugnis schließt die Behauptungen der Chinesen, daß die Nonnen Selbstmord begingen, vollständig aus.

Teil 5

Aufstellung der Drapchi Gefangenen, deren Urteile verlängert wurden

1. Ngawang Sangdrol: die politische Gefangene mit der längsten Strafe. Ihre Beteiligung an den Drapchi Protesten führte zu einer Verlängerung ihrer Strafe um 4 Jahre, so daß diese nun im ganzen 21 Jahre beträgt.

2. Choekyi Wangmo: eine 25-jährige Nonne aus dem Kloster Phenpo Sharbumpa. Im Juni 1994 demonstrierte sie in Lhasa, worauf sie zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Wegen ihrer Beteiligung an den Protesten vom Mai 1998 wurde ihre Strafe um 1 ½ Jahre verlängert. Sie wurde am 31. Dezember 1999 freigelassen und lebt nun bei ihren Eltern. Wie verlautet, leidet sich immer noch an den psychischen Nachwirkungen ihrer Gefangenschaft.

3. Chogdrup Dolma: eine 28-jährige Nonne aus dem Kloster Phenpo Gyara. Am 13. Februar 1995 demonstrierte sie zusammen mit 13 weiteren Nonnen desselben Klosters, worauf sie zu 6 Jahren verurteilt wurde. Wegen ihrer Beteiligung an den Drapchi Protesten wurde ihre Strafe um 5 Jahre verlängert.

4. Jangchup Dolma: eine 21-jährige Nonne aus dem Kloster Yangchen Galo, die im Februar 1995 an einer Freiheitsdemonstration teilnahm. Ihr ursprüngliches Urteil von 5 Jahren wurde wegen der Proteste vom Mai um 6 Jahre verlängert.

5. Che-Che: eine Nonne aus dem Kloster Phenpo Gyara. Wegen einer Demonstration im Februar 1995 wurde sie zu 5 Jahren verurteilt. Nach den Protesten vom Mai wurde die Strafe um 2 Jahre verlängert.

6. Phuntsok Rigchog: ein 37-jähriger Mönch aus dem Kloster Tashi Gang in Kreis Chusur. Am 31. Mai 1995 rief Rigchog zusammen mit 6 Mönchen desselben Klosters nach Unabhängigkeit. Er wurde zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt, was später nach den Protesten vom Mai auf 10 Jahre verlängert wurde.

7. Ngawang Ngonkhen: ein 24-jähriger Mönch aus dem Kloster Tashi Gang von Nyethang. Wegen einer Demonstration im Februar 1995 wurde eine Haftstrafe von 6 Jahren über ihn verhängt, die nach den Mai Protesten um 4 Jahre verlängert wurde.

8. Lhasang: ein 23-jähriger Mönch aus dem Kloster Gonsar in Kreis Phenpo Lhundrup. 1995 wurde er wegen einer Freiheitsdemonstration zu 5 Jahren verurteilt; wegen der Maiproteste bekam er 4 Jahre dazu.

9. Pasang: ein 23-jähriger Mönch aus dem Kloster Jang Taklung. Wegen seiner Beteiligung an einer Demonstration 1995 wurde er zu 5 Jahren verurteilt, und nach den Drapchi Protesten wurde das Strafmaß um 4 Jahre verlängert.

10. Norbu Phuntsok: ein 22-jähriger Mönch aus dem Kloster Jang Taklung, der wegen einer Demonstration 1995 zu 5 Jahren verurteilt wurde. Nach den Mai Protesten bekam er zusätzliche drei Jahre.

11. Wangdue: ein 23-jähriger Mönch aus dem Kloster Taktse Dechen Sangak, der im Dezember 1994 zu 4 Jahren verurteilt wurde. Wegen der Mai Proteste bekam er zusätzliche 4 Jahre.

