29. Juli 2019
Central Tibetan Administration, www.tibet.net, Radio Free Asia, www.rfa.org

Harte Strafe für den schwerkranken Menschenrechtsaktivisten Huang Qi

Die chinesischen Behörden sollten die Zwölfjahresstrafe wegen unbegründeter Anschuldigungen, die über den erfahrenen Aktivisten Huang Qi verhängt wurde, sofort aufheben, erklärte Human Rights Watch heute. Die Website des Mianyang Intermediate People’s Court in Sichuan veröffentlichte am 29. Juli 2019 die wegen "willentlicher Weitergabe von Staatsgeheimnissen" und "illegaler Bereitstellung von Staatsgeheimnissen im Ausland" verhängte Strafe. Die Familie Huangs wurde vorher nicht benachrichtigt. Außerdem werden Huang Qi die politischen Rechte für vier Jahre entzogen und er bekam eine Geldstrafe von 20.000 Yuan.

"Der fingierte Fall gegen Huang Qi zeigt die grenzenlose Feindseligkeit der chinesischen Regierung gegenüber friedlichem Aktivismus ", sagte Sophie Richardson, Direktorin der China-Abteilung bei Human Rights Watch. „Die Zwölfjahresstrafe ist ein Akt der Grausamkeit gegen den schwerkranken Huang und seine Mutter, die von den Behörden unerbittlich schikaniert wurden."

Huang, 56, ein erfahrener Aktivist und Gründer der Menschenrechts-Website 64 Tianwang, wurde im November 2016 wegen des Verdachts auf "illegale Verbreitung von Staatsgeheimnissen im Ausland" festgenommen. Die Strafverfolgung gegen ihn wurde heimlich durchgeführt und strotzt nur so von Verfahrensproblemen, es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe wegen Folter und Mißhandlung.

Die Behörden haben die Anträge von Huangs Anwälten auf Einsicht in die Falldokumente abgelehnt und sie wiederholt gewarnt, sich nicht öffentlich über den Fall Huang zu äußern. Im Februar 2018 verhängten die Behörden über Huangs Anwalt Sui Muqing ein Berufsverbot und ein Jahr später über Liu Zhengqing, den Anwalt, der Sui ersetzt hatte. Im Januar wurde Huang vor einem Gericht in der Stadt Mianyang in der Provinz Sichuan heimlich der Prozeß gemacht.

Die Polizei von Sichuan hat Huangs 85jährige Mutter Pu Wenqing ständig schikaniert, offensichtlich um sie daran zu hindern, sich zu äußern. Sie ließen sie gewaltsam verschwinden, stellten sie tagelang unter Hausarrest und schickten Behördenvertreter, um in ihrem Haus zu leben.

Huang erzählte seinem Anwalt, daß Mithäftlinge in der Haftanstalt von Mianyang City ihn wiederholt geschlagen hätten. Mindestens ein Beamter der Haftanstalt wußte von der Gewalt, griff aber nicht ein. Die Behörden haben Huang sogar die nötigsten Dinge wie Zahnpasta und Toilettenpapier vorenthalten.

Wie Huangs Mutter in einem öffentlichen Brief, in dem sie um seine Freilassung bat, mitteilte, leidet Huang unter mehreren gravierenden Gesundheitsproblemen, für die er nicht angemessen behandelt wurde, darunter Nierenerkrankungen, Herzleiden, Bluthochdruck, Entzündungen in der Lunge. Huangs Anwalt hat in seinem Namen dreimal Freilassung gegen Kaution beantragt, aber die Behörden haben einen jeden Antrag ohne Angabe von Gründen abgelehnt.

„Dieser Gerichtsentscheid kommt einem Todesurteil gleich, wenn man bedenkt, daß Huang Qi’s Gesundheitszustand in dem Jahrzehnt, das er hinter Gittern verbrachte, sich sehr verschlechtert hat“, sagte Christophe Deloire, der Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen.

Eine in Sichuan lebende Rechtsaktivistin, die nur ihren Nachnamen Chen nannte, sagte, Huang habe sich effektiv geopfert, um für die Rechte anderer zu kämpfen. Die Website hatte er 1998 gegründet, um Leuten zu helfen, nach Freunden und Verwandten zu suchen, die die Behörden hatten verschwinden lassen. 2003 wurde er die erste Person, die in China wegen „Online-Verbrechen“ vor Gericht gestellt wurde. Er hatte nämlich erlaubt, daß andere Personen Artikel über die brutale Niederschlagung der Tiananmen-Demokratie-Proteste von 1989 auf seiner Website veröffentlichten.

"Es ist so eine Schande, denn bei allem, worüber er auf der Website 64 Tianwang berichtete, hat er sich für uns Bittsteller eingesetzt; er hat sich wirklich um uns gesorgt... und wollte, daß die Behörden auf uns achten und unsere Probleme lösen", sagte Chen.

"Wie hätte er denn von Staatsgeheimnissen wissen sollen, wo er doch nur eine Website betrieb und zu Hause vor seinem Computer saß?" Sie sagte, daß auch andere Rechtsaktivisten sehr besorgt über Huangs Gesundheit seien.

Huang hat zuvor schon zwei Freiheitsstrafen von insgesamt acht Jahren verbüßt. Von 2000-2005 wurde er wegen der Anschuldigung von "Subversion" eingesperrt. Er hatte Menschenrechte betreffende Informationen auf 64 Tianwang veröffentlicht, und von 2008-2011 war er wegen "illegalen Besitzes von Staatsgeheimnissen" inhaftiert. Er ist damals Behauptungen nachgegangen, daß bei dem Erdbeben von Sichuan im Mai 2008 minderwertige Bausubstanzen zum Zusammenbruch von Schulen beigetragen hätten.

In den letzten Jahren haben die chinesischen Behörden tatenlos zugesehen, wie mehrere Aktivisten, darunter der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, in der Haft erkrankten und starben, oder sie haben sie kurz vor ihrem Tod frei gelassen. Weitere Fälle sind Tenzin Delek Rinpoche, Cao Shunli, Yang Tongyan, Muhammad Salih Hajim und im Juli dieses Jahres Ji Sizun.

"China ist dabei, der Liste der Rechtsanwälte, die ihre Qualen in einem chinesischen Gefängnis nicht überlebten, noch einen weiteren Namen hinzuzufügen", sagte Richardson. "Die Regierung sollte einen internationalen Aufschrei vermeiden, indem sie Huangs Verurteilung aufhebt und ihn sofort freiläßt."

Vor kurzem wurde er von der in Paris ansässigen Pressefreiheitsgruppe Reporter ohne Grenzen (RSF) als einer von 10 Bürgerjournalisten identifiziert, die in der Haft zu sterben drohen.

Huangs Tianwang-Website war sehr erfolgreich bei der Veröffentlichung von Petitionen und Beschwerden gegen offizielles Fehlverhalten und Ungerechtigkeiten gegenüber den Schwächsten in der Gesellschaft, einschließlich Zwangsvertriebener, Eltern von Kindern, die bei dem verheerenden Erdbeben in Sichuan 2008 starben, und anderen friedlichen Kritikern der regierenden Chinesischen Kommunistischen Partei.