28. Januar 2019
Radio Free Asia, www.rfa.org

China verurteilt renommierten Menschenrechtsanwalt zu viereinhalb Jahren Haft

Ein Gericht in der nordchinesischen Stadt Tianjin hat am 28. Januar einen ehemaligen Top-Menschenrechtsanwalt für viereinhalb Jahre inhaftiert, nachdem er der "Untergrabung der Staatsgewalt" für schuldig befunden wurde.

Der Anwalt hat für die mittlerweile geschlossene Anwaltskanzlei Fengrui gearbeitet und politische Aktivisten, Opfer von Landnahmen und Mitglieder der verbotenen religiösen Gruppe Falun Gong verteidigt.

"Am Morgen des 28. Januar 2019 verkündete das Mittlere Volksgericht von Tianjin Nr. 2 in erster Instanz das Urteil im Fall des Angeklagten Wang Quanzhang, der der Subversion der Staatsmacht beschuldigt wird", heißt es in einer Ankündigung des Gerichts auf dessen offizieller Website.

"Das Gericht befand Wang Quanzhang der Subversion der Staatsmacht für schuldig und verurteilte ihn zu vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis", besagt die Ankündigung.

Li Wenzu und Wang Quanzhang
Photo: RFA

Das Urteil und die Strafe folgen auf wiederholte Verzögerungen, die dazu führten, daß Wang mehr als drei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten wurde.

"Diese Entscheidung kann ich nicht hinnehmen", sagte Wangs Frau Li Wenzu der RFA, nachdem sie die Nachricht vernommen hatte. "Meine größte Sorge gilt nun Wang Quanzhangs Gesundheit."

Sie sagte, daß Wang für ein weiteres Jahr oder so nicht entlassen würde, was ihn in eine verletzliche Position bringt, während er den Rest seiner Haftzeit absitzt.

"Ich wünsche nur, daß er sicher und gesund nach Hause kommt, denn es gibt eine besondere Art von Mißhandlung, die politischen Gefangenen in China vorbehalten ist", sagte sie und verwies auf den Tod des Nobelpreisträgers und politischen Gefangenen Liu Xiaobo im Gefängnis 2017.

"Denken Sie nur an Liu Xiaobo", sagte Li. "Er kehrte nicht mehr lebend aus dem Gefängnis zurück, und es gab noch viele andere wie ihn. Was wird mit meinem Mann nächstes Jahr oder so passieren?" "Werden sie ihn weiter quälen? Wir werden nicht aufhören, für seine Rechte zu kämpfen."

Sie sagte, daß sie seit seiner Inhaftierung im Jahr 2015 daran gehindert wurde, Wang zu besuchen, und sie auch die monatlichen Besuche im Gefängnis nicht wahrnehmen könne, bis alle Berufungsverfahren erschöpft sind.

"Seine Haft wird ihm erst ab dem Zeitpunkt angerechnet werden, ab dem die Berufungsentscheidung in Kraft tritt", sagte Li. "Erst dann werde ich ihn besuchen können. Das ist sehr schwer für mich, und ich fürchte, daß sie mir verschiedene andere Hindernisse in den Weg legen werden."

Wang wies angeblich seinen staatlich bestellten Anwalt zu Beginn seines Prozesses am 26. Dezember zurück, eine Handlung, die eigentlich zu einer Vertagung hätte führen sollen, aber das Gericht erklärte, daß das Urteil dennoch verkündet würde.

Li sagte später, daß der Prozeß "nichts anderes sein würde, als die Verfahrensanträge durchzugehen" und daß das Mittlere Volksgericht von Tianjin Nr. 2 gegen die gesetzlichen Fristen für die Untersuchungshaft verstoßen habe, seit ihr Mann im Juli 2015 zuerst inhaftiert wurde.

"Sie haben seine Verurteilung trotzdem durchgezogen, weil Wang Quanzhang nie nachgegeben hat und sich weigerte, Kompromisse einzugehen oder sich schuldig zu bekennen", sagte sie am Montag. "Wang Quanzhang ist unschuldig. Die Schuldigen sind die Staatsanwälte und die Richter."

Sie halte es für wahrscheinlich, daß Wang Berufung einlegen wird, meinte sie. "Ich werde zu ihm stehen und ihn unterstützen, was auch immer er entscheidet", sagte sie. "Ich werde mich um unser Kind kümmern, bis es nach Hause kommt."

Wangs ehemaliger Verteidiger Lin Qilei, der sich nie mit seinem Mandanten treffen durfte, wies das Urteil als "lächerlich" zurück.

"Er wurde über drei Jahre lang von den Behörden ohne Gerichtsverfahren eingesperrt, was zeigt, daß die Behörden sich gar nicht sicher waren, ob sie einen Fall vor sich hätten, der durchkommen würde", meinte Lin.
Lin sagte, daß die vierjährige Gefängnisstrafe im Vergleich zu den Gerüchten über viel längere Haftstrafen, die in den letzten Monaten aufgetaucht waren, relativ nachsichtig sei, und daß dies wohl auf das vermehrte internationale Aufsehen, das der Fall erregte, und die weltweite Sorge um ihren Mann zurückzuführen sei. "Es scheint, daß sich Protest und Widerstand in gewissem Maße ausgezahlt haben".

Der Rechtsanwalt Xie Yanyi, der auch zu den mehr als 300 Anwälten, Mitarbeitern von Anwaltskanzleien und Rechtsaktivisten gehörte, die in einer landesweiten Polizeioperation ab Juli 2015 festgenommen, vernommen und mit verschiedenen Einschränkungen belegt wurden, sagte, er glaube, daß die Behörden Wang ohne Verbindung zur Außenwelt festgehalten haben, um keine Anzeichen von Folter sichtbar werden zu lassen.

"Ich denke immer noch, daß die Folter im Mittelpunkt der Sache steht, auch ich habe sie erfahren", sagte Xie. "Ich bin mir absolut sicher, daß der Hauptgrund darin besteht, daß die Behörden die stattgefundene Folter vertuschen wollen."

Der in den USA ansässige Rechtsdozent Teng Biao sagte, er kämpfe dafür, daß chinesische Funktionäre, die seit 2015 an der Verfolgung von Anwälten beteiligt sind, mit einem Visumverbot belegt und ihre ausländischen Konten im Rahmen des Global Magnitzky Act eingefroren werden.

"Wir haben die Pflicht sicherzustellen, daß jedes Land mit einer Gesetzgebung ähnlich dem Magnitzky Act jeden, der die Menschenrechte von Wang Quanzhang verletzt hat, auf eine schwarze Liste gesetzt und unter Sanktionen gestellt wird", sagte Teng.