Teil 6

Die chinesische Regierung ignoriert die Mißstände in den Gefängnissen Tibets

Am 17. April gab die chinesische Regierung durch die Xinhua Nachrichtenagentur einen Bericht über die Gefängnisbedingungen in der TAR (Tibet Autonomous Region) heraus. Dieser malt ein prächtiges Bild von den Verhältnissen in den tibetischen Gefängnissen, wobei ein tibetischer Gefangener zitiert wird, der gesagt haben soll: "Ich betrachte meine Zeit im Gefängnis als ein Studiensemester." Im Gegensatz zu diesem Bericht gehören die Gefängnisbedingungen in Tibet nach wie vor zu den härtesten in der ganzen Welt. Die Mißhandlung von Gefangenen nimmt Formen an wie: Schlagen mit Eisenstangen und Stöcken, Verabreichen von Elektroschocks auf empfindliche Körperteile, darunter auf Mund und Genitalien, Aufhängen an den hinter dem Rücken zusammengebundenen Armen, Übergießen mit kaltem Wasser und Aussetzen an Kältetemperaturen, Loslassen von wilden Hunden auf die Opfer, Versagen von angemessener Nahrung und Medizin und lange Zeiten der Einschließung in Einzelhaftzellen. Nach einem Bericht der Internationalen Juristenkommission von 1998 werden tibetische Frauen, besonders die Nonnen, am grausamsten behandelt, einschließlich der Vergewaltigung mit elektrischen Viehstöcken.

"Seit die chinesische Regierung 1988 die Konvention gegen Folter ratifizierte, starben mindestens 71 Tibeter als direkte Folge von Folterung und Mißhandlung in den Gefängnissen in Tibet," stellte Lobsang Nyandak, der Direktor des TCHRD, fest. Berichte aus Tibet beweisen das Gegenteil des Reports der chinesischen Regierung; ebenso verurteilt jede größere Menschenrechtsorganisation in der ganzen Welt die Art und Weise, wie mit Tibetern in der Haft umgegangen wird.

Zu den Gefängnisbedingungen in Tibet stellte Amnesty International 1998 fest: "Folter und Mißhandlung von Festgehaltenen und Insassen der Haftzentren, Gefängnisse und Arbeitslager ist immer noch weitverbreitet und führt manchmal sogar zum Tode der Häftlinge. Die Gefängnisbedingungen sind oft brutal mit ungenügender Nahrung und medizinischer Versorgung, weshalb viele Gefangene ernsthaft erkrankt sind." Der Report der Chinesen behauptet indessen, daß Ärzte regelmäßig medizinische Untersuchungen der Gefangenen durchführen und die meisten von ihnen bei guter Gesundheit seien.

Der Report folgt dicht auf die Erklärung der chinesischen Regierung an den UN Sonderberichterstatter für Gewalt gegen Frauen im Februar 1999, in der geleugnet wird, daß es im Mai 1998 irgendwelche Proteste im Drapchi Gefängnis gegeben hätte. Tatsache ist jedoch, daß bei diesen Protesten viele Gefangene für tibetische Freiheit demonstrierten, die von den chinesischen Gefängniswachen beschossen und mißhandelt wurden. Bei diesen Schießereien und den folgenden Vergeltungsmaßnahmen kamen mindestens 10 Tibeter ums Leben.

Tibet Information Network, eine unabhängige Nachrichtenagentur, stellte eine Untersuchung über die Behandlung von Tibetern in chinesischen Gefängnissen an und kam zu dem Schluß, daß "die Häufigkeit, mit der tibetische politische Gefangene in der Haft und kurz nach der Entlassung aus Gründen, die beweisbar zu Lasten der Mißhandlung in der Gefangenschaft gehen, sterben, ist im Zunehmen begriffen. Weibliche politische Gefangene, besonders die in Drapchi eingesperrten, sind in größter Gefahr. Die Todesrate beträgt dort etwa 5% oder eine auf 20 Gefangene. Bei den männlichen Insassen in Drapchi ist das Verhältnis im Zeitraum von 1987 bis 1998 etwa 1 zu 40. Lobsang Geleg, der 2. Vorsitzende der Gefängnisverwaltung der TAR, soll dem Report zufolge gesagt haben: "Örtliche Gefängnisbehörden verwalten die Gefängnisse gemäß dem Gesetz, welches die grundlegenden Rechte der Häftlinge garantiert".

In dem Bericht wird behauptet, daß weibliche Gefangene keine schwere Arbeit leisten und die männlichen nur 4 Tage in der Woche 6 Stunden lang arbeiten müßten. Diese Behauptungen werden von der Erzählung tibetischer Flüchtlinge widerlegt, die bei ihrer Ankunft in Indien über Zwangsarbeit und drastische Exerzierübungen verbunden mit ungenügender Nahrung und der Verweigerung rechtzeitiger medizinischer Hilfe erzählten.

Teil 7a

Die patriotische Umerziehung geht weiter in den religiösen Institutionen Tibets

Kloster Gar

Ngaga (Thupten Tsultrim) ist ein 52-jähriger Mönch aus dem Dorf Gyama, Gemeinde Kyichu in Kreis Nangchen, der Indien am 8. März 2000 erreichte. Als er sich 1981 dem Kloster Gar anschloß, lebten dort etwa 25 Mönche, inzwischen sind es 45 geworden. Wie viele andere Klöster in Tibet wurde Gar vollständig während der Kulturrevolution zerstört. Nach Dengs Liberalisierungspolitik in Tibet in den Achtzigern wurde Kloster Gar mit Hilfe der Lokalbevölkerung wiederhergestellt.

Bevor er Mönch wurde, war Ngaga ein Bauer in Kyichu von Kreis Nangchen. Nach 3 Jahren in Gar begab er sich in die Golok TAP, um unter Kenpo Murser Rinpoche religiöse Schriften zu studieren. In den nächsten 6 Jahren war er auf Pilgerfahrt unterwegs und nahm an religiösen Belehrungen in Kreis Derge teil. Dann kehrte er wieder in seine Heimatgemeinde Kyichu zurück, wo er zwei Jahre lang in der Klause von Kloster Gar meditierte. Nur weil der Oberlama von Kloster Gar ein Mitglied des Kreisreligionsbüros ist, wurde Gar bisher noch von keinem Arbeitsteam heimgesucht.

Während Ngaga im Oktober/November 1998 Verwandte in Lhasa besuchte, traf er Vorbereitungen, um mit einer Gruppe von 58 Personen nach Indien zu entkommen. Der Hauptzweck war, eine Audienz bei S.H. dem Dalai Lama zu suchen und mit seinen in Indien lebenden Verwandten zusammenzutreffen. Seine Fluchtpläne scheiterten jedoch, als die Grenzkontrollen seine Gruppe in Kreis Sakya verhafteten. Alle wurden in das Haftzentrum Shigatse Nyari gebracht. Nach einem Monat Festhaltung und Vernehmung wurde die Gruppe, darunter auch Ngaga, freigelassen. Tsega, ein 38-jähriger Touristenführer in dieser Gruppe aus Derge, Chamdo, wurde in Untersuchungshaft behalten, während die anderen nach Lhasa zurückgeschickt wurden. Nach einigen Monaten zu Hause ging Ngaga 1999 erneut nach Lhasa, und dieses Mal gelang ihm die Flucht mit 16 anderen Personen über die Grenze bei Rongshar nach Nepal.

Ngaga und seine Familie wohnen in Gyama Drongtso oder Gemeinde Kyichu, Kreis Nangchen, wo die Leute entweder Nomaden oder Bauern sind. Die Gemeinde Kyichu hat 13 Dörfer, wovon 10 von Halbnomaden bewohnt werden. Ngagas 12-köpfige Familie besitzt 30 Yaks, 36 Dri (weibliches Yak), 100 Ziegen und Schafe und 7 Pferde. Sie lebt von ihrer jährlichen Gerstenernte. Trotz der Familienpolitik von 2 Kindern pro Frau, wurde diese Regel bisher nicht genau eingehalten, weil alle lokalen Verwaltungsbeamten Tibeter sind.

Es gibt kaum elektrischen Strom, Schulen und Märkte und nur wenige Krankenstationen in den Dörfern. Die kaum befahrbaren Straßen erlauben keinen Transportern in diese Gegend zu kommen. Daher herrscht dort noch die herkömmliche Transportweise mit Lasttieren. Was die verschiedenen Steuern betrifft, muß Ngagas Familie jährlich 780 Yuan Steuern für Grund und Boden, Tiere, Gras, yartsa-gunbhu (eine Heilpflanze) entrichten. Dann gibt es noch die sogenannte mitrel (Kopfsteuer) zu 27 Yuan pro Familienglied. In und um Kyichu sind nur wenige chinesische Dörfer.

Teil 7b

Kloster Lura

Gonpo ist ein 22-jähriger Mönch, der in Chakta, Präfektur Chamdo, sowie in Kreis Makham aufwuchs. Von seiner Familie ging nur noch sein jüngerer Bruder zur Schule. Von 10 Jahren bis zu seinem Eintritt ins Kloster Lura 1996 half Gonpo seinen Eltern bei dem Ackerbau.

Als er zuerst nach Lura kam, lebten dort über 100 Mönche. Das während der Kulturrevolution vollständig zerstörte Lura wurde in den achtziger Jahren von lokalen Tibetern wiederhergestellt. Um März 1997 kamen 6 politische Beamte von der Kreisverwaltung Makham zur Umerziehung der Mönche. Die Mitarbeiter des Arbeitsteams befahlen ihnen, alle Dalai Lama Bilder zu zerstören und den Spaltern entgegenzutreten. Mönche, die zu spät zu dem Unterricht kamen, wurden mit 10-15 Yuan bestraft. Die Kader stellten ein riesiges Bild des chinesischen Panchen Lama in der Versammlungshalle auf, in der auch die Umerziehungssitzungen abgehalten wurden.

Ein neues "Democratic Management Committee" und ein neuer Oberaufseher wurden ernannt. Im Verlaufe der Umerziehung stand ein 30-jähriger Mönch als Protest auf und sagte, er könne nicht den Dalai Lama verunglimpfen und sich gegen die Spalter wenden, wie von dem Arbeitsteam gefordert wurde. Daraufhin wurde er aus dem Kloster ausgestoßen. Mönche unter 18 Jahren hätten das Kloster freiwillig zu verlassen, hieß es. Die Kader blieben etwa 40 Tage lang.

Gonpo ging in Lhasa religiösen Aktivitäten nach. 1998 führte er Pujas für tibetische Familien in Privathäusern durch (tib. shabten). Dabei fiel ihm auf, daß in den Häusern von staatlichen Angestellten derartige Riten nicht sichtbar und in allen Details ausgeführt werden durften. In den Häusern solcher Beamter mußten die Mönche in Zivilkleidung erscheinen und die Schriften mit leiser Stimme rezitieren. Tibetern in offizieller Stellung ist es auch verboten, den traditionellen tibetischen Altar in ihrem Hause zu haben. Gonpo verließ Lhasa im Februar und erreichte Dharamsala am 16. April 2000.

Teil 7c

Kloster Kumbum

Yeshi Gyamtso ist ein 24-jähriger Mönch aus Kloster Kumbum. Er wurde in der Provinz Tsognon, Tsoshar TAP (Tibetan Autonomous Prefecture), Kreis Bayan geboren und ging von 6-16 Jahren zur Schule, danach trat er in das Kumbum Kloster ein. Seine Eltern betreiben ein Geschäft in Tsongon. Gyamtso gab an, daß es rund 700 registrierte Mönche und 200 Novizen in Kumbum gebe. Eine Umerziehung fand bereits Anfang der Neunziger in Kumbum statt, aber intensiv wurde sie erst nach 1998 betrieben. Im September 1998 kamen rund 50 chinesische Beamte von der Kreisverwaltung, der Präfektur und der Tsongon Provinz in das Kloster, wo sie über drei Monate blieben. Regelmäßige Sitzungen wurden abgehalten, um die Mönche zu indoktrinieren. Da alle Arbeitsteam-Kader Chinesen waren, wurde der Unterricht auf Chinesisch gehalten, und den Mönchen wurde ins Tibetische übersetzte Literatur zum Studium ausgegeben. Sie wurden angewiesen, sich patriotisch zu zeigen, den chinesisch ernannten Panchen Lama zu akzeptieren, sich dem Spaltertum zu widersetzen und sich vom Dalai Lama abzukehren. Alle Dalai Lama Bilder wurden im Kloster Kumbum verboten. Wenn die Mönche sich zu religiösen Zeremonien, Belehrungen oder anderen Anlässen versammeln wollen, muß nun die vorherige Erlaubnis der Tsognon Verwaltung eingeholt werden.

Nach Abschluß jeder Umerziehungsperiode führten die Kader eine Prüfung durch. Den Mönchen wurde ein Fragebogen ausgegeben, den sie so auszufüllen hatten, wie sie von dem Arbeitsteam belehrt wurden. Den Mönchen wurde mit Ausstoß gedroht, falls sie sich nicht an die Anweisungen der Offiziellen hielten. Viele Mönche liefen freiwillig weg, um nicht zum Unterschreiben von Erklärungen gegen ihr Gewissen genötigt zu werden. Die Kader beriefen drei große Meetings (tib. tsokchen) ein, bei denen sie die Mönche mahnten, den Instruktionen zu willfahren, andernfalls drohten sie ihnen mit Verhaftung.

Teil 7d

Kloster Dhungkar

Choedup, ein 25-jähriger Mönch aus dem Kloster Dhungkar, stammt aus dem Dorf Sangri, Kreis Tharlag, Tsongon, TAP Golok. Seine Eltern sind Nomaden. Mit 10 Jahren wurde er 1985 Novize in dem Kloster Dhungkar, das damals 30 Mönche hatte. Bis Mai 1998 war die Zahl auf 130 gestiegen.

Ein 10-köpfiges Arbeitsteam aus der Golok TAP und von der Kreisbehörde kam im Mai 1998 nach Dhungkar. Während seiner einmonatigen Anwesenheit unterwies es die Mönche, den Dalai Lama zu denunzieren und sich der Aktivität der Spalter zu widersetzen. Alle Dalai Lama Fotos wurden konfisziert und fortan in dem Kloster verboten. Die Kader gaben nur an 30 Mönche die notwendigen Ausweise aus; 10 Kindermönche wurden ausgewiesen, weil sie unter dem Mindestalter von 18 Jahren waren. Den übrigen 90 Mönchen wurde befohlen, das Kloster zu verlassen und in ihren Dörfern zu arbeiten, wie sich dies für "patriotische Bürger" gehört. Aber keiner der Mönche gehorchte und alle blieben da. Sie konnten nun keine Mönchsroben mehr tragen oder an religiösen Zeremonien teilnehmen. Das Arbeitsteam setzte die Zahl der Belegschaft auf 30 fest. Immer wenn die Kader wiederkamen, verlangten sie, daß alle Mönche ohne Ausweise sofort weggehen, andernfalls würden sie zum Verlassen gezwungen. Die 30 Mönche mit Bleiberecht wurden wieder der Umerziehung unterworfen. Sie mußten Verpflichtungen gegen den Dalai Lama unterschreiben. Von den 13 Klöstern in Tharlag ist Dralka mit 500 Mönchen das größte; alle wurden von den politischen Beamten aufgesucht und immer noch wird die Umerziehung dort unvermindert fortgesetzt.

Unter dem Vorwand, sich auf Pilgerschaft zu begeben, konnte Choedup sich entfernen. Er erreichte Nepal Ende Dezember.

Teil 7e

Kloster Woeser

Sonam Dhondup ist aus einer Bauernfamilie der Golok Gemeinde, Kreis Markham. Mit 11 Jahren wurde er Novize von Kloster Woeser, das damals 83 Mönche beherbergte. Gegenwärtig sind es etwa 108. Er war 6 Jahre lang im Kloster und erzählte, daß erstmals im Herbst 1997 ein Arbeitsteam aus 8 tibetischen Kadern kam. Es blieb 1 ½ Monate und hielt die Umerziehungskurse ab. Es setzte auch eine Obergrenze von 60 Mönchen fest und befahl den übrigen, besonders den unter 18 Jährigen, nach Hause zurückzukehren. Viele Mönche legten ihre Roben ab und blieben als Laien im Kloster wohnen. Da es sich bei den Kadern um Tibeter handelte, wurde die Umerziehung nicht so streng wie in anderen Klöstern gehandhabt. Den Mönchen wurde gesagt, sie sollten sich von den spalterischen Aktivitäten fernhalten und alle Dalai Lama Bilder verschwinden lassen. Die Mönche gehorchten keiner der Anweisungen, was jedoch kaum eine Reaktion bei dem Arbeitsteam hervorrief. Gegenwärtig beträgt die Belegschaft 108 Mönche. Dhondup sagte, das Arbeitsteam hätte seit 1997 der Reihe nach 18 Klöster in Kreis Markham aufgesucht.

Dhondup verließ freiwillig sein Kloster zusammen mit zwei anderen Mönchen, um nach Südindien zu seinem Rinpoche zu gehen. 1998 flohen 4 weitere Mönche aus eben diesem Grund. Sie blieben einen Monat in Lhasa und erreichten nach 3 Monaten die Grenze bei Trangola, wo von aus sie über Mustang nach Jomosom zogen. Dhondup erlitt bei der Flucht Erfrierungen und verlor einige Zehen. Er wird nun in der Klinik des Auffanglagers für tibetische Flüchtlinge behandelt. Diese Mönche möchten nach Kloster Sera in Südindien weiterziehen, wo ihr Rinpoche lebt.

Teil 7f

Kloster Rakor

Dieses wurde wieder geöffnet: Die 22-jährige Ngawang Dechen wurde in der Ortschaft Nyedrong in Kreis Damshung, Präfektur Nagchu, geboren. Sie ist aus dem Kloster Adkor in Toelung, aber wurde wegen der Umerziehung aus ihrem Kloster verbannt.

Im März 1997 kamen etwa 16 politische Beamte aus Kreis Toelung Dechen nach Kloster Rakor, das damals 83 Nonnen beherbergte. Bei der Umerziehung wurde den Nonnen eingebleut, den Dalai Lama zu verunglimpfen und sich von allem Separatismus fernzuhalten. Die Nonnen wurden in Gruppen (tok-chung) eingeteilt, und jede einzeln indoktriniert. Als die Nonnen bei der mehrere Monate dauernden Aktion sich weigerten, den Wünschen der Kader zu willfahren, knöpften diese sich die Nonnen einzeln vor und zwangen sie, ein Gelöbnis zur Abkehr vom Dalai Lama zu unterschreiben. Da die Nonnen fortfuhren den Instrukteuren Widerstand zu leisten, und kein Wort des Tadels gegen den Dalai Lama über ihre Lippen kam, schickten die Beamten ein Schreiben an die Munizipalität Lhasa und schilderten die Lage. Im September 1997 kamen 20 Beamten unter Leitung eines Kaders namens Dolkar in das Kloster Rakor. Viele Fragen wurden gestellt. Dolkar drohte den Nonnen mit Ausweisung und Schließung des Klosters, falls sie nicht gegen den Dalai Lama wetterten. Die 83 Nonnen blieben jedoch standhaft und wurden daher am 25. September für ausgewiesen erklärt. In den nächsten 3 Tagen rissen sie selbst die Behausungen nieder, die sie sich gebaut hatten. Die Beamten ordneten die Konfiszierung aller Häuser, vor allem des Gebälks und der hölzernen Pfeiler an. Dann wurden 3 Mönche von Toelung Chubsang Gonpa als Aufseher für den Tempel ernannt. Alle ausgewiesenen Nonnen leben nun bei ihren Familien in den umliegenden Ortschaften. Sie dürfen sich auch keinem anderen Kloster mehr anschließen. Nach der Ausweisung wohnte Dechen bei ihrer Familie in der Ortschaft Nyedrong von Kreis Damshung. Sie nahm an verschiedenen Pujas in ihrem Dorf teil und begab sich schließlich mit einer Freundin auf Pilgerfahrt nach Lhasa. Dort sah sie einige der ausgewiesenen Nonnen von Rakor als Hausangestellte arbeiten. Die meisten wohnen jedoch bei ihren Familien und arbeiten in der Landwirtschaft. Seit der Ausweisung seien sie vollständig ihrer religiösen Freiheit beraubt worden, meinte sie.

Im Oktober 1999 rief die Kreisverwaltung von Toelung 8 ehemalige Nonnen von Rakor und übertrug ihnen die Obhut für das Kloster, aber behielt die Eigentumsrechte für alle Wertgegenstände. Diese 8 Nonnen müssen täglich ihr eigenes Essen von zu Hause mitbringen, weil sie die Klosterküche nicht benützen dürfen. Jeder neue Schritt bedarf der Genehmigung durch die Behörden. Dechen floh zusammen mit einer anderen ausgestoßenen Nonne und mit 17 weiteren Tibetern aus Rakor. Sie erreichte Nepal Ende März und möchte nun einem Nonnenkloster in Indien beitreten.

Teil 8

Erklärung zum Mißerfolg der Resolution gegen China bei der UNO

Das TCHRD ist enttäuscht, daß die 56. UN Menschenrechtskommission die von USA befürwortete Resolution zur Kritik Chinas wegen seiner Menschenrechtsverletzungen im vergangenen Jahr ohne Debatte und Abstimmung abgewiesen hat. "Der fortgesetzte Erfolg des chinesischen Nichtbefassungsantrags läßt die Legitimität der Menschenrechtskommission als fraglich erscheinen und stellt eine große Enttäuschung für jene dar, die unter der repressiven Politik der chinesischen Regierung zu leiden haben", kommentierte Lobsang Nyandak, der Direktor des TCHRD.

Die mild formulierte Resolution schlug wegen einer wenig herzhaften Lobbyarbeit der US Regierung fehl, hauptsächlich jedoch wegen des Schweigens von Präsident Clinton. Dieses Schweigen während der wichtigen Zeit vor der geplanten Abstimmung in Genf ist um so bedeutsamer, als der Eintritt Chinas in die WTO und eine Abstimmung im US Congress über den permanenten Status für die "Normalen Handelsbeziehungen" zu China dieses Jahr fällig sind.

Zusammen mit einer mangelhaften Bemühung seitens der USA ließ die Entscheidung der EU, die Resolution nicht zu befürworten, kaum Zweifel daran, wie sie ausfallen würde. Wie in vergangenen Jahren lobbyvierte China ziemlich aggressiv bei den Mitgliedstaaten der Kommission und benutze auch wirtschaftlichen und politischen Druck, um die Abstimmung zu beeinflussen. Daß die kritische Resolution nicht einmal vor das Komitee gelangen konnte, gibt der chinesischen Regierung nur noch weiteren Freiraum, illegale und repressive Mittel gegen ihre Bürger einzusetzen.

Die Entscheidung der Menschenrechtskommission ist besonders beachtenswert, insofern sich die Bedingungen in Tibet wie auch in China ständig verschlechtern. Berichte des TCHRD, von Amnesty International, Human Rights Watch, dem US State Department und anderen deuten an, daß die Grundrechte, so wie das Recht auf freie Meinung, auf Zusammenschluß, Religion, Freiheit der Presse und Versammlung überall gewaltsam unterdrückt werden. In Tibet sind mindestens 615 Tibeter wegen der friedlichen Äußerung ihrer politischen Meinungen eingesperrt, über 11.000 Mönche und Nonnen wurden in den letzten 4 Jahren aus ihren Institutionen ausgewiesen, weil sie sich weigerten, den Dalai Lama zu beschimpfen und China die Treue zu schwören.

Der Rückgriff auf die Nichtbefassungsklausel, die von keiner anderen Nation zitiert wird, tut der erklärten Mission dieses Ausschusses Abbruch. Wenn die chinesische Regierung, ein ständiges Mitglied des UN Sicherheitsrates, es fertig bringt, eine Diskussion über ihren Menschenrechtsstandard zu verhindern, dann ist damit der eigentliche Zweck der Kommission infrage gestellt.

Teil 9

Portrait: Freiheit geraubt, Urteil verlängert

Chokdup Dolma ist eine 28-jährige Nonne aus Kloster Phenpo Gyara. Sie stammt aus einer Nomadenfamilie von Nyendong, Kreis Dhamshung in der Region Lhasa. Nur wenige Jahre ging sie zur lokalen Volksschule. Ende der Achtziger wurde sie Nonne in Phenpo Gyara.

Am 13. Februar 1995 demonstrierte Chokdup Dolma zusammen mit 14 anderen Nonnen friedlich am Barkhor in Lhasa. Die Nonnen riefen Parolen wie "Tibet ist unabhängig, Chinesen verlaßt Tibet und Lang lebe S.H. der Dalai Lama". Innerhalb weniger Minuten verhafteten Milizen des PSB die Nonnen und schleppten sie in die Haftstation des PSB von Lhasa City. Sie wurden wieder und wieder geschlagen und vernommen. In den folgenden Monaten fällte das Mittlere Volksgericht von Lhasa die Urteile über die Nonnen. Von den 14 verhafteten Nonnen wurden Jampa, Chime, Dolkar, Yangdon und Jamdon zu 7 Jahre Haft verurteilt; Chokdup Dolma, Monlam Choenyi und Tsering Chokey zu 6 Jahren; Ngawang Soepa, Ngawang Tsomo, Namgyal, Sherab Choephel, Paljin, Chungkyi, Cheche zu 5 Jahren Haft.

Am 30. Juli 1995 wurden mindestens 60 Nonnen von dem Lhasa PSB Haftzentrum in das Drapchi Gefängnis in die Frauenabteilung verlegt. Die neuen Gefangenen wurden gewarnt, nicht mit denjenigen der alten Einheiten zu reden. In Drapchi mußten sie 3 Monate lang den ganzen Tag rennen, was bei den Chinesen "militärisch exerzieren" heißt. Die Aufseher waren PAP Soldaten, welche die "faulen" Nonnen auf den Kopf zu schlagen pflegten. Chokdup Dolma wurde einmal so heftig getroffen, daß sie heute noch Kopfschmerzen hat. Die Nonnen mußten in einem Tag Garn aus 4 sang Wolle machen, weshalb sie oft die ganze Nacht arbeiten mußten, um ihr Soll zu schaffen. Das Essen war erschreckend dürftig.

Zur Feier des Arbeitstages am 1. Mai 1998 wurden die Gefangenen der neuen männlichen und weiblichen Einheiten zusammen mit anderen kriminellen Gefangenen zu einem Flaggenappell auf den Gefängnishof gebracht. Weil die Behörden Proteste fürchteten, hatten sie schon vorsorglich Wachen ringsherum stationiert. Plötzlich begann ein Gefangener der neuen Einheit, "Tibet ist unabhängig", "Die chinesische Flagge darf nicht auf tibetischem Boden gehißt werden", "Lang lebe S.H. der Dalai Lama" zu rufen. Alle anderen versammelten Gefangenen fielen ein, was zu einem Aufruhr führte. Die Protestanten wurden entsetzlich geschlagen, weshalb viele verletzt wurden. Später wurden alle Gefangenen in ihre Zellen zurückgeschickt. Obwohl alle Gefangenen gleichermaßen protestiert hatten, fielen Chokdup Dolma und zwei andere Nonnen besonders auf, weil sie ganz vorne waren. Sie kam über 3 Monate in Einzelhaft in einen dunklen Karzer, der so klein war, daß sie kaum die Beine ausstrecken konnte. Auch während dieser Zeit wurde sie oft geschlagen und vernommen und bekam nur ein Dampfweckchen am Tag zu essen. Im Oktober 1998 wurde ihr Urteil zusätzlich zu der bereits verhängten 6-Jahres-Strafe um 5 Jahre verlängert.

nach oben